gelvesen sei und deshalb nur andeutungsweise dun Vorgängen Mit- tcilimg inachte, von denen er deni Reichstage deutlicher Kennt- nis hätte geben können. es würde in Lieser Beziehung auch noch eine osstziöse Verlautbarung ersolgcn. Der Kaiser habe schon vor einigen Tagen, jedensaklS schon lange vor Beginn der Jnterpellationsdcbatte � im Reichstag, zwei Schreiben. das eine an den Reichskanzler, das andere an den General v. Deimling, gerichtet, wonach das Militär sich durchaus im Rahmen der Gesetze und im Kontakt mit den Zivil- behörden halten müsse. Zu Beginn der Woche habe der Kaiser dem General v. Deimling befohlen, einen General von konziliantem Wesen zur Untersuchuung der Vorgänge und zur Wiederherstellung der Verbindung zwischen Militärbehörden und Zivilbehörden nach Zabern zu schicken. Diese Enthüllungen mußten unter allen Umständen sehr befremdend wirken.(Sehr richlig! bei denSoziald.) Wir wünschen dem Reichskanzler ausnahmslos gulcGesundheit, aber eine Entschuldigung mit Unwohlsein in solchem Zusammenhange war in der Tat ein starkes Stück.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial- demokraten.) Dem Volke ist es einfach unfaßbar, daß ein Reichskanzler zwei Schreiben des Kaisers in der Tasche behält, ohne sie in einer solchen Situation zur Kenntnis des Reichstags zu bringen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das erinnert ja ganz un- willkürlich an� die Vorgänge vor fünf Jahren aus Anlaß der«Daily-Telegraph "-Nffäre.(Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten.) Der damalige Reichskanzler l a s das Schreiben des Kaisers überhaupt nicht, der diesmalige steckt's in die Tasche und vergißt's.(Große Heiterkeits links.) Das ist ein Zeugnis von einer geradezu erstaunlichen„Hochachtung" vor dem allergnädigsten Herrn.(Sehr gut!, bei den Sozialdemokraten.« Wenige Stunden später hat man denn auch entdeckt, daß es so auch nicht geht. ES kanr ein Dementi. Der Chef der Reichskonzlei hatte nichts gesagt vom Unwohlsein, nichts gesagt von rednerischem Mißgeschick, nichts von einer Versetzung der Offiziere, nichts pon dem Vergessen oder Unterlassen der Verlesung zweier kaiserlichen Schreiben. Ebenso falsch sei die Behauptung von dem rednerischen Mißgeschick des Reichskanzlers. Er habe die beiden Schreiben schon deshalb nicht zu erwähnen vergessen können, weil beide Tatsachen vom Kanzler in seiner Rede erwähnt worden seien, und in der Tat, diese beiden Tatsachen sind, wie Sie sich aus dem Stenogramm überzeugen können, vom Herrn Reichs- kanzler erwähnt worden, aber freilich in einer Form und einer Ilmkleidung, daß sie s o g u t wie unbemerkt bleiben mußten. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Also ein Spiel der Jnter- pretation, um es allen recht gemacht zu haben. Dementi, Dementi des Dementis! Am 3. Dezember der ganze Rückzug vor dem Militär, am t. De- zember halber Rückzug vor dem Reichstag in einer Rede, in der der Reichskanzler nicht nur für die Gesetzlichkeit eintrat, sondern gleich- zeitig sich mit dem�Kriegsminister v. Falkenhayn solidarisch erklärte.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Herr v. Falkenhayn hat dann sogar in einer sehr feinen Ver- beugung dieses saubere diplomatische Spiel noch unterstrichen. Es ist amtlich erklärt worden, daß der Reichskanzler nicht richtig verstanden worden sei. Ich weiß nicht, ob das Nichtverstehenkönnen an der mangelhaften Kapazität unserer Gehirne liegt, ich habe vielmehr den Eindruck, daß der Reichskanzler eS trotz des amtlichen Dementis an der notwendigen Klar- heit in seiner Rede hat fehlen lassen.