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Tcrt und damit zur Untergrabung 6er eigenen E x i st e n z beigetragen haben! Der Eisenbahnerstreik in Südafrika  . London  , 10. Januar.  (Privattelegramm des»Vor- wärt s*.) Johannesburg   erwarb sich vor dem Burenkriege den NamenDie Lügenstadt". Anscheinend will sie sich auch diesmal diesen Ruf nicht streitig machen lassen. Es laufen hie» Meldungen über angebliche Dhnamitattentate der Streikenden ein, die offen- bar erfunden sind. Man darf auch nicht vergessen, datz ein grosser Teil der Londoner Presse die engsten Beziehungen zu den sudafrika- nischen Goldmagnaten unterhält, dass zum Beispiel der jetzige Chef- redakteur desTimes" früher Redakteur des schamlosen Kapita- listenblattesJohannesburger Star" war, gegen das sich im Juli vorigen Jahres die ganze Wut des Volkes richtete. Die meisten Nachrichten aus Johannesburg   sind daher mit Vorsicht aufzunehmen. Als Beispiel der kapitalistischen   Berichterstattung sei erwähnt, dass ein Passus in einem Reutertelegramm, der davon sprach, dass der Sekretär der Eisenbahner, Poutsma, in einer Massenversammlung erwähnt habe, die Streikenden sollten sich ruhig verhalten und sich nicht provozieren lassen, von fast allen Blättern unterdrückt wurde. Man scheint es darauf abgesehen zu haben, von vornherein die g e- waltsame Niederwerfung des Streiks zu recht- fertigen. Dass die südafrikanische   Regierung die friedliche Arbeits- cinstellung mit Gewalt zu unterdrücken entschlossen ist, beweist die unmotivierte V e r h a st u n g von Streikführern. Unter den zehn Verhafteten befinden sich der Sekretär der Eisenbahner und der Sekretär der Arbeiterpartei. Gestern drang die Polizei in das Bureau der Eisenbahner ein und beschlagnahmte den Geld- schrank sowie viele Dokumente. Der Gewerkschaftsbund verlangt die Freisetzung der Verhafteten, widrigenfalls der General- streik aller Berufe erklärt werden soll. Morgen soll auf dem Marktplatz in Johannesburg  , dem Schauplatz der blutigen Szenen vom Juli vorigen Jahres, eine Massenversammlung abgehalten lverden. Die Regierung hat bereits eine gewaltige Militärmacht mobilisiert; so wurde zum Beispiel heute in Pretoria   eine Prokla- mation veröffentlicht, nach der im ganzen 6000 Mann unter Waffen gerufen werden. Der Streik in Südafrika  . Der Preis des Mehls ist in Johannesburg   um einen Schilling in die Höhe gegangen. Die vorhandenen Vorräte dürsten 18 Tage reichen. Die Witbank-Kohlengruben wurden infolge des Streik» ge- schlössen, da keine Güterwagen zur Beförderung der Kohlen zur Verfügung stehen. Die Polizei verhaftete eine Anzahl der Streikführer unter der Beschuldigung der Aufreizung zum Aufruhr. Der Verhaftung eines Streikführers in einer Versammlung widersetzte sich die Menge und die Polizei musste in diesem Falle unverrichteter Sache abziehen. Fn einer schnell einberufenen Versammlung wurde ferner die Frei- , lassung der Verhafteten gefordert. Wird diese nicht genehmigt, dann droht der Ausbruch des Generalstreiks. Eine neue Sturmflut an öer Gflseetüste. Kaum hat sich die Bevölkerung der deutschen   Ostseeküste von den Schrecken der letzten Sturmflut erholt und schon wieder kommen Melduussen von einem neuen verheerenden Unwetter, das teilweise die jüngste sehr- umfangreiche Ueber- schwemmung weit übertrifft. Während die Sturm­flut vor wenigen Tagen nur vereinzelte Menschenleben kostete, besteht jetzt die Befürchtung, daß in dem Stranddorfe Danikerort ein großer Teil der Einwohner- schaft