im. iu«« Z. KeilWt des.Hmiirls" Kerlim MMM. Die Säbelöiktatur vor Gericht. Straßburg . 6. Januar 1914. (Telegraphischer Bericht.) Äuch in der gestrigen Abendsitzung, die sich sehr lange hinzog, kam der Gegensatz zwischen den Aussagen der Offiziere und denen von Zivilisten über die Vorgänge am 28. November augenfällig zum Ausdruck. Eine ganze Reihe von Offizieren bekundete, daß von der Menge�ge- schrien, gejobll und geschimpft wurde, während auf der andern Seite der Zeuge Gerichtsassessor Kries bekundete, daß nicht ge- schimpft worden sei und daß nach seiner Ansicht für das Militär keine Veranlassung zum Einschreiten vorlag.— Zeuge Leutnant Freiherr v. F o r st n e r: Es kann ja gar keinem Zweifel unter- liegen, daß ich und daß auch der Herr Oberst beschimpft wurde. Hinter den Herrn Oberst wurde gerufen„seidenes Kaninchen",„Toteukopf" und ähnliche Ausdrücke.— Zeuge Hauptmann Voigt saß am Abend des 23. November in einem Zimmer des Hotels„Zum Karpfen" und bekundet, daß er bis ins Zimmer gehört hat, wie draußen die Menge brüllte, johlte und pfiff. Nach seiner Ansicht müßten auch Staatsanwalt Krause und Amtsgerichtsral Spiecker dies bestätigen.— Verhandlungsführer Kriegsgerichtsrat v. Jan: Nein, sie haben direkt das Gegenteil gesagt.— Zeuge Hauptmann Voigt: Es war ein derartiges Geschrei, daß ich sofort ans Fenster ging, um zu sehen, was draußen los war.— V e r- handlungssührer: Haben Sie das Eingreifen der verstärkten Wachen für gerechtfertigt gehalten.— Zeuge Hauptmann Voigt: Jawohl. Nach den Vorfällen, die schon an den Tagen vorher passiert waren, war das Eingreifen notwendig.— Verhandlungsführer: Hallen Sie auch die Verhaftungen für gerechtfertigt?— Zeuge: Ob man im einzelnen Fall den Richtigen gefaßt hat, weiß ich nicht. An sich war das Einschreiten des Militärs durchaus gerecht- fertigt. Es waren auch nicht nur Schulkinder, die geschimpft haben, sondern auch ältere Leute, meist Fabrikarbeiter. Ich hatte am 28. November das Gefühl, als ob es sich um eine b e- absichtigte Zusammen rdttung der Menge handelte, denn die Leute kamen wie auf ein verabredetes Zeichen von allen Seiten zusammen: währendes früher nur Frauen und Kinder waren, waren jetzt auch viele Erwachsene dabei.— Anklagevertreter Kriegs« gerichtsrat Oslander: ES ist ja ein unglaublicher Widerspruch zwischen den Aussagen dieses Zeugen und denen des Staatsanwalts Krause. Ich bitte wiederholt, die andern Zeugen auf diesen Wider- spruch aufmerksam zu machen und den Herrn Hauptmann nochmals zu fragen, ob er von dem Zimmer im Hotel das Gebrüll. Geschrei und Pfeifen der Menge so deutlich gehört hat. daß kein Zweifel möglich ist.— Zeuge Hauptmann Voigt: ES war ein regelrechtes Gejohle und Gepfeife. Als ich zum Fenster hinaussah, sah ich, wie zwei Offiziere einen Zivilisten abführten. Die Wache war noch nicht da, sondern kam erst später. Mein Kinderfräulein kam an diesem Abend ganz ver- ängstigt nach Hause.(Das Kinderfräulein wird telegraphisch als Zeugin geladen.) Mir selbst wurde Platz gemacht, weil man sagte, ich sei ein Hauptmann, der neu nach Zabcrn gekommen sei. ES war notwendig, daß Militär einschritt, um die Menge auseinander zu dringen.