abgeordneten der nationalltberalen und fortschritt. lichen Volkspartei statt, der auch der Generalsekretär der sächsischen Nationalliberalen beiwohnte. Zwischen beiden Parteien und Fraktionen wird schon lange über ein Kartell für die nächsten Landtagswahlen im Jahre 1915 verhandelt. Für einige Bezirke Sachsens soll bereits eine Verständigung erzielt sein, in anderen scheint der Handel aber aus größere Schwierig- leiten zu stoßen. Zu letzteren gehört auch die Lausitz, wo die Sache wegen der N a ch w a h l am 26. Februar aktuell und dringlich geworden ist. Die Fortschrittler haben in der Lausitz noch einen stärkeren Anhang als in anderen Bezirken Sachsens und überdies in der„Z i t t a u e r M o r g e n z e i t u n g" ein verhältnismäßig «inslußreichcs Blatt. Ueber den Lausitzer Bezirk wurde nun in der fraglichen Sitzung verhandelt. Der nationalliberale Vertreter suchte eindringlich dar- zutun, daß es.im Lande einen guten Eindruck und auch S'ch u l e machen" würde, wenn beide Parteien im zweiten Kreise, wo die Landtagsnachwahl für unseren verstorbenen Ge- nassen Riem stattfindet, zu einer Verständigung kommen würden. Die Freisinnigen stimmten dem durchaus zu und erklärten sich zum Entgegenkommen bereit. Man erklärte:„Wenn wir die Lausitz für dieses Kartell haben, dann haben wir das ganze Land!" Der freisinnig« Abgeordnete, der auch im Landesvorstand seiner Partei und im Fraktionsvorstand sitzt, ver- sichert« darauf, daß er persönlich alles tun werde, um eine Einigung zu erzielen. Sie werde allerdings nur auf der »Basis der Parität" zu erzielen sein. Demgegenüber warf der nationalliberale Vertreter die bange Frage auf: Wird denn die .Zittauer Morgenzeitung" damit einverstanden sein und ihre Haltung danach einrichten? Darauf wurde von der anderen Seite erwidert, daß das als selbstverständlich angenommen werden müsse und könne. Darauf der Nationalliberale:„Wir müssen eben zusammenhalten, besonders auch gegen die Konser- vativen." In der weiteren Erörterung spielte die Präsidenten- frage für den nächsten Landtag ein« Rolle. Der frei- sinnige Vertreter meinte, der nationalliberale Präsident sei ge- fährdet, wenn die Konservativen gestärkt aus der Landtagswahl hervorgehen sollten. Schon das müßte für die Nationalliberalen Grund genug sein, den Freisinnigen entgegenzukommen. Auf eine Einwendung des nationalliberalen Generalsekretärs erwiderte der Freisinnige:.An mir liegt es nicht, Herr Generalsekretär. "— Nach stundenlangen Verhandlungen kam man— als Grundlage einer Einigung in der Lausitz — zu dem Ergebnis, daß im ersten, dritten und fünften ländlichen Landtagswahlkrcise die National- liberalen die Kandidaten stellen sollen, im zweiten vierten und sechsten die Freisinnigen. Die EinigungSbestrebrmgen der Liberalen kamen also zu einem positiven Resultat. Das kann von Wichtigkeit für den Ausfall der Wahlen werden. Die sächsische Sozialdemokratie wird davon weniger berührt und kaum benachteiligt, weil sie in der Nach- wähl ja auch ohnedies auf liberale Stimmen nicht oder doch nur in ganz geringem Maße rechnen kann. Den Konservativen aber wird ein schwerer Schlag versetzt, wenn sie infolge eines Kar- tclls der Freisinnigen und Nationalliberalen in allen Kreisen auf pch allein angewiesen sind. Der Streik in Südafrika . Der große Streik in Südafrika kann als gescheitert gelten. Sowohl aus den Goldminenbezirken, als aus den größeren Verkehrszentren lausen Meldungen in Kapstadt ein. daß ein