Nr. 17. 31 Jahrgang. ZMU de» Jorrirt»" Cfrlinet öollistilatt Zonntag. 18. Januar 1911. Parteiangelegenheiten. Zur Lokalliste. Ja Tempelhof steht uns das Lokal„Tempelhofer Tivoli". Berliner Straße 97, Inhaber A. Hoffmann, zu den bekannten Be- dingungen zur Verfügung. Das Lokal„Ncu-HeringSdorf" bei Köpenick , Inhaber Herr Bludschus, ist für die organisierte Arbeiterschaft nach wie vor gesperrt. Ja Königswusterhausen hat die Witwe Waldhorn ihr Lokal „AlteS Schützenhaus" der Partei entzogen. ES ist von der Lokal- liste zu streichen und für die organisierte Arbeiterschaft als ge- sperrt zu betrachten. _ Die Lokalkommission. 6. Wahlkreis. Bureau deS WahlverrinS, Gerichtstraße 71. Alle Briefe und Postsendungen find von jetzt ab zu richten an Hermann Müller . Alle Geldsendungen an Otto Frank . Charlotteuburg. Morgen, Montag, den 19. d. Mts., abends S'A Uhr, findet im kleinen Saale des Volkshauses eine öffent- lich« Versammlung statt, die sich mit der Bildung eines Frauen. chores beschäftigen wird. Alle sangesfreudigen Frauen und Mädchen werden aufgefordert, sich recht rege zu beteiligen und dem Chor beizutreten. Lankwitz . Lichterfelde . Am Dienstag, den 29. d. Mts., für beide Orte im Lokal„Zum Seidlitz", Kaiser-Wilhelm-Straße 34: Große öffentliche Proteftversammlung. Tagesordnung: Der Raub des Koalitionsrechtes. Lichtenberg . 1. und 2. Abteilung. Morgen, Montag, abends SA Uhr: Kombinierte Abteilungsversammlung im„Logen-Kasino", Knorrpromenade. Tagesordnung: Vortrag des Genossen Dr. Freund über Feuerbestattung, mit Demonstration. Diskussion. Vcr- schiedeneS. Steglitz . Dienstag, den 29. d. MtS., pünktlich A9 Uhr abends: Mitgliederversammlung des Wahlvereins bei Schellhase, Ahorn- straße loa. Tagesordnung: 1. Kassenbericht. 2. Vortrag des Genossen Dr. Bruno Borchardt über:„Das kommunalpolitische Pro- gramm der Sozialdemokratie." 3. Aufstellung der Kandidaten zur Gemeindewahl. 4. Sonstige Wahlen. 5. Ein Ausschlußantrag. Friedenau . Dienstag, den 29. d. Mts., abends SA Uhr, im „Kaiser-Wilhelmgarten", Rheinstr. 64; Oefientliche Versammlung. ES referiert Landtagsabgeordneter Konrad Haenisch über das Thema:„Ist der Deutsche Staatsbürger oder Untertan!" Treptow -Baumschulenweg. Der BildungSausschuh veran- staltet am Montag, den 19. d. MtS., abends 8 Uhr, im„Neuen Gesellschaftshaus", am Ringbahnhof Treptow, einen Licht« bildervortrag über:„Die Abstammungslehre und ihre Be- weise", Referent Herr M. H. Baege. Eintritt 19 Pf. Die Partei- genossen werden ersucht, für guten Besuch des Vortrages Sorge zu tragen. Eintrittskarten sind bei sämtlichen Bezirksführern und in der„VorwärtS"-Spedition zu haben. Zehleadorf(Mitte). Dienstag, den 29. d. MtS., abends 8� Uhr, bei Wilh. Miek, Karlstr. 12: Oeffentliche Versammlung. TageS- ordnung:«Freies Koalitionsrecht und die Hetze der Scharfmacher." Genossen, agifiert für den Besuch dieser Versammlung. Sonntag, den 18. d. Mts., vormittags: Flugblattverbreitung. Das Material wird bei den Bezirkskassierern ausgegeben. Ober-Schöneweide . Am Montag, den 19. d. MtS., findet bei Rabe der zweite Vortragsabend statt:„Der Aufstieg deS KapitaliS mus und seine wirtschaftlichen und politischen Folgen." Teilnehmer zahlen pro Abend 19 Pf., Arbeitslose haben freien Zutritt. Be- ginn deS Vortrages pünktlich SA Uhr. Am Dienstag, den 29. d. MtS., abend SA Uhr im Wilhelminen. Hof: Oeffentliche Versammlung. Tagesordnung:„Die Hetze der Scharfmacher gegen das Koalitionsrecht der Arbeiter." Lrttz-Bucko«. Montag, den 19. d. MtS., Protestversammlung im Lokal von Becker, Britz , Chausseestr. 