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Der Friedrichshain   war gestern( b. 18. d. M.) um die nicht bemerkt, daß ein Arbeitsloser auf der wohl nie dagewesen. Das war aber heute mit dem Wein­Mittagszeit der Schauplatz standalöser Vorgänge. Jm großen Straße irgend eine Ungehörigteit begangen hätte. steuergesetz der Fall.

Saale   der Brauerei Friedrichshain" sollte eine Versammlung Ein gewisses Gedränge war bei dem Hinausströmen so vieler

Selbst der konservative Redner hatte so viele Bedenken der Arbeitslosen Berlins   stattfinden. Bald nach 9 Uhr machte Menschen indeß nicht zu vermeiden. Die vielen hundert Schutz- gegen den Entwurf, daß seine Befürwortung deffelben sich in den benachbarten Straßen ein zahlreiches Aufgebot von leute sorgten dafür, daß niemand stehen blieb und daß der Strom einer Ablehnung so ähnlich sah wie ein Ei dem anderen. Schutzleuten zu Fuß und zu Pferde bemerkbar; nach Ver- fich theilte. Berichterstatter sah von weitem am Königsthor ein

ficherungen von Bewohnern jener Gegend waren außerdem in Handgemenge, das sich jedoch alsbald wieder auflöfte, wo- Ja sogar das Wunder ist mit dieser Vorlage bewirkt, daß verschiedenen Gehöften größere Refervetrupps derselben bei die Arbeitslosen in eine Art Flucht geriethen. Plöglich der Redner der Nationalliberalen namens seiner gee bereit gehalten. Nachdem der Saal sich leidlich ge galoppirte eine leine Abtheilung berittener Schuhleute die sammten Parteigenossen reden und eine ablehnende füllt hatte, es mochten gegen 2000 Personen an Friedenstraße entlang, weshalb die daselbst abziehenden Arbeiter Stellung einnehmen konnte.

