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ntluacf eht durch Zahlen öelegtes erschreckendes Bild der Arbeits- losigkeit. Die Mitgliederzahl der Landeskrankenkasse fiel seit August 1912 von 1 283 iXXI auf SS 000. Die Gewerkschaften schätzen die Zahl 'er gegenwärtig Arbeitslosen im Lande auf 120 000. Die Arbeits- .osigkeit herrsche bereits seit Beginn des Jabres 1918; aber auch unter den in Arbeit Stehenden herrsche großes Elend. Viele der großen Fabriken arbeiteten jetzt die Woche nur noch 23 Stunden. .lnd die Regierung habe in dieser schweren Zeit nichts anderes zu tun, als ein Vagabundengesetz zu schaffen, nach dessen Bestimmungen jedem Stuhlrichter und Polizeibiittel das Recht gegeben wäre, die ohne Verschulden arbeitslos gewordenen Arbeiter abzuschieben oder auf längere Zeit einzusperren. Nach dem schilderten die Vertreter der großen Gewerkschaften aus verschiedenen Städten die traurigen Zustände und verlangten drin- zend die Unterstützung des Staates zur Linderung dieser Not. Der iiongreß nahm einstimmig eine Resolution an, in der u. a. gesagt imtde, daß die gegenwärtige lang anhaltende Arbeitslosigkeit Haupt- , schlich die Folge der umstürzlerischen Tendenz der inneren Politik »er Regierung und der gewalttätigen äußeren Politik der österreichisch-ungarischen Monarchie sei. Die Regierung habe die für' öffentliche Arbeiten bestimmten Gelder für die die tasten des Volkes erhöhenden Heereszwecke verausgabt. Div» wirt­schaftliche Krise werde noch erhöht durch ständige Erhöhung der direkten Steuern und unausgesetzte Verteuerung der Lebensmittel. Die Verheerungen der Krise könnten durch eine vorwiegend wirtschaftliche Politik und zielbewußte Sozialpolitik gemildeit werden. Der Kongreß fordert daher, daß die Regierung ohne Aufschub alle zurückgebliebenen öffentlichen Arbeiten in Angriff nehmen läßt, daß sie unter Beachtung der Grundprinzipien des Genter Systems die Behörden und Gemeinden auffordert, Unterstützungen an Arbeitslofe zu zahlen und daß sie die gesetzliche Regelung der auf der Autonomie der Arbeiter fußenden obligatorischen Arbeitslosenversicherung vor- bereite. Die Gewerkschastskommission wird beauftragt, einen aus das Genter System basierenden Entwurf auszuarbeiten und ihn sämtlichen Behörden und Gemeindevertretungen vorzulegen. In Anbetracht der großen Zahl der Arbeitslosen betrachtet der Kongreß die von der Regierung und der Hauptstadt bewilligten 130000 Kronen als ein Almosen, das zur Unterstützung der Hungernden nicht ausreicht._ Soziales* Für die Sonntagsruhe. Der Gesetzentwurf über die Einschränkung der Sonntags- Verkaufszeit im Kleinhandel hat die Jahrzehnte alte Diskussion über den Wert des Sonntagsgeschäfts wieder in Fluß gebracht. Natürlich wird auch wieder einmal über denRuin" der Geschäfts- leute geklagt, aber erfreulicherweise ist doch zu bemerken, daß sich einsichtige Kaufleute von dieser Gespensterseherei frei gemacht haben. Einen Beweis dafür liefern eine Reihe von Zuschriften an die Kölnische Volkszeitung". In diesem Zentrumsblatte(Nr. 1034) hatte einer gejammert: Wollte man noch weitergehen(weniger als dreistündige Be- schäftigung zulassen) und sogar die volle Sonntagsruhe einführen, fo würde manche Existenz zugrunde gerichtet werden; namentlich die Geschäfte auf dem Lande würden einem langsamen. aber sicheren Ruin entgegengehen, denn was für die Großstadt vielleicht passend ist, paßt keineswegs auch für das Land und die kleinen Städte." Darauf antworten ihm Geschäftsleute vom Lande recht deutlich: Die Behauptung, die volle Sonntagsruhe würde der geschäft- liche Ruin für die Geschäfte auf