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IM14. 3V. Iahtgavg. 3. ßtilugt dkg.Amick" Kcrlim MsdlM. Soumbend, 39. November 19l3. Keiebstag. 1313. 177. Sitzung. Freitag, den 28. November nachmittags 1-Uhr. 9m BundeSratZtisch: v. Falkenhayn, v. Lagow  , Kommissare. Kurze Anfragen. Abg. Thumaun(Elf.) verliest cinc Ansrage an den Reichskanzler, ob ihm bekannt sei, dast ein Offizier des 99. Infanterieregiments in Z a b e r n gegenüber elsässischen Soldaten höchst beleidigende und die Gefühle der gesamten elsatz-lothringischen Bevölkerung auf das schwerste verletzende Ausdrücke sich hat zuschulden kommen lasien, ohne daß die Militärbehörde für genügende Sühne gesorgt hat, und wie der Reichskanzler die elsaß  - lothringischen Soldaten vor solchen Insulten und die reichsländische Bevölkerung vor derartigen Herausforderungen schützen wolle? Preußischer Kriegsminister v. Falkeuhayn: Es ist allgemein bekannt, daß Ungehörigkeiten in der Armee, niögen sie sich richten, gegen wen sie wollen, nicht geduldet werden, und daß gegen jeden, der einen Untergebenen vorschriftswidrig be- handelt oder beleidigt, strafend eingeschritten werden muß, umso- mehr, wenn durch die beleidigenden Ausdrücke landschaftliche Emp- findlichkeiten berührt werden und durch sie Spaltungen in die Truppe getragen werden können. Eine Nachprüfung des so Veranlatzten steht allein dem höheren Vorgesetzten zu, ich als Vertreter der Heeresverwaltung bin nicht befugt, hier näher darauf einzugehen (Unruhe.) Eine Beleidigung oder gar eine Herausforderung der Bevölkerung ist nicht vorgekommen.(Große Unruhe und Gelächter.) Die beanstandeten Ausdrücke sind ohne jede, auch die geringste Beziehung auf die Bevölkerung gebraucht worden(Lachen), und ohne, daß derjenige, dem sie zur Last gelegt werden müssen, auch nur im entferntesten geahnt hat, daß sie in die Oeffentlichkeit getragen iv erden würden. (Auhaltende große Heiterkeit.) Das ist ja auch nur dadurch ge- schehcn, daß'Soldaten ihre Dienstpflichten zu wiederholten Malen gröblich verletzt haben.(Aha!- Rufe.) Der höchst be leidigende Sinn, der dem Ausdruck vielfach untergelegt wird, war dein Offizier ganz fremd.(Unruhe, ein Zuruf: Warum hat er dann die Soldaten sich melden lassen:Ich bin ein Wackes?*) Ich selbst war vier Jahre im Reichslande tätig und auch mir war diese Bedeutung des Wortes vollständig f r e>n d, ich habe es wohl hin und wieder gehört, ausgesprochen habe ich es gewiß nie. Es handelt sich ja auch um einen sehr jungen Offizier. Ich will hiermit durchaus nicht sagen, daß nicht jeder junge Offizier der Armee in jedem Augenblick der hohen Pflichten und der Bedeutung seines ebenso schönen wie schweren Berufs eingedenk sein soll.(Bravo  !> Ist er es nicht, dann muß er die Folgen tragen, wie ich denn überhaupt nichts beschönigen und nichts entschuldigen will. Aber ich darf vielleicht auf allgemeine Zustimmung hoffen, wenn ich sage, daß wenn jede Entgleisung im glücklichen Alter von 20 Jahren und im Berufs- oder Dien st- e i f e r an die große Glocke gehängt würde, niemand ohne Sünde dastehen würdc� Hiermit komme ich zur dritten und meiner Ansicht nach ernstesten Seite der ganzen Angelegenheit; die Aufregung ist ent- standen, weil Soldaten dienstliche Vorgänge nicht zur dienstlichen Erledigung, sondern in die Oeffentlichkeit gebracht haben, (Zustimmung rechts, große Unruhe links) und weil ohne jede Berück- sichtigung der schleunigst erfolgten Veröffentlichnng der zuständigen Stelle, nach der niemand mehr über den wahren Sachverhalt im Zweifel sein konnte, und darüber, daß. die Sache nunmehr ihren gesetzmäßigen Lauf nehmen würde, die Vorgänge in maß losester und aufreizendster Weise ausgebeutet worden sind.