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Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Ur. 13. Mittwoch, de » 17. Immar 1894. 11. Ülchrg. Z>srl«menksbevtchre. Abgeordnetenhaus. 1. Sitzung vom 16. Januar. 1 Uhr. Am Ministertische: Dr. M i q u e l. Alterspräsident Abg. Dieben eröffnet die Sitzung. Angemeldet sind bis jetzt 378 Mitglieder. Wir könnten also sofort mit der Verloosung in die Abtheilungen beginnen. Aber es ist bisher üblich gewesen, daß das Bureau diese Verloosung vornimmt. Wenn niemand widerspricht, wird danach verfahren und das Resultat Ihnen gedruckt überreicht werden. Wenn die Wahlen von mehr als der Hälfte der Mitglieder geprüft sein werden, können wir eine Plenarsitzung abhalten. Ich glaube. daß unser Burcaudirektor dies bereits gethan hat, demnach schlage ich vor, die Plenarsitzung abzuhalten Donnerstag, den 13., Morgens 10 Uhr. Tagesordnung: 1. Wahl der Präsidenten und der Schriftführer. 2. Entgegennahme von Borlagen der Regiel rung. Ich schließe die Sitzung. Schluß 1 Uhr 20 Minuten. Herrenhaus. I.Sitzung vom 16. Januar. LUhr. Am Ministertische: Dr. v. Schelling. Ter Präsident der vorigen Session Fürst zu Stolbera er­öffnet die Sitzung mit folgenden Worten: Auf grund unserer Geschäftsordnung übernehme ich als Präsident der vorher- gehenden Session den Vorsitz und erkläre die Sitzung für er- öffnet. Der hierauf vorgenommene Namensaufruf ergiebt die An Wesenheit von 116 Mitgliedern. Das Haus ist also beschluß- fähig. Auf Antrag des Grafen v. Schlieben erfolgt die Wahl des Präsidiums durch Zuruf und zwar wird auf Antrag des Grafen Schlieben das frühere Präsidium wiedergewählt, so daß also Fürst zu Stolberg zum Präsidenten, Frhr. v. Manteuffel zum ersten und Ober-Bürgermeister Bötticher zum zweiten Vize- Präsidenten gewählt sind. Die Gewählten nehmen die Wahl mit Dank an. Darauf werden die früheren Schriftführer ebenfalls durch Zuruf wiedergewählt, also die Herren Graf Garnier, Hammer, v. Klitzing, v. Neumann, v. d. Osten, v. Neinersdorff, v. Rohr und v. Wiedebach. Präsident Fürst Stolberg: Damit ist das Haus konstituirt. Es sind mehrere Vorlagen eingegangen, über deren geschäftliche Behandlung in einer morgen anzuberaumenden Sitzung ver- handelt werden wird. Dann ist eine Interpellation des Frei- Herrn von Manteuffel eingegangen. In der morgigen Sitzung werde ich an die Regierung die Frage richten, ob und wann sie die Interpellation zu beantworten gedenkt. Ich beraume zu dem Zweck auf morgen Nachmittag 2 Uhr eine Sitzung an. Schluß 2S/4 Uhr. VsvketttflSzriiZjke» Augsburg . Am Sonntag, den 14. d. M. wurde ein sozial- demokratischer Agitationsverein für Schwaben und Neuburg ge- gründet, nachdem sich laut Versammlungsbeschluß die bisher bestandene Agitationskommission aufgelöst hat. Als Vor- sitzender wurde Genosse Franz Ehrler gewählt. Sendungen sind zu richten an den Schriftführer Genossen Carl Weiß- Haupt. Mittlerer Graben II 403(Expedition derVolks- Zeitung"). Der JahreS- Kongreß* des südlichen Distriktes der schwedischen sozialdemokratischen Partei tagte am 6. und 7. Januar; betheiligt waren 20 Delegirte, welche über 3000 Parteigenossen vertraten. Der Hauptpunkt der Ver- Handlungen war, Mittel und Wege zu finden, das Partei-Organ Arbetet" finanziell sicher zu stellen und womöglich die Druckerei in die Hände der Partei zu bringen. Zu diesem Zwecke sollen Extrabeiträge von den Mitgliedern erhoben werden. Im übrigen wurde konstatirt, daß die Partei in stetem Wachsen begriffen