unis Leben gekommen ist. Ueber die Kata­strophe erhalten wir folgende Nachrichten: Köslin  , 10. Januar. In der vergangenen Nacht hat die Ostsee  den Landweg zwischen der See und dem Bukower See an drei Stellen zerrissen. Der Bukower See steigt schnell. Die Ort- schaft Damkerort steht völlig unter Wasser. Aus den Fluten ragen höchstens noch 2 bis 3 Dächer hervor. Ueber das Schicksal der ungefähr 160 Köpfe starken Bevölkerung ist noch nichts bekannt. Zwischen dem Jamunder und dem Bukower See ist eben- falls ein großes Stück Land von den Fluten fortgerissen worden. Von Köslin   ist Militär zur Hilfeleistung abgegangen. Köslin  , 10. Januar. Bei Funkenhagen drang die See drei Meter weit in die Düne ein. Bei Sorembohm steht die D o r f st r a ss e an der Küste vollständig unter Wasser; ein grosser Teil der Gehöft« muhte von den Einwohnern der- lassen werden. Auch das Strandhotel Junghans mutzte vollständig geräumt werden. Für die Gehöfte besteht Einsturzgefahr. Bei Bauerhufen wurde die hohe Düne vollstänvig weg- gerissen. Bei Nest steht die Landstrasse nach Grossmöllen unter Wasser, jedoch kann die Strandbahn verkehren. Die Windstärke schwankt jetzt zwischen acht und neun. Bei Deep steht die über die Tief führende Brücke vollständig unter Wasser. Laase ist vom Verkehr gänzlich abgeschnitten; die Ein- wohner können seit zwei Tagen keine Post erhalten, da der Verkehr auf der Jamunder See mit Lebensgefahr verknüpft ist. Die Ostsee   durchbrach auch hier die Düne an vier Stellen. Damkerort ist vollständig hinweggespült. Wir viele von den Einwohnern noch am Leben sind, weiß man nicht; nur durch das Fernrohr kann man erkennen, daß die Dächer der Hänser von der See umspült werden. Von Köslin   aus find 200 Mann Militär zur Hilfeleistung entsandt worden. Der Landstrich zwischen Jamun- der und Bukower See steht vollständig unter Wasser, so dass nur ein einziger See vorhanden ist. Auch bei N e u w a s s e r steht ein Gehöft unter Wasser. Die Landwege sinl> dort ebenfalls überflutet. KöSlin  , 10. Januar. Aus Nest kommt soeben die Nachricht dass sämtliche Häuser des Dorfes nnter Wasser stehen. Es besteht auch hier die Gefahr, dass die Einwohner die Häuser räumen müssen. Infolgedessen hat sich die Verwaltung der elektrischen Straßenbahn veranlasst gesehen, Wagen nach Nest zu entsenden, die die Einwohner mit ihrer Habe aufnehmen sollen. Das Fischerdorf Nest liegt auf einem halben Kilometer breiten Landstreifen zwischen der Ostsee   und bem Jamunder See. Königsberg   i. Pr., 10. Januar. Der gestrige Schneesturm hat namntlich in den Niederungsgegenden und an der Küste wieder schwere Schäden angerichtet. Aus P i l l a u   wird berichtet: Das Hochwasser hak hier die höchste Steigmarke erreicht, die Einfahrtsdämme und Brücken sind überschwemmt. Im Tief herrscht gewaltigeSee.das Wasser bedroht an einigen Stellen die am Ufer stehenden Häuser. Die Mole an der zweiten Torpedobootsbatterie ist aus fünf Meter durchbrochen, das Wasser bedroht die Festung, die zwei Meter unter dem Wasserspiegel liegt. Man versucht der drohen- den gefahrvollen Ueberschwemmung durch Steinaufschüttungen zu begegnen. Die Spiererchoje ist nach der Stadt getrieben worden und die Badeanstalt fast gänzlich fortgeschwemmt; 150 Menschen sind damit beschäftigt, zu bergen, wa» zu bergen ist. Danzig  , 10. Januar. Der gestrige Sturm hat sowohl in Dan- zig und Umgebung wie auch am, ganzen Meeresstrande furchtbar gewütet. Am K a i h a f e n sind die Uferbefestigungen neben