— Zeuge Staatsanwalt Krause: Ich kann eine Erklärung für diesen Widerspruch nicht geben. Wenn irgendein Irrtum bei mir möglich wäre, dann würde ich ihn auch zugeben. Aber es ist auch kein Irrtum über den Tag möglich, an denr ich meine Beobachtungen gemacht habe.— Verhandlungsf.: Nein, das war alles am 28. November und dieser Tag steht bombenfest, da ist keine Verwechselung möglich.— Zeuge Staatsanwalt Krause : Sofort, nachdem ich abends nach Haufe gekommen war, habe ich einen Bericht über die Sache geschrieben und in diesem steht dasselbe, was ich hier ausgesagt habe.— Ein militärischer Beisitzer: Vielleicht war der Krawall, während der Herr Staats- anwalt eine Dame, die sich an ihn gewandt hatte, nach Hause be- gleitete?— Zeuge Staatsanwalt Krause: Das ist möglich. Aber tch habe auch in dieser Zeit in eine Beobachtungen gemacht und auch die Verhaftungen gesehen. Ich bin allerdings schließlich weggegangen; was später gewesen ist, kann ich nicht wissen. Ich kann nur sagen, ich habe kein Johlen und Pfeifen gehört, das ist vollkommen ausgeschlossen. Ich hatte den Eindruck, daß die Offiziere irgendwie in Erregung geraten waren und deshalb so scharf gegen die Menge vorgingen. Eine andere Erklärung dafür hatte vb nicht. Ich habe erst später erfahren, daß die Aufregung der Offiziere vielleicht darauf zurückzuführen war, daß sie auf dem Nachhausewege von der Turnstunde beschimpft worden waren.— Angeklagter Oberst v. Reuter: Mir ist der Unterschied zwischen den Zeugenaussagen vollkommen verständlich, das alles ist immer sehr schnell gegangen. Die Leute fanden sich zusammen, schimpften, und wenn gegen sie vorgegangen wurde, liefen sie aus- einander. Das hat der Herr Staatsanwalt vielleicht im einzelnen nicht beobachtet. Aus dieiem Verhalten der Menge erklärt sich auch der von anderer Seite gebrauchte Ausdruck, den ich mir nicht zu eigen mache:„Mit dieser feigen Gesellschaft in Zabcrn ist doch gar nichts los!" Ich habe am 23. November, als sich die Vorfälle ereigneten, mitten in der Menge gestanden, und muß sagen, daß ich von meinem Platz aus das Schimpfen, das die Offiziere bekundet haben, auch nicht hören konnte. Es heißt nun, das Militär sei an jenem Abend sehr aufgeregt gewesen. Ich kann nur sagen, ich war nicht aufgeregt, ich habe nur meine Pflicht getan. Vielleicht waren die Herren Zivilisten aufgeregt.— Zeuge' G eri ch ts a sse s s o r Kries: Ich habe genau hingesehen, weil ich ausdrücklich einmal feststellen wollte, ob die Offiziere von der Bevölkerung belästigt wurden. Ich kann aber b e st i m m t bekunden, daß nichts gerufen wurde. Bei der zweiten Verhaftung schrien allerdings einige Frauen:„Gebt ihn heraus, er hat nichts gemacht". Der Verhaftete widersetzte sich auch seiner Verhaftung, aber von einem Brüllen erwachsener Personen habe ich nichts gehört.— Verhandlungsf.; Vielleicht wäre es eine ganz kümmerliche Erklärung für diesen Widerspruch, daß der Schall nur nach der Seite der Offiziere und nicht zu Ihnen gedrungen ist. — Zeuge Gerichtsassessor Kries: Leutnant v. Forstner ist nach der ersten Verhaftung durch die Menge gegangen und es hat ihn nie- mand beschimpft, das habe ich genau gesehen.