ist. Auch wir dürfen uns dieser Thatsache freuen, die uns beweist, daß der Sozialismus in seinem Siegeslauf nicht mehr auf- gehalten werden kann. Polizeiliches, Gerichtliches:c. Genosse Ströbel, früherer verantwortlicher Red ak- teur derSchleswig-Holsteiner Volks- Zeitung" wurde von der Strafkammer zu Kiel zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt, weil er einen Polizeisergeanten durch die Presse beleidigt haben sollte. Oolurles. Zur Eingemeindung der Vororte. Einer Abordnung von Vertretern einiger Berliner Vororte hat der Oberpräsident v. Achenbach u. A. folgendes gesagt: Die ganze Angelegenheit könne endgiltig nur durch den Landtag erledigt werden. Dies sei zwar im Werke, jedoch werde in der nächsten Session dem Landtage noch keine Vorlage zugehen, da vorher noch weitere Verhandlungen mit der Stadt Berlin und den betreffenden Vororten geführt werden müßten. Die Staatsregierung gehe von dem Gesichtspunkte aus, daß die Interessen der Stadt Berlin und der Vororte gleichwerthig behandelt werden müßten. Die Grenzen, welche in der Presse neuerdings angegeben worden seien, ent- sprächen annähernd den zuletzt gemachten Vorschlägen, die aber noch weiteren Erwägungen unterlägen. Hierbei habe sich eine Meinungsverschiedenheit über den Umfang der Einverleibung zwischen den Staatsbehörden und der Stadt Berlin ergeben. Beispielsweise wolle er erwähnen, daß die Stadt Berlin eine Begründung der Eingemeindung von Charlottenburg gewünscht habe, obwohl seiner Zeit von Berlin selbst dafür ganz Charlottenburg in Vorschlag gebracht worden sei. Im Westen solle im wesentlichen die Ringbahn die Grenze bilden. Im Norden sei man über die Grenze noch nicht einig und werde dieselbe noch als offene Frage behandelt, während im Osten Friedrichsberg-Lichtenberg, Stralau-Rummelsburg und Treptow mit einbezogen werden würden. Es würde aber unbedingt jeder ein- zelnen Gemeinde, ebenso wie der Stadt Berlin , Gelegenheit ge- geben werden, sich zu der Angelegenheit zu äußern, und es werde dann ihre Sache sein, ihre Interessen mit Energie wahrzunehmen. Unrichtig würde es aber sein, wenn die einzelnen Gemeinden diejenigen Wohlsahrtseinrichtungen, welche unbedingt nothwendig seien, mit Rücksicht auf die schwebende Einverleibungsfrage hintansetzten. Nur auf solche Dinge solle man sich nicht einlassen, deren Verwirklichung erst in Jahrzehnten zu erreichen sein würde. Im Uebrigen wiederhole er ausdrücklich, daß die Staatsbehörden, wie auch er persönlich mit vollem Gerechtigkeitssinn die beider- seitigen Interessen nach Pflicht und Gewissm abwägen würden." Zur Frage eines städtischen Arbeitsnachweises in Berlin . ImVorwärts" vom 5., 7. und 9. Januar haben wir das Referat des Dr. Freund eingehend dargelegt und besprochen. An die Verwirklichung seines Vorschlags, der nicht Fleisch noch Fisch, ist wohl nicht zu denken. Ans der anderen Seite läßt sich nicht verkennen, daß ein im Sinne der Bestrebungen der Arbeiter eingerichteter Arbeitsnachweis zwar unbedingt sich von Stadt wegen einrichten ließe und auch eine außerordentlich günstige Thätigkeit entfalten würde, aber möglicher Weise, selbst wenn der städtische Frosch- und Ententeich ihm zustimmmen sollten, durch den Widerstand einiger ebenso einflußreicher wie bornirter Unternehmer gelähmt werden könnte. Denn die Gewcrbe-Ordnung hat die Einrichtung eines obligatorischen städtischen Arbeitsnachweises, der die Entnahme der Waare Arbeitskraft aus anderen Nachweisen als den durch Gemeinde- statut