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wesend sein, wurde von Einzelnen der Versuch gemacht, aus Furcht ebenfalls in eine schnellere fluchtartige Gangart ge- Die Debatte, welche von dem Staatssekretär der Reichs Tische und Stühle aus dem Saale   zn entfernen, um weiteren riethen. Dann kamen drei reitende Schuyleute den Promenaden finanzen eingeleitet wurde, dem zunächst der frei­Echaaren Einlaß zu ermöglichen. Der Dekonom verhinderte weg an der Friedenstraße im Friedrichshain  , der ebenfalls mit dies, worauf der Saal polizeilich abgesperrt wurde. Gegen Arbeitern und Passanten belebt war, entlang gejagt; doch kamen sinnige Schmidt folgte, nahm einen recht schleppen­11 Úhr betrat ein junger Mann das Podium und gab bekannt, feine Unglücksfälle dabei vor.() Dagegen tam es zu Schlägereien feit in etwas durch die Gewohnheit des Zentrums­den Verlanf. Unterbrochen wurde diese Eintönigs daß die Versammlung nicht stattfinden könne, da der Ginberufer in der Neuen Königstraße, wobei indeß das Publikum feit in etwas durch die Gewohnheit des Zentrums­( Rodrian) in dessen Besitz fich die Bescheinigung über nach untrüglicher Beobachtung des Bericht- redners, Dr. Braubach, welcher Herr jeden Satz seiner Rede die erfolgte erfolgte polizeiliche Anmeldung befinde, ant selben erstatters lediglich der leidende Theil war. mit Meine Herren" beginnt und schließt. Diese zahl­Morgen verhaftet worden sei( er hatte im Sozialist" Die Poft" giebt threm Berichte folgenden charakteristischen Losen Meine Herren" wirkten schließlich so auf die Lach­einen Aufruf zu dieser Versammlung erlassen, der das Miß- Schluß: muskeln, daß der Redner bei den ernstesten Stellen unter fallen der Behörde erregte), nächste Woche werde eine neue Ber Troß der großen Rube, mit der sich alles abspielte, brochen wurde, ohne daß er sich klar darüber wurde, worin fammlung einberufen werden. Die Anwesenden verließen in tam es schließlich durch den Uebereifer einiger Unterbeamten der der Grund für diese anscheinend deplazirte Fröhlichkeit zu größter Ruhe das Lokal, nun aber geschah schier Unglaubliches. Polizei zu einigen Szenen, die allgemein mißbilligt fuchen sei. Als der Menschenfnäuel sich langsam die enge Straße Am wurden. Viele Hunderte begaben sich auf dem nächsten Wege Friedrichshain  " nach dem Königsthor zu bewegte, wurde er auf in die Wärmehalle am Alexanderplate. Als letter Redner, vor der Vertagung erhielt unser Befehl des kommandirenden Polizeihauptmanns, ohne daß eine Auch die berufenste Anbeterin des Säbel- und Polizei- Genosse Dieß das Wort. Aufforderung zum schnelleren Gehen letzteres wäre übrigens Regiments, die Kreuz- Zeitung  ", läßt sich in einer Weise über In vortrefflicher, mit Sachkenntniß vereinter Weise in der schmalen Gasse eine Unmöglichkeit gewesen erfolgte, den Fall aus, der nur zu deutliche Spuren der Verlegenheit er- schilderte der Redner das Loos der kleinen Weinbauern, en Der Berlegenge von der inzwischen schnell zusammengezogenen Schußmannschaft tennen läßt. die unter der Ungunst der klimatischen Ver überfallen uod regelrecht attaquirt. In ihrer Angst wußten die Die Verfammlung trennte sich, so berichtet sie, in durchhältnisse, dem Mangel an Kapital, der Verschuldung Gehetzten weder vor noch rückwärts zu kommen. Hageldicht aus ruhiger Weise und vertheilte sich in die angrenzenden schon