großer Teil der Streikenden zur Arbeit zurückkehrt. Tie Regierung führt die von ihr verhängten Ausnahme- maßnahmen mit größter Strenge durch. Sie hat die Aei- tungszensur eingeführt und duldet keine Ansammlungen irgend welcher Art. Zugleich läßt sie massenhaft Verhaftungen vornehmen. Auch ein Mitglied der Arbeiterpartei im süd- afrikanischen Parlament. Creswell, ist, wie aus Johannesburg gemeldet wird, verhaftet worden. ** * Johannesburg , 18. Januar. Das Mitglied des Gemeinde- rats von Bocksburg, Mitgliod der Arbeiterpartei, Williams, ist aus Grund des Kriegsrechtes verhaftet worden. /tus Groß-öerlin. Gröensfalbe. Das preußisck»« Ordensfest, das in der Regel auf den 18. Januar fällt, feiert man noch mit all jenem Pomp und Zopf, wie es vor hundert und mehr Jahren üblich war, und in der Zahl der bestehenden Orden wie in ihrer Verleihung ist der Zopf sogar ein riesiges Stück länger geworden. Ein recht teurer Zopf! Haben es doch die Staatskarrenlcnker fertig bekommen, trotz der aus allen Löchern des zerwühlten Reiches herauslugenden Not noch weitere 150 000 M. für Orden, die Hälfte mehr als bisher, in den preußischen Etat einzustellen. Für solchen Zweck, der die Ordcnsaktirn der Dreiklassenmänner höher steigen lätzt, funktioniert natürlich die Bewilligungs- Maschine immer. An der schier endlosen Ordenslitanei, an der Gründung immer neuer Orden erkennt man so recht, in welchen veralteten, halb versteinerten Anschauungen noch der Hof und alles, was rings um die Sonne scharwenzelt, befangen ist. Auf großzügige Staatsreformcn warten wir vergebens, trotz aller feierlichen Versprechungen... statt der Erfüllung von Rechtssorderungen werden Jahr um Jahr neue Ordensdekorationen geschaffen und zum großen Teil an solche„Ritter " verliehen, die das Volk um seine Rechte bemogeln. Die denkende Welt hat längst für diese Buntspliiter nur noch ein heiteres Lächeln übrig. Für die höfische, militärische, beamtete und neben diesen be- vorzugten Ständen rückhaltlos mithumpelnde Gesellschaft ist die Ordenssalbe, die manckie Freundschaft erlialten und manche Wunde heilen, auch manchen widerspenstigen Mund stopfen soll, immer noch Lebenselixier. Was oft hinter den Kulissen spielt, um einen Orden zu ergattern, mag identisch sein niit einer Schlammflut. Beweist doch die Tatsache, daß einflußreiche oder angeblich viel- vermögende Persönlichkeiten ungeniert in Zeitungsinseraten Orden- und Titelschacher treiben, wie tief der ideale Wert einer Ordensverleihung in beutiger Zeit gesunken ist. Wollte nian gar erst nachforschen, welche Verdienste an den einzelnen OrdensgZchenken kleben, so käme die Welt aus dem Lachen gar nicht heraus. Ob man einem Kellner ein reichliches Trinkgeld oder einem Sonnentrabanten einen Stern gibt, dessen Kosten notabene das Volk bezahlt, das ist so ziemlich dasselbe geworden. Ironisch sagt schon Georg Herwegh : „Jeder Mensch hat seinen Stern, jeder Hofrat seinen!" Von einigen wenigen Sonderfällen abgesehen, die dann oft auch noch zur Kritik herausfordern, hat natürlich derjenige, der zu verleihen geruht, über die zu beglückenden und von ihren Knopflochschmerzen zu befreienden Persönlichkeiten gar keinen Ueberblick mehr. Die Orden werden in der Hauptsache vom Chor der Landräte und von den Spitzen anderer Behörden, die ihre Sammel-Vorschlagslisten der Generalordenskom- Mission einreichen, verliehen. S. M. machen nur noch einen Federstrich. Und so stimmt es wieder, was der Dichter singt: Das ist ein Fürst, der das Talent Huldvoll verschont. Wem keins geworden— Dem deckt er gnädigst und dezent Die Lücke zu mit einem Orden. Groftfeuer in den Eisenbahnwerkstätten des Lehrter Bahnhofes. Ein großes Schädenfeuer wütete in den frühen Morgenstunden des Sonntags auf dem fiskalischen Gelände Lehrterstraße 23/24. In dem etwa 39 Meter langen Werkstättengebäude des Lehrter Bahnhofs war aus bisher unbekannter Ursache ein Feuer ausgekommen, das bei Ankunft des ersten Löschzuges bereits so um sich gegriffen hatte, daß das ganze Gebäude lichterloh in Flammen stand. Da nach Lage der Dinge von dem eigentlichen Wcrkstättengobäude nichts mehr zu reiten war, richteten die Lösch- Mannschaften, insgesamt sieben Fcuevwohrzüge, ihr Hauptaugcn- merk darauf, die in der Nähe stehenden Baulichkeiten zu schützen. Der Brand fand an den Vorräten des im Wevkstättengebäudc unter- gebrachten Magazins, in dem größere Posten Sitzpolster, Hölzer und Wergvorräte lagerten, überreiche Nahrung. In mächtigen Garben schlugen die Flammen zum Himmel empor. Schon fing das Dach eines benachbarten großen Wasserturmes Feuer und auch ein Teil des Daches der Schmiede begann zu brennen, doch gelang es schließ- lich der Wehr, die mit 12 Röhren dem Feuer zu Leibe ging, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. Nach etwa dreistündiger Arbeit war die Gefahr beseitigt und ein Teil der Löschzüge konnte den Brandplatz verlassen. Die vollständig« Mlöschung der Brand- trümmcr und die Aufräumungsarbeiten hielten jedoch zwei Züge der Feuerwehr bis in die Nachmittagsstunden auf der Brandstelle fest. Das Werkstättengebäude ist vollständig ausgebrannt. Leider hat sich bei den Löscharbciten ein schwerer U n- glücksfall zugetragen. Der Brandmeister Grabow wurde bei dem Einsturz eines Teiles des brennenden Gebäudes von den Trümmern getroffen und zog sich einen komplizierten Bruch des linken Oberschenkels und verschiedene Kon- tusionen am Kopf zu. Bei der Rettung des Brandmeisters, derunterdenTrümmernbegrabenwurde, erlitten noch mehrere Feuerwehrleute durch nachstürzende Teile des Daches Verletzungen. Brandmeister Grabow wurde nach dem Augusta-Hospital gebracht, während die leichter verletzten Feuer- Wehrleute in ihre Wohnungen geschafft wucken. Wintersport. Die Seen in der Umgebung von Berlin waren gestern das Ziel ungezählter Tausender, die auf den spiegelblanken Flächen sich dem frischen, gesunden Sport hingeben konnten. DaS Eis hatte zwar nirgends eine größere Stärke als 12 bis 13 Zentimeter uno mitunter krachte und knackte es unter den Füßen der Laufenden ganz bedenklich, doch sind schwere Unfälle vom gestrigen Tage glücklichertveise nicht zu verzeichnen. Die Friedrichshagener Polizei hatte noch in den Morgenstunden eine genaue Unter- suchung der Eisdecke des Müggelsees vorgenommen und, da das Eis bis auf einigt Stellen an der Ostseite durchschnittlich 12 Zentimeter stark war, den See freigegeben. Man muß ihn gesehen haben, jenen märkischen Riesen, der schon so manchem WassersportSmann zum Verhängnis geworden ist. Wer erinnert sich nicht an diesen oder jenen stürmischen Tag, wo selbst größere Fahrzeuge seine tückischen Wellen fürchten. Jetzt liegt er gebändigt vor uns und läßt sich buchstäblich mit Füßen treten. Von Friedrichshagen bis zum Rahnsdorfer Ge- münde, von den Wasserwerken bis nach Rübezahl , eine ein- zige gewaltige Eisfläche. Schon in den frühen Morgenstunden pilgerten Alt und Jung mit Schlittschuhen