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Telegramm Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: S. 68, Lindenftraße 69. Fernsprecher: Amt Moritplat, Nr. 1983.
Montag, den 12. Januar 1914.
Bestimmungen gibt, die mit der Verfassung und den bürgerArbeiter! Die Reaktion, toll geworden, lichen Gesetzen nicht in Einklang zu bringen sind, hätte nur hreitet zum konzentrischen Angriff auf die Volksrechte. dann einen Wert, wenn der verantwortliche Minister gleich Rüstet zur Gegenwehr! Erscheint Dienstag massenhaft zeitig seine Bereitwilligkeit zu erkennen gäbe, dem Rechte der Verfassung gegen das Recht des Militärs n unseren Versammlungen! und die kaiserliche Kommandogewalt zum Siege zu verhelfen.
Recht bleiben!
Recht wird wird Recht
Das aber kann von einem Manne nicht erwartet werden, der es am Sonnabend vor dem preußischen Herrenhause als seine Hauptpflicht bezeichnet hat, zu verhindern, daß an der Organisation des preußisch- deutschen Heeres auch nur ein Titelchen geändert werde.
Ueber Thema haben die preußischen Lords am Sonnabend nicht sprechen wollen. Obwohl Zabern der Anlaß für Den Kampf gegen die kaiserliche Kommandogewalt ver. ihren Vorstoß gegen den Reichstag und den Reichskanzler mag ein Minister mit Aussicht auf Erfolg überhaupt nur dann bildete,„ widerstand" Graf Yord v. Wartenburg mit schöner aufzunehmen, wenn er das Parlament hinter sich weiß und Selbstüberwindung der Versuchung, auf die Angelegenheit sich ausschließlich als dessen Vertrauensmann fühlt. Ein einzugehen, weil das gerichtliche Verfahren noch nicht abge- Stanzler, der den Parlamentarismus verabscheut und sich den schlossen sei, und Herr v. Bethmann Hollweg folgte diesem preußischen Junkern gegenüber verpflichtet, jede Erweiterung Beispiel und beschränkte sich auf die allgemeine europäische der Rechte der Volksvertretung zu verhindern, darf sich nicht Redewendung: Recht wird auch dort Recht blei- wundern, wenn ihm ein Kriegsgericht rechts und links hinter ben, ebenso wie überall im Deutschen Reiche. Die Ohren schlägt.
Expedition: S. 68, Lindenstraße 69.
Werniprecher: Amt Morisplak. Nr. 1984.
nommen wird, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde oder einen Beamten zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung zu nötigen.
Von einem Aufruhr in diesem Sinne konnte in Babern keine Rede sein. Zum mindeſten nicht vor dem Zeitpunkt, an dem sich der Oberst von Reuter der Alleinherrschaft bemächtigte. Es war niemandem, der sich in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Dienstes befand, Widerstand geleistet worden, und ebensowenig hatte man einen Beamten durch Gewalt oder Drohung zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung genötigt. Die Voraussetzung der Kabinettsorder, daß innere Unruhen ausgebrochen sein müssen, war also nicht erfüllt, und der Oberst, der angeblich dem Rock des Königs zugefügte Beleidigungen als innere Unruhen behandelte, konnte nicht freigesprochen werden.
II.