97. Referent Reichstags- abgeordneter Fritz Z u b e i l. Tempelhof . Dienstag, den 29. d. MtS., abends SA Uhr, im Restaurant„Zur Stadt Dresden ", Berliner Straße 78: Mitglieder- Versammlung. Tagesordnung: 1. Vortrag des Stadtverordneten Max Groger. 2. Diskussion. S. Wahl von drei Delegierten zur .Kreisgeneralversammlung. 4. Parteiangelegenheiten, v. Ver schiedeneS. Reinickendorf -West. Heute, Sonntag: Flugblattverbreitung von den bekannten Lokalen aus. Alt-Glienicke. Dienstag, den 29. d. MtS., abends 8 Uhr: Oeffentliche Protestversammlung im Lokal von Bohne, Grünauer Straße KS. Tagesordnung: 1. Vortrag über:„Freies KoalitionS- recht und die Hetze der Scharfmacher. 2. Diskussion. Tegel . Dienstag, den 29. d. MtS., abends SA Uhr: Mitgliederversammlung des Wahlvereins im Gesellschaftshaus, Schloß- itraße. Bortrag des Genossen Schönfeld über:„Alkohol und die Arbeiter." Eichwalde . Die Teilnehmer der heute in Zeuthen stattfinden- da» Versammlung, welch« die Bahn benutzen, wollen sich zu dem 7 Uhr 9 Minuten abfahrenden Zuge einfinden. Rosalthal. Heute, Sonntag, von früh 9 Uhr an: Flugblattverbrettung für alle Bezirke.— Die am Dienstag fällige Mit- gsiederverfammlung findet eine Woche später statt. Borsigwalde-Wittenau. Die Genossinnen und Genossen, welche an der Beerdigung der Hsenossin Strauß teilnehmen, treffen sich Montag, mittags 1 Uhr, im Restaurant Heider(früher Strauß), Ernst- und Räuschstratzen Ecke. RIatgenthal, Zepernick , Buch. Heute vormittag vom Genossen Buchholz, aus. auf die ein hilfloses junges Mädchen in der Großstadt nur zu leicht geraten kann.— Wieder wurde es Abend. Wieder stand die Obdachlose vor der Frage: Wo bleibe ich über Nacht?— Sie ging die Friedrichstratze entlang. Diesmal schon mit dem Wunsche, es möge sie ein Herr einladen. Eine Freundin, die im Umgang mit Männern nicht mchr ganz unerfahren war, hatte sich zu ihr gesellt und suchte durch freundliche Blicke die Aufmerksamkeit der vorübergehenden Herren auf sich zu lenken. Eine Einladung erfolgte nicht. Aber es kam ein Schutzmann von der Sittenpolizei. Zur Wache ging es und eine Anklage wegen gewerbsmäßiger Unzucht folgte. Vor dem Jugendgericht stand die Sechzehnjährige. Hart am Rande des Abgrundes. Eine Verurteilung würde sie hinabstoßen. Sie würde der sittenpolizeilichen Kontrolle überliefert werden. Einmal in diesen Abgrund geschleudert, findet ein Mädchen selten wieder den Weg, auf dem die Ehr- barkeit wandelt. Weinend schilderte die jugendliche Angeklagte ihr Ge- schick. Ihren„Fall" am ersten Abend gab sie ohne Umschweife zu. Dagegen bestritt sie, am zweiten Abend durch ihr Ver- halten Männer angelockt zu haben. Der als Zeuge ver- nommene Sittenschutzmann, anfangs so bestimmt in seiner Aussage, wie es die Schutzleute in der Regel sind, mußte auf Vorhaltung des Richters schließlich zugeben, es sei doch mög- lich, daß nicht die Angeklagte, sondern nur ihre Freundin Blicke und Gebärden an die vorübergehenden Herren gerichtet habe.