(Sehr richtig! rechts. Stürmische Zurufe links.) Daß auch solche Zustände in der Truppe nicht geduldet werden können, das, meine Herren, ist klar.(Stürmisches Bravo   l rechts. Große Unruhe links.) Abg. Bock(Soz.) fragt, ob es richtig sei, daß gesetzgeberische Vorschläge gemacht (perden sollen, die den Waffenhandel einschränken, wo- durch die Waffenindustrie stark beunruhigt sei. Ministerialdirektor Lcwald bestätigt, daß ein solcher gesetzgeberischer Plan vorliege, der durch die mißbräuchliche Benutzung von Waffen, namentlich von Revolvern, veranlaßt sei. Die Vertretungen der Industrie seien aber gehört worden, hätten zum großen Teil zugestimmt, und würden überdies nochmals gehört werden. Abg. Dr. Herzfeld(Soz.) fragt, ob eine Untersuchung über die Beziehungen deS englisch  - amerikanischen Tabaktcustes zur deutschen   Zigarettenindustrie eingeleitet und Vertteter der Fraktionen des Reichstags hinzugezogen werden sollen. Unterstaatssekrctär Richter: Wie bei der Bank- und Fleischenquete wird auch hier Mit- gliedern des Reichstags Gelegenheit zur Teilnahme geboten sein. Abg. Dr. Juuck(natl.) fragt, ob eS richtig sei, daß die E n t w u r s s b e a r b e i t u n g zum Botschaftsgebäude in Washington   einem Architekten übertragen worden sei, der sich an dem offiziellen Wettbewerb nicht beteiligt habe, und warum. Staatssekretär v. Jagow: Das Auswärtige Amt hat einen Auftrag zur Ausführung irgend eines der Projekte überhaupt noch nicht erteilt, konnte daö auch nicht tun, da d,e Projekte zunächst der königlichen Akademie für das Bauwesen vorgelegt werden müssen. Im Etat ist auch noch gar keine Forderung für diesen Bau enthalten.(Große Heiterkeit.) Abg. Alpers(Weife) fragt, ob beim Ankauf von Militärpserde» anläßlich der Heeresverstärkung die deutsche Pferdezucht benachteiligt worden sei. Generalmajor Wild v. Hohenborn: Bei dem großen Bedarf mußten die Angebote überhaupt stark berücksichtigt werden, die deutschen   sind hierbei nicht übergangen worden. Auf eine Anfrage des Abg. Göhrc(Soz.) wann und in welcher Gestalt die in Aussicht genommene S a ch. verständigen-Kommission für Wohnungsreform in Tätigkeit treten solle, antwortet Ministerialdirektor Lcwald, daß dies Anfang des nächsten L a h r e s der Fall und daß neben Sachverständigen und Vertretern der Wissenschaft und Praxis auch Mitglieder des Reichstags hinzugezogen sein sollen. Abg. v. Morawski(Pole) befragt den Reichskanzler nach einem Verbot geistlicher �erzitjen. die ein Iesuitenpater m Posen für Dienstmädchen abhalten wollte, dieses Verbot fei ein Widerspruch gegen die ver- wrochene milde Handhabung des JesuitengesetzeS. Ministerialdirektor Caspar: Dem Reichskanzler ist der Vorgang nur aus der Tages- presse bekannt. Er hat Veranlassung genommen, die königlich preußische StaatSregierung um Aufklärung zu ersuchen; daS Ergebnis steht noch aus.