Nr. 14.
Erscheint täglich außer Montags. Brets pränumerando: Bierteis jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pig. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags: Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Poft- Abonnemen:: 8,30 Mt.pro Cuartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. DefterreichUngarn 2 Mt., für das übrige Auslands Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Boit Zeitunas Breisliste für 1894 unter Nr. 6919.
041 0 11. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Donnerstag, den 18. Januar 1894.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Wir behaupten nun: Ebenso wenig wie die Ein die oben angegebene Wirthschaft trägt, oder der durchschnittLandwirthschaft genützt hat, ebenso gleichgiltig ist es für bestellt wurde. Aus dem Gesagten ergiebt sich, daß in den die große Mehrheit der deutschen Landwirthe, ob der Zoll Dstprovinzen ein Bauer, der 16 Hektar Grund besitzt, unter Der Bund der Landwirthe hat mit seiner hanebüchenen auf russisches Getreide von 5 M. auf 3,50 M. oder gar normalen Verhältnissen kein Getreide verkauft, daß ihm die Agitationsweise den deutschen Reichskanzler so erschreckt, auf Null herabgesetzt wird. Wir werden den Beweis hin- Viehzucht das Leben und Wirthschaften ermöglicht, daß er daß er den widerborstigen Herren aus Lithauen und sichtlich der Provinzen Ost- und Westpreußen , Posen und aber, wenn sein Besigthum nur halbwegs belastet ist, zu Masuren , Hinterpommern und der Kassubei, noch bevor es Pommern liefern, einmal, weil in diesen Gegenden die einer Nebenbeschäftigung greifen muß, will er nicht zu im Reichstage zur Schlacht gekommen, durch die Aufhebung Landwirthschaft vorherrscht, und zweitens, weil die Haupt- Grunde gehen. Aus den Berichten der Zentralvereine erdes Identitätsnachweises ein Geschent in Aussicht gestellt, schreier, die jetzt so gut und gern und eifrig mit dem Kalb giebt sich weiter die Thatsache, daß noch bei einer Besizung mit dem sie leicht ihre sämmtlichen Kriegskosten decken des Bruder Bauer pflügen, hier ihre angestammten, an- von 29 Hektar der aus der Viehhaltung gezogene Rohertrag können. Trotzdem haben sie ihren Widerstand gegen den geheiratheten, zugerafften Size haben. Als Beweismaterial sich zu dem vom Ackerbau gewährten verhält wie 8: 5, daß russischen Handelsvertrag in nichts aufgegeben; im Gegen- dienen uns einerseits die im preußischen Ministerium für bei 60 Hektar die Verhältnißzahlen 15:14 lauten und daß theil, je näher der Tag der ersten Lesung rückt, desto ärger Landwirthschaft bearbeiteten Berichte der landwirthschaft erst bei 131 Hektar der Rohertrag des Ackerbaues den aus wird ihr Zetergeschrei. Wenn der Zoll auf russisches Ge- lichen Zentralvereine, anderseits die Angaben der land - der Viehhaltung gezogenen um ein weniges füberschreitet. treide um ungefähr ein Dritttheil herabgesetzt wird, so wirthschaftlichen Betriebsstatistik vom Jahre 1882. Selbst auf der Fideikommisherrschaft Saleske, welche Tommen die großen Güter an die Gant, der Bauer verliert In den Berichten der Zentralvereine finden sich ab und 1700 Morgen Ackerfläche besitzt, deckt der Erlös für die Hut und Kappe, die gesammte deutsche Landwirthschaft geht zu auch Rentabilitäts- Berechnungen über landwirthschaft- nach Berlin verkauften Fettschweine die gesammten Bes zu Grunde, Millionen arbeitsamer Menschen verlieren ihr liche Betriebe verschiedener Größe. Am sorgfältigsten