festgesetzten verbietet, noch nicht getroffen. Völlig anders liegt die Frage, ob nicht die Stadt verpflichtet ist, ein Arbeits- nachweisbureau für diejenigen Arbeiter zu errichten, die bei städtischen Unternehmungen, Bauten, Erdarbeiten Beschäf- tigung finde». Selbstredend wäre vorzuschreiben, daß eine acht- ständige Arbeitszeit eingeführt und ein mit den verschiedenen Gewerkschaften zu vereinbarender Lohn für die im städtischen Interesse beschäftigten Arbeiter gezahlt werden. Oder wünscht Herr Hobrecht, der keinen Nothstand sieht, daß die Stadt noch weiterhin die für Berlin beschämende Thatsache registriren muß, daß aus den sauer erworbenen Steuergroschen Tausende und Abertausende an Zwischenunternehmer verschleudert werden, die aus Posen, Schlesien , Ungarn u. f. w. her diebilligsten" Arbeitskräfte anwerben? Tie sämmtliche» Chormitglieder des Theaters Unter den Linden sind am 14. d. M. plötzlich unter Einbehaltung der fälligen Halbmonatsgage entlassen worden. Um einen Grund für diese drakonische Maßregel, die eine ganze Reihe Familien väter betraf, war die nach mehr als einer Seite hin berühmte Direktion des Theaters nicht verlegen. Die Choristen sollten in der stattgefundenen Sonntag-Nachmittag-Borstellung nicht so gut gesungen haben, wie es der Herr Direktor Arendt verlangte. Außerdem hatten sie, wozu sie kontraktlich durchaus auch nicht verpflichtet waren, an zwei Bällen, die im Linden-Theater in der vorigen Woche abgehalten wurden, nicht mitgewirkt. Auch die Gage für diese beiden verlorenen Abende, die nach dem Kontrakt den Choristen ausgezahlt werden mußte, erklärte der Herr Direktor für nicht fällig. Der Schluß der Stand- und Verlegenheits predigt, die der Herr Direktor in Gegenwart der Feuerwehr und der Scheuerfrauen den Choristen hielt, lautete kurz und bündig: Gehen Sie! Sofort! Ich brauche Sie Alle nicht! Auch keinen Einzigen von Ihnen! Und die Choristen gingen. Inwieweit das Urtheil des Direktors über die künstlerischen Leistungen der Ent- laffenen zutrifft, ist ja an dieser Stelle nicht unsere Sache zu beurtheilen. Möglich ist es ja schon, daß die Stimmen nicht so frisch geklungen haben, wie zu verlangen wäre. Diese Minderleistung findet aber ihre Erklärung, wenn man bedenkt, daß der Chorist an einem solchen Tage von 10 Uhr an am Platze sein muß. Bor 10 bis 11 Uhr dauert die Chorprobe, von 11 bis 12'/s Uhr die Ensemble- probe; dann kommt die Nachmittag-Vorstellung, welche von 2>/s bis S>/s Uhr währt, und schließlich die von 7 bis 11 Uhr dauernde Abend- Vorstellung. Daß dem Choristen seitens der Direktion diese lange Thätigkeit so besonders angenehm gemacht würde, läßt sich eben nicht behaupten, denn Ausdrücke, wie Ochse, hallen Sie das Maul, ich schmeiße Sie hinaus, und andere sind bei dem artistischen Leiter, Herrn Ed. Binder, an der Tagesordnung. Auch entschüdigtt die Gage nicht für die dargebotenen Qualen und Erniedrigungen, denn niemand wird behaupten wollen, daß die Summe von 60 bis 90 M., von der bei dem kleinsten Versehen noch hohe Strafgelder abgingen, für den Monat einen Familienvater zu besonderem Uebermuth verleiten könnte. Desgleichen ist es allgemeine Ansicht der Choristen, daß die ungeheizten Garderoben und die stete Zuglust in den Theaterräumen auch nicht besonders zur Konservirung der Stimmmittel beigetragen hat. Kurzum, die Choristen haben alle Ursache, ihren Kollegen, die sich nach einem vortheilhaften Engagement sehnen, das Linden- Theater ganz besonders zu empfehlen. Im übrigen sei mitgetheilt, daß die Entlassenen ihre Rechte gegenüber der Direktion im Klagewege geltend machen wollen. Mit der Vertretung ihrer Angelegenheit haben sie den Rechtsanwalt Herrn Harry Priester Hierselbst beauftragt. Konfiszirt wurde die Beilage der am Sonnabend erschienenen Nummer desSozialist" wegen eines Aufrufs an die Arbeits losen, der diese zu einer Versammlung auf den 18. Januar eiw ladet.