Gossen dem polnischen verkande drei Monate Gehalt erspartwerden?Mitgliederrückgang im Verbände katholischer Arbeiter-vereine.Der.Arbeiter', Organ der katholischen Arbeitervereine(SitzBerlin) teilt in seiner Nummer 3 vom 13. Januar mit, daß sei»Nebenbuhler, der München-Gladbacher Verband, der Schützling der.christlichen' Gelverlvereine, von 204 149 Mitgliedern am Schlüssedes Jahres 1912 auf 202 000 im Jahre 1913 sank. Ist der Mil-gliederrückgang nur auf die wirtschaftliche Krise zurückzuführen odertut die Enzyklika im Verborgenen ihre Schuldigkeit? Langsam abersicher schwindet die München-Gladbacher Richtung.ftuslotiü.Tie norwegischen Gewerkschaften ilSIZ.Die norwegischen Gewerkschaften haben im Jahre 1913 aus-gezeichnete Fortichritte gemacht. Nach einem Bericht des Vorsitzendender gewerkschaftlichen Landeszentrale, Genossen L i a n, im.Social-demokraten' stieg die Mitgliederzahl um 2066 auf 62 892. Dazukommen noch 2400 Papierindustriearbeiter, die außerhalb der Landes«zentrale stehen, seitdem sie sich von den ungelernten Arbeiterntrennten. Werden diese mit einbezogen, beträgt die Steigerung rund6000. Die größten Fortschritte haben die Metallarbeiter gemacht,die ihre Mitgliederzahl von 12 034 auf 13 163 steigerten.Die Lohnbewegungen erstreckten sich auf 27 S00 Arbeiter. In denallermeisten Fällen handelte«S sich um Berufe mit bisher vertraglichgeregelten Arbeitsverhältnissen, und es gelang auch diesmal unterdem Einfluß einer ausgezeichneten Konjunktur den größten Teil derVerträge auf friedlichem Wege mit guten Erfolgen für die Arbeiterzu erneuern. Während 171 Lohnbewegungen friedlich erledigt wurden,führten 49 zur Arbeitseinstellung, die jedoch nicht von größererTragweite waren. Die von der Landesorganisation gezahlt« Streik-Unterstützung belief sich auf 83 399 Kronen gegen 311 273 Kronen imJahre 1912.' Unter den größeren Tarifbewegungen sind zu nennen die Tarif-revision in der Sägemühlenindustrie für 2500 Arbeiter, im Buch-druckgewerbe, Bäckereigewerbe und im Eisenbahnbau. Die Säge«mühlenarbeiter erzielten eine Verkürzung der Arbeitszeit auf27>/z Stunden wöchentlich in TageSschicht und 50 Stunden in Nacht-schicht. An den Sonnabenden schließt die Arbeit um 2 Uhr nach-mittags. Die gewährte Lohnerhöhung beziffert sich auf rund100 000 Kronen jahrlich. Im Buchdruckgewerbe wurde ein Reichs-tarif durchgeführt mit wesentlichen Zugeständnissen der Unternehmer.Bezeichnend war das Eingreifen der Regierung, die erklärte, einenoffenen Kampf wegen der Arbeitszeit nicht dulden zu wollen, siewürde dann vielmehr sofort'dem Parlament einen Gesetzentwurfzwecks Einführung des gesetzlichen Achtstundentages im Buchdruck-gewerbe unterbreiten. Daraufhin gaben die Unternehmer nach,sie bewilligten die 8l/z stündige'Arbeitszeit und eine jährliche Lohn-erhöhung von 4SI 000 Kronen. Ein Achtstundengesetz wurde von derRegierung für die Revision der Fabrikgesetzgebung in Aussichtgestellt. Die Bäckereiarbeiter erhielten durch ihre Tarifrevisiondie Arbeitszeit um 7 Stunden, von 63 auf S6 Stunden pro Woche,verkürzt.Es sind demnach im Berichtsjahre ganz erhebliche Erfolge sowohlhinsichtlich der Organisation als auf dem Gebiete der Lohnde-wegungen erzielt worden._Tieg der italienischen Seemannschaften.Die subventionierten Schiffahrtsgesellschaften.Marittima' und.Sicilia' sollten am 11. d. M., nachmittags um 6 llhr, die Antwortauf die Forderungen ihrer Mannschaften geben. Wäre diese Antwortablehnend ausgefallen, so wären am selben Tage alle Schiffe derbeiden Gesellschaften, soweit sie in einem Hafen lagen, von denMannschaften verlaffen worden. Die Reeder haben die Stunde ab-gewartet, in der das Ultimatum ablief, um