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Nr. 325.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 1983.

Mittwoch, den 10. Dezember 1913.

Ein Schwarzer Tag.

Expedition: S. 68 ,. Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 1984.

Der außerordentliche englische Gewerkschaftskongreẞ.

Loudon, 9. Dezember. ( Privatielegramm des Vor. wärts".) Die angestrengten Bemühungen der nach Dublin ent­ Und der Hans schleicht umher, trübe Augen, blasse Haltung des Reichskanzlers bloß. Vor allen Dingen machte sandten Vertreter der Zentralförperschaften der britischen Arbeiter­er die bürgerliche Mehrheit auf die große Gefahr aufmerksam, bewegung, in legter Stunde vor dem Zusammentritt des außer Wangen -" So war es vom vergangenen Mittwoch bis zum gestrigen in die sie den Reichstag und das deutsche Volk bringt, wenn ordentlichen Gewerkschaftskongresses eine Beilegung des Kampfes Dienstag. Eine ganze Woche ist Bethmann Hollweg fie mitten im Anlaufe zu energischer Tat stecken bleibt und herbeizuführen, haben ohne Ergebnis geendet. Nach Dublin hin und her geschlichen, von Berlin bis Donaueschingen , von damit ihre eigene Handlung von vergangener Woche des- wurden sechs Männer geschickt, die infolge ihrer Stellung in der Donaueschingen wieder nach Berlin , von Partei zu Partei, abouiert und dem allgemeinen Hohnlachen preisgibt. Und Arbeiterbewegung mehr als andere Arbeiterführer von dem Bewußt­von Parlamentarier zu Parlamentarier, um die schmollende mit einer schmetternden Kampfansage gegen die Bethmann- sein der Verantwortlichkeit erfüllt sein müssen, die auf dem morgen politik und das rückständige halbabsolutistische Regierungssystem stattfindenden Gewerkschaftskongres lastet, und es ist klar, daß sie bürgerliche Reichstagsmehrheit wieder zu versöhnen. des Deutschen Reiches schloß Scheidemann. keine Mittel unversucht gelassen haben, um durch die Herbeiführung einer Einigung dem Kongreß eine vielleicht folgenschwere Beschluß­Jezt endlich fühlte sich Herr Bethmann Hollweg bemüßigt, fassung zu ersparen. Sie sind in ihrer Nachgiebigkeit gegenüber auf Zabern und auf das Mißtrauensvotum des Reichstags einzugehen. Und wiederum gab er dem Deutschen Reichstage zu verstehen, daß ihm dieses Votum gleichgültig ist, so gleich gültig wie etwa dem Leutnant v. Forstner die französische Fahne. Er fühlt sich als getreuer Fridolin seines Herrn. Das mit der überwältigen Mehrheit des deutschen Volkes. ist ihm größere Ehre und Würde als die Uebereinstimmung

In der gestrigen Reichstagssigung sind die beiden schon bis zur nächsten Strophe des alten Volksliedes gelangt: Und er zupft sie am Zöpfchen, und sie dreht schon das Stöpfchen." Aber nicht lange mehr wird es dauern: so füßt sie ihren Hans, und es ist alles wieder gut"!

Ein dies ater, ein schwarzer Tag für den deutschen Parlamentarismus, bedeutete der Beginn der Etats­beratungen am Dienstag. Als am vergangenen Mitt­woch der Reichskanzler und der Kriegsminister ihre heraus­fordernden Reden dem überraschten Reichstag an den Kopf

pfefferten, entrang sich dem Zentrumsredner in der schönen Unüberlegtheit des zornigen Augenblicks das Wort vom dies ater. Der Tag war allerdings schwarz genug, soweit es fich um die zerfahrene Regierung des Deutschen Reiches und um ihren verfahrenen Karren handelte. Um so heller hob

sich von diesem dunklen Hintergrund der Deutsche Reichstag ab, der sich ausnahmsweise und wider den Willen seiner bürgerlichen Mehrheit zu einer parlamentarischen Tat hin­gerissen sah.

Wenigstens schien es eine Tat! In Wirklichkeit war es nur der Schatten, der von einem großen Ereignis voraus­geworfen wurde, das große Ereignis selbst aber ist aus­geblieben. Bevor es dazu kommen konnte, ist es der bürger­lichen Mehrheit ergangen wie dem Leutnant v. Forstner im Manöver. Und in kläglicher Haltung stand sie am Dienstag vor der Regierung.