(Sehr wahr! bei den Soz.) Ich erinnere an das Wort Goethes:„Ein willkommener Wider- sprach bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie kür Toren." Das ist aus der Hexenküche, paßt aber auch auf unsere deutschen Zustände.(Große Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Nun, der Reichskanzler ist wieder da, wir haben ihn wieder. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Es war gewiß ein Pein- licher Augenblick für den ganzen Reichstag, als der Herr Reichskanzler heute seinen Fuß in den Saal setzte. Es war zweifel- los auch ein peinlicher Augenblick für ihn selbst. Wir müssen es ganz offen aussprechen, die ganze Situation, in der wir uns befinden, ist eine für die deutsche Volksvertretung sowohl wie für den Reichskanzler nicht besonders würdige.(Sehr wahr! bei den Soz.) In der D e m i s s i o n eines Kabinetts, die nach erfolgtem Mißtrauensvotum in allen parlamentarisch regierten Ländern ganz selbstverständlich eintritt(Aha I rechts), liegt nicht nur die Anerkennung der politischen Macht des Parlaments, sondern auch eiue Wahrimg der Selbstachtung des Ministers. (Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Werfen Sie einen Blick nach England und nach Frankreich . Dort ver- langen die Premiers, daß sie vom Parlament respektiert werden und das Parlament sie als ihre Führer anerkennt, und die Androhung seiner Demission ist nicht das schlechteste Mittel eines Minister- Präsidenten, um seine Autorität zu wahren.(Sehr gut! bei den Soz.) Was der Reichstag am 4. Dezember d. I. dem Reichskanzler an Nichtanerkennung seiner Führerschaft bescheinigt hat, steckt kein europäischer Staatsmann ein.(Sehr wahr! bei den Sozialdemo- kraten.) Kein europäischer Staatsmann kehrt auf seine Ministerbank zurück, dem nran schwarz auf weiß gegeben hat, was Herrn v. Bethmann Hollweg die große Mehrheit dieses Hauses mit auf den Weg nach Donaueschingen ge- geben hat. Stellen Sie sich vor, wie im Ausland die Presse, ganz gleich welcher Partei, urteilen würde, wenn dort ein Minister nach einem solchen Votum der großen Mehrheit des Parlaments zurückkehren würde. Meines Erachlens müßte der Stolz jedes Staatsmannes sein, der rebellierenden Mehrheit das Bündel vor die Füße zu werfen.(Sehr gut! bei den Sozialdem. Unruhe rechts.) In Frankreich und England würde ein Minister auf seinen Deputiertensitz zurückgehen und sich durch einen guten Abgang die Achtung von Freuud und Feind sichern. Der Reichs- lanzler sprach am 4. Dezember von einer ernsten Stunde, die aber nicht etwa ernst sei, weil ihm ein Mißbilligungsvotum ausgestellt worden iei. das ist vielfach so verstanden worden, als wenn er hätte sagen wollen: es ist mir ganz gleichgültig, was ihr be- schließt. Ich nehme an, daß das wirklich ein Mißverständnis ge- Wesen ist(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten) und daß der Reichs- kanzler den Beschluß des Reichstags sehr e.r n st genommen hat, sonst wären ja die Versuche ganz unverständlich, die von ihm nahe- stehender Spire gpiiacht worden find, um die einzelneir Parteien zur Abgäbe von Erklärungen zu bestinunen, durch die das Mißtrauens- Votum gemildert würde. Ich glaube auch, daß der Reichskanzler, wenn es ganz nach seinen eigenen Gefühlen gegangen wäre, dieses HauS lieber nicht wieder betreten hätte, er beneidet schließlich im Grunde seines Herzens seine europäischen Kollegen, die die Freiheit haben zu gehen, wenn die Würde es von ihnen fordert. Was den Reichskanzler v. Bethmann Hollweg hier feffelt, ist der Fetisch des persönlichen Regiments. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Weiche Verwirrungen der politischen Lage Ein leitender Mann darf nicht gehen, wenn seine Autorität erschüttert ist, sondern er muß warten, bis man die Gnade hat, ihn zu entlassen, und diese Gnade hat man zurzeit nicht, wenn man glaubt, die Autorität der Krone dadurch wahren zu müssen, daß man ihren vor oller Welt deSavouirten Vertreter an sein Amt fesselt. Das ist im großen die gleiche Verwirrung der Begriffe wie im kleinen, die Nichtentsernung der schuldigen Offiziere in Zabern (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), mit denen ich im übrigen den Reichskanzler durchaus nicht vergleichen will.(Heiterkeit.) Die Offiziere in Zabern hat man nicht entfernt im Interesse der militärischen Autorität, und man läßt den Reick>skanzler nicht gehen in, Interesse der mon- archischen Autorität.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Rur keine Zugeständnisse an die Oeffentlichkeit. das Parlament, das Zipill(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Aber in diesem Ver- halten findet ein aufmerksamer Beobachter kein Zeichen wirklichen Krastbewußtseins.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokralen.) Ganz im Gegenteil, man sagt sich, eine Autorität, die eine so große Angst vor Zugeständnissen hafi trägt damit alles andere als das Gefühl der Sicherheit zur Schau,(«ehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) So ist der Reichskanzler in die gegenwärtige unerquickliche Situation gekommen durch einen falschen Autoritätsbegriff, und er muß bleiben, obwohl er sicherlich kein Kleber ist. Er klebt nicht, er ist geklebt. (Grpße Heiterkeit.) Damit komme ich zu dem, was anklingt an das, was der Reichskanzler eingangs vorgetragen hat auf dem Gebiete der aus- wärtigsn Politik. Herr Reichskanzler, ich möchte die Frage an Sie richten: glauben Sie noch die Autorität zu besitzen, das deutsche Volk nach außen vertreten zu können?(Sehr gut! bei den Sozial- demokraten.) Ich weiß nicht, wie hoch«is das Votum einschätzen, das hier von fünf Sechstel der deutschen Volksvertretung in der vorigen Woche abgegeben worden ist. Aber das weiß ich ganz bestimmt, daß das Ausland danach eine große Hochachtung vor dem deutschen Volke und vor der deutschen Volksvertretung nicht haben wird.(Unruhe rechts. Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Ich weiß auch, daß man im Auslande einen Staats- mann einschätzt nach dem Fonds des Vertrauens, den er sich im Parlament und im Volke draußen erworben hat.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Jede andere im Amt befindliche Regierung kann von sich sagen bei diplomatischen Verhandlungen: hinter uns steht das Volk. Nun sind die Diplomaten höfliche Leute, die auch Selbstbeherrschung haben sollen. Aber, meine Herren, wie denn nun, wenn trotzdein sich bei diplomatischen Verhandlungen in das Gesicht ausländischer Diplomaten ein spöttisches Lächeln stiehlt, wenn der Reichskanzler davon spricht, daß er das deutsche Volk hinter sich hätte, und wenn man in der ausländischen Presse sagt: Herr v. Bethmann H o l l w e g ist zlvar ein großer Staatsmann, er hat es fertig gebracht, die ganze deutsche Nation zu einigen, aber nicht unter seiner Führerschaft, gegen sich. (Heiterkeit und sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Können Sie sich davon eine besondere Erhöhung des Ansehens des Deutschen Reiches vor dem Ausland versprechen, Herr Reichskanzler?! Darüber müssen- wir uns doch klar sein, daß der Reichstag , das ganze Reich, sich in einer Situation befindet, aus der ein Kompromiß keine Lösung bieten kann.