dann dem Sekretär desZentralverbandes der Seemannschasten ihren Entschluß mitzuteilen,daß sie die Forderungen des Personals annehmen.Diese Forderungen sind dieselben, deren Durchsetzen im letzten Aus-stand von dem Personal der.Societä Jtaliana' erzwungen wurde.Die Offiziere und Mannschaften erhalten Lohnaufschläge von 28bis 30 Proz. Da sich der Vertrag mit der„Societä Jtaliana'nur auf den Dienst im Miitelmeer bezieht, sehen die neuenZugeständniffe einen Zuschlag von 10 Lire monatlich für die Ueber-leefahrten vor. Weiter wird für den Oberkrankenwärter ein MonatS-gehalt von 110 Lire und für das sibrige Wartepersonal ein solche»von 100 Lire festgesetzt. Die Mehrausgabe beträgt jährlich zweiMillionen Lire. Da die Lohnzuschläge bis zum 18. Juli 1913 zurück-datiert werden, erwächst den Gesellschaften eine weitere Ausgabe voneiner Million. Die Reeder sind der lleberzeugung, daß das Marine-Ministerium, von dem in Italien auch der Kauffahrteidienst abhüngidurch seine Haltung die Stellung des Personals verstärkt habe, undbeabsichtigen, auf gerichtlichem Wege eine Erhöhung der Subventiondurchzusetzen. Einstweilen kann die Arbeiterschaft stolz sein auf denerrungenen Sieg.__Soziales.Billige Arbeitskräfte für das Land.villige Arbeitskräfte waren von jeher die Losung derAgrarier. Kurz vor der letzten Ernte kamen sie auf den®e-danken, auch die patriotische Jungdeutschland-bewegung ihrem Geldbeutel nutzbar zumachen. Auf Anregung des Vorsitzenden der Jungdeutsch-landgruppe Breslau, der vorwiegend Lehrlinge aus demHandwerks- und Gewerbebetrieb sowie jugendliche Arbeiterangehören, wurden die jungen Leute ersucht, sich währendihrer Ferien auf den Gütern der sch lesischenAgrarier als Erntearbeiter zu betätigen.Bei freier Hin- und Rückfahrt und vollständiger Beköstigungwurde je nach Größe und Körperkrast ein Tagelohn von' 75 Pfennig bis 1,25 Mark vereinbart. Jetzt berichtendie Agrarier in der„Schlefifchen Zeitung' über diemit den Jungdeutschlandmännern als Erntearbeiter gemachtenErfolge und sind des Lobes voll über die geleistete Arbeit.Trotzdem vom frühen Morgen biS zum spätenAbend unter Aufsicht eines beurlaubten Unter-offiziers gearbeitet wurde, war die Arbeits-freudigkeit so groß, daß der einmal gemachte Versuch zurFortsetzung ermuntert. Die agrarischen Ausbeuterhoffen, daß sich bei der nächsten Ernte noch bedeutend mehrjunge Leute melden, die geneigt sind, Erntearbeiten zu ver-richten uno ihre Taschen füllen zu helfen.Auf Kosten des Erholungsurlaubs, den einsichtige städtische Arbeitgeber ihren Lehrlingen und jugendlichenArbeitern gewähren, bereichern sich die Herren Agrarier. Umdie Ausbeutung der jugendlichen Erholungsurlauber nicht garso plump erscheinen zu lassen, preisen die Agrarierderen Beschäftigung als ein Mittel, um die Beziehungenzwischen Großstadt und plattes Land von neuem zu befestigen.Wie lange sich dicS die städtischen Arbeitgeber aber gefallenlassen werden, steht freilich aus einem anderen Blatt, dennschon jetzt erheben ganze Innungen gegen die Jungdeutsch.landbewegung den Vorwurf, daß diese geeignet ist, die Lehr-linge von ernster Arbeit abzuhalten.So sieht die Jungdeutschlandbewegung also in Wirklich«keit aus._Eine prinzipielle Entscheidung im Konkur» Schlieben u. Co.Unter großem Anprang der beteiligten Kreise, besonders derGeschädigt«, Filialleiter, kam vor der 5. Kammer de» BerlinerKaufmannsgerichts die erste Verhandlung gegen die KonkursmasseSchlieben u. Co. zum Wschluß. Die vom Kausmannsgericht dabeipräzisierte Auffassung über die rechtliche Natur der Filialrsten-vertrage wird für alle folgenden Prozesse gegen die Konkursmasse— es sind bisher zirka 50 Klagen anhängig