außerhalb der Kaserne zeigen, deS bunten Kittels entledigen undsich wie Gcntlmen benehmen. Ein englischer Offizier, der einemSchufte rgcsellen mit dem Säbel über den Kopf hauen und Wütendhinter Kinder herlaufen würde, würde in seinem Vatertande allesandere als ein Gentleman sein.Eine interessante Studie über den Kronprinzen veröffentlichtdie bekannte liberale Zeitung„The Dailh News and Leader". TerArtikel entstammt der Fader des Chefredakteurs A. G. Gardinerund wir geben daraus mit cinigei« Milderungen folgende Stellenwider.„Aber(der letzte Streich des Kronprinzen) ist hauptsächlich des-halb bemerkenswert, weil er klarer als irgend etwas vorher seineHaltung in bezug auf das Verhältnis zwischen den zivilen und denmilitärischen Behörden in Deutschland kennzeichnet. Soll Deutsch-land, das in vieler Hinsicht das intellektuellste und höchst zivilisierteLand der Welt ist, unter einem militärischen Despotismus bleiben,oder soll es sich den Platz erobern, der ihm im ersten Gliede derdemokratischen Gemeinwesen gebührt? Soll der Oberstv. Reuter, der sävelrasselnd auf dem Markte in Jabern seinenunreifen Offizieren befiehlt, Richter und andere ailgesehene Zivi-listen zu verhaften, wenn sie diese im Verdacht haben, daß sie lachen.das Symbol der souveränen Macht Deutschlands sein, oder sollenwir sie in den fünf Millionen S o z i a l i st e n suchen, die amWahltage in Regimentern zur Urne marschieren, um das Recht desVolkes, sich selbst zu regieren, zu proklaniieren? Dies ist die ein-zigc Frag«, auf die es in Deutschland ankommt. Wir reden vonder„gepanzerten Faust", als würde sie uns vor die Nase gehalten.Sie ist zu dem nützlichsten Theaterrequifit unserer Hetzpresse ge-worden. Uns aber ist die gepanzerte Faust Deutschlands nur einAlpdruck; dem deutschen Volke ist sie eine grimmige Wirklichkeit.Und als der Kronprinz dem grotesken von Reuter, der auf demMarttplotz in Zabern mit dem Säbel rasselte, seine Bravos tele-graphicrte, ließ er damit Deutschland wissen, daß sich der Thronerbeaus die Seite der gepanzerten Faust gegen das Volk stellte...Er(der Kaiser) kann nicht umhin, über die von seinem Sohngeschaffenen Schwierigkeiten, den gefahrvollen Besitz des Thrones zubehaupten, besorgt zu sein. Der Kronprinz wohnt noch in dem vor-hängrCisvollen Elysium..., in dem man annimmt, daß die zeitlichenEinrichtungen der Menschen eine göttliche und ewige Sanktionhaben. Der Abgang aus diesem Elysium ist gewöhnlich ein schmerz-licher. Inmitten der französischen Revolution schrieb Katharina II.von Rußland an Marie Antoinette in den Tuilerien einen Brief,in dem sie sagte:„Die Könige sollten in ihrer Weise vorgehen, nn-«achtet des Geschreis des Volkes, wie der Mond, ungehindert durchdas Bellen der Hunde, seine Bahn einhält." Es toar eine kühneAuffassung. Die Geschichte hat in Frankreich ihren Kommentardazu gemacht. Eines Tages wird sie ihren Kommentar auch inKatharinens eigenem Lande machen.Man nimmt nicht an, daß das herausfordernde Be-nehmen im Reichstage, was es immer bedeuten mag, gegenEngland gerichtet war; denn eS ist ein Charakteristikum dieseslalinenhasten jungen Menschen, daß er für unser Land sehrschwärmt... Die Liebe für unsere Spiele und die Sitten unsererLandhäuser würde jedoch eine schwache Grundlage zur Errichtungdes Vertrauens abgeben, wenn man die so uirbevecbenbare Persön-lichleir in Betracht zieht. Ueberdies würde es unsicher sein, Ver-trauen in einen Fürsten zu setzen, der mit seinem eigenen Volkenicht im guten Einvernehmen lebt. Wer sich zu Hause nicht ver-tragen