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Je eifriger nach einem Kompromiß gesucht wird, um so mehr werden wir in eine Sackgasse kommen. Die Situation ist wenig würdig.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichskanzler ist zurück- geschickt worden, nachdem er mit einem Mißbilligungsbeschluß nach Donaueschtngen gefahren ist. Das ist eine starke Geste des persönlichen Regiments. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) ES wird gesagt, die Tage des Herrn v. Bethmann seien gezählt: wenn wir zurückkommen würden im nächsten Jahre im Herbst, würde ein anderer an seiner Stelle sitzen. Ja, damit müssen wir auch rechnen. Ick darf hier eine kleine Erinnerung vor Ihnen auffrischen. Als Sie im vorigen Jahre die große Militärvorlage -bewilligten, bewilligteir Sie sie dem alten würdigen Herrn v. H e e r i N g e n.(Lachen rechts. Zuruf des Abg. Erzberger.) ES macht mir große Freude. Herr Erzberger, daß Sie hier einen Zwischenruf machen. In meinem Manuskript steht unmittelbar hinter dieser Stelle in Klammern:„Herr Erzberger macht einen Zwischenruf."(Stürmische Heiterkeit.) Also der Reichstag hat Herrn v. Heeringen die Militärvorläge bewilligt, er hat auch all die Resolutionen Herrn v. Heeringen mitgegeben, der sie schmunzelnd in die Rocktasche gesteckt hat. Kaum war die Militär- Vorlage angenommen, verschwindet Herr v. Heeringen in der Versenkung und aus der Kulisse tritt Herr v. Falkenhahn I In Wirklichkeit haben Sie also die Militärvorlage Herrn v.Falken - Hayn bewilligt. lLachen rechts.) Das wird für die Wähler ein sehr freudiges Gefühl sein, wenn sie den Wehrbeitrag zahlen und sich bei jeder Mark sagen: das ist für Herrn v. Falkenhayn. Stellen Sie fick vor, der Herr Reichskanzler geht, in der Zeit, wo wir weggeschickt sind, kommt ein anderer, der wirtsckaftet dann mit den Mitteln, die im jetzigen Etat von Herrn V. Bethmann Hollweg verlangt worden sind. Wir wiffen ja gar nicht, was das für ein kommender Mann sein kann. ES kann ein Kulturkämpfer sein, der jeden Tag einen Jesuiten zum Frühstück verschluckt, oder um- gekehrt, ein Gesinnungsgenosse der Jesuiten , vielleicht Herr v. Hertling selber. Es kann auch ein Mann sein, dem gegenüber Herr v. Falkenhayn erscheint als Fanatiker für die Aufrechtcrhaltung verfassungsmäßiger Zu- stände.(Große Heiterkeit.) Ist cS dann nicht viel llüger, wir sagen, wir wollen erst den Mann und sein Programm kennen, che wir den Etat bewilligen? (Sehr wahr! b. d. Soz.) Das ist aber nur möglich, wenn wir die Krise, in der wir jetzt stecken, sobald wie möglich beendigen. Gewiß. der Kaiser hat das Recht der Ernennung und Entlassung des Reichs- kanzlers, ich sage leider. Aber der Reichstag hat das Recht, G e- setze anzunehmen und abzulehnen. Auf Grund dieses Rechts haben ja die Konservativen den Fürsten Bülow gestürzt, in- dem sie die Erbschaftssteuer ablehnten.(Lachen rechts.) Sie (nach rechts) find überhaupt nicht so zimperlich, wie die Liberalen, wenn es sich darum handelt, Ministern Schwierig- leiten zu bereiten.(Sehr war! bei den Sozialdemokraten.) Aller- Vings, wenn andere das tun, betrachten Sie das als Eingriff in Ihr Monopol. Mjnister stürze« dürfen nur die Kon- s e r v a t i v e n.