be- waffnet und angetan mit allen möglichen Wintersportkostümcn hinaus. Die Eisenbahn hatte borsorglich Extrazüge laufen lassen, aber gegen Mittag vermochten auch diese kaum, den gewaltigen Menschenstrom zu befördern. In den ersten Vormittagsstunden lag noch ein schier undurch- sichtiger Nebelschleier über dem See. Ein« um 19 Uhr angesagte Eissegelregatta mußte vorläufig verschoben werden, das Eis war zwar gut, aber der Wind fehlte noch. Nach einer Stunde ver- kündeten Böllerschüsse den Anfang der Wettfahrt, und von kräftigen Händen angestoßen, sausten die Schlitten pfeilschnell über die Eis- fläche. Allerdings wähnten sich die Segelsportler Herren des SeeS ; unaufhörlich tuteten sie, und wer ihnen nicht Platz machte oder nicht schnell genug bei Seite sprang, bekam ein Schimpfwort zuhören. Ein junger Mann wurde sogar über den Haufen gefahren. Vier Gendarmen sorgten zuerst für Absperrung, um die Menge nach der „polizeilich abgesteckten Bahn" zu dirigieren, aber die immer mehr zuströmenden Menschen machten das später illusorisch. Segel- schlitten, Eisseglcr, Schlittschuhläufer und Spaziergänger in un- gezählter Menge bewegten sich am Nachmittag auf der blanken Fläche, die inmitten der von Rauhreif bedeckten Wälder ein präch- tiges, reizvolles Bild bot. Auch der W a n n s e e, der Schlachten- s e e und der N e u e S e e im Tiergarten waren von vielen Taufen- den besucht. Zeichen der Zeit. Mit einer Kinderaussetzung hatte sich am Sonnabend die Polizei in K ö p e n i ck zu beschäftigen. In einem Haus« in der Garten- straße erschien eine Frau in Begleitung ihrer drei Kinder im Alter von zwei bis zu fünf Jahren. Sie ließ die Kleinen bei einem Mieter unter dem Vorwand zurück, sie werde nur in der Nachbar- > schaft etwas besorgen, worauf sie sich entfernte. Vergeblich warte- ten die Zurückgebliebenen auf die Rückkehr der Mutter. Diese hatte inzwischen Köpenick wieder verlassen und war nach Berlin ge- fahren. Am Sonntag wurde sie hier ermittelt und festgenommen. Sie gckb zu, ihre drei Kinder vorsätzlich ausgesetzt zu haben, und befragt über die Motive, erklärte sie, sie habe es aus großer Not getan. Sie sei von Graudenz nach Berlin gekommen und habe schon hier vergeblich versucht, die Kleinen loszuwerden, da- mit sie nicht zu hungern brauchten. Fuchsjagd in Pankow . Ein seltenes Jagdvergnügen gab es am Sonnabend auf dem Grundstück Breitestr. 17 in Pankow . In den Fabrikräumen der Firma Gebr. Wienecke vernahmen die Arbeiter nachmittags plötzlich ein verdächtiges Geräusch und plötzlich sprang ein aus- gewachsener Silberfuchs aus einem Versteck hervor. Im ersten Augenblick war man einigermaßen entsetzt über das unan- gemeldete Erscheinen des Tieres. Tann aber wurde eine förmliche Jagd auf Meister Reineke unternommen. Der Flüchtling eilte jetzt auf den Fabrikhof hinunter und hier gelang es, ihn zu er- schlagen. Wie sich herausstellte, war das wertvolle Tier dem Restauraieur Marschner g e st o h l e n worden. Jedenfalls ist der Dieb mit seiner Beute, die recht bissig war. nicht weit gekommen.' Theater. SozictäiStheater: Der Bogen des ObhffeuZ von Gerhart Hauptmann . Das neue Werk Hauptmanns, das am Sonnabend im Künstler- theater Sozietät die Uraufführung erlebte, ist durchaus nicht ein Zeichen neuen dramatischen Aussteigens. Das deutsche Drama gewinnt daran so wenig, wie der Dichter. Aber an Beifall hat es dem Werke keineswegs gefehlt. Von diesem Punkte aus ist sogar zu buchen, daß der Dichter