— Die Angeklagte wurde freigesprochen. Vor dem Sturz in den Abgrund blieb sie bewahrt. Das ist ein Einzelfall, wie er sich in Berlin jeden Tag er- eignet, und er ist typisch dafür, wie ein unerfahrenes junges Mädchen der Prostitution in die Arme getrieben wird. Eine momentane Notlage. Die Versuchung naht. Die sittliche Kraft und Einsicht— wer wollte sie von einer Sechzehn- jährigen erwarten?— ist nicht stark genug, um der Lockung zu widerstehen. Dann kommt die Sittenkontrolle, und nun gibt es kein„Zurück" mehr auf der abschüssigen Bahn.— Ein Schauder ergreift den, der daran denkt, daß in solchen Fällen die ganze Zukunft eines Mädchens an dem seidenen Faden einer Schutzmannsaussage hängt. Ein Glück für die Sechzehnjährige, daß sie vor der Sitten- kontrolle, die drohend die Hand nach ihr ausstreckte, gerettet wurde. Aber einer anderen Institution ist sie verfallen die Fürsorgeerziehung wurde verhängt. Die katholische Er- ziehungsanstalt„Zum guten Hirten" hat das Mädchen auf- genommen. Da werden nun fromme Ordensschwestern durch strenge Zucht und fleißiges Beten ihr Erziehungswerk an der „Gefallenen " versuchen.— Gewiß bedarf das Mädchen einer verständigen erzieherischen Fürsorge. Aber Einsicht und päda- gogisches Verständnis wird man in dieser katholischen Anstalt vergebens suchen. Es bleibt also immer noch die Frage, ob das Mädchen, wenn es später des Anstaltszwanges ledig ist und wieder in Not gerät, nicht doch noch den Gefahren der Großstadt zum Opfer fällt. Wenn es nicht geschieht, dann liegt das gewiß nicht an der Erziehungsarbeit der frommen Schwestern._ Schneeluft. Die große Kälte ist verraucht. Um den Gefrierpunkt herum tänzelt das Thermometer. Der Himmel ist mit einem drohenden Grau verhängt, in dem gelbliche Töne spielen. Um die Mittagsstunden überwiegt das Gelb, sonst das Grau. Und zwischen diesem bleiernen Winterhimmel und der hartgefrore- ncn, hier und da weiß getupften Erde schwelt ein dicker Nebel. Sein milchiger Dunst hat alles dick umwölkt, daß das Auge keine hundert Schritte weit deutlich zu sehen vermag. In seiner schweren Feuchtigkeit geistern die Umrisse der Häuser, die Silhouetten der Bäume und Zäune, die starren Linien der Laternenpfähle und Straßenbahnmasten. Tropfend hat sich diese Nebelfeuchtigkeit an alles gehängt: an die Maschen des Drahtgeflechtes, an Eisengestänge und Astwerk. Das aber ließ der Frost nicht lange zu. Er überraschte mit seinem kalten Hauch die nassen Hüllen, daß sie erstarrten und sich in eine blitzende, schneeüberstäubte Eiskruste umwandelten. Nun glitzert und blinkert es überall, wo noch nicht geschlossene Straßenfluchten den Blick ins Freie wehren. Wie eine Zauberwelt liegt das Land da im brodelnden Nebel. Der hart- gefrorene Boden hallt unter dem Tritt. Fröstelnd flattern nahrungsuchende, dick aufgeplusterte Vögel umher. In düsterer UnHeimlichkeit glotzt der Himmel. Der Frost hat nicht auf- gehört: er scheint nur zu verschnaufen und Atem zu holen. Der kurze Tag gewährt keinen Sonnenblick. Der Winter fühlt sich im Vollgefühl seiner Macht, und die Luft hängt voll Schnee... WWitS||tSl»l|Ul; O�vvvmilf H Wichtige Flugblatt Verbreitung Wikhelmstr. SS(Röntgenthal), o 8 Uhr: Kaise» öerliner Nachrichten. hart am /lbgrunAe. Kaum sechzehn Jahre alt, war sie als Dienstmädchen stellungslos geworden. Eine neue Stellung hatte sie nicht ge- funden, Angehörige hat sie nicht in Berlin . Nun stand sie stellungs- und obdachlos auf der Straße. Der Abend kam und sie wußte nicht, wo über Nacht bleiben?