gemacht worden»-von grundlegender Bedeutung sein. Der die Konkursmasse ver-treiende Konkursverwalter August Bester weigert sich nämlich, dieForderungen der Filialleiter als bevorrechtigt� Forderungen anzuerkennen, indem er einwendet, die Filialisten seien gar nicht 2Jn-gestellte der Firma Schlieben, sondern selbständige Gewerbetrei-bende gewesen.In dem der Beurteilung unterlegenen Fall hatte der KlägerP., der Leiter einer Filiale in Charlottenburg war, 6000 M.Kaution hinterlegt. In seinem Vertrage, der zur Verlesung gebracht wurde, ist ein GeHast von 100 M. pro Monat, ein prozentualeBeteiligung am Umsatz und eine Verzinsung des Kapitals mitS Proz. festgelegt. Es heißt außerdem, daß die Firma alle Unkostenträgt, daß die Katalogpreise innegehalten werden müssen undKredits nur mit Einwilligung der Firma gegeben werden dürfen.Der Kläer erwähnt auch noch, daß er zur Angestelltenversicherungund zur Krankenkasse angemeldet war.— Der Vorsitzewde wiesden Konkursverwalter darauf hin, daf� es doch ganz ungewöhnlichund widersinnig wäre, wenn ein selbständiger Gewerbetreibendervon seinem Lieferanten Gehalt beziehe und noch Provifion vomUmsatz erhalte.— DaS Kaufmannsgericht erklärte sich schließlichfür zuständig, so daß die sämtlichen Prozesse dieser Kategorie vordem Kaufmannsgericht zu verhandeln sind.— Die Kammer hatdamit, was von allgemeiner prinzipieller Bedeutung ist, zum Ausdruck gebracht, daß der eine Kaution hinterlegende Filialist, damit,daß ihm für die Kaution das Warenluger ausgeliefert oder ver-pfändet wird, seines Angestelltenverhältnisses wicht verlustig geht.Wettbewerb für die Reichsversicherungsanstalt.Das Direktorium der Reichsversicherungsanstalt für Angestellteveröffentlicht da» Ausschreiben zu einem allgemeinen öffentlichenWettbewerb unter den im Dutfchen Reich geborenen oder ansässigenArchitekten zur Erlangung von Entwürfen zu einem Diemstgebäubefür die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin->Wil-mersdorf. ES sind b Preise(von IS 000, 10 000, 8000, 6000 und4000 Mark) angesetzt. Die mit einem Kennwort zu versehendenEntwürfe sind bis zum IS. Mai, abends 6 Uhr, bei de» Zentral-bureau der Reichsversicherungsanstalt: Hohenzollerndamm 193/l9S,einzureichen. Die Wetibewerbsunterlagen. können gegen S Markvom Zentralbureau bezogen werden.Der Gedanke eines WebbewerbeS ist anzuerkennen. Wäreaber nicht noch weit zweckmäßiger ein Ausschreiben für einen Eni-Wurf zwecks Beseitigung des turmhohen, in der Anstalt bereitsaufgehäuften BureaukratenkramS und Vereinfachung des Geschäfts-ganges der mit ungeheuer viel Arbeit überladenen Hilfskräfte?Zum verztestreik in Königsberg.Wie durch Telegramm bereits kurz gemeldet, haben am Mitt-woch die Kassenärzte der Allgemeinen OrtKrankenkasse für denStadtkreis Königsberg, trotz weitesten Entgegenkommen» der Kasse,ihre Tätigkeit eingestellt. Die Kasse sandte nach der Einstellung derärztlichen Tätigkeit«m das ReichSamt de» Innern zu Berlinfolgendes Telegramm:„Unsere Kassenärzte haben Tätigkeit eingestellt, weil sie dieZulassung gemäß 2 der Vereinbarung und angebotene» Honorarnicht akzeptieren. Schiedsgericht lehnen sie ab.