der Kaimauer auf etwa drei Meter Länge ein- gestürzt, in den Seebädern sind die Badeanstalten zum größten Teile weggerissen worden; am meisten Schaden hat der Sturm bei der Stadt Z o p p o t angerichtet. Die Fluten haben auch Teile des im Februar verunglückten FlugzeugesWe st Preußen" an den Strand gespült und zwar die Gondel und Teile der Tragflächen. Die Halbinsel H e l a ist von der See an mehreren Stellen durchbrochen worden. Pubig, 10. Januar. Die Ortschaft Karwenbruch droht ein Opfer des Hochwassers zu werden. Die Wellen gehen hoch darüber hinweg und die Menschen sind in Gefahr. Heute ist ein Extrazug mit 34 Marincmannschaften sowie der freiwilligen Putziger Feuer- wehr zur Hilfeleistung nach Karwenbruch abgegangen. Der Putziger Strand ist vollständig weggespült. Die Promenade ist teilweise ab- gestürzt. Rostock   i. Mcklg., 10. Januar. Durch das Hochwasser der Warnow   ist heute früh der Fischer- und Gerberbruch derartig überschwemmt, daß daselbst zur Beförderung von Personen wieder Kähne in Tätigkeit treten mußten. Kiel  , 10. Januar. Das Hochwasser überflutete gestern in den Abendstunden alle niedrig gelegenen Teile am Hafen. Die Straßenbahn muhte an verschiedenen Stellen den Verkehr ein- stellen. Die Bewohner am Hasen treffen eiligst Vorbereitungen zum Schutze gegen das noch immer steigende Wasser. *« * Auch aus dem Binnenlande wird aus den verschiedensten Gegenden Hochwasser, hervorgerufen durch die starke Schneeschmelze der letzten Tage, gemldet. Im S v r e e- wald steht die Villenkolonie Burg völlig unter Wasser. Der Neckar  , die Mosel und die L a h n führten Hoch- Wasser und sind über die User getreten. In einigen am Neckar  gelegenen Ortschaften, so in Stuttgart  , Eßlingen  . H e u b a ch und Plochingen  , ist das Wasser in die tiefer- gelegenen Häuser eingedrungen. Mus öer Partei. Ein sozialdemokratischer Bizebürgermeistcr. Der Gcmemderat der steiermärkischen Provinzialbauptstadt Graz  hat gegen einige extreme Geldsackvertreter unseren Genossen Äuiobsky zum Vizebürgermeister gewäblt. AuiobSty trat sein Ami mit einer Rede an, in der er den Deutschnationalen vorhielt, daß die Hebung der sozialen Lage der breiten volksm offen die wert- vollst« nationale Arbeil ist. Mitteilung. Zur Beantwortung zahlreicher Anfragen sei mit- geteilt, dass i>>e Zeitschrift»Die L e> e" ein privates Unternehmen ist, daS weder von einem sozialdemokratischen Verlage heraus- gegeben wird noch irgenvwie unter parteigenössischec Konlrolle steht. Soziales. Behördliche Revolte in Leipzig  . Das Oberversicherungsamt in Leipzig   hat die von der Kasse gegen die beiden rechtswidrigen Verfügungen des Ver- sicherungsamtes eingelegten Beschwerden zurückgewiesen. Die erste Verfügung betraf das V e r b o t der Abhaltung der Ausschußsitzung im Gewerkschaftshaus. Nach der Reichs­versicherungsordnung(Z 3l Abs. 3) ist«ine solche Verfügung schon deshalb rechts- und gesetzwidrig, weil das Aufsichisrecht sich lediglich aus EinlMltung der Statuten und des Gesetzes bezieht, aber kein Statut oder Gesetz so hirnrissig ist, die Ab- Haltung der AuSschußsitzungen im Gewerkschaftshaus zu ver- bieten. Das ist auch vom preußischen Oberverwaltungsgericht gegenüber einem ähnlichen Rechtsbruch durch eine andere Be- Hörde in ständiger Rechtsprechung, z. B. in der Entscheidung vom 21. Oktober 1909, anerkannt. Dos Oberversicherungsamt kehrt sich aber nicht daran. Es anerkennt selbst, daß weder eine einzelne Satzungs- noch Gesetzcsvorschrift durch die Wahl des