Nr. 20.
Abonnements- Bedingungen: bonnements. Breis pränumerando: BierteljahrL 3,30 M., monatl. 1.10 wöchentlich 28 Pig. frei ins Haus. Einzelne Nummer 5 Big. Sonntags summer mit illustrierter Sonntags Beilage„ Die Neue Welt" 10 Big. PostAbonnement: 1,10 Mari pro Monat Eingetragen in die Post- Zeitungs. Breistifte. Unter Kreuzband für Deutschland und Desterreich. Ungarn 2,50 Mart, für das übrige Ausland
Mari pro Monat. Bostabonnements nehmen an: Belgien , Dänemark , Holland , Italien , Luremburg, Portugal , Rumänien , Schweden und die Schweiz .
Ericheint täglich.
31. Jahrg.
Die Infertions- Gebühr beträgt für bie sechsgespaltene Stolonel geile oder deren Raum 60 Pfg., für politische und gewerffchaftliche Bereinsimd Versammlungs- Anzeigen 30 Big. Kleine Anzeigen", das fettgebrudte Wort 20 Bfg.( zulässig 2 fettgebrudte Worte), jedes weitere Wort 10 Pig. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pfg., jedes weitere Wort 5 Bfg. Borte über 15 Buchftaben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Numiner müssen bis Ihr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Erbedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.
Zelegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 1983.
Francis de Pressensé.
Paris , 20. Januar. ( Privattelegramm des Borworts".) Genosse Francis de Pressensé ist heute nacht gestorben. Pressensé starb an den Folgen eines Schlag anfalls, den er am Freitag erlitten hatte. Das Bc- j gräbnis findet am Donnerstag statt.
Mittwoch, den 21. Januar 1914.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritplatz, Nr. 1984.
sorgung. Auf den Seiten 572 und 573 der Begründung gruppe E: Militär, Hof, freie Berufe usw., die sämtlich nicht wurde ausgeführt, daß der Reichszuschuß für jeden Versicherten Für die Hinterbliebenenrenten auf 3,588 M., also bei 14,8 wovon Millionen Versicherter auf 53 263 221 m. steigen werde,
für Witwenrente Witwengeld
"
"
Waisenrente Waisenaussteuer
verbraucht werde.
23,31 Prog. 4.67 66 63 5,39 D
.
"
Unsere französische Bruderpartei und mit ihr die ganze InterDie Ausgaben, die durch den Reichszuschuß von 25 M. nationale haben einen schweren und schmerzlichen Berzu jeder Waisenrente entstehen würden, würden auf 35 489 284 luft zu beklagen. Genosse Pressensé ist Dienstagnacht in Paris Mark steigen, also müßten hiernach 1 419 571 Waisen Rente gestorben. erhalten.
Ber den untersetzten Mann mit dem interessanten Kopf und den lebhaften Augen in Basel gesehen hat, wie er mit leidenschaftlichem Interesse an der gewaltigen Friedensfundgebung Anteil nahm, der hätte nie gedacht, daß dieses Herz, das so warm für die großen Ideale der Menschheit schlug, so bald schon still stehen werde. Um so größere Trauer erweckt jetzt die Todesnachricht.
Ferner behauptete man auf Seite 563 der Begründung, daß die Beitragserhöhung von 2 bis 10 Pfennig je nach der Lohnklasse 39 172 240 m. im Jahre bringen werde. Unsere Genossen bestritten die Richtigkeit all diefer Nech nungen. Erstens seien die Grundlagen falsch. Das Verhältnis der Kinder zu den Witwen bei der Unfallversicherung vom Jahre 1908 fönne nicht als der Beharrungszustand angesehen werden. 1902 famen auf 57 339 Unfallwitwen 90 881 Kinder, also auf jede Witwe 1,5849 Kinder. In sechs Jahren habe die Zahl also um 0,2382 abgenommen und sie werde weiter
Pressenié wurde 1853 als Sohn eines protestantischen Geistlichen bon altem Adel geboren. Er schlug ursprünglich die diplomatische Laufbahn ein und war Botschaftssekretär in Konstantinopel und Washington . Dann wandte er sich der Journalistik zu und war sinken. etwa ein Jahrzehnt Auslandsredakteur des Temps ". Bald war Völlig unglaubliche Ziffern enthält das zweite Beweisfeine Autorität in auswärtigen Fragen unbestritten. Sein un- stück, die Labelle VII auf Seite 686 und 687 der Begründung. ermüdlicher Fleiß wurde von einem ausgezeichneten Gedächtnis Ganz abgesehen davon, daß schon ein sehr hohe Durchschnitts unterstützt und immer wieder verblüffte seine umfassende Details
fenntnis.