dem Lande und in den kleinen Städten sein, dürfte man sich dort nicht zu eigen machen. Den Beweis dafür bleibt uns der Herr Einsender denn auch schuldig. Das Gegenteil trifft zu. Es ist eine bekannte Tatsache, daß Sonntag« und besonders an den sogenannten freien Sonn« tagen vor Ostern, Pfingsten, Allerheiligen und Weihnachten die Bevölkerung von? Lande und aus den kleinen Städten geradezu in Scharen zu den Großstädten strömt, um dort ihre Einkäufe zu machen... In der Woche hat die Landbevölkerung und auch diejenige aus kleinen Städten wenig Zeit und Lust, um in die Großstadt zu fahren. Dadurch würde das WortKauft am Platze". das mau besonders in den kleinen Städten tausendmal hört, zweifellos mehr zur Wirklichkeit werden, als es heute der Fall ist Also die Kleinstadt und das Land könnten von einer vollen Sonntagsruhe nur Nutzen haben, während die Großstadt und besonders das Warenhaus dadurch getroffen würden, zum Segen des schwerringenden kleinstädtischen Kaufmannes und Handwerkers. Und ein anderer ländlicher Geschäftsmann schreibt: Wenn die völlige Sonntagsruhe heute noch nicht erreicht wird, so wird sie doch kommen; im übrigen halte ich eine drei- stündige Beschäftigungszeit für völlig ausreichend, und zwar ohne jede Ausnahme, sowohl für Stadt wie für Land. Es würde dies nicht ein Ruin für die Gewerbe« treibenden des Landes sein, sondern sich eher eine Besserung ergeben. Die Landleute, welche Sonntags zur Stadt gehen, um Einkäufe zu machen und Vergnügen zu haben, gehen in der Woche nicht dahin und würden somit ihre Einkäufe in ihrer Heimat besorgen, was mit wenigen Ausnahmen, dank unserer heutigen Verkehrsverhältnisse, auch fast überall möglich ist. Darum weg mit allen Ausnahmen, höchstens zwei oder drei Sonntage vor Weih- nachten und gleicher Schluß in der Stadt wie auf d e in Lande. Wenn einsichtige Prinzipale schon solche Forderungen stellen, so liegt keinerlei Grund vor, die Verwirklichung der von den Hand- lungsgehilfen längst gestellten Forderung nach voller Sonntags ruhe immer noch hinauszuschieben. Ein sozialpolitisches Gesetz darf sich dock, nicht auf die Meinung der rückständigsten und kurzsichtigsten Ktärner stützen._ Kommunale Milchversorgung. In zahlreichen Städten haben sich Moltereiringe gebildet, die den Konsumenten die Milch erheblich verteuern. Wie Kommunen solchen Preistreibereien entgegentreten können, hat die wcst- vrcns-ifche Stadt Strasburg gezeigt. Hier war es oie königliche Doniüne, die den Preis für den Liter Milch von 14 auf 16 Pf. er- höhte. Der Magistrat nahm sich der ärmeren Bevölkerung dadurch anj daß er mit den umliegenden Besitzern Abschlüsse auf Milch- iiefcrungen machte, und die Milch wird jetzt in zwei städtischen Vrrtaufsstcllen zu dem bisherigen Preise von 14 Pf. verkauft. Die Nachfrage nach dieserstädtischen" Milch ist so groß, daß weitere Abschlüsse auf Milch erfolgen sollen. Den Gemeinden kann man dieses Vorgehen nur zur Nachahmung empfehlen. TyphnSinfizicrung durch giftiges Flußwasscr als Betriebsunfall. Das Oberverstcherungsamt zu Merseburg hatte in seiner letzten Sitzung über die Ansprüche einer in Alslcben a. S. wohnen- de.! Witwe B. zu entscheiden, deren Ehemann am 24. Februar >. I. infolge Verschluckens giftigen Saalewassers im Krankenhause zu Halle verstarb. Ter Verstorbene hatte am 29. Januar als Steuermann auf einem Saaledampfer die gerissene Kette bei einer Temperatur von 3' Grad Kälte etwa drei'Stunden lang gesucht. Am nächsten Tage riß die Kette abermals, das Suchen erfolgte bei einer Temperatur von 10 Grad Kälte. Durch das oftmalige Einwerfen des Ankers, mit dessen