kann, dem kann man auch draußen nicht trauen. Es istnatürlich möglich, daß Weisheit und nüchternes Urteil mit der Der-crNtivortlichkeit kouuncn werden und daß der Kronprinz alle Er-Wartungen täuschen wird. Aber nichtsdestoweniger können wir demKrnser aufrichtigst ein langes Leben wünschen... Wenn er einnormales Lebensalter erreicht, wird Deutschland sein« Emanzi-Patron vollendet haben. Tann kann der Kronprinz auf den Thronkommen, und er wird nicht die Macht haben, Unheil an-zurichten. Aber dann wird er auch altern und aufgehört haben,Unheil anrichten zu wollen. Die Alternative ist ein Zusammenstoßwischen dem Thron und dem Volke. Zusammenstöße dieser Artenden stets nur in einer Weise."Arbeit für öen Reichstag.Ein früherer Offizier schreibt uns:In der Verhandlung gegen den Oberst Reuter und den LeutnantSchad sagte der Vertreter der Anklage, der die Angeklagten aller-dingS so eifrig verteidigt hat, als ob er ihr Rechtsanwalt wäre,u. a. in bezug auf den Leutnant Schad:„Er mußte ge-horchen, auch für den Fall, daß er Zweifelan der Rechtmäßigkeit des Befehls seinesObersten gehabt hätte. Er hätte sich durch Wider-setzung unbedingt strafbar gemacht'. Wie ein Kriegs-gericht eine derartige Behauptung aufstellen kann, ist rätselhaft, dennsie steht in direktem Widerspruch zum§ 47 des Militär«strafgesetzbucheS. Er lautet:„Wird durch die Ausführung eines Befehls in Dienstsachenein Strafgesetz verletzt, so ist dafür der befehlende Vorgesetzteallein verantwortlich. ES trifft jedoch den gehorchendenUntergebenen die Strafe des Teilnehmers:1. wenn er den ihm erteilten Befehl überschritten hat oder2. wenn ihm bekannt gewesen, daß der Befehldes Vorgesetzten eine Handlung betraf, welcheein bürgerliches oder militärisches Vergehenbezweckte."Hätte der Leutuant Schad die Ueberzeugung gehabt, daß dieBefehle des Oberst gesetzwidrig gewesen wären, so hätte er denGehorsam sogar verweigern müssen. Daß dies HerrKriegsgerichtsrat von Osiander übersah, ist sonderbar.Der§ 47 des Militärstrafgesetzbuchs blüht überhaupt sehr imVerborgenen. In den Kriegsartikeln und im Fahnen-eid wird er einfach ignoriert. Sie erwecken in denMilitärpersonen den gar nicht berechtigten Glauben,daß alle Befehle des Borgesetzten ohne Ausnahme zu befolgen seien.Im Fahneneid heißt es zum Beispiel, daß der Soldat„deren(desVorgesetzten) Befehle ohne Widerrede und uii-verdrossen vollziehen müsse." Hier ist Arbeit für denReichstag vorhanden. Er möge dafür eintreten, daß Kriegs-artikel und Fahneneid endlich einmal in Einklang mit demMilitär st rafge setzbuch gebracht werden. Eine solcheAendcrung hätte auch im gewöhnlichen Dienst nach Umständen ihreguten Folgen. Gesetzt, ein Rekrutenabrichter sagt zu dem MusketierMüller:„Wenn der Schulze vor Ihnen einen falschen Schritt hat,dann treten sie ihn fest auf die Knochen'." Da ein solcher Befehlgegen den zitierten K 47 verstoßen würde, hat der Müller sogardie Pflicht, in diesem Falle den Gehorsam zu verweigern.Unter den jetzigen Verhältnissen würden aber die meisten Soldatenden Befehl ausführen. Käme der§ 47 aber im Fahneneid und inden Kriegsartikeln klar zum Ausdruck, so würden die intelligenterenSoldaten merken, daß sie durchaus nicht die Automaten ihrer Vor-gesetzten sind. Außerdem müßten in der Jnstruktionsstunde dieGrenzen der militärischen Gehorsamspflichtbesprochen werden. Dabei käme der K 47 ganz von selbstzur Erörterung und zum Bewußtsein der Soldaten.Sehr charakteristisch ist auch folgende Frage, die ein Beisitzeran den als Zeuge vernommenen Staatsanwalt Kleinböhmer stellte:„Selbst wenn Sie glauben, daß das Militär sich widerrecht-l i ch Befugnisse zugelegt habe, halten Sie sich dann für befugt undberechtigt, Anordnungen des Militärs nicht Folge zuleisten?" Ter Staatsanwalt meinte darauf, das sei ein.