schwer genug leiden und auf deren Schultern fausten die Schläge der Säbel und- Gummischläuche der Poli Straßen. Natürlich machte das Hinausströmen der Menschen- bie neuen giften auf die Wehrlosen nieder. Wem es gelang die Park menge aus dem Brauereigarten Friedrichshain   zunächst einen Lasten des Entwurfes gewälzt würden. anlagen zu erreichen, wurde auch dort von entgegenkommenden geschlossenen Einbruck; rotten und massenweise zogen die unser Genosse wies darauf hin, daß für diese Produzenten Schuhleuten gemishandelt oder von den Berittenen" über Stock Arbeitslosen" von dannen. Wo indessen die Kolonne" sich die Bestimmung des Entwurfes, wonach der Haustrunk und Stein gehetzt. Die Rafenflächen, die sonst kein Hund betreten darf, nicht alsbald auflöste, dorthin sprengten die berittenen Schutzsteuerfrei bleibe, keine Bedeutung habe, denn diese armen ohne daß nicht sein Herr eine ziemlich hohe Geldstrafe zu ge mannschaften, um die Waffen zu zerstreuen. Das ging natürlich Winzer bauen zwar den Wein unter unfäglichen Mühen wärtigen hätte, dienten heute als Tummelplatz der förmlich nicht durchweg glatt ab. Der Polizei Hauptmann Feist, aber zu trinken bekommen sie dann nichts. Dazu sind sie toll gewordenen Schuhmannspferde. Das Gros der Arbeitslofen, der die Schuhmannschaft tommandirte und der selbstverständlich zu arm. Der steuerfreie Haustrunt wäre also ein Privi das mittlerweile die Ede der Friedenstraße erreichte, wurde hier nicht allerwärts zugegen sein konnte, lenkte die Ordnung selbst legium nur für die wohlhabenden oder reichen Weinbergs­nochmals von einem bereit gehaltenen Haufen von Zivilbeamten mit in die gewiesenen Bahnen. Er fonnte es aber nicht ver und Buträgern der Kriminalpolizei in Empfang genommen hindern, daß der gutgemeinte Eifer feiner Mannschaften hier befizer. und mit Stöcken und Gummischläuchen in einer Weise und da wohl etwas zu eilig vorging, was von Treffend schilderte Diez die rapid vor sich gehende bearbeitet, die jeder Beschreibung spottet. In allen Baffanten allerdings nicht gerade angenehm empfunden wurde. Proletarisirung des Weinbauernstandes, dessen Kinder in möglichen Verkleidungen, felbft direkt zerlumpt, hatten sie Bisweilen machte der scharfe Ritt, der übrigens die Sicherheit die Fabriken gehen müssen, um den väterlichen Hausstand sich, wie Augenzeugen berichten, zwischen die Schaar der Arbeits- und Festigkeit der Reiter und die Zuverlässigkeit der staatlichen mit ihrem Verdienst über Wasser zu halten. In diesen lofen gedrängt und schlugen mit einem Eifer um sich, die be- Schußmannspferde auf dem immerhin glatten und feucht- schlüpf- neuen Arbeitsstätten werden die Bauernfinder freilich auch zweifeln ließ, ob es vernünftige Menschen foder Wahnsinnige rigen Pflaster giltig und schneidig in die Erscheinung treten ließ mit den Lehren der Sozialdemokratie bekannt, die sie ihrer waren. Süte, Müßen und abgeriffene Kleiderfeßen bedeckten die( diese Frivolität des Junkerblattes tommt so ziemlich bem feits wieder in die Dörfer ihrer Heimath tragen. So Straße. Biele Mißhandelte mußten sich in ärztliche Behandlung prachtvollen Reiterangriff" gleich, von dem Anno 70 berichtet finden die Lehren unserer Partei auch auf dem Lande begeben. Verhaftungen find wenig vorgenommen worden, da wurde), den Eindruck einer Attacke. fich selten Jemand zur Wehr sehte.

