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»u sagen, sondern nur dann, wenn glaubt, zu etwas Nach- lheiligem, Schädlichem gezwungen werden zu sollen. Wir halten aber dafür, daß das Projekt der Stadt Vortheile bringt. Ein «anz gewöhnliches Bauprojekt durchzusetzen, dazu bin ich that- sächlich auch im stände; ich kann versichern, daß ein sehr be- deutender Theil des Gebäudes derAlten Post" erhalten werden kann. Was darüber in einem Artikel desTageblatts" gesagt ist, trifft nicht zu. Eine Maske vor den Marstall legen, die Krone zu den Kosten des Unternehmens heranzuziehen, solche Forde- rungen haben keine Aussicht auf Erfüllung, wenn wir gleich- zeitig von der Ausführung der Projekts den höchsten Nutzen für die Stadt erwarten.(Zuruf: Aber wir nicht!) Niemand glaubt ernstlich, daß der Marstall etwa zu mehrstöckigen Gebäuden parzcllirt werden wird.(Zuruf: Doch!) Lehnen Sie die Zurück- Verweisung ab: Haben Sie Gnade mit sich und mit uns!(Große Heiterkeit.) Stadtv. Sachs II erklärt, für die Vorlage zu stimmen und dabei nur von Motiven, die in der Sache selbst liegen, geleitet zu werden. Er sei ebenso unabhängig, wie Herr Vogtherr, aber er besitze außerdem noch denBürgersinn, der jenem abgehe. Alle Red- ner mit Ausnahme des Stadtv. Aogtherr hätten die Angelegenheit fach- lich erörtert. Die frühere Voraussetzung, daß die Kosten zu hoch seien, daß man auch für die Nordseite vielleicht die Pferdebahn erhallen würde, seien ins Wanken gekommen, deshalb muffe man jetzt das Projekt B annehmen. Dieienigen, die so viel über Ar­beitslosigkeit jammern, sollten doch hier zugreifen, wo eine so schöne Arbeitsgelegenheit sich darbietet.(Beifall und Wider­spruch.) Stadtv. Singer: Wenn der Stadtbaurath meint, wir möch- ten Gnade haben mit uns und dem Magistrat, so hat der letztere diese Gnade mit der Versammlung nicht gehabt, als er die abge- lehnte Vorlage wieder einbrachte. Herr Hobrecht, der Magistrat und die Freunde der Vorlage unter uns dürfen alle für sich beanspruchen. daß sie nach fester Ueber- zcngung votiren, aber dasselbe nehmen wir für uns in Anspruch. Das Urlheil über unsere Entscheidung liegt in der Bürgerschaft, und diese ist der Meinung, daß wir in jetziger Zeit die Wünsche und Ansichten der Behörden und der Staatsrcgierung nicht so i» den Vordergrund stellen sollen, wie es hier geschieht. Ich habe meinen Unterantrag eingebracht für den Fall, daß der Enthusiasmus des Magistrats die Versammlung derartig hypnotisirt(Rufe: Oh! oh!), daß sie sich aus diesem Banne nicht mehr los machen kann. Für diesen Fall muß Vorsorge getroffen werden, daß die materiellen Aufwendungen, welche die Stadt gemacht hat, ihr ersetzt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen diese Aufwendungen gemacht sind, fortfallen. Man macht dagegen geltend, daß gegen andere Adjazenten eine solche Forderung niemals bisher erhoben worden ist, aber die Krone ist ein ganz anderer Adjazent als die andern. Ist es so außergewöhnlich. daß der Kronfiskus sich bestimmter Gebäude entäußert? Habe» Sie Brief und Siegel darauf, daß dieses Gebäude im Besitz der Krone bleiben wird? Noch vor kurzem haben offiziöse Zeitungen von der Verlegung der Residenz ge- sprocl en. Und können nicht Verhältnisse kommen, wo es der Krone nahe gelegt wird, dieses Gebäude zu veräußern? Soll dann die Wertherhöhung, tvelche das Gebäude durch die auf städtische Kosten erfolgte Ausführung des Projekts erhält, von der K«ne eingesteckt werden? Ist die Annahme des Projekts B nicht mehr ab­wendbar. tritt ein Nmfall ein, dann soll man wenigstens meinen Unterantrag annehmen. Herrn Hobrecht habe ich noch zu bemerken, daß für die Wahrung der Jntereffen der Bürger- schasl das Gefühl in derStadtverordneten-Versammlung