(Schallende Heiterkeit.) Jnterpellatioueu. Zu der sozialdemokratischen Interpellation wegen der Zabcruer Wackesaffäre erklärt ein General, daß, soweit die Interpellation nicht bereits durch die Antwort des Kriegs- Ministers heute erledigt worden sei, sie in der zweiten Hälfte der nächsten Woche beantwortet werden soll, da über einige Einzelheiten des Falles noch Erhebungen angestellt werden müßten. Die sozialdemokratische Interpellation wegen der Aus- schließung des Abg. Dr. Liebknecht von der Rüstungskommissio» ist, wie Unterstaatssekretär Richter erklärt, der Reichslanzler bereit, in der zweiten Hälfte dernäch st en Woche zu beantworten. Wahlprüfungen. Ueber die Wahlen der Abgg. Pens(Soz.) und Dr. P a ch n i ck e (Bp.) soll entsprechend dem Antrag der Kommission Beweis er hoben werden. Die Wahl des Abg. Hegen scheidt(Rp.) beantragt die Kommission für gültig zu erklären, die Abgg. Albrecht und Gen.(Soz.) beantragen llngültigkeitserklärung. Abg. Stadthagen  (Soz.): Der Landrat Dr. Hegen scheidt hat niehrere Wahlflugblätter zu seinen Gunsten selbst verfaßt und mit seinem Amtstitel unterzeichnet. Nach der ständigen Praxis des Reichstags ist das eine unzulässige Wahlbeeinflussung, wobei noch besonders ins Gewicht fällt, daß es sich hier um einen oft elbischen Wahlkreis handelt, wo die Macht des Landrats eine geradezu unbeschränkte ist. Gegen eine solche Beein ttächtigung der Wahlfreiheit muß Protest erhoben werden. Abg. Merti«(Rp.): Gerade die Herren links erklären das Volk stets für mündig, wie können Sie also annehmen, daß die Leute auf den Rücken oder vielmehr den Bauch fallen, wenn ein Flugblatt von einem Landrat unterzeichnet wird. Daß die Sozialdemokraten die Kassierung be- antragen, um statt ihres Kandidaten den Freifinnigen in die Stich wähl zu bringen, ist nicht mehr Dämpfung, sondern das ist der Pelikan, der seine eigene Brust aufreißt, um mit dem roten Blut seine Brüder zu nähren.(Große Heiterkeit.) Abg. Dr. Neumarnt-Hofer(33p.): Wir haben ohne Ansehen der Person und der Partei lediglich der Gerechtigkeit zu dienen. Der Reichstag hat stets die Unter- zeichnung von Flugblättern mit dem Amtscharakter für u n z u- lässig erklärt, das gilt um so mehr, wenn der Kandidat selbst Beamter ist. Grundsätze, die der Reichstag ausspricht, müssen selbstverständlich auch für die Herren Landräte gelten.(Sehr richtig! links.) Abg. glaubt, erblicken Stadthage«(Soz.): in unserem Antrage einen Ueberfluß Herr Mertin giauor, m unterem antrage einen ueverfluß an Uneigennützigkeit erblicken zu können. Die Frage, ob eine Wahl gültig ist oder nicht, haben wir noch nie mit Rücksicht auf eine Partei geprüft, und lvcrdett es auch nie tun.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) In den Fällen Braun und Buchwald haben auch die Herren rechts in der Unterzeichnung von Flugblättern mit dem Amtscharakter eine unzulässige Wahlbeeinflussung erblickt und d ie Wahlen kassiert, ve�mMich, weiOihnen die Beeinflussung nicht stärk genug gewesen ist.(Sehr richtig! links.; Es handelt sich hier darum, den Amtsmißbrauch zu Ungunsten der Freiheit der Wahl unmöglich zu machen. Wollte Herr Mertin eine Statistik anfertigen, wieviel Abgeordnete ihre Flugblätter selbst unterzeichnet haben, so würde er außer Herrn Dr. Hegenscheidt wohl kaum noch einen angeben können, und es ist bezeichnend, daß dieser eine gerade ein L a n d r a t ist.