"
Die Dreyfus- Affäre bildete für Pressensé ähnlich wie für Anatole France einen Wendepunkt. In diefem großen Kampfe gegen die Gefahr des Militarismus erfannte er die geschichtliche Rolle des Proletariats. Er schloß sich der Partei an und wurde 1902 in Lyon in die Kammer gewählt. Und der Partei hat er Treue gehalten. Ungleich den Millerand und Briand widerstand er allen Lockungen des Opportunismus und Ministerialismus und war ein energischer Verfechter der Ginigkeit der Partei und der Unabhängig
feit ihrer Politif..
3iffer für Kinder angegeben ist, find in der Tabelle allerlei Unwahrscheinlichkeiten. Unter den 27 jährigen Vätern sind schon zwei mit Kindern von über 14 Jahre. Bei diesen hat also die Baterschaft im zwölften Lebensjahre begonnen. Dann haben die sechs 69 jährigen. Väter noch 22 Kinder im Alter von unter 15 Jahren. Ein Kinderreichtum, wie er in der ganzen Tabelle bei keiner anderen Altersstufe vorkommt.
Da bei der übergroßen Zahl der Arbeiterehen Mann und Frau im gleichen Alter sind, so müßte man ja an alttestamentarische Fortzeugungsmöglichkeiten glauben, wenn diese Tabelle als Spiegelbild des durchschnittlichen Kinderfegens angesehen werden sollte.
Unsere Genossen konnten bei den Beratungen in der Als Präsident der Liga zur Verteidigung der Menschenrechte, 16 er- Kommission den Rechnungen nun andere Rechnungen die er 1903 gegründet hatte, entfaltete Breffensé eine unermüdliche gegenüberstellen. Zätigkeit im Kampfe gegen soziale und gegen soziale und politische Unter- Sie griffen dabei zu folgendein Mittel. Sie sagten fidh, drückung und sein Auftreten gegen die Gefängnisgräuel im daß alle Hinterbliebenen, die nach der ReichsversicherungsSteiche des Zarismus, seine Propaganda für die unterdrückten ordnung Anspruch auf Rente haben, hätten nach dem InNationen des Orients ist nicht ohne segensreiche Folgen geblieben. balidenversicherungsgesetz Anspruch auf Erstattung der BeiGin unerschrodener und selbstloser Idealist stellte er feine große träge des verstorbenen Ehemannes oder Vaters. Die Zahl Autorität in den Fragen der auswärtigen Politik in den Dienst der und das Alter der Verstorbenen werden in den Rechnungsergebnissen der Invalidenversicherung mitgeteilt. Friedenspropaganda und zufammen mit Jaurès trat er sowohl als Mitarbeiter der„ Humanité" wie als Deputierter unermüdlich für die deutsch - französische Verständigung ein.
Mit unseren französischen Genossen trauert auch die deutsche Sozialdemokratie an der Bahre dieses großen und colen Menschen.
Gebt den Witwen
und Waisen Rente!
Die Gefeßgebungsarbeit auf dem Gebiet der Sozialpolitik ist abgeschlossen. Delbrüd.
versichert sind. Es blieben also höchstens: 1. Ein Drittel der Selbständigen aus A- C 2. Die Kinder der Angestellten b aus A- C 3. Die Kinder der Arbeiter c aus A- 0
99: 172
36 233 462 807
B
4. Die Kinder der Gruppe D, häusliche Dienste 5. Aus der Berufsgruppe F, ohne Beruf
15 868
8.987
623 052
•
106 699 516 358
Von diesen sind in Abzug zu bringen, weil sie Hinterbliebenenrente ans der Unfallversicherung bezogen
Es bleiben also höchstens 516 353 entsprechend berechtigte vaterlose Stinder. Demnach kann der jährliche Zugang höch stens 64 844 betragen.