"
Eine Berüc
Zweite Vorbedingung für die Autonomie des Militärs int Sinne der Kabinettsorder ist die Ueberzeugung des Militärbefehlshabers, daß die 3 ivilbehörden mit der Anforderung inilitärischen Beistande zu lange gezögert haben. Da der Militärbefehlshaber hier nach Pflicht und Gewissen" han deln soll, ist alles in sein subjektives Ermessen gestellt, und es ist natürlich nicht nachweisbar, daß er die Ueberzeugung vom Versagen der Zivilbehörden nicht besessen habe. Immerhin aber hatte Es erscheint uns zweifelhaft, ob für ihn, als er das Wort Was vom Reichskanzler gilt, gilt aber auch vom Parla- das Gericht die Pflicht, zu untersuchen, ob der Angeklagte bei der ergriff, noch die Gründe zur Zurückhaltung vorhanden waren, ment. Will es die Verfassung wirklich stabilisieren, so muß es Prüfung des Sachverhalts die nötige Sorgfalt hat walten lassen. auf die sich sein geschäßter Herr Vorredner berufen konnte. der Kommandogewalt zu Leibe rücken. Durchaus mit Recht es hat eine derartige Untersuchung zwar vorgenommen, sich aber Wahrscheinlich besaß er bereits Kenntnis von der Frei- hat der Graf Yord v. Wartenburg Vergleiche mit der eng- bei der Findung und Begründung seines Urteils so gut wie aus sprechung des Obersten und seines Leutnants, und er lief nicht lischen Revolution des 17. Jahrhunderts gezogen. Die schließlich auf die militärischen Zeugen geftüßt. mehr Gefahr, durch eine Erörterung der Dinge, die mit Engländer erkannten, daß die Verfügungs- fichtigung der Zivilzeugen hätte eine Verurteilung des Obersten Babern zusammenhängen, in ein schwebendes Verfahren ein- freiheit des Königs über die Armee eines zur Folge haben müssen. III. zugreifen. Aber wir nehmen an, daß es dem Angeklagten von der wesentlichsten Hindernisse für ihre FreiBerlin hoch willkommen war, über den Angeklagten von heit war. Nur befindet sich der Graf insofern in einem Das wichtigste ist und bleibt die Feststellung, daß der Herr Straßburg schweigen zu dürfen, denn die Freisprechung Irrtum, als er anzunehmen scheint, daß bei der Mehrheit des bon Reuter die Kabinettsorder von 1820 für rechtsgültig aner der Offiziere bedeutet, von allem sonstigen Deutschen Reichstages ähnliche Stimmungen vorhanden ergibt, in der vom 23. März 1899 datierten Vorschrift über den tennen mußte. Sie ist, wie sich aus der Begründung des Urteils abgesehen, die Verurteilung des deutschen wären, wie in den beiden sogenannten langen Parlamenten Waffengebrauch des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdes ersten und des zweiten Starl. Die bürgerlichen Parteien brüdung innerer Unruhen" erneut dem Offizierkorps zur Kenntnis Man muß sich der Reden erinnern, die Bethmann Holl- wollen ja den Parlamentarismus ebensowenig wie ihn Herr gebracht und als bindend hingestellt worden. Daraus folgt weg in der ersten Hälfte des Dezembers im Deutschen Reichs - v. Bethmann Hollweg will, und durchaus konsequent ver- zweierlei: tage gehalten hat. wahren sie sich gegen den ungeheuerlichen Vorwurf, als beabsichtigten sic, der kaiserlichen Kommandogewalt ein Härchen zu frümmen.
Reichskanzlers.
Am 3. Dezember sagte er:
Wenn später der Regimentskommandeur, um die Offiziere vor weiteren Beschimpfungen zu bewahren, einen Zug auf
-
Solange dieser Zustand dauert, wird sich noch manch den Schloßplak rücken und dieſen säubern ließ, so lag hierzu eine einer blamieren, der – mag er nun mit der erleuchteten Verformelle gesetzliche Befugnis nicht vor. Doch ist diese Maßregel lediglich aus dem Bestreben entstanden, Schlimmerem vorzu- nunft eines Ministers begabt sein oder nur einen belediglich aus dem Bestreben entstanden, Schlimmerem vorzuschränkten Untertanenverstand befizen- Rechtsgrundsäße, die beugen. Zu den Verhaftungen lag eine gefeßliche Befugnis nicht vor, er aus dem bürgerlichen Gesetz und der Verfassung ableitet, insoweit es sich nicht um Festnahmen auf frischer Tat gehandelt für ewig und unantastbar erklärt. haben sollte, in welchem Falle allerdings die Festgenommenen sofort an die Polizeiorgane hätten abgegeben werden müssen. Am 4. Dezember:
Von der Räumung des Schloßplazes und den Verhaftungen habe ich doch ausdrücklich gesagt, daß sie im Gesetz keinen Grund
Ein italienisches Urteil.