Hilfe gesucht wurde, wurde B. vollständig durchnäßt, mit schmutzigem Schlammwasser bespritzt und mit Typhusbazillen infiziert. Die Erkrankung, die die Merkmale einer Influenza zeigte, erfolgte am 1. Februar, die Aufnahme ins Krankenhaus wegen eingetretener Verschlimmerung am 16. Februar, der Tod am 24. Februar. Die Obduktion der Leiche zeigte eine verhärtete Typhusmilz sowie mehrere Typhusgeschwürc. In den verschiedenen Gutachten, unter denen sich solche von ganz hervorragenden Spezialisten befanden, wurde u. a. behauptet, daß der 29. bezw. 30. Januar(der jeweilige Unfalltag) als In- fizierungstag niemals in Frage kommen könne, weil auf Grund jahrelanger Erfahrungen die Inkubationszeit(EntWickelung der Krankheit) 8 bis 11 Tage, teilweise auch 2 bis 3 Wochen dauere, die Jnfizierung daher spätestens am 13. Januar erfolgt sein müsse. Das von Professor v. Strümpel- Leipzig eingeholte Obergutachten bestätigt, daß diese Annahme im allgemeinen bestehe, betont aber, daß die schwere Erkältung des B. diese Zeit abgekürzt haben könne. Außerdem aber habe der ausgezeichnetste Beobachter solcher Typhus - fälle, Professor Schottmüller- Hamburg, in dem Moor-Stählinschen Handbuche für innere Medizin festgestellt, daß die Tvphuserkran- kungen in der Regel vor Ablauf einer halben Woche in Erscheinung treten und er sogar nach eigener Beobachtung zwei Fälle vou zwei Tagen anführen könne. Auf Grund dieser Feststellungen erfolgte die Verurteilung der Elbschiffahrts-Berufsgenofsenschaft. Gerichts-Leitung. Ende des Prozesses gegen die Gräfin. Die gestrige Verhandlung brachte endlich das Ende des Pro- zesses gegen die Gräfin Fischler von Treuberg. Das Gericht ver- urteilte die Angeklagte zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis und 1500 M. Geldstrafe. Zu Beginn der Verhandlung erklärte der Staatsanwalt auf Befragen, daß die Vorführung der Prinzessin Isenburg-Büdingen nicht ausführbar gewesen sei. Zum letzten Wort verstattet erklärt die Angeklagte: Hier ist viel über Tinge verhandelt worden, von denen ich gar keine Ahnung hatte; ich war doch nicht geschäftskundig, ich habe keinen Wucher getrieben, habe niemand veranlaßt, Wucher zu treiben. Ich bin eine Frau, die doch gar keinen Einblick in das ganze geschäftliche Treiben hatte und ich bitte zu berück- sichtigen, daß ich doch immer in fürchterlicher Ekstase infolge des Genusses von Morphium und anderen Sachen war. Nach etwa halbstündiger Beratung verkündete der Vorsitzende: Der Gerichtshof hat die Prinzessin Alexanl�a von Asenburg- Büdingen, die trotz ordnungsmäßiger Vorladung nicht erschienen und durch ihr ganzes Verhalten zu erkennen gegeben hat, daß sie nicht erscheinen will, in 300 M. Geldstrafe, eventuell 20 Tagen Haft, und in die durch ihr Ausbleiben verursachten Kosten ge­nommen. Das Urteil wurde dahin verkündet: Unter Freisprechung in verschiedenen Fällen der Anklage wird die Angeklagte wegen Wuchers im Sinne der 88 302», 302b und 302e des Strafgesetz- buchcs, Beleidigung und Erpressung in zwei Fällen zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis, 1500 M. Geldstrafe eventuell noch 100 Tagen Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt. Auf die erkannte Strafe werden 3 Monate der Untersuchungshaft als verbüßt an- gerechnet. In der kurzen Begründung hob Landgerichtsrat Brirskorn unter anderem hervor: Die Angeklagte hat in der Lebewelt ver- kehrt, die von ihr bewucherten Herren ebenso und es konnte ihr nicht unbekannt sein, daß letztere aus Leichtsinn handelten. Die Sache ist nicht allzu schzoer zu beurteilen. Sie hat allerdings dem Leichtsinn Vorschub geleistet