— Ratlos irrte sie durch die Stadt. Sie kam in eine belebte Straße, da sprach sie ein Herr an. Freundlich lud er sie ein, ihm auf sein Zimmer zu folgen.— Der Obdachlosen bot sich Aussicht auf ein Nachtlager, vielleicht auch auf ein Abendessen. Die Sechzehnjährige mag wohl keine klare Vorstellung davon ge- habt haben, was solche Einladung bedeutet und daß der Freundliche auch von ihr eine Gefälligkeit erwartet. Ein Pachtung an einzelne Kolonisten eine derartige Arbeiisvermehrung Nachtlager und ein Abendessen— das ist es, was sie in diesem für die Stadt bedeutet, daß ihr dadurch Schaden erwüchse". Dem Augenblick braucht. Also ging sie mit.— Als eint„Ge- ist entgegenzuhalten, daß sich dem Magistrat in der Landpacht« fallene" verließ sie am nächsten Morgen das Junggesellen» Genossenschaft des Verbandes der Laubenkolonisten und logts.— Das war der erste Schritt auf der abschüssigen Bahn, anderen wesenSvertvandten Organisationen und deren geschäftS- Aus der Kunstdeputation. In der gestrigen Sitzung der Kunstdeputation wurde be- schlössen, wie in früheren Jahren, zu Zwecken der Prämiierung und von Ankäufen hervorragender Leistungen aus der Großen Berlmer Kunstausstellung 12(XX) M. für dieses Jahr zur Ver- fiigung zu stellen. Gleichzeitig ist in Aussicht genommen, den mit städtischen Ehrenpreisen Bedachten künstlerische Plaketten zu verleihen. Behufs Gewinnung geeigneter Entwürfe und zur Hebung der Plakettcnkunst soll für Berliner Künstler ein Preisausschreiben veranstaltet werden. Die Deputation hat ferner beschlossen, das lebensgroße Bild des Baurats Waesemann, des Erbauers deS Rathauses, das von Theodor Ziegler gemalt ist, für die Stadt zu erwerben. Ebenso soll ein sehr bezeichnendes Bild von Paul Meyerheim , einen Löwen darstellend, angekauft werden. Um zu vermeiden, daß bei den zukünftigen Ankäufen von Kunstwerken zufällige Angebote eine unberechtigte Rolle spielen und dadurch eine Bevorzugung erhalten, ist zur Vorbereitung der seitens der Stadt künftig vorzunehmenden Ankäufe von der Deputation eine Kommission von 7 Mitgliedern gewählt worden. Laubenkolonisten und Magistrat. Der Verband der Laube ntoloni st en Berlins und Umgegend und die von ihm gegründete Landpacht-Ge- n o s s e n s ch a f t hoben eine Erklärung gegen die Aeußerungen des Magistrats und der Grundeigemumsdeputanon abgegeben, in der es u. a. heißt:„Der Magistrat behauptet, er müsse da« städtische Laubenland an private Generalpächler vergeben,„weil die Ver- führenden Voisitzenden.Generalpächter" boten, mit denen der Geschäftsverkehr sich ebenso einfach gestaltet hätte, wie mit den privaten Generalpächtern. Die Allgemeinheit genösse dabei aber den Borteil, mit dem Profitaufschlage des privaten Zwischen- Händler« nicht belastet zu werden. Daß die„Landpachtgenossen- schafl" befähigt ist. die Pflichten eines Generalpächters im gemein- nützigen Interesse zu erfüllen, hat sie längst bewiesen. Die Ge- nossenschaft ist heute schon