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Die Abendpost bringt folgende Darstellung: Auf der Straße immer mehr Eingang und der Bauer fange an, fam es jedoch zu einem blutigen Zusammenstoß mit der Polizei, aus feiner politischen Indolenz zu erwachen. Die von uns gebrachte Darstellung der Polizei- Attacke findet welche zur Unterdrückung einer etwaigen Ruhestörung abtom Nicht ferne mehr sei die Zeit, wo diese Bauern gleich ihren eine Bestätigung selbst in den Berichten der gegnerischen Presse. mandirt war. Als die Versammlungstheilnehmer den Saal ver- Vorgängern im Jahre 1625, ihre zwölf Artikel" präsen­Das Kleine Journal" schreibt; ließen, nahmen die Polizeimannschaften zu Fuß und zu Pferde tiren, dann aber in den Städtebewohnern nicht mehr treu Die Szenen, die sich nach dem Berlassen des Bersammlungs- sofort eine Säuberung des Platzes vor dem Königsthor mit lose Bundesgenossen, sondern in den organisirten sozial Lokals vor demselben, in der Straße Am Friedrichshain  , im blanker Waffe vor, ohne irgendwelche Aufforderung zum Aus- demokratischen Proletariern ehrliche und opferbereite Bundes­Friedrichshain, in der der Brauerei Friedrichshain" ent- einandergehen zu erlassen. Wie der Berichterstatter, gegenfetten Seite sich entlang ziehenden Friedenstraße, am Königs- der sich in ein benachbartes Botal retten genossen finden werden. Redner weist darauf hin, daß die thor und in der daranstoßenden Neuen Königstraße abspielten, mußte, um nicht niedergeschlagen zu werden, württembergischen Korsetweber für Löhne arbeiten und bildeten einen grellen Kontrast zu Ruhe und Ordnung, die gefehen hat, find viele unbetheiligte Paffanten mit unter Verhältnissen leben müssen, wie sie trauriger im während der Versammlung der Arbeitslosen und bei dem Ber  - blanter Waffe und mit Gummischläuchen ge- Eulengebirge nicht vorherrschen. Diese Korsetweber sind lafsen des Versammlungelofals geherrscht und zwar nicht schlagen worden. Unter den obwaltenden Verhält aber die Söhne jener Winzer, auf deren Arbeitsprodukt die durch die Schuld der Arbeitslofen. Die Leute, die, wie das nissen war ein solches Eingreifen der Polizei neuen Millionen für die Weinsteuer gelegt werden sollen. nicht anders möglich war, in Trupps und geschlossenen Bügen auf keinen Fall nothwendig. Nachdem Die unter dem lebhaften Beifall der Linken die Brauerei verlassen hatten, wurden, noch ehe sie Beit gehabt, seine Rede geschlossen, wurde die Verhandlung auf morgen sich zu zerstreuen, von Polizeibeamten in Zivil mit Gummis vertagt. schläuchen und Stöcken ohne wahrnehmbare Ursache geschlagen. Fortwährend ertönten die Aufforderungen, sich zu zer­ftreuen, doch das war in der nicht breiten Straße nicht sofort zu befolgen. Der Auffordernng folgten sofort Schläge, die so hageldicht Berlin  , den 18. Januar. fielen, daß viele Unschuldige, die sich in dem Menschenknäuel be Aus dem Reichstage. Ob der Graf v. Posadowski fanden, in den von allen Seiten reitende Schuhleute nicht schon manches Mal die Stunde verwünscht hat, welche blindlings hineinritten, getroffen wurden. Alles Protestiren gegen eine derartige Behandlung half nichts und ihm die Nachricht brachte, daß es mit dem beschaulichen hatte nur zur Folge, daß außer dem Beamten in Zivit Leben seiner landräthlichen Herrlichkeit zu Ende und er zu drei oder vier Schußlente in Uniform mit blanter Klinge großen Dingen bei den Reichsfinanzen berufen sei? auf den armen Wehrlosen einhieben. In großen Schaaren Zwar hat der Herr Reichs- Schatzsekretär schon wieder­flohen die Menschen die Straßen entlang und durch die Anlagen holt erklärt, daß er die Waterschaft der neuen Steuer­bes Friedrichshains, verfolgt von Polizisten zu Fuß und entwürfe für sich in Anspruch nehme, aber einmal hat schon zu Pferde, die mit der blanken Klinge, mit Stöcken Goethe gesagt, daß es mit dem Glauben an die Baterschaft und Gummischläuchen dreinhieben. Selbst einzeln gehende an- fo feine besondere Bewandtniß habe, dann aber bleibt ein ständig gekleidetete Personen erhielten plöglich von hinten und von vorn Stockschläge. Diejenigen, die sich den Schlägen durch die Flucht zu entziehen suchten, wurden verfolgt und wenn sie fich in ein Haus flüchteten, aus dem Hausflur herausgeholt und von Neuem geschlagen.