Versammlungsraumes verletzt wird". Aber, meint es, derallgemeinen Tendenz des Gesetzes" widerspreche es nicht, das Verbot zu erlassen, weil den nicht auf dem Boden der freien Gewerkschaften stehenden Gewerkschaftennicht zu- gemutet werden" könne, das Gewerkschaftsl>aus zu betreten. Eine krassere Auslegung von Recht und Gesetz und eine parteiischere Betrachtung der Verhältnisse ist wohl schwer denkbar. Genau so unberechtigt ist die Zurückweisung der Be- schwerde gegen Einsetzung des sozialistenfresserischen Rechts- anwalts Professor Dr. Wörner zum Zwangsvor- sitzenden der Krankenkasse gegen ein Jahresentgelt von 6000 M. Nach dem Gesetz darf auf Widerspruch zum Zwangsvorsitzenden kein Arbeitgeber bestellt werden. Dr. Wörner ist aber Arbeitgeber nach dreifacher Richtung: als Rechtsanwalt, als Mitinhaber von Wörners Verlag und als Beschäftiger von Dienstboten. Damit findet sich das Oberver- sicherungßamt wie folgt ab: Die Rechtsanwaltschaft übe Dr. Wörner nicht selbst aus, sondern lasse sich durch zwei an- dere Rechtsanwälte vertreten. Läßt sich Dr. Wörner in seiner Anwaltstätigkeit vertreten, so betreibt er sie dennoch. Als Anwalt muß er, solange er mcht sich hat löschen lassen, ein Bureau halten. Ob die Burcaubeanitcn von ihm allein oder in Kompagnie gehalten werden, ändert seine Arbeitgeber- gualität nicht. Der Wörnersche Verlag bedarf nach dem Be- schluß überhauptkeiner besonderen Hilfskräfte". Wunder­licher Verlag, der keinerlei Personal gebraucht. Ein Dienst- mädchen und ein Kinderfräulein habe Dr. Wörner endlich allerdings versichert. Aber da nach 55 329 Abs. 3 R.V.O. als Arbeitgeber im Sinne des§ 329 nicht gelte, wer nur Dienst- boten oder unständige Arbeiter beschäftige, stehe auch das seiner Einsetzuna als Kasienvorsitzenden nicht entgegen. Wes- halb das Kinderfräulein ein Tienstbote sein soll, setzt der Be- schluß nicht auseinander. Die Bemängelung des Riesen- gehalts von 6000 M.(bisher wurden 1500 M. gezahlt) für den Vorsitzendenposten sei hinfällig, sagt das Oberversicherungs- amt. 6000 M. seien angesichts der Vorbildung, der wissen- schaftlichen und sozialen Stellung Prof. Dr. Wörners sowie angesichts seinerverantwortungsreichen Mühewaltung" durchaus angemessen". Ei freilich 6000 M. Gehalt unter Fortzahlung während einer achtwöchentlichen Mil'tärübung und 4 Wochen Ferien sinddurchaus angemessen". Denn nicht das Oberversicherungsamt, sondern arme Arbeiter haben die Kosten aufzubringen und nach Ansicht der Herischenden Klasse ist ja die sogenannte Sozialversicherung geeignet, aus den mehr als 5 Proz. Reichseinkommensteuer, die durch sie den Ar- heitern auferlegt sind, fette Pfründen für Sozialistenfresser zu schaffen. Eine nettesoziale" Gesetzgebung.» Nach 14iährigrr Tätigkeit schuldlos auf die Straße gesetzt. Ein Akt empörenden Verhaltens gegenüber einer langjährigen Angestellten kam vor der ö. Kammer des Berliner   Kaufmanns- gerichts zur Verhandlung. Der Fall betraf eine Lageristin L., die 14 Jahre in der beklagten Waschcfabrik von Artur Samulon tätig war. Durch anonyme Mitteilungen war auf sie der Verdacht de» Diebstahls von Wäsche gelenkt. Eines Abends erschienen in der Wohnung der Klägerin zwei Angestellte der Firma, hieltenHaus- suchung" bei ihr ab undbeschlagnahmten" einen Posten Wäsche. Frl. L. hatte diese Wäsche im Lause der Zeit bei der Firma gekauft und gab auch im Gefühle ihrer Unschuld die Wäsche ruhig mit. Am nächsten Tage erklärte ihr der Chef, er wolle die Sache auf sich beruhen lassen, wenn sie