und damit zum Herunterkommen der Leute beigetragen. An letzteren war aber an sich nicht mehr viel zu verderben. Selbstverständlich hat das Gericht sein Urteil nur auf Grund der Tatsachen gefällt, die es durch die Beweisaufnahme als erwiesen angesehen hat, ohne Berücksichtigung der Zuschriften, die von außen her an cinzekne Mitglieder des Gerichts gekommen sind und teils Beifall mit einzelnen Zeugenaussagen, teils Miß- fallen mit anderen zum Ausdruck brachten. Auf die eine dieser Zuschriften, die an mich gerichtet war, zurückzukmnmen, habe ich keinen Grund, denn der Ton darin ist ein solcher, daß der Zu- schrift zuviel Ehre angetan würde, wenn man ein weiteres Wort darüber verlöre. Eine andere Zuschrift, die anscheinend von besseren Leuten herrührt, liegt auch vor, es muß aber gesagt sein: es ist ungehörig, in dieser Weise auf das Gericht einwirken zu wollen. Der preußische Richter ist nicht dazu da, nach Sentiments aus dem Publikum sich zu richten. Rechtsanwalt Dr. Klee beantragte namens der Angeklagten, sie aus der Haft zu entlassen. Sie bietet eine Kaution von 5000 M. an; sie möchte gern Gelegenheit haben, ihre Angelegen- heiten zu regeln und mit der Rückzahlung ihrer Schuloen fort- fahren zu können. Nachdem der Staatsanwalt diesem Antrage widersprochen, lehnte der Gerichtshof die Haftenlassung ab, da Fluchtverdacht vorliege und die angebotene Kaution nicht aus- reichend erscheine, unt solchen zu beseitigen. Zwölf Bräute auf einmal. Daß die Dummen nicht alle werden und der Heiratsschwindel trotz aller Warnungen, oie in Fornt von Gerichtsverhandlungen an leichtgläubige, heiratslustige Damen immer wieder ergehen, noch üppig in Blüte ist, zeigt folgender Fall, der gestern die 4. Straftaimner des Landgerichts I unter Vorsitz des Landgerichts- direktors Dr. Seligmann beschäftigte. Wegen Betruges bzw. versuchten Betruges hatte sich der Kaufmann Gustav Meyer aus Friedenau zu verantworten; wegen Beihilfe war seine Mutter, die geschiedene Auguste Riescwandt angeklagt. Ter Angeklagte, der verheiratet war, aber geschieden ist, war bei einer hiesigen Versicherungsgesellschaft tätig gewesen, aber entlassen worden und befand sich nun ohne alle Subsistenz- mittel. Er verschaffte sich diese sehr bald auf dem Wege des Heiratsschwindels. Er erließ in verschiedenen Zeitungen ein Inserat, Ivorin er in der Rolle einesBeamten mit auskömm- lichem Gehalt und gesicherter Existenz" Mädchen, die sich nach glücklicher Häuslichkeit sehnen und über einiges Vermögen ver- fügten, zwecks Heirat um Angabe ihrer Adresse ersuchte. Diese Annonce hatte einen ungeahnten Erfolg: Der Angeklagte wurde mit Adressen überschwemmt; er hatte die bequeme Auswahl und trat mit zwölf Kandidatinnen fast gleichzeitig in näbcre Ver- bindung. Es kam mehrfach zu einem ganz, formalen Verlöbnis, die Bräute wurden der Mutter borgestellt uno diese bestätigte die Angaben des Sohnes, so daß sie bald mit verschiedenen Bräuten in ein freundschaftliches, schwiegermütterliches Verhältnis trat und das traulicheDu" mit ihnen wechselte. Ter Angeklagte hatte es verstanden, in der raffiniertesten Weise die Bräute dazu zu bewegen, ihm einen großen Teil, in einzelnen Fällen sogar ihre ganzen Ersparnisse zu opfern. Die Beträge/ die er einigen der verblendeten heiratslustigen Damen, unter falschen Vorspiegc- lungen abnahm, gingen teilweise über 1000 M. hinaus und er- reichten eine Gesamthöhe von mehr als 10 000 M. In einigen Fällen hat er kein Glück gehabt, da die betreffenden jungen bzw. älteren Damen noch rechtzeitig von vernünftigen Leuten gewarnt wurden, ihr schönes Geld leichtfertig dem