Der fromme ,, Neichsbote" läßt die Affäre sich folgender maßen abspielen:...... Die Anwesenden verließen nunmehr durchaus ruhig und still das Lokal und wir haben auch

Vielleicht traf sie ihn selbst in der Wohnung an, er würde über ihr Kommen nicht böse sein.

Und nun erwachte plöglich die Neugier, die Räume kennen zu lernen, die ihr Liebling bewohnte und die noch immer sein Absteigequartier bildeten.

Sie betrat ein großes, elegantes Haus, das einen Portier hatte und fragte in der Loge nach Dr. Hartmann. " Nicht anwesend", hieß es kurz.

War er nicht heute schon hier?" fragte fie, gewiß, er muß hier gewesen sein." " Freilich war er da und es ist nicht lange, daß er fort gegangen ist," bemerkte die dicke Portiersfrau. " So," sagte Helene und blieb zagend und unschlüssig ftehen. " Na, die kann ja gar nicht mehr fortkommen," ließ sich der Portier aus dem Hintergrund seiner Loge in unangenehmer Weise vernehmen.

Ich bitte, geben Sie mir den Schlüssel zur Wohnung, ich möchte hinauf," sagte Helene leise und verlegen. Die Portiersfrau lachte ihr ins Gesicht.

Nein, so etwas, das ist doch schon frech." " Ich bin Frau Dr. Hartmann," rief Helene, unter der Jujulte erbleichend. Dann all ihren Wuth zusammen faffend, ich glaube wohl, daß ich die Wohnung meines Mannes betreten kann, und und berechtigt bin, den Schlüssel dazu zu verlangen.

Die Portiersfran hatte sie betroffen angesehen und schlug dann die Hände zusammen:

" Jesus  , freilich Frau Doktor, ich bitt' tausend Mal um Berzeihung. Ich hab' ja schon die Ehre auf der Photographie, aber in der Wirklichkeit sieht man immer ein Bissel anders aus."

Sie nahm den Schlüssel und bat die Dame voraus­zugehen, sie werde ihr selbst die Wohnung aufsperren.

Eie bedauerte, daß Madame es nicht so schön finden werde, als es ehemals hier war, aber der Herr Doktor spendire jetzt nichts mehr auf die Wohnung.

Sehr unangenehm war die Gute berührt, als fie, nach dem sie die Thür aufgeschlossen hatte, von der jungen Frau entlassen wurde.

Politische Leberlidit.

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Wechselbalg ein Wechselbalg, gleichgiltig wer auch dessen Vater sein mag. Als wahre Wechselbälge erweisen fich aber die Produkte der Miquel Posadowski'schen Finanzkunft von Tag zu Tag mehr.

Der deutsche Reichstag hat schon allerhand erlebt, aber daß für einen neuen Steuerentwurf der Regierung aus dem Hause sich nicht eine Stimme ausspricht, das ist bisher

Helene trat ein.

Sie durchschritt ein Vorzimmer und betrat ein großes Gemach, trat einige Schritte über einen dicken Smyrnaer Teppich, blieb stehen und sah sich um.

Der Bundesrath. In der heutigen Plenarsizung des Bundesraths wurden die Beschlüsse des Reichstages zu den Anträgen der Abgeordneten   Aichbichler und Genossen bezw. Standy und Steppuhn auf Revision des Gesetzes betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung, ferner der Entwurf einer Gemeindeordnung für Elsaß- Lothringen  , sowie der Entwurf eines Gesetzes über Menderungen und Er­gänzungen des Gerichtsverfassungs- Gesetzes und der Straf prozeßordnung an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Die Mittheilung betr. die Kündigung des zwischen Deutschland   und Italien   einerseits und der Schweiz   andererseits zur Aus­führung des deutsch  - italienischen Auslieferungsvertrages ge­troffenen Abkommens vom 25. Juli 1873 wurde zur Kenntniß angenommen. Dem Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung des Landeshaushalts- Etats von Elsaß- Loth­ ringen   für 1894/95 wurde die Zustimmung ertheilt. Die Berechnung der nach dem Entwurf des Reichshaushalts­Etats für 1894/95 zur Deckung der Gesammtausgabe des ordentlichen Etats aufzubringenden Matrikularbeiträge wurde genehmigt.

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Keine Aufschrift, feine Ueberschrift, nur zum Schluß ein eigenthümlicher Schnörkel.

Aber was brauchte sie mehr zu wissen; er hatte ihr von einer Einladung zur Jagd gesprochen und eine Un­wahrheit gesagt. Warum mozu?"