mindestens ebenso lebhast vorhanden sein muß, als beim Magistrat, weil der letztere ja erst«in Produkt der Versammlung, aus dieser hinaus bestillirt ist. Ein Schlußantrag wird angenommen. Persönlich bemerkt Stadtv. Sachs II: Herr Singer sprach vom Umfallen. Ich bitte ihn, sich darüber, wie man das macht, von dem Kollegen Voatherr eine hübsche Episode erzählen zu lassen, welche bei Gelegenheit der Vorlage des neuen Rathhauses sich ereignete. Stadtv. Vogtherr: Ich bin damals nicht umgefallen, unsere Abstimmung war die Konsequenz unserer Ausführungen. Herr Sachs II hat erklärt, ich allein hätte die Vorlage nicht sachlich behandelt, Er ist zu dieser Zensur nicht legilimirt, auch scheint mir seine Befähigung dazu zweifelhaft. Ter Antrag Schwalbe aus Z u r ü ck v e r w e i s u n g an den Attsschuß wird in namentlicher Abstimmung mit 103 gegen 13 Stimmen abgelehnt; desgleichen der Antrag Singer mit 69 gegen 29 Stimmen. Der Antrag Wohlgemuth wird gegen <5 Stimmen ebenfalls abgelehnt. Zn uainentlicher Abstimmung wird schließlich die Magifiratsvorlage mit 66 gegen 32 Stinimen a n g e n o m m e n. Ueber den Antrag Singer betr. die Inangriffnahme von Maßregeln zur Bekämpfung des St oth st an des und der Arbeitslosigkeit unter der Berliner Arbeiter- bcvölkeruug hat der unter dem Vorsitz des Stadtv. Alexander S>! c y c r berathende Sonderausschuß einen Theilbericht erstattet, der den letzten Passus des Antrags betrifft. Dieser Passus lautet: Die Versammlung ersucht den Magistrat schleunigst in verschiedenen Gegenden, namentlich in den östlichen und nördlichen Stadtlheilcn, heizbare Räume zu be­schaffen, in denen Arbeitslose auch am Tage ?l u f e n t h a l t nehmen können. Stach dem Bericht des Vorsitzenden haben die Antragsteller ausgeführt, daß die vorhandenen Wärmehallen weder örtlich noch ihren Dimensionen nach dem Bedürfnisse genügen, daß bei den gegenwärtigen Temperatur- Verhältnissen schnell gehandelt werden müsse, daß man einzelne Stndtbahnbogen oder Turnhallen für den Zweck einrichten solle, die augenblicklich Arbeitslos«» wenigstens in arbeitsfähigem Zustande zu erhallen. Auf diese Darlegungen sei von keiner Seite etwas entgegnet und sodann der Antrag angenommen worden. Dieser Gegenstand wird, obwohl es bereits 16 Uhr ge- wcidcn ist, wegen seiner Dringlichkeit noch verhandelt. Oberbürgermeister Z e l l e: Der Magistrat hat beschlossen, Räu.mlichkeiten in dem städtischen Obdach, die gegenwärtig nur der nächtlichen Beherbergung dienen, auch bei Tage als Wärme- hallen den Zwecken des Antrages dienstbar zu machen. Er hat diesen Beschluß schon vorigen Dienstag ins Leben treten lassen. Er hat äußert em beschlossen, mit dem privaten Verein für die Wärme- Halle am Alcxanderplatz in Verbindung zu treten, um ihm Hilfe zubieten, seine Anlagen auszudehnen. Der Verein lhcilt'mir mit., er habe sich gegenwärtig an dieser Stelle schon so vcr- größcrt, daß er regelmäßig 1600-1800 Pertonen täglich auf- nehmen könne. Ueberfüllung sei noch nicht beobachtet worden. Durch einen gewissen Turnus der Entlassung, ter si.h in den Räumen Aushaltenden könnten an Wochentagen bis zu 7000, an Sonntagen bis zu 9000 Personen untergebracht werden. Für diese Winrerkampagne scheint ihm ein dringendes Bedürsniß für die Erweiterung der Wärmehallen nicht vorzuliegen; es wird also augenblicklich weiter kamn etwas zu thun sein. Statt. Kalisch beantragt, den Magistrat zu ersuchen, Vor- sorge dahin zu treffen, daß im nächsten Winter für den Fall des Eintritts strenger Kälte entsprechende Räumlichkeiten vorhanden sind. Stadtv. Singer erkennt dankbar an, daß der Magistrats- beschluß seinem Antrage entgegenkommt, einem Theile der Herr- schentc» Noll) werde dadurch abgeholfen. Daß aber niit