„Bitten um Einwirkung aus Leipziger Verband, daß Ver-einbarungen gehalten und hiesiger Aerzteverein angewiesen wird,Tätigkeit fortzusetzen und Schiedsgericht zu akzeptieren.'Darauf ist unterm IS. Januar folgende Antwort von dmnStaatssekretär des Innern eingegangen:„Entsprechend den Wünschen in dem heute an mich gelangtenTelegramm der dortigen Kasse habe ich unter der Voraussetzung,daß die Angaben de» Telegramm» al» zutreffend anerkanntwerden, durch Telegramm und im Nachgange dazu durch beson-dere» Schreiben den Leipziger Verband ersucht, den Aerztevereinin Königsberg davon zu verständigen, daß di. Durchführung desBerliner Abkommens vom 23. Dezember 1913 nicht von der Fest.tetzung eine» bestimmten Arztsystem» abhängig gemacht werdenoürfe._ Caspar.'Hinan» in die Kerne.Als ein Zeichen der Zeit, al» Beweis für die anziehend« Herrlich.keit des Vaterlandes kann man auch die Zunahme der AuSwande-rung betrachten. Allein über Bremen sind im vergangenen Jahre9710 Deutsche ausgewandert gegen 7974 im Jahre 1912. Nunwollen die Junker die Liebe zur Heimat, da» Kleben an derGutSherrnscholle fördern— durch Beschränkung der Freizügigkeit.DaS ist nationale Wibtschaft». und EozialposttiklUnsichere Existenz— gefüllte Gefänguiffe.Jede» Anziehen der Preisschraube für Lebensmittel, jede ver-fchlechterung am Arbeitsmarkt rückt mit unfehlbarer Sicherheit dieZahl der wegen Vergehen und Verbrechen Verurteilten in die Höhe.Hunger und Mangel an Geld vermehrt nicht nur die Angriffe aufdas Eigentum. Die Erschwerung der HeiratSmöglichkeil steigert auchdie Zahl der Sittlichkeilsverbrechen, vergrößert da» Heer derProstituierten und im Zusammenbang damit nehmen Unzuckis-vergehen. Uebertretungen der Siitenpolizeiverordnungen usw. zu.Auch auf andere Gebiete der Kriminalität greift Not und Elend alsUrsache von Vergehen und Verbrechen über. Kommt eS doch beispielsweise oft genug vor, daß jemand durch Sachbeschädigung oderBeleidigungen seine Verhasiung bewußt erzwingt, nur um der„gesicherten Existenz' und den„gefüllten Kompottschüsieln' im freienDeutschland zu entfliehen, und im Gefängnis einen warmen Raum.Brot und Nachtlager zu finden. Kein Wunder daher, daß im Jahre1912, daS dem armen Teufel eine weitere Verteuerung der Lebens-Haltung und Arbeitslosigkeit in wachsendem Muße bescherte, dieGerichte reichlich viel Arbeitsgelegenheit fanden, die Zahl der Ver-urteilten ziemlich erheblich anschwoll. In den letzten sechs Jahrenwurden verurteilt wegen Vergehen und Verbrechen gegen:Riesenhaft wuchsen die Gewinne der ausbeutenden Sippen. DieAktionäre der gewerblichen Unternehmen schwimmen im Golde.Milliarden raffen die Lebensmittelwucherer zusammen, Luxus undVerschwendung mach« sich in aufzeizender Weise breit und Hunger,Not, Entbehrung treibt Proletarier, die oft genug vorher sich bi«zum Zusammenbrechen abrackerten, den Reichtum der Reichen mehrenhalfen, inS Gefängnis, in den moralischen Sumpf. Mancher kommtnicht wieder heraus und die herrschende ausbeutende Gesellschaftzetert über das schlechte, verdorbene Volk. DaS ist die vielgepriesenegöttliche Weltordnung I_Das Trucksystem in Ziegeleien.Die Gewerbeordnung enthält in den 116— 119 das Verbotdes Trucksystems. Nach§ 115 sind die Gewerbetreibenden ver-pflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung zu berechnenund bar auszuzahlen. Si« dürfen den Arbeitern keine Warenkreditieren. Doch ist«S gestattet, den Arbeitern Lebensmittel fürden Betrag der Anschaffungskasten, Wohnung gegen die ortsüblichenMietpreise unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen.Gewerbetreibende, welche dieser Bestimmung zuwiderhandeln,könne» mit Geldstraf« bis zu 2900 M. und im Unvermögensfallemit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestrast werden. Wie lax aberdiese Bestimmungen der Gewerbeordnung behandelt werden, daszeigte das Ergebnis einer Anzahl Prozesse, die vor dem ChemnitzerSchöffengericht verhandelt wurden und in denen sich Ziegelmeisterwegen Vergehens gegen§ IIS der Gewerbeordnung zu verantworten hatten. Hier wurde festgestellt, daß in den Ziegeleien desChemnitzer Bezirks in den letzten zwei Jahrzehnten das Truck-system in schönster Blüte stand und daß niemand