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Im Augenblick aber handelt es sich gar nicht um das parlamentarische Regime, sondern um die praktische Beschränkung der monarchischen Gewalt durch das Recht des Parlaments zur Gesetzgebung. Gewiß, der Kaiser kann einen xbeliebigen Mann zum Reichskanzler machen, aber er kann nicht den Reichstag zwingen, mit diesem von ihm hierhin gesetzten Mann zu arbeiten.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraren.) Meines Erachlens muß unter den gegebenen Umständen der Reichstag pflichtgemäß erklären: ei« Zusammenarbeiten mit Herrn v. Bethmann ist unmöglich geworden (Lebhaftes Bravo bei den Sozialdemokraten). Ich lese in den Augen ängstlicher Seelen, das würde den Konflikt bedeuten. Ach, meine Herren, dieser Konflikt wäre schneller beendet, als er begonnen ist. er würde sich anders abspielen als der«oiiflikl. den Fürst Bismarck vor 30 Jahren in Preußen gehabt hat. Fürst Bismarck stand einer einzigen Partei gegenüber, die aui Grund des Dreiklassenwahlrechts im Landtag saß; er siegle aus den bekannten Gründen. Nun ist doch Herr v. Bethmann kein Bismarck, und dann ist der Reichstag nicht gewählt aus Grund eines Wahlrechls, das Bisniarck als das erbärmlich st e bezeichnete, sondern er ist die wirkliche Ver» tretung des Volkes, abgesehen von den schweren Schönheit»- seh lern im Wahlgesetz. Glauben Sie uns. wenn der Reichstag , ge- stützt aui das Volk, einig zuiammensteht in dieser �Frage, wird kein Staatsmann in der Lage sein, ihm irgendwelche Schwierigkeilen zu bereiten.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Hier sollte der Reichstag einmal beweisen, daß es nicht nur Strohfeuer ge- wesen ist; jetzt heißt es zur Tat übergehen. Sie brauchen den Beschluß vom 4. Dezember nur so anzu- wenden, wie er vom Volke verstanden worden ist. Wir erblicken in dem Rechte des Reichstags, die Nichtübereinstimmung des Reichstags mit den, Reichskanzler zu erklären, em sehr wertvolles Recht, und wir wollen dies Recht nicht dadurch cnlwerten, daß wir es leichtfertig gebrauchen. Leichtfertig wäre es aber gebraucht, wenn man nachher sagen wollte, das war alles nicht so schlimm gemeint, wir wollen uns wieder vertragen. Wer nicht die Ab- ficht und nicht den Mut hat, eine Regierung zu beseitigen, der darf sich auch nicht heillos blo ßst ellen vor der Beamten- schaft, vor dem Parlament, vo.r der aanzen Welt. (Stürmische Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Es gibt jetzt nur zweierlei: entweder zieht der Reichstag die K o n s e q u e n z aus seinem Beschluß von voriger Woche, oder er bezichtigt sich selbst der unüberlegten Beschlußfassung.(Sehr wahr.' bei den Sozial- demokraten.) Das würde man draußen im Volte so deulen: der Reichstag hat selbst eingestanden, daß er politisch nicht reif ist. Vom Standpunkt meiner Freunde aus kann kein Abgeordneter, der für das Mißtrauensvotum gestimmt hat, dem Reichskanzler den Etat bewilligen. Zieht der Reichstag diese Konsequenz, so dürfen wir überzeugt sein, daß das ganze Voll einmütig hinter ihm st e h t. Am 4. Dezember hat da» ganze Voll draußen gejubelt, es hat sich gesagt: endlich einmal hat der Reichstag seinen Dl a n n g c st a n d e n.