a) Für die preußischen und nichtpreußischen Kontingente des deutschen Heeres bestehen in einer so wichtigen Frage, wie es die Verwendung der Truppen bei der Unterdrückung innerer Unruhen ist, ganz verschiedenartige Vorschriften, denn die Verordnung von 1899 gilt nur für die preußische Armee. 3mar Ga gefebgebung inklusive der zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder der Artikel 61 der Reichsverfassung die gesamte preußische MilitärErgänzung erlassenen Reglements, Instruktionen und Reſtriple im Reiche eingeführt, aber dieser Artikel bezieht sich nur auf diejenigen Bestimmungen des Preußischen Militärrechts, die vor der Publitation der Verfassung des Norddeutschen Bundes in Kraft getreten sind. Es ergibt sich also der unerhörte Zustand, daß die Bevölkerung und die Zivilverwaltung von Elsaß- Lothringen zu dem in dem Lande garnisonierenden Militär in ganz verschiedenartigen rechtwärts".) Der bürgerlich radikale Messagere" kommentiert die nichtpreußische Truppenteile handelt. Rom , 11. Januar. Privattelegramm des Vor- lichen Beziehungen stehen, je nachdem es sich um preußische oder Straßburger Urteile und bezeichnet diese als unheilvoller wie den b) Immerhin ist die Unerträglichkeit dieser Verhältnisse eine Ich habe am ersten Tage der Interpellationsdebatte für die Kösliner Dammbruch, da die Reaktion das Deutsche Reich mit Rappalie gegenüber der Tatsache, daß die Preußische Verordnung Armee das Recht vindiziert, sich gegen direkte Angriffe zu wehren. größerer Heftigkeit überschwemmt als die Nordsee. Für den deut- vom 23. März 1899 in Widerspruch mit den Geschen Das ist gesetzliches Recht, meine Herren! Ich habe des weiteren schen Liberalismus ist der Tag der Urteilsverkündung ein schwarzer steht. Durch Artikel 36 der Preußischen Verfassung ist die Kaausdrücklich gesagt, daß von einem gewissen Zeitpunkte ab die Tag, der die juristische Bindung für das Militär aufhebt und jedem binettsorder von 1820 unwirksam geworden. Nichtsdestoweniger hat militärischen Maßnahmen, soweit die Untersuchung bisher geführt Obersten freistellt, die Bevölkerung versäbeln und arretieren zu fie die vom preußischen Kriegsminister gegengezeichnete Verordnung worden ist, eine Ueberschreitung der gesetzlichen Schranken be- lassen. Hierdurch sowie durch die Rede Yords in Herrenhause von 1899 zu einem Bestandteil des preußischen Militärrechts gedeutet. Wo bleibt denn da der Vorwurf, daß ich das Recht nicht werde der Konflikt zwischen Herrenhaus, Abgeordnetenhaus, macht. Die Frage mag aufgeworfen werden, ob das Offizierkorps zur Beachtung dieser Berordnung überhaupt verpflichtet ist. Ihre Hof und Militär einerseits und dem Volke andererseits weiter Beantwortung hängt davon ab, ob sie als gehörig verkündet" anerBewegen sich nun die Ausführungen, die der Reichs verschärft. Das Endresultat werden 150 Sozialdemo- fannt werden muß. Kein Zweifel aber kann darüber bestehen, kanzler vor der deutschen Volksvertretung gemacht hat, auftraten im nächsten Reichstag sein. dem Boden jenes von ihm im Herrenhause als unantastbar bezeichneten Rechtes, oder ist das Urteil des Kriegsgerichtes
finden.
Am 12. Dezember:
gehütet hätte?
der 30. Division das Recht, das Recht bleiben wird? Die Strafrechtliches
und Staatsrechtliches.
I.