der Vcr- vindung mit der Wärmehalle am Alexanderplatze dem Bedürfnisse genügt sei, müsse er bestreiten. Der sonst sehr verdiente Vorstand dieser Anstalt habe keine Autorität für das von ihm abgegebene Gutachten, auch wäre es nicht angezeigt, blos an dieser Stelle eine Aufnahmestelle einzurichten; es seien städtische Räume genug vorhanden, die sich für den Zweck eigneten, und man brächte damit diese Angelegenheit aus der privaten Wohlthätigkeits- behandlung in die der städtischen Behörden. Antrag Kalisch kann Redner nur dankbar unterstützen. Stadtv. Kalisch begründet kurz seinen Antrag. Die Ver- suche, welche der Vorstand der Wärmehalle gemacht habe. Wärmehallen auch außerhalb des Zentrums ein- zurichten, seien fruchtlos ausgefallen. Das Obdach sei jetzt auch am Tage geöffnet, es nächtigten dort 2300 Menschen vorgestern, am Tage aber blieben nur 10, heute ist gar kein einziger draußen im Obdach gewesen. Die Leute kommen eben nach dem Alexanderplatz , weil die dortige Ein- richtung eine private ist, und sie meiden das Obdach, weil es eine städtische Anstalt ist. Höchstens könnte der Magistrat ver- suchen, weitere Lokalitäten inmitten der Stadt zu beschaffen; auf Stadtbahubögen wird aber schwerlich zu rechnen sein, denn der Fiskus ist in seiner Fürsorge für die Armen so weit gegangen, daß er uns unsere Stadtbahnbogen um 230 M., von 750 auf 1000 M., gesteigert hat(hört, hört!) Anlagen in der Peripherie haben wirklich keinen Zweck. Stadtv. Singer: Eine seit wenigen Tagen eingeführte Einrichtung kann doch unmöglich schon allgemein bekannt sein. Anschläge an den Bahnhöfen, an den Säulen und so weiter sind dazu nöthig. Ter Magistrat sollte doch den Versuch machen, Wärmehallen in den verschiedenen Stadtgegenden zu errichten. Dezentralisation könne nur nützlich wirken. Wenn aus ganz Berlin Alles erst zur Wärmehalle am Alexanderplatz laufen soll, dann bleibt den Leuten Zeit, Beschäftigung zu suchen, kaum noch übrig. Der Antrag Kalisch wird dem Ausschuß für die Singer'schen Anträge überwiesen, der Ausschußantrag angenommen. Die übrigen Gegenstände der Tagesordnung werden für heute abgesetzt. (Schluß Vzll Uhr.) UtarlaurenkrrviMies. Die Budactkommission berieth heute die Denkschrift der Regierung bezüglich der Einführung des Systems der Dienst- Aliersziilagen für die mittleren Rcichsbeamten. Für die Unter- beamten ist die Angelegenheit bereits durch den vorjährigen Etat erledigt. Ausgenommen von der Einführung der Altcrszulagen sind die Post- und Telegraphen-Unterbeamten und auch die mittleren Beamten dieser Verwaltung sollen nach Ansicht der Regierung nicht von der Veränderung betroffen werden. Der Referent Abgeordneter Graf Limburg-Stirum erläuterte an der Hand der Denkschrift die Vorzüge des Systems der Dienst- Alterszulagen, erklärte sich mit der Aus- führuug desselben einverstanden und wünschte, daß für die Beamten der Postverwaltung ebenfalls Alterszulagen eingeführt werden. Der Korreferent Abg. Singer legte die Gründe dar, aus welchen die sozialdemokratische Partei die Einführung der Alterszulagen befürwortet. Es handle sich darum, die Beamten von der Willkür der vorgesetzten Behörden frei zu machen. Die Zulage soll als ein Recht des Beamten angesehen werden, welche ihm in bestimmten Zwischenräumen zu Theil werden müsse und nicht der Ansstuß des Wohlivollens oder eine Belohnung für gutes Verhalten sein. Ter Redner bekämpfte deshalb energisch den in der Denkschrift enthaltenen Satz, daß die Zulage bei be- friedigenbem dienstlichen und aiißerdicnstlichcii Verhalten des Beamten erfolgen soll, daß jedoch dem Beamten ein Rechts- anspruch auf die Zulage nicht zusteht. Nach Ansicht des Korreferenten hat der Beamte bei Pflicht- gemäßer Erfüllung seiner