— Vert. Rechtsanw. Grossart: Dann muß doch aber eine Menge da- gewesen sein.— Zeuge Gerichtsassessor Kries: Es war eine Menge Schuljugend.— Zeuge Hauptmann Voigt: Ich saß im Lokal„Zum Karpfen" und bin auf oas Geschrei ans Fenster ge- gangen. Das kann ich nur immer wiederholen. Zeugin Frau E i l i s hat am Abend des 23. November gesehen, daß ein fünfzehnjähriger Junge hinter dem Leutnant V. Forstner„Bettsch....* rief und dann weglief. Zwei Offiziere sind hinter ihm hergelaufen, und später ist eine Wache gekommen. Als die Wache kam, hat die Menge g e- lacht. Erst durch die W a ch e ist es eine größere Menschen- menge geworden.— Verhandlungsf.: Wie viel Menschen waren da?— Zeugin: Etwa fünfzig. � Verhandlungsf.: Wurde auch « eschimpft?— Zeugin: Es wurde gerufen:„Bettsch..... Wir nd doch nicht in Rußland , müssen wir uns denn alles gefallen lassen" usw., aber alles erst, als die Wache da war, vorher war es sehr ruhig. Als der Junge verhaftet wurde, sagten viele Menschen, der Junge hat ja gar nichts gemacht.— Anklage- Vertreter: War es nicht ein allgemeines Gebrüll und Geschrei?— Zeugin: Nein. Ich habe mich gewundert, wie ruhig die Menge blieb. Bei uns in der Pfalz wäre eS nicht so ruhig abgegangen. sHeiterkeit.) Zeuge Leutnant S ch w a m b a ch hat am 28. November abends gehört, wie die Menge fortgesetzt schrie und schimpfte. Vor allem wurde dem Leutnant v. Forstner gegenüber das Wort ge- braucht, das mit„Bett" anfängt. Die Beleidiger sind meist weg- gelaufen. Aus der Menge wurde uns zugerufen:„Denen wollen wir es aber zeigen!"— Verhandlungsf.: War das. Johlen und Schreien s e h r st a r!?— Zeuge: Jawohl, man hat es bis zur Schloßkaserne gehört.— Veihandlungsf.: Wurden Sie auch belästigt? — Zeuge; Nein, weil ich als Psaofiuder in Zabern bekannt war. — Die Zeugen Leutnants Höhle und Schäfer machen ähn- liche Bekundungen über das Johlen und Schreien der Menge. Den letzteren fragt der Verhandlungsführer: Waren die Offiziere aufgeregt? Zeuge: Nein, wir waren an die Vorgänge in Zabern schon g e- lv ö h n t.(Heiterkeit.)— Verhandlungsf.: Wurde geschimpft?— Zeuge: Jawohl, es wurde hinter uns her geschimpft und„Pfui" gerufen. Aber trotz allen Belästigungen war weder ein Gendarm. noch ein Schutzmann zu sehen. Einmal, als ein dummer Junge vor mir dreimal ausspuckte— i ck> weiß nicht, ob es aus Ab- ficht geschah— habe ich ihn gefragt, ob er vielleicht er- kältet sei(Heiterkeit), da lief er weg.— Zeuge Leutnant T ö g l e r bekundet ebenfalls, daß die Leute geschimpft und gejohlt hätten. Die Menge habe fast 10(30 Köpfe betragen.— Verhandlungsführer: Wir werden noch weitere Zeugen laden müssen, um diese Widersprüche aufzuklären.— Verl. ; Das wird uns ja doch nicht gelingen.— Verhandlungsf.: Wir müssen es wenigstens versuchen. In der heutigen Sitzung, zu der der Andrang aus allen Teilen von Elsaß und Lothringen beinahe noch stärker ist, wird die Zeugen- Vernehmung forlgesetzt.— Zeuge Leutnant Bethke macht An- gaben über die Gründe, aus denen er Verhaftungen vorgenommen hat. Ich habe einen Mann festgenommen, der mir absichtlich den Weg vertrat.