einen so starken und unumstrittenen Erfolg lange nicht gehabt hat. In die Ovationen nach dem Fallen des Vorhangs mischten sich diesmal keine Anzeichen der Opposition, nur die stürmischen Hervorrufe für Hans Marr, den Darsteller des Odhsseus, der allem, wonach des Dichters Phantasie gerungen und was der Leser des Stückes wie aus der Ferne, mehr ver- wundert als erschüttert spürt, einen Ausdruck von wundervoll ein- facher Monumentalität gegeben hatte. Es war das ein Wurf, der diesen bisher meist nur in kleinen Charakterchargen den Reich- tum seines Wesens offenbarenden Schauspieler in die Reihe unserer ersten Bühnenkünstler rückt. Er überraschte durch ein« Seelen- Plastik, die an Karl Wegeners Meisterleistung in dem sonst ja durch eine Welt vom Werke Hauptmanns geschiedenen Strindberg- schen.Totentanz" erinnerte. Sein Spiel schuf eine Spannung, stark genug, die mancherlei Hemmungen zu überwinden, die der Bühnenwirkung durch das äußerst langsame, in vielfachen Wieder- holungen der gleichen Kontraste sich bewegende Entwickelungs- tempo gedroht hätten. Die Keime der Dichtung liegen West zurück. In den Tagebuch. blättern seines Buches„Griechischer Frühling" vom Jahre 1998 er- zählt Hauptmann, wie ihn die Erinnerung an die Homerische Odyssee, an die Gestalten des Telemach und d«S Hirten Eumaios auf der Reise begleiteten. Damals entstanden Szenen zu einem „Tclemach"-Drama, das, nach den Andeutungen, ursprünglich wohl wesentlich naiv und idyllisch werden sollte. In dem Werk, wie es sich dann schließlich ausgestaltete, im„Bogen des Odysseus ", klingt dies Moment Homerischer Naivität nur noch in einigen wenigen Stellen an. Telemach , Odysseus Sohn, tritt hinter den Vater ganz zurück und interessiert im Grunde wenig. Von seiner sanften Knabenart hört man nur durch die Spottrcden der Freier und der üppigen, dirnenhaft-frechen Magd Melanto. Die Wandlung zu kriegerisch mannhaftem Sinn wird in dem Stücke durch den Einfluß eines ziemlich blaß geratenen, von Hauptmanns sonstiger Stilart fernabliegenden Heldenmädchens, der Enkelin des Eumaios, motiviert. Dies und alles andere ist bloß ein Drum und Dran, bestimmt, der Scelenschilderung des nach zwanzigjährigen Kämpfen und Irrfahrten Heimkehrenden, die übermütigen Freien strafenden Odysseus, ein äußeres dramatisches Relief zu geben. Nicht der list- reiche, nicht nicdcrzubrechende Odysseus, den die freundliche Schutz- göttin Athene durch alle Fährnisse schließlich zu ruhig stillem Glücke führt, sondern Odysseus , der Dulder, ist der Held des Dichters: ein Dulder, der, grundverschieden vom Homerischen, im Leiden den Glauben an das Glück, ja auch die Fähigkeit dazu verloren, ein Hiob, der, elend in allem strahlenden Ruhme, von der Qual und Nichtigkeit menschlichen Lebens tief durchdrungen ist. So sieht ihn Hauptmann. Aus dieser Quelle der Empfindung fließt die Poesie des Werkes, das lyrisch, nicht dramatisch geivertet sein will. Ein zerlumpter, von Krämpfen gerüttelter, in Wahnideen be- fangener Bettler, der sich nicht mehr entsinnt, was ihn hierher ver- schlagen, naht der Hauptmannsche Odysseus dem Gehöfte des gast- lichen Eumaios. Der Freudenrausch, als er erfährt, das Eiland sei seine Heimat Jthaka, läßt ihn wie tot zusammenbrechen. Lang wahrt er sein Geheimnis in der Brust, halb irr, halb Irrsinn heuchelnd, um den Argwohn der Feinde nicht zu wecken. Er sieht den Sohn, hört ihn von den Heldentaten des großen und berühmten Vaters schwärmen. Da