Als 1912 die Hinterbliebenenversicherung in Kraft trat, forderte die Regierung für den Reichszuschuß, entsprechend den Belastungsberechnungen aus der Begründung der Reichsversicherungsordnung, für jeden Versicherten 13 Bf., insgesamt 1 950 000 M. Zur nicht geringen Ueberraschung der Abgeordneten, die an die in der Begründung der Reichsversiche rungsordnung mitgeteilten Ziffern glaubten, wurde für 1913 diefelbe Summe noch einmal gefordert. Man sagte zwar in der Anmerkung im Etat für 1913, daß die 1912 geforderte Summe nicht ganz gebraucht werde. Das sei aber eine alte Erfahrung, die bei jeder neuen Versicherung gemacht werde, daß Anspruchsberechtigte ihre Ansprüche nicht geltend machen. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um eine neue Versicherung, sondern nur um andere Ansprüche. Alle Personen, die Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben, hatten nach dem Invalidenversicherungsgesetz Anspruch auf Beitragserstattung. Wußten sie nicht, daß das Gesez geändert ist, dann forderten sie Beitragserstattung und sie mußten nun belehrt werden, daß es an Stelle bon Beitragserstattung Hinterbliebenenrente gibt. Wie weit war nun aber die Wirk lichkeit hinter den mathematischen Phantasien der Begrünbung zur Reichsversicherungsordnung zurückgeblieben? 1912 wurden belvilligt:
Witwenrenten Witwenfranfenrenten Witwengeld Waisenrenten Baisenaussteuer
3811
110
4118
13 962 108
Im Rechnungsjahr 1912, also in der Zeit bis 31. Märs 1913, find statt 1 950 000. nur 776 453 M. als Reichszuschuß für diesen Zwed ausgegeben. Nach den„ mathema tischen Berechnungen" der Begründung hätte man für 132 212 oder, wenn man die Ziffer von Seite 573 nimmt, für 177 446 Waisen Rente fordern müssen.
Nicht der zehnte Teil kam. Bei der Beratung des Etats 1913 forderten unsere Genossen, daß man neue Berechnungen Als Kinderzahl setzten sie für jeden die Kinderzahl ein, aufstellen soll und wenn sich ergibt, daß man aus den in der wie sie gleichalterige Berginvaliden haben. Die Bergleute Belastungsberechnung eingestellten Summen höhere Senten find die kinderreichste Arbeitergruppe. Das sieht man aus geben kann, dann sollen die Renten entsprechend erhöht werden Rechnungsergebnissen der Berufsgenossenschaften. Auf den. Dieser Antrag wurde am 22. Januar vom Reichstage 1000 Witwen in den Jahren 1906 bis 1910 durch Unfall ge- einstimmig angenommen. töteter Arbeiter tamen in der Knappschafts - Berufsgenossen- Bei der Beratung der Reichsversicherungsordnung wurschaft 2844 Kinder, bei den übrigen 65 gewerblichen Berufs- den die Anträge unserer Genossen angeblich ja nur abgelehnt, genossenschaften nur. 2030 Kinder und bei den landwirtschaft- weil sie zu viel Geld kosteten. Die Summen, die in der Belichen Berufsgenossenschaften nur 1743 Kinder. Wenn man gründung genannt waren, wollte man doch bewilligen. Der also den Kinderreichtum der Bergarbeiter als Durchschnitt Reichszuschuß soll im Beharrungszustand auf 3,588 m. für einfest, bekommt man eine zu hohe Zahl. Um aber ganz sicher den Kopf der Versicherten steigen. Die Regierung kann sich zu gehen, nahmen unsere Genossen die Zahlen, die vom Re- jetzt nicht mehr entschuldigen und behaupten, daß sie an die gierungsrat Dr. Pietsch für 1902 ermittelt sind und stellten hohen Ziffern der Belastungsberechnung glaubt. In der Anfolgende Zahlen in Rechnung: merkung zu Kap. 7 a zum Etat für 1914 wird ausgeführt, daß 1913 voraussichtlich 24 480 Waiseurenten neubewilligt werden und für 1914 rechnet man mit 31 500 Neubewilli gungen für Waisenrenten.
für jeden Verstorbenen im Alter von 20-24 Jahren
25-29
"
30-34
35-39
40-44
45-49
50-54
"
55-59
60-64
65-69
Kinder im Alter von unter 15 Jahren
0,364
1 230
2.640 3,817 3,635
T
3,770 1,890 1,026 0,528 0,133
Da man aus den Summen, die man als Reichszuschus hergeben wollte, statt 25 m. jährlich 69 M. Reichszuschuß zahlen kann, so nehmen wir die Regierung und die bürgerlichen Parteien jezt beim Wort und fordern: Heraus mit dem Geld, was ihr angeblich den Waisen geben wolltet.