§ Das Glatteis, das sich durch den Witterungsumschlag vorgestern Abend gegen 9 Uhr auf den Straßen Berlins einstellte, hat auch Unglücksfälle im Gefolge gehabt. In einigen Straßen hielt das Glatteis bis gegen Morgen an. Gestern früh stürzte ein unbekannter Herr vor dem Hause Neue Friedrichstr. 1 zu Boden und verletzte sich anscheinend innerlich derart, daß er in bewußt- losem Zustande in das benachbarte Restaurant von Ziechmann getragen werden mußte, hier verstarb der Verunglückte, ehe noch ärztliche Hilfe herbeigeholt werden konnte. Irgend welche Per- sonalpapierc wurden bei dem Tobten nicht gesunden. Das Glatteis hat ferner am Dienstag Morgen einen schweren Unfall herbeigeführt. Um 6 Uhr, also zu einer Zeit, wo die Vürgersteige nach der polizeilichen Vorschrift noch nicht mit ab stumpfendem Material bestreut zu werden brauchen, ging der 52 Jahre alte Arbeiter Rudolf Bengclsdors aus der Invalidem straße 108 auf dem Wege nach seiner Arbeitsstelle am Alexander User entlang, kam infolge der Glätte zu Fall und trug einen Bruch des rechten Oberschenkels davon. Er mußte nach der Charitee gebracht werden. Wie das Einjährig- Freiwillige- Examen zu stände kommt. In diesen Tagen erhielten, wie derVoss. Ztg." ge- schrieben wird, sechs Untersekundaner einer hiesigen höheren Lehr- anstalt durch die Packetpost folgendes Schreiben:Berlin , den 12. 1. 1894, C. 22. Spandauer Brücke 10. Ew. Wohlgeboren ersuche ich, da es noch sehr zweifelhaft ist, ob Sie im März ver- setzt werden und somit die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienste erlangen, mich behufs wichtiger Mittheilungen am beste» in der Zeit am Sonntag von 113 und am Montag von 2 S Uhr freundlichst besuchen zu wollen. Hochachtungsvoll Dr. Beulke". Infolge dieses Brieses sind drei Schüler der betr. Lehranstalt hingegangen und haben erfahren, daß Herr Dr. B. ihnen die Erlangung des Zeugnisses in sichere Aussicht stellt, wenn sie bei ihm für 20 M. monatlich einen Unterrichtskursus durchmachen. Er hat ihnen vorgeschlagen, sich bei der Prüfungskommission für Einjahrig-Freiwillige zu melden(was am 1. Februar geschehen muß), ruhig aus der Schule zu bleiben und, falls sie dort das ~ mgniß nicht bekommen(d. h. im März), ihr Glück einige ..ochen später bei der Kommission zu versuchen. Er kenne die sämmtlichen Examinatoren u. s. w. Zum Schluß versichert der Einsender, ein Oberlehrer der betreffenden Anstalt, daß er für die Richtigkeit obiger Thatsachen einstehe, auch bereit fei, einen der Briefe im Original einzureichen. Die Eulenburgerei macht Schule. Der Herr Amts- Vorsteher zu Reinickendorf hat dem Vorsitzenden des dortigen Arbeiter-Bildungsvereins am Sonntag eröffnet, daß er das ge- plante Stiftungsfest wohl genehmigen würde, aber ohne Damen. Der Herr Amtsvorsteher war so liebenswürdig, gleich den Grund seiner Weigerung anzugeben, der nach seiner Meinuna darin be­steht, daß er sich selber strafbar mache, wenn er zu Festlichkeiten politischer Vereine Frauen zulasse. Ein phantastevolles Schwindelmanöver hat ein bejahrter Arbeiter in Spandau ausgeführt. Der