— Verhandlungsf.; Schimpfte er?— Zeuge: Nein. Aber er trat mir immer in den Weg. Ich befahl deshalb meinen Leuten, von der Waffe Gebrauch zu machen, nämlich den Kolben zu nehmen. Ein Mann wollte Reißaus nehmen, ein Musketier nahm ihn fest und am andern Tage zeigte er nnr noch die Kratzwunden, die der Verhaftete ihm beigebracht hatte.— Verhandlungsf.: Warum wurde dieser Mann festgenommen?— Zeuge: Aus einer Gruppe der Ansammlungen wurde uns zugerufen:„Diese Bestien!" Ich ließ die Leute festnehmen, von denen ich annahm, daß sie gerufen harten. Ein andermal habe ich einen jungenchMann festgenommen, der einer Gruppe angehörte, die uns verhöhnte und auslachte.— Verhandlungsf.: Wie viel Mann haben Sie im ganzen verhaftet? — Zeuge: Etwa sieben.— Verhandlungsf.: Was wurde ge- schimpft?— Zeuge:„Dreizehn-Mark-Offiziere!" Auf der Straße waren sehr viele Menschen, aber sehr wenig oder gar keine SicherhertSbeamten.— Verhandlungsf.: Früher haben Sie gesagt, Sie hätten den ersten Mann festgenommen, weil er Ihnen den Weg versperrte und sich über Sie lustig machte.— Zeuge: Jawohl, er drehte sich immer um und lachte uns aus. Die nächste Zeugin, Frau Evers, wohnt neben dem Hotel„Zum Karpfen" und bekundet, daß an einem Abend, als die Offizier» im Hotel waren, die Menge draußen schrie:„Dreizehn-Mark-Offiziere, Dreckschwob, Saupreuß, Blutsauger, die Hunde sollen erüskommen, wo ein Schwöb hmsch....., wächst kein Gras mehr". Und auch der Oberst sei beschimpft worden wie sonst, mit„seidenes Kaninchen", „Schloßgeist" usw.— Verhandlungsf.: Diese Schimpfereien waren also in Zabern an der Tagesordnung?— Zeugin: Ja- wohl, es war einfach furchtbar. ES wurde auch gerufen „Vivs la France".— Verhandlungsf.: Waren das Zaberner. die das riefen?— Zeugin: Die waren auch darunter. Die Offiziere wurden regelrecht verhöhnt. Ich habe gehört, daß sogar eine Prämie von 10 Mark ausgesetzt worden ist, für denjenigen, der den meisten Radau macht. Dann wurde mir erzählt, daß 200 Genoffen aus Mülhausen kommen sollten, um einen Krawall zu provoziere». Es wurde auch gesagt, es müßte südländisches Blut in die Sache hinein- kommen, dann erst würde sie richtig.(Die Zeugen, die das gehört und eS dieser Zeugin mitgeteilt haben, werden telegraphisch geladen.) Es war eine Schande, daß so eine Hetze in Zabern getrieben wurde. Ich habe das schon früher gesagt, eS aber auf Verlangen des Bürgermeisters zurückgenommen. Ich habe das getan nicht aus Ueberzeugung, sondern weil ich als alleinstehende Frau nicht in die Zeitung kommen wollte, womit mir der Bürgern, ei st er drohte. Er sagte, es sei garnicht so schlimm, die Zaberner wollten nur einmal kreischen, totgeichlagen hätte man den Leutnant v. Forstner niemals. Ich habe infolge meiner früheren Aussagen bereits schwere geschäfl- liche Schäden gehabt. Der Oberst v. Reuter ist ein herzensguter Mann. Ein Milchmann in Zabern , der früher in Köln bei ihm ge- dient hatte, stellte sich ihm auf der Straße einmal vor und der Oberst hat seine Freude darüber ausgesprochen, ihn auf der Straße ein Stück begleitet und als dem Milchmann ein Kind starb, hat der Herr Oberst einen sehr schönen Kranz geschickt und einen rührenden Brief. Zeuge Leutnant Brunswick: Der Wirt des Hotels«Zum Karpfen" erzählte mir, daß neun Arbeiter sich verabredet hätten, die Gaslaternen herunterzureißen und sich in der Dunkelheit auf die Offiziere zu stürzen.