Angeklagten zu über- antworten. Die in ihren Hoffnungen so schnöde getäuschten Bräute gaben gestern als Belastungszeuginnen ein anschauliches Bild von der Unverfrorenheit, mit der der Angeklagte zu Werke ging; einige von ihnen haben nicht nur großen materiellen, son- dern auch lange nachwirkenden seelischen Schaden davongetragen. Da der Angeklagte somit als ein sehr gemeingefährlicher Heiratsschwindler durch die Beweisansnahme charakterisiert wurde, verurteilte ihn das Gericht zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis unter Anrechnung von 3 Monaten Untersuchungshaft. Der Mutter wurde zugute gehalten, daß ihre Verfehlung in der Hauptsache ihren Grund in der übertriebenen Liebe zu ihrem Sohne hatte. Sie wurde deshalb nur zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Wieder ein Opfer der Gesindesklaveret. Kürzlich wurde in Ostpreußen ein Dienstmädctzeu zu Zucht- haus verurteilt, das von seinemHerrn" gezwungen worden war, zwei Meineide zu leisten. Jetzt hat wieder ein Knecht in Ost- preußcn Zuchthaus erhalten, weil er aus Angst vor seinemHerrn" einen Meineid geleistet hatte. Es handelt sich um den 20 Jahre alten Knecht Gnstav Kaskowski aus Muschacken bei Neidenburg . Er wurde am 23. Mai von seinem Arbeitgeber, dem Gastwirt Lau in Muschacken, derart mit einem Stock mißhandelt, das, er an beiden Armen blutunterlaufene Striemen hatte und 14 Tage ar- beitsunfähig war. Es wurde gegen Lau Anzeige erstattet und auch Anklage wegen Körperverletzung erhoben. Als der Knecht nun als Zeuge in der Schöffengerichtsverhandlung vernommen wurde, er- klärte er auf einmal, der Arbeitgeber hätte ihn nur zweimal leicht gegen die Brust gestoßen, und Schmerzen hätte er überhaupt keine gehabt. Die Staatsanwaltschaft verhaftete den Gastwirt und dessen Schwager unter dein Verdacht der Anstiftung zum Meineid. Sie nahm an, daß diese beiden den Knecht zu der falschen Aussage verleitet hätten. Doch der Knecht gab an. daß er nur aus Furcht vor seinem Arbeitgeber den Meineid geleistet hätte. Er hätte ge- glaubt, der Gastwirt würde sich an ihm rächen. Das Verfahren gegen Lau und seinen Schwager wurde eingestellt. Der Knecht aber wurde vom Schwurgericht in Allenstein zu einem Jahr Zucht- bans verurteilt. Solche Vorkommnisse sind nur da möglich, wo die Gesindc- sklaverei nock) in vollster Blüte steht. Der Knecht hätte ja die Ar- beitsstelle nach der groben Mißhandlung sofort verlassen können. Er hat aber angenommen, daß er seine Zeit abdienen müsse. Und deshalb ist er unier der Fuchtel seinesBrotherrn" geblieben, wa» für ihn zum Verhängnis geworden ist. Fort mit der Gesinde- ordnung!_ Hus aller Gleit. Sifcnbabnhatartropbc in Sali-ien. Auf eine eigenartige Ursache ist ein schtveres Eisenbahn- unglück zurückzuführen, das sich Dienstag früh unweit der Ort- schaft Biadoliny in Galizien zutrug. In einem Waggon eines aus Kreuz in Niedergalizien kommenden Per- sonenzuges, der mit heimkehrenden Saisonarbeitern gefüllt war, explodierte durch Unvorsichtigkeit eine Benzinflasche und setzte den Wagen in Brand. Die Passagiere zogen die Notleine und brachten den Zug zum Stehen. Die Arbeiter eilten aus dem Zuge, als auf einem anderen GleiS der Krakau Wiener Schnellzug heranbra ustc und in eine Schar von Arbeitern hineinfuhr. Acht Arbeiter wurden dabei getötet und zahl- reiche andere schwer verletzt. Den zu Hilfe Eilenden bot sich ein furchtbarer Anblick; weit umhergestreut lagen zer­fetzte Leichen und Schwerverwundete. Es ist zu befürchten, daß von den Verletzten noch mehrere dem Tode verfallen. 