«s ch>v i e r i g e R e ch t s f r a g e. Er halte sich in einem derartigenFalle zur Verweigerung des Gehorsams berechtigt. Ter Reichs-tag sollte auch dafür sorgen, daß die„schwierige Rechtsfrage" un-zweideutig dahin geklärt wird, daß dem Militär niemand Folgeleisten muß, wenn es sich widerrechtliche Befugnisse heraus-nimmt. Würde der Glaube aufkommen, daß ihm dennoch Ge-horfam zu leisten wäre, so wäre das nichts als eine Erleich-terung des Staats st reich es. Dann käme es noch so weit,daß Reichstagsabgeordnete wegen Widerstandes gegen die Staats-gewalt eingesperrt werden müßten, wenn sie dem berühmten Januschauer Leutuant mit den zehn Mann nicht auf der Stelle parierenwürden.Die Zaberner Geschichte hat endlich einmal drastisch gezeigt,wie es im deutschen„Rechtsstaat" und in der deutschen Armeeaussieht. Sache des Reichstags ist es, normale Verhältnisse zuschaffen._Zur Mißhanölungöes Koalitionsrechts.Auf leinen, Gebiet handgreiflicher als auf dem des Angriffsgegen das Koalitionsrecht der Arbeiter zeigt sich das einseitige Aus-legen und Deuten deS Rechts zum Nachteil der Arbeiter und zumNutzen der Unternehmer. Der Zentrumsabgeordnete'Dr. Liebermußte schon im Juni 189S angesichts der Rechtsprechung auf demGebiete deS Koalitionsrechts erklären, daß„nicht gar seltenhaarsträubende Urteile" gegen Arbeiter wegen ihrerKoalitionsrechtsbetätigung gefällt seien und daß eine„geradezuhimmelschreiende Parteilichkeit" vorliege, mit der die-selben Vergehen auf der einen Seite auf das härteste und auf deranderenSeite auf das mildeste geahndet werden. Wie würde der Ab-geordnete gar jetzt zu klagen haben I In der Tat, bei Anklagengegen streikende Arbeiter„hört jede Jurisprudenz" auf,wenn man unter Jurisprudenz Ausübung von Gerechtigkeit oderAnwendung der Wissenschaft versteht, die ohne Ansehen der Personlediglich nach Maßgabe der Straftat gleichmäßig abmißt, ob undauf welche Strafen zu erkennen ist.Gilt es doch schon als eine Beleidigung Sr. Heiligkeit desStreikbrechers, wenn man sich vor seiner Frau räuspert. AberHintzebriider dürfen Streikende, die sich ihnen unbewehrt nahen oderdie von ihnen überfallen wurden, erschießen und erstechen.ohne bestraft zu werden. Und während Arbeiter lediglich wegender Ankündigung, streiken zu wollen, wenn ihre Forderung keinwilliges Ohr finde, wegen Nötigung, ja wegen ErpreffungsversuchSbestraft werden, können Unternehmer, ohne von der Staatsanwalt-schaft behelligt zu werden, durch Drohung mit Maßregelung, Brot-losmachung oder durch sonstige Nachteile den Austritt aus gewerkschaftlichen Organisationen, den Eintritt in Streikbrechervereineerzwingen und ungestraft und ungehindert kann das über angeblicheZwangsorganisation bei den Arbeitern sich heuchlerisch entrüstendeScharfmachcrtum Unternehmer, Händler usw. durch Aussperrungvom Warenbezug, durcki Materialsperre, Kreditentziehung und sonstigePraktiken zum Anschluß an Konventionen, Preisvereinbarungen unddergleichen Vereinigungen nötigen, sie tveiter dazu bestimmen, Ar-beiter aufs Pflaster zu Wersen, sie auszusperren, oder wenn siestreiken, ihnen keine Konzessionen zu mache». Immer schroffer, un-verhüllter nimmt die Klassenjustiz für da» Kapital Partei, undimmer ungenierter stellen sich Polizei und Verwaltungsorgane mitihren Maßnahmen in den Dienst ausbeuterischer Interessen. Trotz-alledem ruft daS Scharfmachcrtum nach weiterer Beschränkung desKoalitionsrechts, nach noch ausschweifenderer Förderung der Arbeiter-knebelung und des StreikbrecherschutzeS.Woher der fanatische Haß und das Gejammere der Unternehmer gegen das Koalitionsrecht der Arbeiter? Es bedrohe denProstt, vernichte das Gewerbe, mache die Industrie konkurrenz-unfähig.