Anstoß darangenommen und die Ziegelmeister an der Ausbeutung ihrer Arbeitergehindert hat. Die Ziegeleikcmtinen werden regelmäßig von deniegelmeistern betrieben. Bier, Limonade, Schnaps, Wurst. Speck,igarren, Zigaretten and andere Nahrungs- und Genußmittelmüssen die Arbeiter in der Kantine kaufen. Der Ziegelmeisternimmt für die Flasche Bier oder Limonade 2 Pf., für das PfundWurst 5 Pf., für den Liter Branntwein 20 Pf. Verdienst für sichund auch die anderen Waren verkauft er mit Preisaufschlag, kreidetdie Beträge an und verrechnet sie auf den verdienten Lohn. DieArbeiter kommen dadurch in ein Abhängigkeitsverhältnis zu demZiegelmeister, das in der Regel damit endet, daß der Lohn in dieweiten Taschen des Ziegelmeisters verschwindet. Dieser Ziegel-meister ist in der Regel auch noch Landsmann der Ziegeleiarbeiter,die hauptsächlich aus Lippe-Detmold stammen. Einer der beschul-digten Ziegelmeister wollte durchaus nicht begreifen, daß er sichdurch sein Verhalten strafbar gemacht habe. Seit 18 Jahren ister in Ziegeleien des Chemnitzer Bezirks. Ziegelmeister gewesenund während dieser Zeit ist er in seinem Kantinenbetrieb nichtgestört worden. Er erklärte, daß es im Chemnitzer Bezirke Usussei, daß die Lebensmitel mit einem Preisaufschlag durch die Ziegel-meister an die Arbeiter verkauft würden. DaS geschehe aber auchtn anderen Bezirken. Von der Bestimmung des§ IIS der Gewerbeordnung wollten die Angeklagten keine Kenntnis haben, auch be-stritten sie, daß sie selbständige Unternehmer seien. Das Gerichtverurteilte jeden Angeklagten zu ganzen 19 M. Geldstrafe. In'derUrteilsbegründung wurde darauf hingewiesen, daß das Gerichtnicht selbständige Unternehmer, sondern nur Beauftragte solcherin den Angeklagten gesehen habe; im übrigen Hab« Verurteilungerfolgen müssen, da GefetzeSunkenntniS vor Strafe nicht schütze.— 10 M. Geldstrafe. Damit will man so schwere Mißbräuchebekämpfen?Die geschädigten Ziegeleiarbeiter sollten von ihre« RechteGebrauch machen, nachträglich den ihnen.verrechneten' Lohn ein-zuklagen.Gerichtszeitung.Mißhandlung des Brreinsrechts gegen polnische Turner.Die Polen erfreuen sich, neben den Sozialdemokraten, be«sonders liebevoller polizeilicher Fürsorge, wenn eS sich um die An-Wendung des Vereinsrechts handelt. In zwei gleichartigen FällenauS Posen und Gnesen hat wieder mal das Oberverwaltungs-gericht die Polizei und ihre vorgesetzten Behörden eines Bessernbelehren müssen.Fall l: Dem Kaufmann Rzepecki zu Posen war seitens desdortigen Polizeipräsidenten die Genehmigung für einen öffentlichenAufzug der Soeolvereine(polnische Turnvereine), der aus Anlaßdse Gauturnfestes in Posen am 16. Juni 1912 stattfinden sollte,versagt worden, weil eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheitzu befürchten wäre. R. klagte nach vergeblichen Beschwerden beimRegierungspräsidenten und beim Oberpräsidenten in Posen beimObcrverwaltungSgericht.Der zweite Fall, der gleichzeitig verhandelt wurde, betraf dieVetfogung der Genehmigung zu einem öffentlichen Aufzug inÖnefcn, der bei dem dortigen Gautumfest der SocolS am 4. August1912 stattfinden sollte. Auch hier waren die Beschwerden der HerrenTrepinski und I. Henkel durch die höheren Behörden, zuletzt durchden Oberpräsidenten der Provinz Posen, verworfen worden, wo-rauf die Genannten geklagt hatten.DaS Obervcrwaltungsgericht erkannte nach erfolgter Beweis-aufnähme jetzt in beiden Sachen dahin, daß den Klagen stattzugebensei. Die Versagung der Genehmigung sei in beiden Fälle« außerKraft zu setzen.