5* « Die Opfer des Tunneleinsturzes. Bei den Aufräumungsarbeiten im eingestürzten Eisen- bahntunnel bei Braunsdorf wurden noch zwei Tote gefunden, zwei der Schwerverletzten sind im Krankenhaufe ihren Qualen erlegen, so daß sich die Zahl der Todesopfer der Katastrophe auf zehn beläuft. Ob sich unter den Trümmern noch weitere Opfer befinden, läßt sich nicht sagen, da die Aufräumungsarbeiten noch nicht beendet sind. Erdbeben auf einer Tüdseeinsel. Der DampferPacifique", der von den Neuen Hebriden in Noumea (Australien ) eingetroffen ist, meldet, daß auf der zu den Neuen Hebriden gehörenden Insel Ambrym vulkanische Ausbrüche stattfanden, die viele Tage andauerten. Am 7. Dezember bildeten sich sechs neue Krater. Mount Minnie stürzte in sich zusammen, wobei eine Misstonsstation in Gefahr geriet. Die Bewohner flüchteten in Boote. Eine Anzahl Dörfer wurde von Lava überschwemmt. Weiße sind nicht umgekommen, wahrscheinlich aber viele Eingeborene. Ein französischer Dampfer rettete 500 Persomen, meist alte Leute und Kinder, die von den jungen und kräftigen Leuten im Stich gelassen worden waren. Ein Teil der Insel wurde durch F e u e r v e r w ü st e t. Die Insel ist mit Asche bedeckt, ihre Flüsse sind in L a v a st r ö m e verwandelt. Aus der Tiefe. Die Polizei in Kiew -verhaftete eine Bande verkommener Personen, die auf den Jahrmärkten Kinder raubten und sie zu Bettelzwecken verstümmelten. Bei den Verbrechern wurden ein Knabe und ein Mädchen vorgefunden, die entsetzlich ver- stümmelt worden sind. Dem Knaben sind beide Beine gebrochen und der Körper des Mädchens ist zerstochen und zerschunden und über und über mit Schorf bedeckt. Die Polizei hat festgestellt, daß die Bande 70 bis 100 Kinder auf dem Gewissen hat. Das Haupt der Bande war ein Mann Namens Kutscherow. der entflohen ist, während seine Frau, die an den Verbrechen teilgenommen hat, verhaftet werden konnte. Tie abgelaufenen Schuhsohlen. Daß sich die katholische Geistlichkeit bei den Wahlen für die Zentrumspartei stets stark arrangiert, ist eine bekannte Tatsache. Selten aber hat sie solchen Eifer an den Tag gelegt als bei den letzten Stadlratswahlen in R e ck l i n g h a u s e n, wo die Herrschaft des Zentrums sehr arg bedrängt war. Die Schlepperdienste, die die Geistlichkeil dort verrichtet hatte, fanden in einem Inserat Ausdruck, das einige Tage nach der Wahl im dortigen Generalanzeiger erschien; 35 Paar Schuhe zu sohlen und zu flecken. Näheres Herrenstraße 7. Herrenstraße 7 wohnt ein katholischer Geistlicher, der sich be- ionders als Agitator und Schlepper hervorgetan hatte. Das Reck - linghauser Zentrumsblatt ist natürlich sehr ausgebracht und schimpft über denBubenstreich", der viel belacht wird. Kleine Notizen. Strandung an der Nordseeküste. Die norwegische Bark Amazone", die sich mit einer Ladung Holz auf der Fahrt von Sundsvall nach Melbourne befand, ist bei Borkum gestrandet und gänzlich wrack geworden. Von der Besatzung wurden neun Mann durch ein Rettungsboot aufgenommen, neun andere sollen ertrunken sein. Trotz Geständnis freigesprochen. Das Schwurgericht von Tours sprach den Militärarzt Häufle, den Leutnant Da u- d i g n a c und eine Näherin, die eines Verbrechens gegen das keimende Leben angeklagt waren, trotz des von ihnen abgelegten Geständnisses frei. Gelungeucr Hungerstreik. Miß Silvya Pankhurst, die Tochter der bekannten Suffragettensührerin, mußte nach acht- tägigem Hungerstreik aus dem Gefängnis von H o l l o w a h, in dem auch ihre Mutter untergebracht ist. entlassen werden. Miß Pankhurst war infolge der hartnäckigen Verweigerung der Nahrungsaufnahme derart entkräftet, daß sie sich nicht allein aufrecht zu halten vermochte.