— So hörte man immer und so hört man nun mit be-sonderem Eifer von den Scharfmachern und ihren Agenten predigen.Wer nur einen Schimmer von Objektivität, von Gerechtigkeit undWahrhaftigkeit aufbringen kann, wird und muß bekennen, daß nie-mals weniger Grund zu solchen Klagen vorlag als gerade jetzt. Seitder Aufhebung der Koalitionsverbote nahm Deutschlands Wirtschaft-liche Entwicklung eine ungeahnte, staunenerregende, im Ausländeteilweise Bestürzung und Mißgunst verursachende, aufwärtsftrebeudeEntwicklung. Handel und Industrie blühten empor wie bisher inkeinem anderen kontinentalen Lande. Manche deutschen Ge-werbe beherrschen den Weltmarkt und riesenhafte Reichtümerhäufen sich in den Händen der Befitzenden. In einerbesonderen Schrift über Deutschlands wirtschaftliches Emporstrebenentwirft Dr. Helffrich, Direktor der Deutschen Bank, ein fast märchen-Haftes Bild von dem Wachstum des Reichtums— der Reichen.Auf rund 10 Milliarden berechnet er die jährliche Reichtumszunahmedes Deutschen Reiches. Und gerade in dem letzten Jahre ist derReichtuin am stärksten gewachsen.Aber trotz der glänzenden industriellen EntWickelung, die olleLamentationen über Erschwerung der Konkurrenzfähigkeit der deutschenIndustrie auf dem Weltmarkt schlagend widerlegt, sie ins Reich derSchauerlegenden verweist, lag das Scharsinachertum stets auf derLauer, um das bißchen Koalitionsrecht wieder vollständig aufzuheben.eS durch Sonderbestimmungen zu erdrosseln.Dem Drängen der Arbeiterfeinde folgend, unterbreitete dieRegierung bereits im Jahre 1873 und wiederum im Jahre 1874 eineNovelle, die eine Verschärfung des§ 163 der Gewerbeordnung undBestrafung des Kontraktbruches herbeiführen sollte. Damals wäreauch die moralische Beeinflussung von Streikbrechern strafbar ge-wesen und das Höchststrafmaß von 3 auf 6 Monate erhöht worden.— Heute wird die moralische Beeinflussung als Nötigung und Be-leidigung interpretiert und exemplarisch bestraft— ohne gesetzlicheBestimmung. Die Novellen fanden keine Mehrheit. Dafür sorgtenVerwaltung. Polizei und Rechtsprechung in jeder Hinsicht für dieErfüllung der scharfmacherischen Wünsche. Die Gewerkichaflen wurdenfür politisch erklärt. Damit hatte die Polizei ein Mittel erlangt, diegewerkschaftlichen Organisationen auf Grund der Bestimmung, daßpolitische Vereine mit einander nicht in Verbindung treten dursten,nach ollen Regeln der Kunst zu schikanieren. Sie machtedavon den ausgiebigsten Gebrauch.Ein übriges besorgte das 1878 erlassene Sozialistengesetz. ESzertrümmerte die gewerkschaftlichen Organisationen, wenigstens inihren äußeren Fonnen. Der Geist, der in ihnen lebte, war ja un«zerstörbar. Als 1890 daS Sozialistengesetz erlosch, bekamen die Ge-werkschasten wieder größere Bewegungsfreiheit. Sofort suchte dieBerlepschsche Gewerbeordnungsnovelle eine Verschärfung deS§ 163 derGewerbeordnung herbeizuführen. Für die in diesem Paragraphenumschriebenen Bergehen sollte für den Wiederholungsfall die Strafeim Mindestfalle ein Jahr Gefängnis betragen. DerReichstag lehnte freilich diese Zumutung ab. Dafür belundete dieRechtsprechung ein immer besseres Verständnis für das