— Zeuge Kreisdirektor Mahl: Ich habe gestern nicht sagen wollen, daß der Herr Statthalter es mir ver- boten hätte, zu' dem Herrn Oberst hinzugehen. Er billigte nur in dem einen Spezialfall meine Auffassung, daß ich wegen des mir gegenüber angeschlagenen Äasernentons nicht zum Herrn Oberst zu gehen brauchte. Wenn ich das Militär einmal zu requirieren für notwendig gehalten hätte, so hätte ich selbstverständlich zum Herrn Oberst gehen müssen.— VerhandlungS- führer: Sie haben aber geiagt, der Herr Statthalter hätte Ihnen verboten, zu dem Herrn Oberst zu gehen.— Zeuge Kreisdirektor Mahl: Der Herr Statthalter wünscht festgestellt zu sehen, daß dies nicht ein allgemeines und unbedingtes Verbot war und er wünscht das schon mit Rücksicht auf das Verhältnis zwischen Zivil und Militär. — Anklagevertreter Kriegsgerichlsrat Osiander: Aber nach der Bekundung dieses Zeugen von gestern hat der Herr Statthalter es ihm ausdrücklich verboten, zu dem Herrn Oberst zu geben. Dies bleibt von dieser Berichtigung unberührt. Es folgt die Vernehmung der Musketiere, die seinerzeit den Leutnant Freiherrn v. F o r st n e r als Patrouille durch die Straßen begleitet haben. Sie bekunden, daß sie einen Mann festgenommen haben, der gerufen hatte:„Lump" und„Drecksack".— Verhandlungsf.: Haben Sie auch den richtigen Beleidiger arretiert?— Die Zeugen: Jawohl!— Verhandlungsf.: Waren viel Leute auf der Straße?— Die Zeugen: Zuerst war keiner da, dann aber kamen viele Leute und die habeir geschrien und gejohlt. — Als nächster Zeuge wird der achtzehnjährige Ackermann Kiefer aufgerufen, der zu den neun Leuten gehört, die von diesen Musketieren verhaftet worden sind.— Verhandlungsf.: Sie sind von einer Wache des Leutnants Freiherr» v. Forstner festgenommen worden?— Zeuge: Jawohl, aber ich habe nichts gemacht.— Verhandlungsf.: Haben Sie nicht gerufen„Dreckschwob" und„Drecksack"?— Zeuge: 3c c x».— Verhandlungsf.: Die Musketiere haben das aber ganz bestimmt gesagt.— Zeuge: Ich habe nichts gerufen und auch nichts gehört.— Die beiden Musketiere erklären: Das ist der Rkann, wir kennen ihn wieder, er trug eine grüne Schürze.— Zeuge Kiefer; Ich trug aber etne blaue Schürze!(Heiterkeit!)— Andere Jungen trugen eine grüne Schürze.— Zeuge Leutnant Freiherr v. Forstner: Ich kenne den Mann ganz bestimmt wieder.— Zeuge Kiefer: Ich habe aber nicht gerufen, ich bin verhaftet und dabehalten worden. — Verhandlungsf.: Am andern Morgen gab es aber Kaffee und Brot?— Zeuge Kiefer: Jawohl, aber nicht sehr viel(Heiterkeil). Außerdem durfte ich von 2 Uhr nachts bis morgens 9 Uhr nicht austreten.— Leutnant S ch a d: Ich hatte selbst die Wache und einer nach dem andern ist von den Leuten ausgetreten. Wir halten das Empfinden, daß das eigentlich gar nicht nötig war und daß sich die Verhafteten dadurch nur eine Abwechselung verschaffen wollten. — Zeuge Schlosser H a b er m a n n- Zabern ist ebenfalls festge- nommen worden.