sofort austrete. Damit»war aber die Klägerin nicht einverstanden. Sie wartete tagelang auf Nachricht von der Firma, indessen sie erhielt weder eine Mitteilung noch stellte man ihr ihre Ausweispapiere und ein Zeugnis zu. Am 15. Septemfber v. I. reichte Frl. L. die Klage beim Kaufmanns- gericht ein. Unmittelbar nach Empfang der Klage stellte die Firma Strafantrag wegen Diebstahls. Bis zur Erledigung dieses Ver- fahrens setzte das Kaufmannsgericht die Verhandlung aus. Die bedauernswerte Lageristin wurde glänzend freigesprochen. Die be- schlognahmte Wäsche hatte die Angeklagte gekaust. Die Verlesung des Urteils machte auf das Kollegium des KausmannSgerichts großen Eindruck. Das Schicksal der Klägerin, auf deren Zügen das monatelange Martyrium deutlich zu lesen war, erregte im Gerichtssaale allgemeines Mitgefühl. Auf drin. pcndes Anraten des Borsitzeichen erkannte der Beklagte das Gehalt für einen Monat an, der Klägerin wurde aber freigestellt, wegen der nicht ausgehändigten Papiere eine Schadenersatzklage einzu- reichen. Wie die Klägerin noch erwähnte, ist eine andere Angestellte» die auch über 10 Jahre in Stellung war, unter ähnlichen Umständen grundlos auf die Strasse gesetzt worden. Dir Preiserhöhungen der Arzneitaxe. Die alljährlich im Januar erfolgende Neuausgabe der amt- lichen deutschen   Arzneitaxe zeigt diesmal besonders viele Preis- erhöhungen. Für 464 Arzneimittel ist der Mindestpreis für eine verordnete Menge eines Stoffes, und betrage diese auch nur ein Milligramm, von 5 Pf. auf 10 Pf. erhöht, für gewisse als heil- kräftig geltende Salze ist dieser Mindestpreis sogar auf 50 resp. 125 Pf. erhöht worden. Das gilt auch für Waren, von denen das ganze Kilo beim Einkauf nur 55 Pf. kostet, z. B. Zinkvitriol. Auch für die sogenannten Spezialitäten sind die Preise beträchtlich erhöht worden. Die Taxpreise für Pastillen und Tabletten sind dann etwas herabgesetzt, wenn die verordnete Menge mehr alS 10 Stück beträgt. Vielleicht sollen die Apotheker dadurch mehr zizr Selbst- anfertigung dieser Pastillen und Tabletten veranlaßt werden, ein Erfolg, der aber schwerlich dadurch erreicht werden wird. Die Nachttaxe von 50 Pf., die bisher bei Verabfolgung von Arzneien in der Zeit von 0 Uhr abends bis 6 Uhr morgens zu zahlen war, ist jetzt für die Monate Oktober bis März inkl. bis 7 Uhr morgens verlängert und nur für die Sommermonate wie bisher bis 6 Uhr morgens belassen worden. Diese verschiedenen Taxerhöhungen sind namentlich für die Krankenkassen eine bedeutende Mehrbelastung; andererseits erhöhen sie das Einkommen der gegenwärtigen Apothekenbesitzer, für die nicht allein die Tageseinnahme steigt, sondern auch der Verkaufs- wert ihrer Apotheken. Denn diese Taxerhöhung ermutigt zahl- reiche nicht besitzende Apotheker, Apotheken zu taufen und die Mehr« forderungen der bisherigen Besitzer zu bewilligen, bis sie die Mehr- Forderungen für erhöhte Hypothekenzinsen zu gleichen Klagen ihrerseits veranlassen. Diese Klagen über die Unmöglichkeit, mit der bestehenden Arzneitaxe auszukommen, erheben die Apotheken- besitzer zeitweise schon seit etwa 50 Jahren, und mit Hilse von Konnexionen gelang eS ihnen immer nach ein bis zwei Dezennien- wieder eine mehr oder weniger ansehnliche Erhöhung der Arznei- taxe von dem betreffenden Minister zu erreichen. Dann hören die Klagen wieder auf, der Apothekenbetrieb wird wieder rentabel, bis die vermehrten Lasten jür die höher bezahlten Apotheken veran- lassen zu klagen, daß die Taxsätze den neue» Verhältnissen