Mann suchte eines Tages einen früheren Kollegen auf, der jetzt ein Geschäft hat, und ver- traute ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit an, daß er dem- nächst in Berlin 3 Millionen Mark erheben werde. Er habe bei Erd- arbeiten einen großen Diamant gefunden, der durch Vermittelung des früheren Kommandanten von Spandau , General a. D. v. Streit, dem Kaiser angeboten worden sei. Dieser habe sich bereit erklärt, den Edelstein für die genannte Summe zu kaufen. Die Zahlungsanweisung liege noch, weil Formalitäten zu erledigen s eien, bei der Polizei in Spandau . Sobald er das Geld erhalte. würde er seinem Freunde so viel abgeben, daß derselbe einen sorgenfreien Lebensabend haben sollte. Das glaubte der biedere Spandauer, und da der zukünftige Millionär für den Augen- blick in Verlegenheit war, so verstand es sich von selbst, oaß er von seinem Freunde nach Kräften unterstützt wurde. Das ging eine Zeit lang so fort, bis der Geschäftsmann ungeduldig wurde. Er drängte aus Erhebung des Geldes, und der Arbeiter sagte nun, sie wollten an einem bestimmten Tage die Anweisung von der Polizei abholen und nach Berlin fahren. Der Geschäfts- mann fand sich auch pünktlich im Rathhause ein, nicht aber der Arbeiter. Jetzt erkannte jener, daß er beschwindelt worden war. Um nicht zu dem Schaden auch noch(den Spott zu haben, will er keine Strafanzeige erstatten. Als ein Todschlag stellt sich nach vollzogener Obduktion der Leiche die Blutthat heraus, welche an dem Drehorgelspieler Karmann aus Verlin kürzlich begangen worden ist. Wie durch die Gendarmerie ermittelt worden, ist K., der zuletzt in Rudow sich aufgehalten und dortselbst in mehreren Lokalen gezecht hat, mit unbekannten Personen in Streit gerathen und scheint dabei die gefährliche Hiebwunde erhalten zu haben. Halb betäubt ist K. aus dem Dorfe gewankt, infolge des starken Blutverlustes bald ohnmächtig zusammengesunken und in der eisig kalten Winter- nacht erfroren. Einige Glückliche. Ein wohl beispielloses Glück hat letzter Tage der in der Taubenstraße bedienstete Hotel- Hausdiener Weigelt gehabt. Erstens verlor derselbe am Sonnabend, Nachts gegen 12 Uhr, an der Ecke der Tauben- und Charlottenstraße einen Hundertmarkschein und fand ihn gegen S Uhr Morgens an derselben Stelle wieder. Dann ließ er sich Sonntag Nachts mit einer Dame ein, die ihm 30 M. in Gold aus der Ueber» ziehertasche entwendete. Vorgestern Nachmittag nun erhielt der Mann einen Brief derDame", in welchem sie ihn Ge- wiffensbisse halber unter genauer Angabe.ihrer Adresse ersucht, sich das Geld wieder bei ihr abzuholen. Viel Glück hat auch Frau G. gehabt. die nach neulicher Mittheilung für 2000 M. Werthpapiere nach Abtrennung der fälligen Koupons in einer Sophaecke versteckt und nicht wieder- gefunden hatte. Da das Sopha von dem Mädchen ausgeklopft war, war der Verdacht entstanden, daß dieses die Papiere an sich genommen hätte. Das Mädchen, das krank in der Charitee liegt, ist nun vernommen und hat ausgesagt, die Papiere ge- funden und als werthlos in den Ofen gesteckt zu haben. Frau G. hat noch einmal gründlich im und hinter dem Ofen nachge- sehen und ihre Werthpapiere unversehrt und vollzählig vorge- funden. Aufsehen erregt in kaufmännischen Kreisen der Selbstmord des Schellingstr. ö wohnenden Fabrikanten Louis Frank. Mit- inhaber der Trikotstoff- Großhandlung von Gustav Jakoby in der Adlerstr. ö. F. hat sich heute früh im Geschäftslokal er« hängt. AuS einem in der Fahrt befindlichen