Generalpächter von 41 Ko- lonien. Darunter befinden sich auch Berliner städtische Gelände. Die Genossenschaft hat dies zuwege gebracht, indem sie Privat- Personen als Pächter vorschob. Eine einzige Kolonie hat die Genossenschaft direkt von der Stadt Berlin gepachtet. In diesem Falle trat sie in den Verlrag des vorgeschobenen Pächters ein, nach- dem dieser aus dem Verbände ausgetreten war. Der Magistrat behauptet: Die Verpachtung deS städtischen Freilandes zur Laubensiedelung brächte der Stadt keinen finanziellen Vorteil, weil die Gcmeindegrundsteuer den Pachtertrag übersteige. Lastet denn die Grundsteuer nicht auch auf dem Boden, wenn er nicht von Laubenkolonisten gepachtet, Oedland oder Ackerboden geblieben wäre? Die Verminderung der Steuerlast um den Betrag der Laubenpacht kommt fraglos einem finanziellen Gewinn der Stadt gleich. Die Verpachtung deS städtischen FreilandcS als Ackerboden rentiert sich für die Stadt nicht entfernt in dem Maße wie die Laubenpacht. Am Bärenwinkel in Neukölln hatte die Stadt etliche Morgen als Ackerland gum Preise von 16 M. pro Morgen an Bauern verpachtet. Der Bertrag mit dcir Bauern lautet bis Oktober 1914. Die Landpachtgenossenschaft der Berliner Laubenkolonisten braucht das Land und trat mit einem Angebot an Berlin heran. Sofort erhöhte die Stadt den Pachtpreis auf 76 M. pro Morgen. Außerdem legte sie der Landpachtgenossen- schaft die harte Bedingung aus, pro Parzelle(je 4 Morgen) 1b9 M. Kaution zu stellen. Der Magistrat gibt zwar an, daß daS Generalpächterunwesen die Steigerung der Pachtpreise verschuldet habe, behauptet aber gleichzeitig, daß die Landpachtgenossenschast sich mitschuldig gemacht habe. Dem hält der Verband der Laubenkolonisten entgegen, daß er bereits im Jahre 1999 beschlossen hat, sich bei den Ausbietungen des städtischen Laubcnlandes nicht zu be- teiligen und daß er sich auch dementsprechend verhalten habe. Trotz- dem sind die Pachtpreise immer höher geklettert. Die Landpacht- genosienschaft erinnert an den Vorgang, der sich anläßlich.der Neu- Verpachtung der Kolonie Moorecke im Bureau der Grund- eigentumSdeputation abspielte, wobei die Deputation selbst den Preis hochtrieb. Der Verband der Laubenkolonisten hält an seiner Behauptung fest, daß die Differenz zwischen der vom Unterpächter an den Generalpächter und der vom Generalpächter an die Stadt Berlin zu entrrchieitden Pacht mitunter bis 190 Proz. beträgt. Der Verband ist in der Lage, nachzuweisen, daß die Generalpächter durchschnittlich mit 30 Proz. Reinverdienst arbeiten. Der Magistrat nennt als Summe der von den Generalpächtern der Stadt Berlin gezahlten Pachtbeträge 82 9ö9 M, als Summe der von den Kolonisten den Generalpächtern gezahlten Beträge 96 439 M. Wie der Magistrat zu dielen Zahlen gelangt ist, ist vorläufig sein Geheimnis; die Richtigkeit der Zahlen zu bezweifeln, haben wir ein Recht. Nimmt man für die 18 999 Kolonisten auf Berliner Gelände den Mi» nimaldurchfchnittspreis von 1b M. pro Parzelle an, s» ergibt sich ein ganz anderes Resultat. Der Magistrat behauptet, die Generalpächter geben Kinderspiel« platze und Wegeflächen von ihrem Pachtgelände unentgeltlich her. Davon ist dem Verbände der Berliner Laubenkolonisten nichts be- kannt. Man weiß im Gegenteil, daß