(Lachen rechts, Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Abgesehen von den 5i da drüben, die dem Reichskanzler doch sonst die größten Schwierigkeiten gemacht haben, hat der Reichstag einmütig Front gemacht gegen die bureaukratische Anmaßung und gegen militärische Willkür. Zwei bürgerliche Abgeordnete waren die Helden des Tages. Ich freue mich dessen, aber es war fast zu schön. Seien Sie sich aber darüber klar: eine furchtbare Erbitterung wird das Voll erfassen, wenn man draußen zu der Ueberzeugung kommen sollte, daß alleS bloß Redefeuerwerk gc- wesen wäre, alles bloß revolutionäres Blendwerk, ohne den Willen zur Tat. Unsere Ablehnung des Etats wird diesmal noch eine ganz andere Resonanz finden als sonst.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Man wird sich sagen, der Etat bedeutet in der Hauptsache die Be- willigung von Mitteln für den Kriegsmini st er v. Falken- Hayn. Dem kann man selbstverständlich keinen Pfennig be- willigen. Ich nehme auch an. daß der Antrag, die Gehälter des Reichskanzlers und des Kriegs Ministers zu streichen, von Ihnen einstimmig angenommen werden wird. (Lachen rechts.) Der Reichskanzler har einmal sehr verächtlich geredet von dem Slimmzeltelhaufen. Aber zum Schrecken aller Spötter ist dieser Haufen schon lange in Bewegung gelommen, und Ihr Nachfolger, Herr v. Bethmann, wird schon mehr Respekt vor dem Stimmzcttelhaufen haben, wenn er sieht, wer schon alles unter diesem Hausen begraben wurde. Durch schneidige Redensarten, hinter denen meist nichts steckt, kann man dem Volke jetzt nichl mehr imponieren. Seit 25 Jahren soll alles, was nicht als militärfromm angesehen wird, mit schnarrenden Redensarten z er- schmettert werden und in Scherben geschlagen werden. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Was war daS Ergebnis dieser schnarrenden Reden? Furcht sollte gesät werden, und gecrntet wurde schallendes Gelächter, Hohn und Spott, und eine maßlose Erbitterung im ganzen jBolke.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten, Lachen recht».)«eil Jahren ist � die politische Geschickte unseres Landes voll von inilitärischen Skandalen. Entrüsiungsstürme in der Presse und im Parlament. Ermannungsversuchc der bürgerlichen Parteien und Wiederzurückfallen in die alte. Schwäche! Jedes Zurück» weichen der bürgerlichen Opposition bedeutet' aber ein Steigen der roten Flut. Wollten wir hier nur Propaganda für unsere Partei machen, so müßten wir sagen: bleiben Sie. Herr v. Brtb» m an», gesegnet sei Herr V. F a l k e n h a y n, der in zwei Tagen mehr an Aufklärung über die Gemeingefährlichkeit unseres MUitariS- rnu» geleistet hat(Unruhe rechts), als alle seine Vorgänger.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Aber das wolle» wir nicht, �wir wollen hier mitarbeiten und deshalb suchen wir Sie aufzumuntern zur Tat! Räumen Sie die Trümmer fort, die auf dem Felde der Verwüstung liegen ge» blieben find. Wahren Sie das eigene HauS, wahren Sie die Ihnen anvertrauten Volks rechte, die Würde der Volks- Vertretung, hüten Sie sich vor dem Sturm, der über Sie herein- brechen wird, wenn«ie gegenüber der Schwäche der Regierung wieder in die alte Schwäche zurückfallen.(Lebhaftes Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Wir betrachten, was so kommt und geht, während wir bleiben und wachsen. DaS ist kein Zufall: in der Ilebereinstimmung unserer Anschauungen und Forderungen mit den Bedürfnissen einer aufsteigenden BolkSmasse liegt das Geheimnis unserer Erfolge. Jeder Staatsmann muß scheitern, der diese Tatsache nicht zu er- kennen vermag. Wenn der Reichskanzler bleibt, wir haben keinen Schaden zu befürchten: wenn er geht— wir scheiden von ihm ohne Groll. Er hol gewiß das beste gewollt, er hat aber seine Zeit nicht verstanden.