— Verhandlungsf.: Weshalb?— Zeuge: Das weiß ich nicht, ich habe nichts gemacht, lch wollte in die Fortbildungsschule.— Zeuge Leut- naut Fontram: Der Zeuge hat in frecher Weise gejohlt und gelacht.— Zeuge Leutnant S ch a m b a: Er hat, als wir ihn festnahmen, gesagt:„Euch wollen wir das schon zeigen."— Zwei Musketiere bekunden weiter, daß ein Arbeiter Aron von ihnen fest- genommen worden ist, weil er gerufen habe:„Dreckschwein, dreckiger Kerl." Außerdem habe er sich bei der Verhaftung widersetzt, um sich geichlagen und gekratzt.— Dieser Arbeiter Aron wird hierauf als Zeuge aufgerufen.— Verhandlungsf.: Sie sollen Dreckichwein ge- rufen haben?— Zeuge Aron: Das ist n i ch t w a h r. Ich kann Zeugen dafür stellen, daß das nicht wahr ist.— Verhandlungsf.: Sie sollen sich auch widersetzt und losgerissen haben?— Zeuge: 3iein.— Verhandlungsf.: Hat vielleicht ein anderer„Dreckschwein" gerufen?— Zeuge: Nein, es war überhaupt niemand da.— Verteidiger R.-A. Grossart: Da war es wohl ganz mäuschenstill?— Zeuge Aron: Ja.— Zeuge Schlosserlehrling K o l b ist ebenfalls verhaftet worden und behauptet gleichfalls, er habe nichts gemacht, er sei zur Wache gebracht worden und habe sich mit dem Gesicht gegen die Wand stellen müssen. Plötzlich sei Oberst v. Steuter gekommen und habe geiagt:„Runter in den Keller!" Um 1 Uhr nachts wurde der Zeuge erst vernommen.— Verhandlungsf.: Was haben Sie nun eigentlich gemacht?— Zeuge: Gar nichts.— Verhandlungsführer: Und was tat die Menschenmenge?— Zeuge-: Die brüllte!— Verhandlungsf.: Wer war denn mit drin in der Menge? — Zeuge: Ich kannte niemand.— Verhandlungsf.: Sagen Sie es doch nur, Sie haben es doch früher auch gesagt!— Zeuge: Der Redakteur Wiebicke war auch dabei. Zeuge Musketier Braun bekundet, daß er in das Haus einer Frau Heil eingedrungen sei, um dort den Schreiner Lewi fest- zunehmen, der geschimpft hatte. Er sei von der alten Frau Heil, die angeblich zu Tode erschrocken gewesen sei, so kräftig am Arm festgehalten worden, daß er am Weitergehen verhindert wurde. Zwei Zivilzeugen Litt und F r i t s ch bestreiten, daß sie Ver- anlassung zu ihrer Verhaftung gegeben haben. Der Zeuge Fritsch führt Beschwerde darüber, daß er, obwohl er an h e f l i g e in Durchfall gelitten habe, in der Nacht in den Keller ein- gesperrt worden sei und zum Austreten nicht herausgelassen wurde. Er wolle deshalb� den Oberst v. Reuter verklage».— Verhandlungsf.: Das können Sie aber hier nicht machen.(Heiterkeit.) Ein Ilijähnger Bursche namens Klemens bekundet, daß er verhastet worden sei, obwohl er nichts gemacht habe. Einer der Offiziere gibt dazu an, der Junge habe gelacht. Als preußischer Offizier habe er sich aber auf der Straße mit dem Jungen nicht herumschlagen wollen, deshalb sei die Festnahme erfolgt.— Zeuge Arbeiter Kaufmann ist schwerhörig, hat aber trotzdem das Johlen und Pfeifen der Menge gehört. Er will selbst n i ch t�gerufen haben und ist verhastet worden. Der Zeuge Sand ist verhaftet worden, weil er sich in einer Menge befand, aus der gejohlt und gepfiffen wurde.— Verhand- lungsführer: Haben Sie selbst gejohlt?