Stadtbahnzuge gestürzt ist vorgestern Nachmittag der auf dem Gesundbrunnen wohnende Metalldreher Weichert. Derselbe hatte sich aus dem Fenster der unverschlossenen Wagenthür hinausgelehnt. Zwischen Stadtbahnhos Börse und Friedrichstraße ging die Thür plötzlich auf und W. stürzte aus dem Waggon. Zum Glück fuhr der Train nur langsam und so kam W. mit einer Verstauchung beider Beine und schweren Hautabschürfungen davon. Der Fall dient jedoch zur Warnung, sich nicht unvorsichtig zum Fenster hinauszulegen, sondern sich stets zu vergewissern, ob auch die Waggonthür geschlossen sei. Höheres Rowdythum. Ueber einen Pistolen-Zweikampf, der an, Montag Morgen stattgefunden, wrrd berichtet: Die beiden Gegner waren der Dr. msä. C. Römer aus der Branden- burgstr. 47 und der Inhaber der Militär-Ausrüstungsfabrik von G. Scholz Nachfolger, Herr de la Croix, Kolonnenstr. V6 in Schöneberg . Dr. Römer, der 3S Jahre alt und unverheirathet war, wohnte mit einem Studiensteund bei einer Frau Kirchbach. Am Sonntag Abend bat er seine Wirthin, ein zweites Bett in seinem Zimmer aufzustellen, da er für die Nacht emen Herrn zu beherbergen beabsichtige. Als dieser ausblieb, veranlaßte Römer den Nachtwächter, ihn um 5 Uhr am Montag früh zu wecken. Dann hat er sich bis spät in die Nacht hinein mit dem Schreiben von Briefen beschäftigt. Nachdem er um d Uhr früh den Kaffee genommen hatte, verließ er ohne ein sichtbares Zeichen von Aufregung die Wohnung. Gegen acht Uhr trafen sich beide Gegner in Begleitung ihrer Sekun- danten in Privat- Equipagen im Tegeler Forst unweit deZ Spandauer Weges. Als Arzt war der Chirurg Dr. R. aus dem Norden der Stadt zugegen. Kurz nach 8 Uhr fand der Kugel- Wechsel statt, nachdem der letzte Versöhnungsversuch gescheuert war. Gleich die erste Kugel des Fabrikanten traf Dr. Römer in die rechte Seite der Brust. Nachdem Dr. R. einen Verband angelegt, begab man sich auf die Fahrt nach dem nächsten Krankenhause; der Schwerverletzte starb aber bereits unterwegs. Wer der Forderer, wer der Geforderte ist, und aus welcher Ver- anlassung der Zweikampf stattfand, ist bisher noch ein Geheimniß. Herr de la Croix, der bis zum Mittag in seine Wohnung nicht zurückgekehrt war, hat sofort auf dem Kampfplatze die Absicht geäußert, sich sofort der Polizei zu stellen und dies auch am Nachmittage gethan. SchöppenstädtischeS. Die Gemeinde- Vertretung von Friedenau hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen, daß 22 be- seitigte Vorgärten wieder hergestellt werden sollen. IZur Be- gründung dieses Beschlusses wurde betont, daß dadurch dem Vor- ort der Villencharakter erhalten werden solle. Der Veschluß wird von den Haus- und Grundbesitzern in Friedenau für durch- aus unhaltbar erklärt, weil nach dem klaren Wortlaut der Vau- Erlaubnißscheine jeder Hausbesitzer das Recht habe, seinen Vor- garten zu beseitigen unter der Bedingung, daß das gewonnene Straßenland kostenlos der Gemeinde zufalle. Am meisten aber spricht gegen den Beschluß der Umstand, daß einige der zunächst betheiligten Hausbesitzer die Bau-Erlaubniß überhaupt nur mit der Einschränkung erhalten haben, daß sie keinen Vorgarten errichten und das Straßcnland der Gemeinde überweisen. Wege« Unterschlagung von vierzigtausend Mark ver- haftet ist der Agent für Kunstbutter Raschle, Neue Königstr. 33 wohnhast, welcher die Vertretung der Margarinebutter-Fabrik von Müller in Hamburg für den hiesigen Platz besaß. Auch ein -«her« Vertreter der Hgmbuxger Firm» hat sich hier gleiche