— Begründend wurde ausgeführt:Im Falle auS Gnesen sei von den Klägern noch ein besondererEinwand erhoben worden, indem sie geltend gemacht hätten, diepolizeiliche Verfügung müßte schon deshalb aufgehoben werden,weil die Versagung der Genehmigung nicht, wie es§ 7 des Vereins«gesetzeS vorschreibe, mit Gründen versehen worden sei. Dieser Ein-wand könne aber nicht durchgreifen, weil die stagliche Vorschriftüber die Angabe von Gründen nur instruktioneller Natur sei.— 5«beiden Fällen aber seien die in ihren Erklärungen gemachten Aus-führungen der Behörden nicht ausreichend, um feststellen zu können,daß in der Tat nach vernünftigem Ermessen mit der Befürchtungeiner Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gerechnet hätte werdenmüsse. Tatsachen, die eine solche Bafürchtung hätten rechtfertigenkönnen, seien nicht beigebracht. Allgemeine Erwägungen genügtenjedoch nicht. Darum sei beiden Klagen stattzugeben.Abschluß der Abazzia-Astäre.Am Dienstag gelaugte vor dem Charlottenburger Schöffen-gericht der letzte Prozeß gegen die Angestellten des„Cafe Abazzia"zum Abschluß. Wie unseren Lesern noch erinnerlich sein dürfte,hatten die Vorgänge anläßlich der Aussperrung der organisiertenKellner in dem genannten Betriebe den Inhaber Leopold Zllandlderankdßt, seine ehemaligen Angestellten bei der Staatsanwaltschaftzu denunzieren. Herr Mandl hat jedoch aus der ganzen Linie einklägliches Fiasko erlitten.Angeklagt war ein Kellner wegen Betruges, den er dadurchbegangen haben sollte, daß er in einem Falle einem Gast die Zechevon 1 Mark zweimal abverlangt bezw. kassiert haben sollte. Deral» Zeuge erschienene Gast hielt jedoch eher einen Irrtum seinerseitsfür möglich, so daß dieser Punkt der Anklage fallen gelassen werdenmußte. In einem anderen Falle sollte nach der eigenen Angabe desAngeklagten, so behauptete der Zeuge Mandl, der Musik 4 LagenPilsener serviert worden sein, während tatsächlich nur eine Lagedeponiert war. Sarkastisch meinte der Vorsitzend«: Der Angeklagtewird doch nicht so dumm sein, daß er Sie erst bemaust und Ihnendas nachher auch noch erzählt!Beim dritten und wichtigsten Falle handelte eS sich um sechsKaviarbrötchen. Ein Gast, ein sogen. Freier, der im„CafeAbazzia' sehr häufig verkehrte, hatte die Angewohnheit, seine Zechenie an die Kellner zu bezahlen, sondern kam erst am anderen Tageund bezahlte die Rechnung direkt an den Prinzipal. An dem be-treffenden Tage hatte derselbe eine Zeche von über 100 Markgemacht. Die Rechnung wurde nich' vom Angeklagten, sondernvon einem seiner Kollegen ausgestellt, der nach den Angaben derGäste 12 Kaviarbrötchen aufschrieb. Der Angeklagte behauptete,er habe tatsächlich nur 6 Kaviarbrötchen gebracht und auch nursechs am Büfett beglichen. Der Unternehmer Mandl dagegen be-hauptete, er habe beobachtet, daß der Angeklagte zweimal 6 Kaviar.brötche» vom Büfett sortgetragen und er demnach bei der Wrech-nung die 6 Brötchen nachzahlen muhte. Um seine Entlassung zuverhüten, ist der Angeklagte dem auch nachgekommen. Einen Ver-möpenSvorteil konnte er schon deshalb nicht haben, weil die Rech-nung nicht von ihm selbst kassiert wurde und danach nur derCafätier Mandl der einzige Nutznießer sein konnte. DaS Gerichthielt den Sachverhalt nicht ganz ausgeklärt und kam zur Freisprechung. In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende aus,daß der Zeug« Mandl dem Gericht als nicht ganz glaubwürdig er-scheine, so daß auf Freisprechung erkannt werden mußte.Damit dürfte die von den bürgerlichen Blättern aufgebauschte„Abazzia-Affäre" ihren Abschluß zugunsten der ausgesperrtenKellner gefunden haben. Ob sie für den ehemaligen CcffetierMandl, der sein Geschäft glücklich an den Mann gebracht hat.endgültig erledigt ist, dürfte nach Abschluß eines gegen Mandlschwebenden Ermittelungsverfahrens zu beantworten sein.