Obliegenheiten andernfalls besitzt die Behörde ja in dem Disziplinarverfahren genügende Mittel einen vollen Rechtsanspruch auf die Zulage. Um das außer- dienstliche Verhalten habe sich die Behörde, soweit die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte in Frage komme, überhaupt nicht zu kümmern. In der Postverivaltung namentlich werde die Uebcrwachnng des außerdienstlichen Verhaltens der Beamten mit einer Virtuosität betrieben, die einer besseren Sache würdig fei. Redner behält sich vor, bei Beralhung des Postetats diese Angelegenheit ein- gehend zu behandeln und hält die Gründe, welche die Denkschrift für die N i ch t e i n b e z i e h u n g der Postbeamten in das Alters- zulagensystem nicht für beweiskräftig. Der Nachtheil, der für die unteren und mittleren Postbeamten etwa bei der Einführung entsteht, soll ausgeglichen werden durch Erhöhung der Anfangsgehältcr, Zusammenlegung mehrerer Etatstitel, Verkürzung der Wartezeit. Es gäbe Mittel und Wege, den Postbeamten die Vortheile der Dienst-Alterszulagen zugängig zu machen, ohne dieselben durch verlangsamtes Ausrücken in eine höhere Gehaltsstufe zu schädigen. Der Redner stellte für die Spezialbcrathung des Postetats einen Antrag in Aussicht, der den Reichskanzler auffordert, dafür zu sorgen, daß das System der Dienst-Alterszulagen auch für die Post- und Tclegraphcnverwaltuug eingeführt wird. Der Vertreter des Reichsschatzamts äußerte sich über die finanzielle Wirkung des Regierungsvorschlages, den er mit etwa 230 000 M. pro Jahr bezifferte. Die Reichs-Postverwaltuug ließ durch ihren Vertreter er- klären, daß sie einzig im Interesse ihrer Beamten sich der Ein- führung der Tienst-Sllterszulageii für die Post- und Telegraphen- Verwaltung widersetze. Die Beamten stehen sich jetzt besser, da sie in kürzerer Zeit als wie später im Gehalt ausrücken. Durch Einführung des neuen Systems würden die Nnterbeamten allein um 2 360 000 M. geschädigt, was im einzelnen Falle 80 bis 135 M. Jahresverlust für die Unterbeamteu ausmache. Die Verpflichtung, für ihre Beamten einzutreten, hätte der Post ihren Widerspruch diktirt, den das Reichsschatzamt schließlich insoweit anerkannt habe, daß die Post für den vorliegenden Etat außer Ansatz geblieben sei. Die Verhandlungen über die Frage schweben noch, wenn sich ein Weg finden ließe, ohne Schädigung der Beamten die Dienst- Alterszulagen auch bei der Post einzuführen, so werde die Post- verivaltnng gern die Hand dazu bieten. In der Diskussion trat der Abg. Gröber im Wesentlichen den illussührungen des Abg. Singer'bei. Auch das Zentrum wolle den Beamten einen Rechtsanspruch auf die Zulage ge­währen und ebenso das außerdienstliche Verhalten des Beamten, namentlich in politischer Beziehung bei Wahlen u. s. w. nicht der Disziplin der vorgesetzten Behörde unterworfen wissen. Die uationalliberalen Redner wünschen auch die Einbeziehung der Postbeamten in die Alterszulagen; ebenso die Vertreter der konservativen Partei. Alle Parteien sind der Meinung, daß eine Schädigung der Beamten in bezug auf Einkommen durck die Veränderung des Zulagesystems nicht erfolgen solle, daß jedoch dafür gesorgt werden müsse, die Ausnahmestellung der Postbeamten, über welche aus den Kreisen der Beamten selbst vielfach Klage geführt wird, zu beseitigen. Die weitere Verfolgung dieses Gegenstandes wird bis zur Berathung des Postetars ausgesetzt und die Vertreter der Post- Verwaltung werden um Beibringung von Material zur Be- urtheiluug der thatsächlichen und event. zukünftigen Verhältnisse auf diesem Gebiet ersucht. In der Morgen Vormittag stattfindenden Sitzung wird die Einzelberathnng der für die mittleren Reichsbemnten mit Aus­nahme der Postbeamten vorliegenden Denkschrift wegen Ein- sührung