nicht mehr genügen, daß sie notwendig erhöht werden müßten, und da die Apothekenbesitzcr ja allgemein gut konservative Leute sind und gute Konnexionen haben, so hat auch Herr von Dallwitz ebenso wie seine Vorgänger ein menschliches Rühren ihnen gegenüber gezeigt und wieder einmal ihren Wünschen entsprochen. Die Apothekenbesitzer stellen ja sonst an seine Tätigkeit keine weiteren Ansprüche. Zwar erklären weiter sehende Fachmänner, dass das keine Lösung der Frage der Arzncibrschaffung ist, datz hierzu vielmehr eine Reform der gesamten Arznrivcrsorgung nötig ist, die jetzt grösstenteils von grossen pharmazeutisch-chemischen Fabriken, die nicht nur die Pastillen und Tabletten liefern, sondern die eigentlichen Fabrikationsstellen für alle Medikamente sind. Sie besorgen die Dosierung, Abfassung und Verpackung der meisten ver. ordneten Medikamente, so daß dem Apotheker nur die Vcrabfolgung derselben an die Patienten übrig bleibt. Die Apotheken sind also heute nur Abgabe- und BertcucrungSstcllcn der von den Aerzten verordneten Arzneien, nicht die Produktionsstellen. Diese von Zeit zu Zeit immer wiederkehrenden Taxcrhöhungen der Arzneiwaren bilden für den einzelnen wie für die Krankenkassen eine schwer drückende Mehrbelastung. An die so notwendige Neuregelung dieser Verhältnisse der Her- stellung und Verabfolgung der Arzneien macht sich die Regierung aber nicht heran._ Untcrnehmerschwindcl. Eine bewußt schlechte Sache kann gewöhnlich auch nur mit schlechten Mitteln verteidigt werden. Und je schlechter die Sache, um so skrupelloser sind ihre Wortführer in der Wahl der Mittel. Das gilt auch von dem Kampf der Stahlmagnaten gegen eine» besseren Hüttcnarbeiterschutz. Nrnh Behauptungen der Unternehmer soll sich die Einführung der dreigeteilten Schicht an Stelle der jetzt übliche» zwei Schichten zu je 12 Stunden im Hochofenbetrieb nicht durchführen lassen» weil dann 60 606 Arbeiter mehr eingestellt werden müßten. Eine solche Zahl leistungsfähiger Kräfte sei aber nicht zu beschaffen. Ganz abgesehen von der UnHaltbarkeit des Arguments liegt in den Zahlenangaben eine bewußte Irreführung der öffentlichen Meinung. Nach dem Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich(34. Jahrgang, Seite 82) stellte sich die mittler: Belegschaft sämtlicher deutscher Hockwfenbetriebe im Jahre 1011 auf insgesamt 47 546. Ungefähr drei Piertcl davon arbeiteten in der Wechselschicht. Demnach wären, wenn man den Einwand der Unter» nehmer gelten lassen will, bei Einführung der dreifachen Schicht im Hochofenbetrieb höchstens 18 000 neue Arbeitskräfte erforderlich. Wie kommen die Unternehmer nun zu der Zahl von 60 000, wenn sie nicht ganz bewußt darauf ausgingen, mit ihren falschen An- gaben irrezuführen? Natürlich ist die Zahl von 18 000 auch noch zu hoch gemessen, denn eine Anzahl Arbeitskräfte wird durch Mechanisierung deS Betriebes ersetzt. Gegen den besseren Hutten- arbeiterschutz gibt es nur eine wirkliche Schwierigkeit: die Profit- sucht des Kapitals. Mus aller Welt. Die Gerechtigkeit siegt! Mit banger Sorge sah man den Verhandlungen gegen den Oberst v. Reuter und seinen Leutnant S ch a d und der Be» rufungsverhandlung gegen den Leutnant v. F o r st n e r entgegen. Handelte es sich doch um nichts weniger als darum, ob wir noch daS Land der vollendetsten Rcchtsgaranticn seien. Aber Gott sei Dank! die Gerechtigkeit hat einen glänzenden Sieg davongetragen. Alle drei sind sie wir haben eine angebotene Wette gewonnen freigesprochen worden. Noch