Verlangender Unternehmer und man paßte die vorhandenen gesetzlichen Be-stimmungen dem Verständnis liebevoll an.Bald daraus forderte der Zentralverband der Industriellen einVerbot des Streikpostenstehens. Am 17. Juni 1897 hieltWilhelm II. die bekannte Zuchthausrede in Bielefeld, wenigeMonate später ersuchte der damalige Staatssekretär v. Posadowskydie Regierungen in einem vertraulichen Schreiben um Beschaffungvon Material zur Begründung eines StreikbrecherschutzgesetzeS. DerZentralverband spendete dafür 12 000-M. zu Händen des HerrnStaatssekretärs. Der mit den vereinten Bemühungen ans Lichtgeförderte Zuchthausgesetzentwurf bedrohte Streiksllnder mit 8- bis6jährigen Zuchthausstrafen. Der Reichstag verscharrte den Entwurf.Ader der Haß und die Wut der Scharfmacher gegen das KoalitionS»recht glühte weiter.Seit einigen Jahren ist das Koalitionsrecht das Objelt dertollsten Angriffe und Verleumdungen. Unter denk Deckmantel einessogenannten ArbeitSwilligenschutzes soll tatsächlich daS KoalitionS-recht stranguliert werden. Daß all die Angriffe auf das KoalitionS-recht unberechtigt sind, daß alle die gegen das Stteikrecht erhobenenVorwürfe der Berechtigung ermangeln, daS beweisen über jedenZweifel erhaben die Geschichte des Koalitionsrcchts und die Wirt-schastliche Entwicklung Deutschlands feit Beseitigung der KoalitionS-Verbote.Nicht Einschnürung des Koalitionsrechts, sondern Befreiung vonallen Bestimmungen, die seinen freien Gebrauch verhindern. Aus-dehnung deS KoalilionsrechtS insbesondere auf die Landarbeiter unddie der Gewerbeordnung nicht unterstehenden Arbeiter. Aufhebungdes jj 153 der Gewerbeordnung und strafrechtlicher Schutz desKoalilionsrechtS der Arbeiter gegen diejenigen ist dringender erforder«lich als feine Ausübung hindern oder zu hindern suchen.politische Uebersicht.Eiu unausrottbarer Schwindel.Aus Zürich wird der bürgerlichen Presse wieder einmaltelegraphiert, daß die Erben Bebels jetzt die Erbschaftssteuerim Betrage von 30 0(X> Frank bezahlt hätten und daß die Erb,schaft genau eine Million betrage. Obgleich erst vor lvenigcnTagen die sozialdemokratische Presse in der nachdrücklich-sten Weise betont hat, daß ini Kanton Zürich eineErbschafts st euervonKindernundEhegatteuder Erblasser überhaupt nicht bezahlt, also aucheine Erbschaft, wenn entferntere Verwandte nicht in Fragekommen, überhaupt nicht festgestellt wird— ist das ZüricherTelegramm einmütig von der bürgerlichen Presse ohne Aus-nähme der Parteirichtung abgedruckt worden. Einträchtigmit der.�Deutschen Tageszeitung" bringt auch das„BerlinerTageblatt" diese Schwindelnachricht.Nach den bisher mit den bürgerlichen Nachrichten überdie Bebelsche Erbschaft gemachten Erfahrungen erscheint esfast aussichtslos, der Schwindelei den Eiaraus zu machen, abertrotzdem luollen wir nochmals in aller Form feststellen, daßes erlogen ist, von einer Hinterlassenschaft von einerMillion zu reden. Wir wiederholen, was früher schon desöfteren gesagt wurde, daß die Bebelsche Hinterlassenschaft nochnicht den dritten Teil der behach'teten Million beträgt.Tic pflaumenweichen Nationalliberalen.Als Redner über die Reichspolitik hatten sich die Arrangeureden„vielgeplagten, vielbeschäftigten und vielgemühten Führer Boss er-mann", um mit dem Vorsitzenden Herrn List �zu sprechen, verschrieben. Der Redner begann mit Zabern. Er bedauerte tief.daß die Zaberner Vorgänge nicht im Keime erstickt worden sind.Und nach dem, waS Herr Baffermamr weiter ausführte, steht eSaußer allem Zweifel, daß diese Gefühlswallung echt ist. So unglaub-lich