übermannt ihn die Bewegung, es fährt' aus ihm heraus, er selber sei Odysseus . Aber ungläubig und an- gewidert vom Anblick des Entstellten wendet Telemach sich ab. Wie könnte der Erhabene, im Liede Gefeierte in solche Niedrigkeit ver- funken sein! Diese Szene, in eine wilde Klage des" Zurück' gestoßenen austönend, bildet den Höhepunkt des zweiten Aktes und wird vielleicht nur noch durch den schauerlich grotesken Tan� der beiden vom Schicksal geschlagenen Greise im dritten Aufzug über- boten. Odhsseus findet Laertes, den geliebten Vater, gleich ihm selber in Lumpen eingehüllt, gebeugt und elend. Schluchzend fällt er ihm um den Hals, und der kindisch gewordene Greis, durch diese ungewohnte Zärtlichkeit gerührt, drebt sich, alles rings umher vor- gessend, unter dem Gelächter der Mägde mit dem Fremden, dem Heldensohne, taumelnd verzückt im Kreise. Ein schneidend bitteres Bild des Jammers.— Erst die Begegnung mit den Freiern ent- flammt die Kraft des Herrscherwillens in Odysseus wieder, reckt den geduckten Nacken für Augenblicke drohend.auf: der Heros kündigt sich an. So muß endlich auch Telemach erkennen, daß der Fremde, der sich seinen Vater nannte, wahr gesprochen hat. In langaus- gesponnenen Szenen beim Gelage der trunkenen Freier in der Halle des Eumaios, wo Odysseus in Bettlergestalt das Herdfeuer hütet, bereitet sich das Werk der Rache vor. Telemach reicht dem zu mitleidslosem Grimm Gewachsenen den gewaltigen Bogen, den keiner spannen konnte, und höbnend mit wohlgezielten Schüssen streckt der Rächer die verhaßten Feinde nieder. Am nächsten Tage soll die blutige Abrechnung im Königspalaste vollendet werden.„In froher Mordlust" hüpft Odhsseus' Herz. Aber jenseits des Kampfes harrt seiner neues Leid. Er, der so viele listig täuschte, wird selber — er fühlt's voraus, das Mißtrauen— auch da? Mißtrauen gegen Penelope, die Gattin, ob sie die Treue hielt, nie aus der Seele bannen können. Neben dem genialen Spiele M a r r S und guten Leistungen (besonders R e i ch e r s Laertes) lief in der rstm R i t t n e r inszenierten Aufführung auch manches Kümmerliche einher. Herr Laos paßte nach seiner ganzen Eigenart so wenig zu dem Telemach , wie Else Lehmann zur Eurhkleia, der griechischen Schaffnerin. Von den vier Freiern brachte es nur einer zu be- wegterer Gestaltung, die anderen begnügten sich mit Lärmen. Und auch die Darsteller der Hirtenszene, aus der sich viel hätte machen lassen, versagten in der Siebe. � dt. Letzte Nachrichten. Erneuter Ausbrnch des Sakuraschima. Tokio , 18. Januar. (W. T. 93.) Aus Kagoschima wird gemeldet: Gestern kam es zu neuen schrecklichen Eruptionen auf der Insel Saknraschima, die die ganze Nacht hindurch andauerten. Ein großer Teil der Einwohner, welche zurückgekehrt waren, flüchteten aufs neue in Panik. Der Wind trägt finstere Wolken von Staub und Asche aus dem Vulkan nach der Stadt.___ Die Kämpfe in Albanien . Balona, 18. Januar. (Meldung der Agenzia Stefans.) Tie Gendarmerie, geführt von Offizieren, griff heute die Rebellen in der Nähe von Elbassan an. Die Rebellen wurden zurückge- schlagen; die Gendarmerie besetzte die Ortschaften Godolctsch und Labinot. Opfer des Eissports. Esse», 18. Januar. (W. T. B.) Beim Schlittschuhlausen auf der Ruhr sind heute nachmittag in der Nähe von Rellinghausen der zwölfjährige Sohn des MetzgermeisterS Becker und dessen Lljähriger Geselle e i ag ebro ch eu und ertrunle»,
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