Mit der Erhöhung des Reichszuschusses allein ist es nicht getan. Die Waisenrente besteht neben dem Reichszuschuß von 25 M. für ein Kind aus 20 des Grundbetrages und der
Bei Beratung der Reichsversicherungsordnung standen fich zwei Anschauungen gegenüber. Unsere Genossen forderten höhere Renten für die Witwen und Waisen, als die Vorlage bieten wollte. Die Regierung und die Vertreter der bürgerlichen Parteien bekämpften die Anträge, indem sie behaupten, daß die Durchführung dieser Anträge geradezu phantastisch hohe Summen verschlingen würde. Die Grundlage für die entgegengesetten Ansichten lag in der Annahme über die Zahl der zu unterstüßenden Witwen und Waisen und in den Schäßungen der zu erwartenden Erträge der erhöhten Beiträge. Die Regierung rechnete mit einer unglaublich Danach konnte man mit einem durchschnittlichen jähr- Steigerungshöhe, auf welche der Vater am Tage seines Todes hohen Zahl von Waisen, die von unseren Genossen ange- lichen Zugang von 76 000 Waisen rechnen. Mithin würde im Anspruch hatte. Für jedes weitere Kind wird 40 gegeben. zweifelt wurde. Die Regierung stützte sich in der Begründung Beharrungszustand die Zahl von 608 000 erreicht werden. Es sind das reine Bettelpfennige. Um diese geringen Summen der Reichsversicherungsordnung nicht auf Zählungen, sondern Von diesen sind aber reichlich 100 000 Waisen in Abzug zu geben zu können, wurden die Beiträge um 2 Pf. in der Lohnauf Errechnungen. Hierbei benutte sie zwei sehr unsichere bringen, weil sie aus der Unfallversicherung Hinterbliebenen- flaffe I, um 4 Bf. in der Klasse II, um 6 Pf. in der Klasse III, Grundlagen. Nach den berufsstatistischen Erhebungen vom rente beziehen. Sie hatten nach dem Invalidenversicherungs- um 8 Pf. in der Klasse IV und um 10 Bf. in der Klasse Vi Jahre 1882 sollen 774 480 Arbeiterwitwen vorhanden ge- geseb Anspruch auf Beitragserstattung, aber sie haben keinen erhöht. Statt der in der Begründung errechneten 39,2 Milliowesen sein. Zur Ermittelung der Zahl der Waisen benutzte Anspruch auf Waisenrente. nen Mark brachte die Beitragserhöhung 1912 über 54 Millio
70 und mehr
die Regierung die Rechnungsergebnisse der Unfallversicherung Bald nachdem der Streit im Reichstage dadurch ent- nen Mark. Dazu kommen 10 Millionen Mark ersparte Beiaus dem Jahre 1908. Damals tamen auf 81 498 Unfall- schieden war, daß die bürgerlichen Parteien unsere Anträge tragserstattung. Die ganzen Ausgaben, die die Versiche mitmen 109 757 Waisen, also auf eine Witwe 1,3467 Waisen. ablehnten, erschien der Band der Berufsstatistit, in dem die rungsträger in den Jahren 1912 und 1913 für Witwen und Man nahm nun an, daß auch jest noch 774 480 Arbeiter Rahl der 1907 gezählten vaterlosen Kinder angegeben ist. Waisen gemacht haben, bleibt weit zurüd hinter den Einmitmen vorhanden seien und jede dieser Witwen 1,3467 Rin-( Berufsstatistik, Abt. II, Band 203, Seite 100 bis 103.) nahmen aus den Zinsen des allein in Jabre 1912 aus Bei der im Alter von unter 15 Jahren habe. Ferner brachte man Wenn man von den Kindern im Alter von 14 bis 16 Jahren tragserhöhung für die Hinterbliebenenversorgung und erim Anhang der Begründung eine Tabelle VII über die 51 vom Hundert als im Alter von 14 bis 15 Jobren stehend sparten Kapitals der Beitragserstattung. Bleibt das Gesetz Kinderzahl verheirateter Bäter und kam dort zu einer ähn- rechnet, dann waren 1907 in ganz Deutschland 854 645 vater wie es ist, dann erhalten die Witwen und Waisen niemals lichen Rahl, so daß man die Zahl der zu erwartenden Waisen lose Kinder im Alter von unter 15 Jahren vorhanden. Von nur die Zinsen von den Summen, die man durch Beitragsauf Seite 384 der Begründung, bei 14 844 822 Bersicherten, diesen waren 297 515 Kinder von Selbständigen in den Be- erhöhung und ersparte Beitragserstattung anſammelt. auf 1057 700 angab. rufsabteilungen Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe, Berg - Ein solcher Mißstand darf, sobald er erkannt ist. feinen Bu einer erheblich höheren Zahl kam die Begründung bau, Handel und Verkehr. Von diesen darf man doch an Tag länger fortbestehen. Heute wird wohl kein Mensch mehr der Reichsversicherungsordnung bei der Berechnung der finan- nehmen, daß mindestens zwei Drittel Kinder nichtversicherter die Stirn haben und die in der Begründung der Reichsverziellen Belastung des Reiches durch die Hinterbliebenenver- Bäter find. Ferner find 33 247 Kinder aus der Berufs- ficherungsordnung angegebenen Ziffern als richtig bezeichnen.