die zur Anlage von Wegen erforderlichen Flächen stets als Pachtland von den Kolonisten mit Geld aufgewogen werden müffen. Zugemessen wird dieses Land nach dem sogenannten„Generalpächtermaß", welches vom Normalmaß— wie erwiesen ist— bedeutend abweicht. Kinder- spielplätze findet man einzig in den Kolonien eingerichtet, die von der Landpachtgenossenschast und anderen gemeinnützigen Vereinen in Einzclpacht vergeben und verwaltet werden. In den sogenannten Generatpächterkolonien trifit man wohl einen Platz vor der Kantine, der jedoch den Kindern als Spielplatz verboten und für den Kantinenbetrieb reserviert ist. ES trifft zu, daß die GrundeigentumSdcputation beschloffen hat, Kantinenbetrieb aus städtischen Geläuden nicht zu dulden. Sie hat auch beschlossen. Gastwirte als Gencralpächter nicht mehr zuzulasscu. Aber bis in die jüngste Gegenwart hat die Grundeigentums- deputation gegen ihre eigenen Beschlüsse gehandelt. Zu der Bemerkung des Magistrats, daß jeder Pächter auf Ge» noffenschaftsland erst 19 M. bezahlen muffe, um überhaupt eine Par- zelle von der Gelioffenschafl zu bekommen, erklären wir, daß dies die Unwahrheit ist. Wahr ist, daß die Genossenschaft über 3009 Parzellen an Laubenkolonisten verpachtet hat, selbst aber nur 499 Mitglieder a ein Anteil von 19 M. zählt. Diese Tatsache haben wir der Grundeigentumsdeputation de« Berliner Magistrat« des öfteren erklärt. Der Verband der Lauben« k o l o n i st e n hat nicht 3999 sondern 9999 Mitglieder. Wir haben kürzlich un» schon gegen daS bisherige VerpachtungS« system des Magistrats gewendet und dargelegt, daß au« sozialen Gründen das jetzige Verfahren unhaltbar ist. Ein Hochtreiben der Pachlpreise hätte schon längst verhütet werden können, wenn der Magistrat eine mäßige, feststehende Pachtsumme ein für allemal fest- gesetzt hätte. � Pastor v. Soden. Pastor v. Soden, der dieser Tage auf der Untergrundbahn tödlich verunglückte, war ein Many von tieiem sozialen Empfinden. Für die Srbeuerbewegung hatte Herr v. Soden besseres Verständnis als jene christlickien Arbeiterfeinde der Jmmanuelgemeinde, die kürz- lich in einem Flugblatte die Arbeiterbewegung und ihre Führer ver- spotteten und verhöhnten und die Streiker nur als„Hetzer" be- zeiwnelen. Als im Jahre 1897 die Berlmer KonfektionSarbeiter und Arbeiterinnen sich aufrafften, um aus dem entsetzlichen Elend etwa« herauSzulommen, da geHörle zu denen, welche dieser Be- wcgung ihre volle Sympathie zuwendeten, auch Herr Pastor v. Soden. Ader nicht nur mit dem Herzen war Herr v. Soden bei den KonseltionSiklaven, auch mir der Tat trat er für die Aermsten ein. Pastor v. Soden veranstaltete selber Geld« iammlungen sür die Streikenden und wiederholt sprach er auf der Redaktion des„Vorwärts" vor, um uns die gesammelten Gelder einzuhändigen. Diese Tat haben wir Herrn v. Soden nicht vergessen und deshalb bedauern auch wir das tragische Ende des ManneS, der so ganz anders war als viele seiner Amlsbrüder, welche die Arbeiterbewegung in der unglaublichsten Weise begeifern. Gegen die Allgemeine Ortskrankrnkafse richtet sich die Empörung einer großen Zahl von Kranfen, die ge- nötigt sind, an der Meldestelle in der Gerichtstraße ihr Krankengeld
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