(Sehr richtig I links.) Abg. Dr. Bollert(natl.): Wir find Gegner jeder amtlichen Wahlbeeinfluffung, aber im vorliegenden Falle kann ernstlich keine Rede davon sein. Der Kandioat wurde in seiner Eigenschaft als Landrat angegriffen, und hätte er sich dagegen nicht gewehrt, so wäre er kleinmütig und feige erschienen.(Lachen links.) Abg. Dr. v. Beith(t): Das Ziel der Protestler geht ausgesprochenermaßen dahin, daß der Regierungsbeamte künftig nicht mehr als Kandidat zum Deutschen  Reichstag   auftreten darf. So lange aber die Beamten dies Recht noch haben, haben sie auch selbstverständlich das gute Recht, Wahlaufrufe mit Hinzufügung ihres Amts- charakters zu unterschreiben.(Sehr richtig! reit Lachen links.) Abg. Stadthageu(Soz.): Dem Vorredner gegenüber verweise ich nur darauf, daß z. in Baden   und Württemberg   es ausdrücklich verboten ist, daß staatliche Beamte kandidieren, weil man darin die st ä r k st e Wahlbeeinflussung erblickt.(Hört I hört l links.) Abg. Merti«(Rpt.): Der vorliegende Fall ist insofern ein Novum, als hier nicht ein Beamter für einen anderen Kandidaten eintritt. das hat der Reichstag für nicht zulässig erklärt sondern für sich selbst. Abg. Fischer(Soz.): Also für einen andern darf ich nicht stehlen, aber für mich selbst darf ich stehlen!(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichs- tag ist es seiner Würde schuldig, sich zu verbitten, daß Männer zu Abgeordneten werden, die ihren Amtscharakter selbst be- nutzen, um sich wählen zu lassen. Gegen einen solchen Mangel an Geschmack müssen wir unS aus R e i n l i ch k e i t S g e f ü h l wehren. Die Abstimmung erfolgt, wie über alle Wahlprüfungen, erst am DienStag. ES folgt die Wahlprüfung des Abg. Haupt-Jerichow(Soz.): Die Koimnisfion beantragt Ungültigkeitserklärung. Abg. Reißhaus(Soz.): Die Unregelmäßigkeiten in Möckern   sind erwiesen, verschuldet sind sie durch eine Unkenntnis des Gesetzes durch den Wahl- Vorsteher, um die ihn ein Kruppdirektor beneiden könnte. Aber unrichtig ist es, daß deswegen dem Abg. Haupt 26 Stimmen abgerechnet werden. In einem anderen Fall(Groß- Wudicke), in diesem Kreis hat die Kommission mit 8 gegen 6 Stimmen amtliche Wahlbeeinflussung festgestellt, die vorgekommen ist. um diese Wahl zu Falle zu bringen, hiermit aber werden dem unterlegenen Konservattven Stimmen nicht abgezogen. Das ist eine glatte Ungerechtigkeit und wenn sich daS Haus einem solchen Anschein nicht aussetzen will, muß es nach unserem An- trag Beweiserhebung beschließen, ob am Stichwabltag der Amtsdrcner Bierhals dem Amts- und Wahlvorsteher Krick den Mangelan konservativen Stimmzetteln mitgeteilt hat, während Krick Wahl- Vorsteher war oder während er und durch wen vertreten war. Weiter beantragen wir. Beweis zu erheben, ob Krick dem Beisitzer Düngel den Austrag, Kricks Buchhalter solle Stimmzettel für den Konservativen v. Byern schreiben, in der Zeit erteilt hat, wo Krick Wahlvorsteher oder ob er da vertreten war. Solchen Machenschaften muß ein Riegel vorgeschoben werden. Abg. Dr. Neumanu-Hofer(Vp.) verteidigt die Kommission, die entsprechend den Weisungen des Ob« manns bei der Wahlprüfung für Abg. Becker-Sprendlingen vor« gegangen sei. Wir können hier keine Ausnahme von unserer Praxis machen, und da wir nie auf die Parteirichtung sehen, ist der Vorwurf der Ungerechtigkeit unberechtigt. Der Stimmenabzug in Möckern  mußte vorgenommen werden,'denn es ist zsugeneidlich nachgewiesen, daß in einer großen Anzahl Fälle die Wahlkuverts nicht in die Urne gelegt und sogar für spätere Wähler gefüllt wieder benutzt worden sind.