es klingen mag, die nationalliberale Fraktion'wird angegriffen.weil sie— zu liberal ist. ES war Herrn Baffermamr ein leichtes,nachzuweisen, daß nur ausgesuchte Bosheit derartige Vorwürfe gegendie Nationalliberaleir erheben kann. Da ist zunächst die clsaß-lothringische Verfassung, mit der gegen den staatserhaltendcn Geistgesündigt worden fem soll. Ob daS stimmt, läßt Herr Baffermanndahin gestellt. Es könne fein, daß die Verfassung ein Kon-struktionssehler sei. Aber die Nationalliberalen waschen ihreHände in Unschuld. Nicht die Nationalliberalen, die Regierunghat die Initiative zu diesem Gesetz ergriffen, betonte Herr Basier-mann wiederholt mit besonderem Nachdruck. Und die politischeCharakterlosigkeit dieses„Führers" ließ es zu. daß er aussprach, dieRegierung hätte bei Beratung der elsoß-lothringischen Verfassungdem Reichstage gegenüber in manchen Punkten härter sein sollen!Der Redner verlangte ein schärferes Borgehen gegen dienationalistischen Tendenzen im Elsaß und kam dannauf die Bedeutung des bekannten Mißtrauensvotuins zu sprechen.Von einer Mißbilligung der Politik deS Kanzlers imganzen könne gar keine Rede sein. Die Schwenkung,die daS ganze Bürgertum in der Beurteilung der ZabernerVorgänge vollzogen hat, suchte Baffermann mit der Be-hauptung zu verdecken: die Gerichtsverhandlungen hättendie Haltung der Nationalliberalen gerechtfertigt. WelcheSchlüsse Basiermann aus den Gerichtsverhandlungen gezogen hat.konnte man gleich darauf erfahren. Es müsse gesagt werden, sagtBassermann, daß die Zivilbehörden'in Zabern zögernd, ja mankönne sogen pflaumenweich vorgegangen seien. Dieser Aus-fassung entspricht auch seine Wertung des Urteils. Basier-mann erklärte, in dem Augenblick, wo die Zivilgewalt versagthabe, mußte der Oberst Reuter geradezu in den Glauben hineingedrängt werden, daß er zum Eingreifen verp �lichtetsei. Dieses uneingeschränkte Bekenntnis zur Säbel-d i k t a t u r wurde von der Versammlung durch demonstrative»Beifall unterstrichen!Der Redner kam noch auf die konservative Interpellation impreußischen Herrenhaus zu sprechen und bekannte sich auch hier al»echter nationalliberaler Reaktionär.„An der MachtstellungPreußens im Deutschen Reich hallen auch w i r fest", meinteBassermann. Die Bewunderung deS preußischen Absolutismus durchBaffermann ist so groß, daß er mit einer starken Biegung derhistorischen Wahrheit sogar von den„Verdiensten des preußiickienAdels um Armee und Volk" redete. Wieder einmal wurde offenbar.daß das Großbürgertum gegen die agrarische Schröpsung der breitenMassen an sich nichts einzuwenden bat. Was die Herren ein wenigunzufrieden macht, fit der Umstand. daß die Agrarier inihrer unersättlichen Gier vergessen, daß das„selbstbewußteBürgertum"— so drückte sich wie zum Hohn Herr Bassermannaus— auch einen Teil der Beute einheimsen möchte. Daß demBären daS Fell über die Ohren gezogen wird, finden die Agrarierund die Bourgeois ganz in der Ordnung, nur über die Verreilungsind sie nicht einig. In Konsequenz dieser Situation erklärt Baffer-mann, von einer Verfaffungsänderung aus Anlaß der Zaderncr Vor-gönge könne keine Rede sei«.__Die.�kölnische Zeitung" gegen Baffermann.Die„Kölnische Zeitung" schreibt zum Ausgange de«Zabcruer Militärprozesses:„Die Gefahr von Grenzverwirruugen zwischen Zivil-und Militärgewalt ist durch die StraßburgerUrteile nichtgemäßigt, sondern vergrößert worden. Ts ist dringendsteForderung, daß schleunigst founeuklare Gesetzesbestimmungen ge-troffen werde», die allen zukünftigen Reuters jede Möglichkeit der