vertriebskosten. Brot, die Revolution bricht aus, und Staat, Gesellschaft, fährt in dieser Beziehung der Berichterstatter aus dem Und nun die Nuzanwendung der bisher angeführten Kultur, alles, alles geht holter- die- polter zum Teufel; so Landrathsamt Insterburg. Er bucht die Einnahmen und Thatsachen auf den russischen Handelsvertrag. In den sagen sie und behaupten sie, so jammern sie und Ausgaben von vier Wirthschaften( von 131 Hektar, 60 Hektar, Provinzen Dst, Westpreußen , Pommern und Posen, aus prophezeien fie. 29 Hektar und 16 Hektar) so genau, daß er nicht einmal welchen die Nothschreie der Bündler am schrillsten klingen, Es ist aber alles nicht wahr. Als Bismarck im Interesse vergißt, den Werth der Kartoffelschalen in Rechnung zu Gegenden, in welchen der Großgrundbesitz und großer feiner Mitjunker die Getreidezölle einführte, da schrieen alle stellen. Von seinen Angaben interessiren uns hier hauptsäch- Bauernbesitz verhältnißmäßig am meisten vertreten ist, bescine Kreaturen, Hampelmänner und Streber- Kameraden: lich diejenigen, welche er über die Wirthschaft von trägt die Zahl der landwirthschaftlichen Betriebe bis Der Hettar macht. Aufgepaßt! Jetzt wird der deutschen Landwirthschaft auf 16 Besitzer, welcher sein zu 20 Hektar 582 367, während es nur 74 998 Betriebe die Beine geholfen werden! Jetzt ist Polen offen! Und Besigthum selbstthätig bewirthschaftet und an Dienstboten giebt, die mehr umfassen als 20 Heftar. Die ersteren jeder Bauer kriegt sein Huhn in den Topf! Und was ge- nur eine Magd hält, erntet von seinem mittleren Boden haben keinen Vortheil davon, ob der Boll hoch oder niedrig jchah? Die wenigen Großgrundbesitzer schluckten den Braten, jährlich an Körnerfrüchten: 70 Scheffel Roggen, 24 Scheffel ist, von den zweiten müssen wir die Betriebe von 20 bis die Millionen Kleinen konnten zusehen und sich den Mund Weizen, 42 Scheffel Gerste, 120 Scheffel Hafer. 50 Hektar, es sind ihrer 51 124, etwas näher betrachten. wischen. Es war auch nicht anders möglich. Nach der Rechnet man die Scheffelzahl mit Beachtung des bestimmten Allerdings, diese Kategorie würde für den Augenblick einen statistischen Aufnahme vom Jahre 1882 gab es in Deutschland Gewichtes jeder Körnerfrucht in Zentner um, so erhält man Ausfall haben; sie könnte denselben aber sofort wettmachen, 5 276 344 landwirthschaftliche Betriebe. Hiervon wurden als Gesammtertrag rund 166 Zentner. Von diesem ganzen wenn sie sich mehr auf die Viehzucht verlegen würde. 4 969 843 Betriebe gezählt, welche bis 20 Hektar umfaßten, Duantum tommt auch nicht ein Pfund zum Verkauf, der Bleiben noch die 23 874 Betriebe übrig, welche mehr als während 306 501 Betriebe über diesen Umfang hinaus gesammte Rohertrag des Ackerlandes das Saatgetreide 50 Hektar messen. Diese Großbauern und Großgrundgingen. In ganz Deutschland gab es nur 24 991 Betriebe, für das nächste Jahr natürlich ausgenommen wird in besitzer sind der eigentliche Kern des Pudels, so da heißt: welche größer waren als 100 Hektar und von über 1000 ber eigenen Wirthschaft verbraucht. Dabei treibt der Bauer Bund der Landwirthe. Ueber die Lage der Großbauern Hektar großen Betrieben zählte man gar nur 515 Stüd. aber feineswegs Viehzucht als Hauptbeschäftigung. Er hält hat sich der Gutsbesitzer Braesicke aus Ostpreußen erst un„ Derselbe( der Es ist kein Zweifel, daß die zwei letzten Kategorien von zwei Pferde, drei Kühe, 4 Stück Jungvieh, einige Schafe, längst