Auf diese erneute Provokation des Deutschen Reichstags hätte jetzt die Antwort von bürgerlicher Seite kommen müssen, eine Antwort mit Hörnern und Klauen, eine Antwort, die dem mißhandelten deutschen Parlamen tarismus seine Ehre wiedergegeben hätte.

den Dubliner Unternehmern bis an die äußerste Grenze gegangen. Die letzten Verhandlungen wurden 20 Stunden ununterbrochen fort­gesezt und erst 5,30 Sonntag morgens abgebrochen. Die letzte Ursache des Zusammenbruchs war die Weigerung der Unters nehmer, die Wiedereinstellung aller Ausge. sperrten und Streikenden zuzusagen. Die Arbeiter= vertreter hatten schon außerordentlich weitgehende Konzessionen ge­macht: sie hatten den Verzicht auf den Sympathiestreit zugesagt und versprochen, daß in Zukunft Streits nur nach vierwöchentlicher Sündigung und einer Ürabstimmung der betroffenen Arbeiter statt­finden sollten. Demgegenüber verzichteten die Unternehmer nur auf die Forderung, daß die Arbeiter den Transportarbeiterverband

Nun hatte sich der außerordentliche Gewerkschaft 3-

abschwören. Weiter konnten die Arbeitervertreter nicht gehen; in Eine Antwort fam. Aber nicht die, auf die das deutsche der Frage der Wiedereinstellung fonnten sie nicht weichen. Volf wartet! Gine Antiport so nichtssagend, so harmlos, daß kongreg, der heute hier in der Memorial Hall zusammenivat, durch sie die Dienstagssihung des Reichstags zu einem viel mit der Dubliner Angelegenheit zu befassen. Der Verkauf der schwärzeren Lage für den Reichstag und den Beratungen war ziemlich stürmisch. Die Delegierten der drei deutschen Parlamentarismus geworden ist, als sie 3entralförperschaften der britischen Arbeiterbewegung, die in Dublin der vorige Mittwoch für die deutsche Regierung und den waren, berichteten zunächst, daß es ihnen trotz der größten An Reichskanzler war! strengungen nicht gelungen sei, einen Friedensschluß herbeign­Wo am Mittwoch voriger Woche der erzürnte Zentrums führen. Die Verhandlungen seien an der Weigerung der Unter­redner Fehrenbach seine kräftigen Worte gegen Reichskanzler nehmer, alle Ausgesperrten und Streifenden wieder einzustellen, gescheitert. Gleich nach der Annahme des Berichts gab man den und Kriegsminister schmetterte, wo der tiefbetrübte National- eländern das Wort, deren Sache von dem Delegierten Conolly liberale v. Calfer den Schmerz seiner Seele beinahe untröst- im ganzen in sachlicher Weise verfochten wurde. Als der bekannte lich vor dem deutschen Volke ausheulte, da murmelte am Führer Larkin eine zusammenhanglose Rede hielt, in der es Das deutsche Volk wartete auf eine Erklärung des Reichs- gestrigen Dienstag Herr Peter Spahn und da schillerte in nicht an direkten Beleidigungen der britischen Gewerkschaftsführer kanzlers nach den Vorgängen der jüngsten Tage. Was soll allen Regenbogenfarben Herr Bassermann. Sie sprachen fehlte, kam es zu aufregenden Szenen. Im Laufe der Vormittagsverhandlungen wurden vor der Deffent­werden, nachdem eine Fünfsechstelmehrheit des deutschen von allen möglichen Dingen, worüber man in ruhigen Zeiten Reichstags dem einzigen verantwortlichen Manne der deutschen bei solchen Etatsreden ſchließlich reden mag. Nur über das lichkeit viele unerquicklichen Dinge ans Tageslicht gezogen. Regierungspolitik in einer der wichtigsten Rechts- und Ver- Wichtigste sprachen sie nicht oder doch nur im Vorbeigehen Nachmittag tamen besonnenere Leute zum Wort, wie der Berg­fassungsfragen klar und unzweideutig erklärt hat, daß sie seine und mit der deutlichen Absicht, aus den Vorgängen in 3abern arbeiter Smillie und der Textilarbeiter Shaw. Mehrere Re­und aus ihrer eigenen unerwarteten Courage von voriger folutionen famen ebenfalls zur Verhandlung. Ein Antrag, Politik mißbilligt? Woche nur ja nicht die einzig richtigen und eines selbstbe- den Dubliner Ausgesperrten und Streifenden mußten Parlaments und eines reifen Volkes würdigen Konse- auch fernerhin die Unterstützung der britischen Arbeiterbewegung zuteil werden zu lassen, quenzen zu ziehen! Ueber den Imperialismus sprach Herr wurde einstimmig angenommen. Der wichtigste An­Bassermann mit innigem Behagen, und um der imperialisti- trag des Tages Tautete: Als ob kein Zabern gewesen wäre, als ob keine leiden- schen Pläne des deutschen Kapitalismus wegen muß man schaftlichen Reichstagsdebatten stattgefunden hätten, als ob schnell über die innere Krise hinweg. Auch über die welt­das Mißtrauensvotum des Reichstags ein harmloses Gesell- bewegenden Ereignisse in Braunschweig sprach Herr Basser­schaftsspiel bedeutete, als ob der Reichstag und das deutsche mann. Und zweifellos ist es wichtiger, sich um etwelcher Volt mit den Zwischenträgereien des Herrn Wahnschaffe und modrigen Vongottesgnadenbestimmungen in die zottige den Stilübungen der Norddeutschen Allgemeinen" zufrieden Mannesbrust zu werfen als um bedrohte oder zu erkämpfende sein müßte so trat der Reichskanzler Bethmann Hollweg Grundrechte des deutschen Volkes!