(Sehr wahr!) Für die Sozialdemokratie ist die Eni- scheidung, ob Herr v. Bethmann bleibt oder geht, keine Lebens- frage, ihr kommt es darauf an. die Massen zum Klassen- bewutztsein zu erziehen, sie für den Klassenkampf zu bilden. Aber für alle bürgerlichen Parteien, die jetzt am Kreuz- wege stehen und nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, ist diese Frage eiue Schicksalsfrage. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Für sie kommt es darauf an, aus der gegenwärtigen Krisis eine Lösung zu finden, die den Erwartungen des Volkes entspricht. Aber wenn sie auch versagen, frohgemut werden wir de» Kampf um die Erweiterung der BotkS- reckte allein weiterführen, in der sicheren Ueberzeugung, daß fallen muß, was uns entgegen st cht.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Präsident Dr. Äaempf ruft den Abg. Scheidemann zur Ordnung, Weiler erklärt habe, der Kriegsminister habe das saubere diplomatische Spiel noch unterstrichen. Reichskanzler v. Bethmann Hollweg : Der Abg. Scheidemann meinte, meine Würde gebiete mir. sofort zu d e m i s s i o n i e r e n: ich ersuche ihn, durchaus mir selbst die Wahrung meiner eigenen Würde zu überlassen.(Beifall.) Er hat weiter behauptet, wie ich wohl glauben könnte, im Auslande noch die Autorität zu besitzen, um die auswärtige Politik Deutschlands zu vertreten. Auch die Sorge hierüber möge mir der Vorredner ganz ruhig allein überlassen.(Leb- hailer Beifall rechlS. Lachen bei de» Sozialdemolraten.) Ich habe das Vertrauen zu dem Ausland, daß es in dieser Be- ziehung anders denkt, als der Abg. S ck e i d e m a n n. Doch das sind nur nebensächliche Punkte. Ich muß aber Verwahrung dagegen einlegen, daß der Vorredner durch seine Ausführungen unsere verfassungsrechtlichen Zustände zu verschieben und zu ver- dunkeln versucht hat. Dagegen»rnßjch jetzt gleich im ersten Moment Verwahrung einlegen. Der Abg. Scheidemann hat sich Mühe ge» geben, der Mehrheit de» Reichstags klarzumachen, daß nach dem sogenannten Miftbilliguugsvotum (Große Unruhe links und Zurufe der Sozialdemokraten: So« genannten?) eS die Pflicht der Mehrheit, die dieses Votum beschlossen hat, sei, entweder mit mir nicht mehr zu verhandeln oder mich so anzugreifen, daß ich von meinem Platz abtreten müßte. DaS setzt einen Zustand unserer veriaffungsrechtlichen Verhältnisse vor- aus. den wir nicht haben.«Sehr richtig! recht».) Was bedeutet denn der Antrag, der an Interpellationen geknüpft wird? Als er vor anderthalb Jahren hier vom Reichstage beschlossen wurde, da waren sich alle Parteien darüber einig, daß dieser Antrag lediglich bezwecken sollte, dem Reichstage selbst die Feststellung zu erleichtern, wie die Mehrheit über den in der Interpellation verhandelten Gegenstand denkt.(Lachen links.) Es ist aus Reichstagskrcisen damals behauptet worden, daß bei der früheren Be- Handlung der Interpellationen der Reichstag selbst häufig nicht gewußt habe, was aus der ganzen Sache geworden sei. Ich erinnere mich daran, daß es der Abg. G r o e b e r war, der selbst den Vergleich mit dem Hornberger Schießen auf die Interpellationen anwendete, selbst die Sozialdemokraten— ich habe mir die Sachen heraussuchen lassen— waren der Ansicht, daß mit den an die Jnter» pellalion geknüpften Anträgen absolut nichts Neues berbeigeführt würde.(Hört! hört!) Selbst der Abg. L e d e b o u r— und das will doch viel sagen(Große Heiterkeit)— hat damals am 8. Mai 1912 erklärt, nachdem die Erklärung verlesen worden war, die ich aus dem Munde des Staatssekretärs des Innern über
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