folgendermaßen ausgesprochen: den Getreidezöllen einen ungeheuren Vortheil zogen, auch zwei Buchtsäue, 10 Ferkel und eine Mandel Hühner, alles Bauernstand) ist in den letzten 20 Jahren wirthschaftlich so die Landwirthe, deren Wirthschaften mehr als 20 Hektar in allem nicht mehr, als der Betrieb der Wirthschaft er erfreulich fortgeschritten, daß ein Nothstandsgeschrei für ihn umfaßten, standen sich besser als vordem, ja selbst Eigner fordert. Und nun die bezeichnende Thatsache: der Rein- erhoben, wie ein Hohn auf die Wirklichkeit klingt"... Wer bleibt also übrig? Die Großgrundbesitzer und von 16-20 Hektar mochten hier und da noch einen Happen ertrag, den die Wirthschaft abwirft, stammt nur aus der erschnappen, aber dem übergroßen Theil der Landwirth Viehhaltung. Er würde nicht mehr als 108 Mart betragen, was drum und dran hängt. Und von dieser Handvoll schaft, den Millionen von Parzellenbesitzern, Klein- und wenn der Besizer nicht noch 100 Mark durch Holzfahren Leuten sollen sich die Hunderttausend Nicht- Agrarier, die Mittelbauern, brachten die Getreidezölle nicht einen Birn- hinzuverdiente und nicht eine Stube um 45 Mark ver- Millionen Industriearbeiter ihr Brot noch weiter verstiel mehr. Sie bauen im günstigsten Falle, was sie zum miethet hätte. Für den Regierungsbezirk Posen berechnet theuern lassen? Leben brauchen und was ihr Vieh frißt, und ihre Einnahme der Berichterstatter den Jahresertrag einer Besizung von wird nicht um einen Pfennig größer, ob nun der Zentner 17 Hektar an Roggen, Weizen, Gerste und Hafer insgesammt Roggen eine Mark gilt oder zehn. auf 186 Zentner. Das sind 20 Zentner mehr, als
führung der Getreidezölle bem übergroßen Theil der deutschen liche Jahresertrag eines Hektars Boden, der mit Roggen
1090 SUTE
Feuilleton.
Nachdruck verboten.]
Helene.
[ Alle Rechte vorbehalten
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Roman in zwei Bänden von Minna Kautsky . Sie fragte nicht weiter. Rascher ging fie abwärts, als dränge sie's, fortzukommen. Die Farbe kam und ging von ihren Wangen. An der Parkthür angekommen, reichte sie ihm die Hand zum Abschiede.
Darf ich Sie nicht bis zu Ihrer Villa begleiten, gnädige Frau?"
" Nein, ich danke," rief sie hastig, verwirrt und reichte ihm nochmals die Hand.
Er blieb am Thore stehen und blickte ihr nach. Das heimische Lied fiel ihm ein: Du bist wie eine Blume", ihm war, als ob das Reinste und Schönste, nach dem er sich sein Lebtag gesehnt hatte, von ihm gegangen war für immer.
Mir ist, als ob ich die Hände Auf's Haupt Dir legen sollt,"
erklang es innerlich.
Er wendete sich und ging zurück in tiefen Gedanken: Sie hat nichts gewußt-war es denn nöthig, daß dieser Mann an seinem Kinde zum Heuchler wurde?"
Helene ließ sich das Mittagessen serviren, aber das Mädchen nahm die Schüsseln unberührt wieder hinaus.
" Mir scheint, heute ißt die Guädige einmal nichts," sagte die Köchin zuni Stubenmädchen, weil er nicht da ist. Was das für Farereien bei den Jungverheiratheten find! Nia, es wird noch die Zeit kommen, ich steh' Ihnen gut dafür, wo es ihr um so besser schmeckt, wenn er nicht dabei sein wird. Jetzt läutet fie Jetzt Läutet fie- Herrgott, was ist denn los, so hat sie noch nie geläutet. Gehen Sie doch hinein!"
Das Stubenmädchen lief nachzusehen und kam bald
-
-
"
Was, allein? Aber das hat er ihr ja verboten." " Sie sagt, fie will den gnädigen Herrn dort aufsuchen." Weiß sie denn nicht, daß er auf die Jagd ge gangen ist?"