der Dienst-Alterszulagen fortgesetzt und außerdem der Etat des Reichsamts des Innern weiter berathen werden. NÄlvkeiNLtÄvMIZON. Eine Delegirten- Konferenz der sozial de mo» kratischen Partei des 11. badischen Wahl, k r e i s e s, welche am Sonnlag in Mannheim tagte, war von 28 Delegirten beschickt. Es handelte sich hauptsächlich um Neuorganisation. Die Debatte nahm einen glatten Verlauf und endete mit der Annahme des von dem Agitationskomitee vor- gelegten Statuts, das nächster Woche den einzelnen Orten ein- gehändigt werden wird. Die nächste Konferenz findet in zwei Monaten in Hemsbach statt. Zur Ausklarung der Parteigenossen über das Gerücht, der Genosse Lehmann(Dortmund ) halte die s.Z. von den Parteigenossen für die inhaftirten Bergleute gesammelten Gelder widerrechtlich zurück, veröffentlicht der Vertrauensmann Wilh. Böcker folgendes: Das Gerücht beruht auf einem großen Jrrthum, da von der Summe von 1400 M. fortlaufend die Fa- milien der inhaftirten Bergleute, theilweise noch bis Mitte dieses Jahres, unterstützt und die Prozeßkosten gedeckt werden müssen. Der Unterzeichnete wurde in Bochum gewählt, um mit Lehmann die Angelegenheit zu ordnen und erklärt der Wahrheit gemäp, daß diese Summe in durchaus korrekter Weise von Lehmann verwaltet und dem Zweck entsprechend verwendet wird. Die gegnerischen Blätter aber, welche diese irrige Meinung in der gehässigsten Weise ausbeuteten, ersuche ich, auch diese Erklärung ihren Lesern nicht vorzuenthalten. Mit dem Appell an die gegnerischen Blätter dürfte der Genosse wohl wenig Glück haben, denn was blieben den Blättern, die sich mit einem wahren Heiß« Hunger auf derartige Gerüchte stürzen, um die Sozialdemokratie zu schädigen, sonst noch für Mittel übrig, uns zu bekämpfen. Todtculistc der Partei. In Fürth ist Genosse Voll- mann(Buchdrucker) gestorben und gestern unter der Theilnahme von wohl tausend Personen beerdigt worden. Zahlreiche Kranz- spenden und Deputationen von den umliegenden Orten waren Beweise der Achtung, die Vollmann als Genosse in weitesten Kreisen genossen Halle. Mit dem durch einen Arbeiter-Gesang- verein vorgetragenen Lied:Ein Sohn des Volkes will ich sein," verabschiedeten sich die Freunde Vollmann's von dessen Grab. »» Polizeiliches, Gerichtliches zc. Grober Unfug. Zwei Genossen aus Limbach bei Chemnitz hatten an einem Sonntag während der Wahlzeit in benachbarten Dörfern Flugblätter vertheilt und waren wegen diesesVerbrechens" von dem Gemeindevorstand eines Ortes mit 5 M. Strafe belegt worden. Das Schöffengericht sowohl als auch das Landgericht entschied die von den Beklagten ein- gelegte Berufung zu Ungunsten der Letzteren. Die Revision beim Ober-Landesgericht hatte den gleichen Erfolg. Die Revision wurde kostenpflichtig abgewiesen. Aus dem Erkennt» des Ober-Landesgerichts, das wir des großen Umsanges wegen nicht dem Wortlaut nach wiedergeben können, geht mit zwingender Deuilichkeit hervor, daß in Zukunft in Sachsen die Vertheilung von Wahlflugblättern nicht nur während des sonntäglichen Gottes« bieustes oder überhaupt am Sonntag, sondern daß die Ver- theilung von Wahlflugblättern überhaupt als grober Unfug be- straft werden kann, wennschon durch die Art und Weise der Vertheilung" der Flugblätter nach Ansicht der Polizei und der Gerichteder äußere Bestand der Ordnung verletzt" wird. Die Flugblattvertheiler dürfen z. B. nichteine größere Anzahl von Flugblättern frei und sichtbar auf dem Arme tragen, so daß die Thätigkeit des Verbreitens auch auf öffent« licher Straße wahrnehmbar" wird, die sozialdemokratischen Flug- blätler dürfen nur Solchen gegeben werden, die danach Ver- langen tragen:c.:c. Wir glauben nicht zu viel zu sagen, wenn wir behaupten, daß bei Durchführung der Anschauungen des sächsischen Ober-Landesgerichtes das Vertheilen von sozial- demokratischen Flugblättern in Sachsen überhaupt unmöglich' gemacht würde.