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Fremdartig und phantastisch sah es da aus. Ein großer Divan mit schwellenden Polstern und orienta­lischen Teppichen reich belegt stand fast in der Mitte. Sie hatte sich niedergesetzt, in plöglicher Ermattung Zwei Paravents von Seide mit japanischer Hoch- Stickerei des Herzens, ihre Hand, die das Briefchen mit einer Ge­bildeten seine Rückwand, die im Verein mit zwei hoch- berde des Widerwillens auf den Tisch zurückwarf, zitterte aufragenden Palmen einen Theil des Gemachs den Blicken heftig. der Eintretenden entzogen. Die Palmenblätter waren be- Mit aufeinander gepreßten Zähnen starrte sie vor stäubt und welt, sie waren wohl erstickt in dem Raum, sich hin. dessen Fenster geschlossen, dessen Vorhänge herabgelassen Es dauerte eine Weile, ehe es ihr zum Bewußtsein waren und in dem eine dicke Luft herrschte, die, mit den kam, daß ihre Augen auf dem Bilde einer Frau ruhten, feinen Düften einer Havanna   und verschiedener Parfüms das in einem zierlichen Bronzerahmen vor ihr auf dem Tische geschwängert, auf Helene eine betäubende Wirkung übte. aufgestellt war. Da wohnte er," dachte sie und wieder schweifte ihr Blick über die vielen, vielen Teppiche hinweg, die dem Zimmer einen so weichlichen Charakter gaben und über bie Bierschränke, auf denen die Nippes sich häuften. Ein Gefühl des Unbehagens ergriff sie, und wieder that fie einige Schritte da führte eine Thür in ein zweites Gemach.

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Sie war um die Paravents herumgegangen und be­merkte einen zierlichen Schreibtisch, nahe beim Fenster. Darüber hing ein Delbild: badende Mädchen. Nicht die teusche Schönheit des Weibes wollte der Maler versinnlichen, nur ihren berückenden Reiz. G

Helene senkte den Blick davor, er fiel auf die mannig fache Ausstattung des Tisches. Ein ihr unangenehmer Dust leitete sie und sie streckte die Hand nach einem hier offen liegenden Billet aus.

Es war dasselbe, was er heute erhalten hatte. Das Kouvert trug den Boststempel des Tages und St. Agaths. Aber sie hätte es schon nach dem Parfüm erkannt, den es ausströmte.

Mit einer raschen Bewegung hatte sie das Billet vor ihre Augen gebracht und las:" Ich werde Ihnen die Ant­wort auf Ihre Frage mündlich geben. Erwarte Sie bald nach fünf."

Es war eine nicht mehr ganz junge Dame, in einem kostbaren Kleibe mit tiefentblößten Schultern. Sie zog es näher, um jede Linie dieses schönen Gesichts zu analysiren und bemerkte, daß am Rande des weißen Kartons etwas geschrieben ftand. Es war jene bei Widmungen gewöhn liche Phrase, aber darin ein Wort, über das ihre Augen nicht hinwegkamen: der Name ihres Mannes, dem man dies Bild zur Erinnerung" geschenkt hatte.

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Saftig sah sie nach dem Kouvert des Briefes, um die Schrift zu vergleichen. Richtig, der gleiche Name zeigte die gleiche Schrift, und hier wie dort der Schnörkel. Alles war ihr mit einem Male verständlich geworden, alles erschlossen.

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Die Einladung kam von dieser Frau... Sie er wartete ihn und er war zu ihr gegangen er war bei ihr. Und ihr hatte er es verheimlicht er hatte sie be logen, belogen! Unter Nervenschauern erbebte sie und fühlte doch ein so heißes, brennendes Weh im Herzen, das ver­sengend wirkte. Aber war es denn möglich? Nein, es fonnte nicht sein, nein, nein, sie hatte sich getäuscht. Und wieder griff sie nach dem Bilde und wieder nach dem Brief, um beide im nächsten Augenblick von sich zu schleudern. ( Fortseßung folgt.)