Er ist nicht gegangen. Sie hat erfahren, daß er nach München gefahren ist."
Die Köchin stemmte die Arme in die Seite: Jesus , da ist sie ihm schon auf' was tommen. Na, mich wundert's nicht, wie der einen manchmal anschaut-!"
Aber das Stubenmädchen wies sie zurecht:„ Was glauben Sie denn, die Gnädige meint, er müsse unter wegs eine Depesche oder sonst eine Nachricht bekommen haben, die ihn gezwungen hat, seinen Plan aufzugeben. Sie fürchtet, es könnte ihren Eltern was zugestoßen sein, sie hat seit Tagen teine Nachricht von ihnen.... Sie weint und ist ganz aufgeregt."
Der arme Hascher."
Das wäre zum Lachen!-
Sie läutete stärker ein zweites Mal
Da that sich die Thür nebenau zu einer Spalte auf, und das volle Gesicht der Ebner guckte heraus. Sofort ward die Thür aufgerissen und Tante Luise schloß mit einem Jubelruf die junge Frau in die Arme.
Lene, wie kommst denn Du daher?"
Wo sind die Eltern?" fragte diese ängstlich und erregt, aber sie fühlte sich beruhigt, als sie in das lachende Gesicht der Ebner blickte. Sie sind wohl, es ist ihnen nichts geschehen?"
"
" J, was denkst Du, sie sind ja zu Dir gefahren." Bu mir?" " Nach St. Agath Ist das ein Pech!... Vor einer Stunde sind sie fort... Die Jungen haben sie hier gelassen, weil sie bei Dir übernachten wollen."
Lene athmete auf, all ihre Bangigkeit war gewichen, und sie bedauerte jetzt ihre hastige Abreise.
Wenn sie doch gleich wieder hätte umkehren und zurückfahren können, aber der nächste Zug ging erst um sechs Uhr infünfzig. Wie lange war es bis dahin!
Das ist sie wirklich, denken Sie, sie hat sich von mir 20 Mart ausgeborgt."
" Sehen's, hab' ich's Ihnen nicht g'sagt, daß sie gar nichts hat. Die ist blank ins Haus gekommen; das wird sich noch spießen, Sie werden schon sehen. Unsereiner hat auch nichts, aber das ist ganz was anders. Unsereiner ist doch nicht so hilflos und wenn's heute mit dem Gustel was wird, so hab' ich die Kasse."
Sofie, das Stubenmädchen, hatte die 20 Mark ihrem Raften entnommen und überbrachte sie ihrer Gnädigen, um diese in den Stand zu setzen, mit dem nächsten Buge nach München zu fahren.
X.
Es war früh am Nachmittag, als Frau Helene im elterlichen Hause anlangte und in ungeduldiger Haft die Treppe empor eilte. Sie stand vor der Thür und zog die Glocke, Niemand öffnete.
Sie wollte nun doch ihren Mann aufsuchen, um von ihm zu erfahren, was ihn so dringend hierhergerufen.
Tante Louise führte sie in die Stube, nahm ihr Hut und Umhang ab und bat sie, nun auch die Handschuhe auszuziehen.
"
Ei was, laß Du Deinen Mann seine Wege gehen," sagte sie, als Lene ihre Absicht ihr mitgetheilt hatte, warte, bis er Dir's selber sagt, wohin er gegangen ist, das ist das Klügste."
Und jetzt laß ich Dich überhaupt nicht fort, Lene, jetzt sollst Du eine Tasse Kaffee mit mir trinken." Bald saßen die Beiden beim Kaffee.
Lene war heiter und froh gestimmt, glücklich wie ein Kind, das auf Ferien heimkommt und nun mit besonderem Wohlwollen, ja mit Auszeichnung empfangen wird. Ach, es war so gut mit Tante Luise zu plaudern und alles bei ihr war so traulich und vertraut. Sie trug noch immer gestreifte Schürzen und breite Krausen, und das Haar hinter dem