- Genosse Hülle. Redakteur derThüringer Tribünef zu Erfurt wurde wegen Beleidigung des Landraths zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt. Aus Anhalt werden eine Reihe Fälle gemeldet, welche deutlich erkennen lassen, wie auch dort die Behörden keine Gelegenheit vorübergehen laffen, den Sozialdemokraten ihre besondere Aufmerksamkeit zu widmen, wobei es einzelnen Organen recht oft passirt, ihre Gesetzesunkenntniß in hellstem Lichte erscheinen zu lassen. In Coswig waren zwei Genossen angeklagt, ohne polizeiliche Genehmigung Eintrittsgeld in einer öffentlichen Bersamnilung erhoben zu haben. In erster wie in zweiter Instanz erfolgte Freisprechung, da ein Verbot der Polizei, Eintrittsgeld zu erheben, unzulässig sei. In dem- selben Orte halten bei Abhaltung des Vergnügens eines Rauchklubs es sich zwei Polizisten erlaubt', in die betreffenden Lokalitäten eiiizudringen. Sie wurden natürlich zurückgewiesen, wobei sie von seilen einiger Genossen eine Gesetzesbelehrung mit auf den Wegbekamen. Die dabei gefallenen Bemerkungen sollten Beamten- beleidignngen enthalten haben. Die kürzlich stattgefundene Ver- Handlung endete mit Freisprechung. In Leipzig wurde am 9. d. Mts. der' Parteigenosse Heinrich Runge , begleitet von einigen hundert Partei- genossen, zur letzten Ruhe gebracht. Loksles. Zum Berliner Schuhmacherstreik, besser zu dem aus Anlaß desselben ausgebrochenen Streit zwischen den Streitenden und dem Abgeordneten Bock- Gotha hatten wir bisher aus naheliegenden Gründen eine abwartende Stellung eingenommen. Aus dieser Reserve wären wir, um die im Lohnkampse sich be- findlichen Arbeiter nicht zu schädigen, auch vor Beendigung des Streiks nicht herausgetreten, wenn uns nicht Berichte, die büraer- liche Blätter über die am Mittwoch Abend stattgehabte Ver- sammlung der Streikenden veröffentlichen, dazu zwingen würden. In jener Versammlung soll nach dem Bericht desIn- relligenz-Blattes" von dem Referenten Menzel be- haupter worden sein, Bock habe imSchuhmacherfachblatt" in einem Artikel gesagt:Ter anarchistische Schuhmacher König habe den Streik verschuldet, der Staatsanwalt möge doch den- selben fassen."(Wir zitiren wörtlich nach demIntelligenz- Blatt".) Einschalten wollen wir hier, daß weder unser Bericht- erstatter noch eine Anzahl zuverlässiger Parteigenossen, welche der Versammlung beigewohnt haben, die besagte Wendung des Referenten in dem Sinne aufgefaßt haben, den dasJntell. Blatt" ihr gegeben hat. Wir haben nun gar nicht die Absicht, die Vertheidigung des Genossen Bock zu übernehmen, überlassen dies vielmehr ihm selber; es soll auch vorläufig nicht unsere Aufgabe sein, unsern Staudpunkt zum Streik selbst klar zu legen, so wenig, wie wir auf die Polemiken B o ck's eingehen wollen. Unsere Aufgabe soll lediglich die sein, aus dem Artikel des Genossen Bock selbst das Unhaltbare der(nach Angabe desJntelligenz-Vlattes") in der Versammlung aiifgestellten Anschuldigung nachzuweisen. Zu dieser Maßnahme sind wir umsomehr verpflichtet, als wir aus Erfahrung wissen, daß die gcsammte bürgerliche Presse mit einem wahren Heißhunger sich ans den fetten Bissen werfen und ihn gegen uns ausschlachten wird. Um unseren Lesern den Nachweis zu liefern, daß sich in dem besagten Artikel nicht das Mindeste befindet, was zu einer solchen maßlosen Anschuldigung benutzt werden könnte, geben wir den, Herrn König betreffenden Passus wörtlich wieder. Genosse Bock schreibt, nachdem er gegen die Nutzlosigkeit des -treiks polemifirl, über König selbst:Nun ein Wort mit Herrn König, bei welchem sich ein ehrlicher Charakter aller-