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Drei Fälle') Drei sind namentlich nachgewiesen, aber die Zeugen sagen, es sei vielfach der Fall gewesen. Die Sache in Großwudickc liegt außer- ordentlich milde. Wir können nicht zuungunsten des unterlegenen Kandidaten Möglichkeiten heranziehen. Die ständige Praxis geht dahin, die für den Sieger ungünstigere Schlußfolgerung zu ziehen. Deshalb können wir aus der Vermutung heraus, daß die Wahl-' beeinflussung vielleicht dem v. Byern genützt habe, nicht ziffern- mäßige Folgerungen zu ziehen. Man kann auf Vermutungen nur ein Mandat erschüttern, aber nicht ein Mandat retten. Wäre Herr v. Byern gewählt, so würden wir ihm deswegen Stimmen abziehen, weil immer zuungunsten des Siegers entschieden wird. Die durch den sozialdemokratischen Antrag verlangten Beweiserhebungen können danach nichts mehr hieran ändern, deshalb lehnen wir sie ab. Abg. Reißhaus(Soz.): Früher hätte der Reichstag   zweifellos die Wahlakte in Möckern  und Großwudicke kassiert und damit wäre Haupt gewählt gewesen. Das war früher Gepflogenheit, wenn es auch grausam ist gegen die unschuldigen Wähler. Jetzt kassiert man indirekt, indem man dem Gewählten den Stimmenübcrschuß abzieht. So milde liegt der Fall in Großwudicke nicht. Hier hat doch ein A m t s v o r st e h e r von großem Einfluß Stimmzettel schreiben und verteilen lassen: ES sind dort 14 geschriebene Zettel abgegeben und der Protest behauptet, daß diese Zettel zumeist an Gutsarbeiter usw. gegeben wurden. Danach wäre dieser Wahlakt, in dem die Kommission doch selbst amtliche Beeinflussung erblickt, zu kassieren gewesen. Ich bitte Sie, den ungerechten Kommissionsbeschluß, der aus amtlicher Wahl- beeinflussung Folgerungen nicht zieht, nicht beizutreten. Abg. Dr. Nciimaun-Hofer(Vp.): Der Reichstag hat Wahlakte nur kassiert, wenn eine Wahlzelle. die Wählerliste nicht da oder nicht in Ordnung war, wenn der Wahl- vorstand nicht vollzählig war, kurz weil die gesetzlichen Grundlagen fehlten. Aber niemals ist ein Wahlakt wegen Beeinflussung kassiert worden. Eine Kassierung der geschriebenen Stimmzettel ist ganz ausgeschlossen. Abg. v. Beit(k.) schließt sich an. Selbst wenn von Byern 14 Stimmen abgesetzt würden, hätte er immer noch um eine Stimme mehr als Haupt. Diese Beweiserhebungen könnten nur die Wahlprüfung immer wieder hinausziehen. Damit schließt die Diskussion. Zur Wahl des Abg. Kuckhoff- Köln-Land(Z.) beantragt die Kommission durch den Berichterstatter Abg. Stadthagen(Soz.) Be« Weiserhebungen. Abg. Stadthage«(Soz.): Als Abgeordneter beantrage ich Ungültigkeitserklärung der Wahl.(Heiterkeit.) Eine ganze Anzahl Wähler haben ihre Stimmzettel außerhalb der Wahlzelle in den Umschlag gesteckt. Manchmal haben sich verschiedene Wähler zugleich in der Wahlzelle befunden. Werden Kuckhoff auch nur wenige Stimmen abgezogen, so fällt seine absolute Mehrheit zusammen. ~ Abg. Dr. Pfleger(Z.): Nachgelviesen ist lediglich, daß sich bei großem Andrang mehrere Wähler gleichzeitig in der Zelle befunden haben. Aber die Zeugen bekunden selbst, daß der Wahlvorstand, sobald er das bemerkte, stets hat Remedur eintreten lassen. Abg. Bollert(natl.): Wir stimmen für Kassation der Wahl. Der Dorsprung des gewählten Abgeordneten ist so gering, daß die vorgekommenen Un« regelmäßigkeiten zur