Frage wird Herrn v. Bethmann Hollweg im Reichstage vorzulegen sein, und mit Spannung darf man seine Antwort erwarten. Auf jeden Fall aber ist er um das Bündel, das er auf seinen Schultern trägt, nicht zu beneiden. Zu dem forEin Jurist schreibt uns: mellen Mißtrauensvotum der überwiegenden Mehrheit des Reichstages und der deutlichen Absage, die ihm Standpunkt gestellt, daß der Oberst von Steuter berechtigt war, Das Kriegsgericht der dreißigsten Division hat sich auf den und wehmütigen Rechtfertigungsrede die Gültigkeit der Kabinettsorder vom 17. Oftober 1820 anzu die preußischen Lords erteilt haben, ist nun auch nehmen. In diesem Fall hatte es also nur darüber zu entscheiden, noch seine Desavouierung durch ein friegsgerichtliches ob die Voraussetzungen gegeben waren, die die KabinettsUrteil gekommen. Bald kann man mit dem armen Schlucker order für das selbständige Eingreifen der Militärbefehlshaber verMitleid empfinden. Tangt.
trotz seiner de
"
daß jeder Offizier sich an die Befehle des Königs gebunden häit und ihnen gegenüber Verfassung und Gesez als Bagatellen behandelt. Aufgabe des Parlaments wird sein, der Verfassung auch im Militärrecht die nötige Anerkennung zu verschaffen, die Vecordnungen, Verfügungen usw. ciner gründlichen Revision zu unterziehen, mit anderen Worten die Iaiserliche und königliche Kommandogewalt in den Rahmen des Recht 3. staats zu bringen.
Backschisch.
Denn seit Preußen durch die Novembertat des Jahres 1848 gerettet" worden, hat die vordem nie angezweifelte Integrität des preußischen Beamtenstandes, in den niedrigsten wie Die einzige Ausrede, die ihm gegenüber dem Straß- Sie erteilt dem Militär das Recht, ohne Aufforderung der höchsten Sphären, aufgehört, etwas Selbstver= ständliches zu sein. burger Urteil noch bleibt, ist die, daß auch er, der deutsche Zivilbehörden einzuschreiten zur Unterdrückung innerer Ludwig Walesrode 1861. Reichskanzler und preußische Ministerpräsident, die berühmte Unruhen und zur Ausführung der Geseze". Nun Wie Geschüßdonner das Kleingewehrfeuer überdröhnt, so lenkt. Kabinettsorder von 1820 ebensowenig gekannt hat wie die innere Unruhe" ein Begriff, den das Strafgesetzbuch des DeutBorschrift über den Waffengebrauch des Militärs vom Jahre Begriff des Aufruhrs als identisch ansehen. Unter Aufruhr samkeit von einer anderen Gerichtsverhandlung ab, die zu gleicher schen Reiches nicht kennt. Aber wir dürfen ohne weiteres den der Prozeß gegen den forschen Obristen von Zabern die Aufmerk1899. Wir werden keinen Anstand nehmen, ihm in versteht das Strafgesetzbuch eine öffentliche Zusammenrottung, bei Beit in Köln stattfindet. Gleichwohl ist sie nicht von geringerem dieser Beziehung unbedingt Glauben zu schenken, aber der mit vereinten Kräften einem Vollstreckungsbeamten oder den Interesse, denn während dort dem preußischen Militarismus ein feine allgemeine Stellung kann durch dieses Bezu seiner Unterstüßung zugezogenen Personen oder Mannschaften Freibrief auf Rechts- und Friedensbruch ausgestellt worden ist, kenntnis der Unwissenheit nicht gestärkt werden. Das der bewaffneten Macht in der rechtmäßigen Ausübung ihres Amtes stehen hier preußische Polizeibeamte in all ihrer kläglichen Blöße Zugeständnis, daß es innerhalb des Militärrechtes dem oder ihres Dienstes durch Gewalt oder Bedrohung mit Gewalt am Pranger, und Soldatesta wie Polizeska find doch die GrundReichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten unbekannte Widerstand geleistet wird, oder bei der mit vereinten Kräften unter- pfeiler des preußischen Gewaltstaates.