— Zeuge: Nein, ich war nur auf die Straße gekommen um zu sehen, was los war. Zeuge Sergeant B r o n o w s k i: Leutnant Schad ließ scharf laden und forderte die Menge auf dem Schloßplatze dreimal auf, aus« einanderzugehen. Wir sollten vor allem niemand durchlassen. Da kam ein Mann mit einem Korbe. Ich sagte ihm, ich dürfte ihn nicht durchlassen; er sagte, er käme aus der Fabrik und wollte nach Hause. Ich glaubte ihm das nicht und gab erneut den Befehl, er solle zurückgehen oder ich würde ihn abführen lassen. Ich habe ihm den Befehl zwei- oder dreimal gegeben. Als er nicht gc- horchte, gab ich zwei Soldaten den Befehl, den Manu zur Wache zu bringen.— Verhandlungsf.: Haben Sie gehört. daß der Mann geschimpft hat?— Zeuge Bronowski: Nein, aber es wurde allgemein gejohlt und gepfiffen, die Menge wollte uns verspotten. Zeuge Arbeiter Meier ist der Mann mit dem Korb. Er be« kündet, daß er ohne jede» Grund festgcnommc« worden sei. Man habe ihn am Genick gepackt und Soldaten hätten zu ihm. als er nicht schnell genug ging, gesagt:„Lumpcnkerl, wollen Sie weitergehen!" Auf der Wache sei er in die Ecke gestellt worden. Er habe nach Hause gehen wollen, weil er Hunger hatte. Da habe man gesagt:„Ihr Lumpenhunde sollt ruhig sein!" Im Keller sei es vollkommen finster gewesen. Wenn man sehen wollte, hätte man erst Streichhölzer anzünden müssen. Erst am andern Morgen um 10 Uhr sei er verhört worden. Verhandlungsf.: Weswegen Sie verhaftet wurden, wissen Sie nicht? — Zeuge: 3!ein, ich habe nichts gemacht. Ich habe mich nirgends aufgehalten. Um 7 Uhr war ich aus der Fabrik gekommen und um 8�1lhr war ich schon im Keller.(Heiterkeit.)— Zeuge Musketier schlau hat einen Zivilisten, der verulkende Zurufe gemacht hatte, in ein Haus hinein verfolgt, in das sich dieser geflüchtet hatte.— Zeugin Frl. Heil bewohnt mit ihrer Mutter das HauS, in das der Musketier eingedrungen ist. Sie bekundet, daß dort nach dem Schreiner Levy gesucht wurde. Die Zeugin hat auch ge- sehen, daß der Mann mit dem Korb verhastet worden ist. Der Mann wollte nur durchgehen, aber man hat ihn nicht durchgelassen.— Verhandlungsf.: Die Mutter der Zeugin hat Strasantrag gegen Leutnant Schad wegen schwerem Haus- friedensbruch gestellt.— Vert. Rechtsanwalt Grossart: Warum war denn der Levy überhaupt auf die Straße gegangen?— Zeugin: Er hatte den Lärm gehört.— Vert.: Also war es auf der Straße doch nicht ruhig.— Zeugin: Er hörte nur die vielen Leute hin und her gehen.— Verhandlungsf.: Ein unparteiischer und ob- jektiver Zeuge hat bekundet, daß aus Ihrem Haus heraus geschimpft wurde.— Zeugin: Davon habe ich nichts gehört.— Zeuge Schreiner Levy bekundet, daß er verhaftet worden sei, aber nichts gc- rufen habe. Er kann sich nicht erklären, weshalb man ihn vor« hastet hat.— Ein Musketier: Das ist der Mann, der gerufen hat. Als ich auf ihn zuging, sprang er zur Seite. Wenn er nichts gemacht hätte, hätte er nicht zur Seite springen brauchen.— V i z e f e l d- webel Stall bekundete als Zeug«: Leutnant v. F o r st u« r awa auf de» Schloßplatz. Em ISjähoger Mau««ach»
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