Ungültigkeitserklärung führen müssen. Damit schließt die Diskussion. Die Wahl des Abg. K o p s ch(Vp.) beantragt die Kommission für gültig zu erklären. Wz. Dr. Ablaß(Vp.): Bei dieser Wahl sind einige auffallende Dinge vor- gekommen. Der konservative Wahlprotest bezeichnet es als amtliche Wahlbecinflussung der städtischen Behörden in Greifenberg  , daß die Bekanntmachung über die Auslegung der Wählerliste nur in einem ausgesprochen freisinnigen Parteiblätt erfolgt sei. Man hat sogar von feiten der.Regierung auf die städtische Behörde einzuwirken versucht, daß sie auch das dortige ultramontane Blatt, daS eine schwere Gefahr für den lonfesstonellen Frieden in Schlesien  darstellt, als amtliches Publikationsorgan zulasse.(Hört I hört I links.) Ich erwarte, daß die Konservativen in Zukunft getreu dem hier proklamierten Grundsatz dafür eintreten werden, daß die Landräte auch in liberalen Blättern solche Ber- öffentlichungen erlassen.(Sehr gut l links.) Sehr interessant ist ferner das Stichwahlau gebot, das von konservativer Seite in Löwenberg   einein sozialdemokratischen Vertrauens- mann gemacht worden ist für den Fall, daß es gelängt, die sozial- demokratischen Wähler zur Stimmenthaltung derapt zu bewegen, daß die Wahl des konservativen Kandidaten gesichert würde.(Hört! hört! links.) Der Malermeister Weimann, ein konservativer Ver« trauensman, hat dem sozialdemokratischen Vertrauensmann Alte für diesen Fall 390 M. angeboten und außerdem noch 1990 M. für die Verbreitung eines Flugblattes gegen den Forffchritt.(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemokralen.) Die betreffenden Schriftstücke'hat die BreslauerVolksmacht" veröffentlicht. Aberdings hat die konservative Partei nachträglich eine Erklärung veröffentlicht, worin ein solches Vorgehen, das ohne vorherige und nachträgliche Billigung der Instanzen der Partei erfolgt sei, als un- vereinbar mit der Zugehörigkeit zur konservativen Partei bezeichnet wird. Also man hat das, ivaS geschehen ist, abgeschüttelt. Aber dieser Protest ist r e i ch l i ch spät gekommen. Es wäre besser am Platze gewesen, vor oder während der Wahl.(Sehr richtig! links.) Unaufgeklärt bleibt bei der ganzen Sache, und wird jeden- falls für immer bleiben, wie ein einfacher Malermeister derartige Summen aus eigener Tasche zur Verfügung stellen konnte.(Sehr gut! links.) Nun der dritte Punkt. Nachdem dies Techtelmechtel vorüber war(Zuruf bei dem Zentrum: Von konservativer Seite war es ein Möchtel. Große Heiterkeit.), erschien ein Flugolatt, wenn K o p s ch fallen würde, würden die Konservativen in den Kreisen Hirschberg-Schönau und Görlitz  -Lauban   sich der Stimme enthalten und dadurch dem sozialdemokratischen Kandidaten zum Siege ver- helfen(Lebhaftes Hört! hört Ii, unterzeichnet: Viele sozial- demokratische Wähler. DaS Flugblatt erschien also dem Gesetz zuwider anonym. AIS Drucker war angegeben eine l i b e« r a l e Druckerei, deren Besitzer es ausdrücklich abgelehnt hatte. das Flugblatt zu drucken.(Lebhaftes Hört! hört! links.) Diese Vorgänge zeigen einen Tief st and der politischen Moral, eine Unsauberkeit, die alle polinschen Parteien mit gleicher Schärfe zurückweisen müßten.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Graf Praschma(Z.): Der Abg. Ablaß hätte am wenigsten Anlaß, über Wahl« Machenschaften sich zu beklagen, unerhörte Wahlmachenschasten sinh