Nichts wird! Alles bleibt wie es iſt! Deutschland, der großen politischen Kinderstube, kann der lange Reichsschulmeister bieten, was er will. Es läßt sich alles gefallen!

Wort.

Am

" Diese Konferenz beauftragt das gemeinschaftliche Komitee das Komitee der drei Zentralförper), ihre Beratungen mit dem Dubliner Streiffomitee fortzusetzen, sich zu bemühen, die Ver­handlungen mit dem Komitee der Unternehmer wieder aufzu­nehmen und jede legitime Methode, die in lebereinstimmung mit der Erhaltung gewerkschaftlicher Grundsäße ist, anzuwenden, um einen annehmbaren und dauernden Frieden herbei­zuführen."

Zu diesem Antrag stellten die Gasarbeiter ein Amende­

am Dienstag vor den Reichstag und sprach über- ja Es sind beinahe 100 Jahre her 1818 war es, da worüber? Ueber den Balkankrieg, über Mesopotamien, über suchte der große englische Sozialist Robert Owen deutsche ment, in dem unter anderem die Isolierung Dublins auf Sir Edward Grey, über den türkischen Sultan und über Staatsmänner für seine sozialreformerischen Pläne zu be- dem Wege des Sympathiest reiks gefordert wurde. Gegen andere interessante und nichtinteressante Zeitgenossen. Nur geistern. Ein Frankfurter Bankier machte ihn mit maßgeben- dieses Amendement wendeten sich die Vertreter der großen Ver­über den Krieg in Elsaß- Lothringen zwischen Zivilverwaltung den Männern des Bundestags und seiner Bolitik bekannt. bände. Der Sekretär der Eisenbahner, Williams, führte unter und Kommandogewalt, über die von einer selbstherrlichen Dieser Bankier hieß Bethmann. Der Nachkomme jenes anderem aus, daß die Eisenbahner steis ihre Pflicht getan hätten, Soldatesta gefährdeten Rechte des deutschen Bürgers, über Frankfurter Bankiers, der jetzt auf dem deutschen Reichs- ihnen verlange, könne man einer Arbeiterkategorie billigerweise aber solch gewaltige Opfer, wie sie der Sympathiestreit gerade von Donaueschingen und über seine eigene sonderbare Rolle in kanzlersessel sitt, läßt sich selbst solche indirekten Begünstigun nicht zumuten. Die bejte Rede wurde von dem Vorsitzenden der Donaueschingen und in Berlin sprach der Reichskanzler kein gen des Sozialismus nicht zuschulden kommen. Er hält es Bergarbeiter gehalten, der es verstand, den Kongreß zu beruhigen statt dessen mit Friedrich von Genz, dem bekannten reaktio- und den gemeinsamen Willen aller, den Dublinern bis zum Ende Was aber sagte der Reichstag? Er hörte dem balkan- nären Schriftsteller, der Owen die spöttische Antwort gab: beizustehen, in passenden Worten zum Ausdrud zu bringen. Mit geschichtlichen Vortrage des Reichskanzlers geduldig zu Das wissen wir alles sehr wohl! Aber wir wollen milder Jronie geißelte er die Worte Larkins, daß beim Streit das feinem unterbrach ihn mit Worte. Und als nicht, daß die Massen unabhängig und woh I- Geld nicht die Hauptsache sei, indem er auch noch darauf hinwies, Herr Bethmann Hollweg sich nach seiner nichtssagenden habend werden. Wie könnten wir sie sonst regieren!" daß bei jedem Streit, auch bei dem der Dubliner, die Bergarbeiter Plauderei über ausländisches dies und das sekte, war es nur Aber der Bethmann von heute täuscht sich über die gleich um Geldunterstüßungen gebeten wurden. Er wies auch die die sozialdemokratische Fraktion, die in erregten und entrüsteten Massen! Sie werden sich ihre Unabhängigkeit und ihre Unterstützung der Dubliner Arbeiter die britischen Arbeiterführer heute in England so eifrig propagierte Ansicht zurück, daß bei der Surufen eine Antwort auf Zabern verlangte. In formell Wohlhabenheit gegen ihn und gegen die bürgerliche Mehrheit von den Massen unwillig vorwärtsgetrieben würden, indem er feft­zurückhaltender, fachlich aber scharfer und schneidender Weise des Deutschen Reichstags erkämpfen. Reichskanzler und stellte, daß die Führer auf eigene Faust, ohne die Massen zu be­legte Genosse Scheidemann das Elend des deutschen Ver- bürgerliche Parteien kommen und vergehen, das Volk bleibt fragen, große Geldsummen für den Kampf in Dublin ausgegeben faffungslebens au der Hand der jüngsten Vorgänge und der und siegt!

und

hätten.