Es lebe die Gerechtigkeit! Der 57 jährige Maurer und Fabrikarbeiter H i e n wurde am Freitag wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einem Monat Gefängnis verurteilt, weil er am IlZ. November V. F während der Zaberner Strahenunruhen Gefangene befreit und zugleich Polizeibeamte tätlich angegriffen hatte. Endlich einmal eine Verurteilung in der Zaberner Affäre! Die ausgleichende Gerechtigkeit hat damit einen schönen Sieg er- rungen. Die über den alten Arbeiter verhängte Strafe dürfte von manchem aber trotzdem als zu niedrig empfunden werden, angesichts des Umstandes, daß ein Arbeiter doch wissen muß, was rechtswidrig ist. Von einem Obersten kann man dies schon weniger voraussetzen. Wie es gemacht wird! Bekanntlich behaupten die Konservaliven immer, wenn eS ihnen gelingt, auf dem flachen Lande einen konservaliven Wahlverein zu gründen, daß der konservative Gedanke bei der Landbevölkerung au dem Marsch begriffen sei. Wie der konservative Gedanke aber von den Leitern zum Marschieren gebracht wird, dafür liefert die folgende Postkarte eines Rittergutsbesitzers aus dem Kreise Festenberg an den Gemeindevorsteher von Schön» Steine, in deren Besiy die„BreSlauer Bolkswacht' durch Zufall gelangt ist, einen hübschen Beweis. Sie lautet: Bukowine, den 11. 1. 1014. Werter Herr! Am 18. Januar findet die landwirtschaftliche Versammlung beim Herrn Krechlaik statt und wollen wir dann im Anschluß ein« kleine Kaikers-GeburtStagSfeier abhalten. Möchte Sie bitten, doch auch die Frauen dazu einzuladen und zwar um 6 Uhr. Herr Krechlack gibt den Kaffee und Kuchen gratis. Hinterher werde ich mir erlauben, ein Viertel Bier zu g e b e n. Bitte alle Ortsangehörigen einzuladen. Nachher findet ein Tanzkränzchen statt. Besten Gruß I M i o S g a. Man versucht also, den Landarbeitern, den kleinen Bauern und den Stellenbesitzern den hehren konservativen Gedanken dmch Gratis- Kaffee und-Kuchen. Freibier und Freilanz, an dem sich selbst die' gnädigen Herrschasten beteiligen, schmackbafl zu machen. Dazu bedient man sich, wie die vorliegende Postkarte beweist, in erster Linie der Hilfe der Gemeindevorsteher, die in der Regel solchen Wünschen durchaus zugänglich sind und bereitwilligst dafür sorgen, daß die Wünsche der Konservativen in geeigneter Weise allen OnSangehörigen bekannt werden. Hilft dos alles aber nichts, dann haben die Herren noch a n d e r e M i t t e l, um für die Ver» tiefung der konservativen Gesinnung bei der abhängigen Land- bevölkerung zu sorgen. Nationalliberales Molluskentum. �Jn der vorigen Session des badischen Landtages hatten sich die Nationalliberalen dazu aufgeschwungen, mit Sozialdemokraten und Fortschrittlern den für die Unterhaltung der Münchener Ge- sandtschaft im Budget angesetzten Posten zu streichen. Man ging von der vernünftigen Ansicht aus, daß diese Gesandtschaft über- flüssig sei und das dafür aufgewandte Geld anderswo besser vor- wendet werden könnte. Die Erste Kammer versuchte den Posten wieder einzustellen, mußte aber davon absehen, weil die Mehrheit der Zweiten Kammer fest blieb. Die Regierung hob nun aber nicht — wie es ihre Pflicht gewesen wäre— die Gesandtschaft auf, son- dcrn ließ sie entgegen dem Beschlüsse des Landtags bestehen und behauptete, die Kosten hierfür aus der Großherzoglichen Zivilliste decken zu wollen. Man hätte nun glauben sollen, daß die Landtags- mohrheit die Regierung wegen dieser BriiSherung der Volksvertretung zur Rechenschaft ziehen und verlangen würde,-daß ihrem Be- sthluß entsprechend die Gesandtschaft aufgehoben würde. Nichts f n dem! Im Gegenteil, die Regierung hatte den traurigen Mut, esim Posten von neuem im Budget zu fordern; und die National- liberalen, deren Zustimmung man sich offenbar vorher gesichert hatte, fielen glatt um und bewilligten mit dem' bekannten schweren Herzen, was sie vor zwei Jahren abgelehnt hatten. Sie wollten dem Grotzherzog nicht zumuten, die Kosten von seiner Zivilliste, die 1% Million jährlich beträgt, zu bestreiten. Gefterreich»Ungarn . Prestknrbelung und Parlamentsvergewaltigung. Budapest , 23. Januar. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses kam eS bei der Spezialberatung über den Preßreformentwurf zwischen dem Präsidenten und den Oppositionellen. zu heftigen Auseinandersetzungen. Wiederholt trat großer Lärm ein. Während der Spezialdebatte ver- langte Graf Julius Andrassh das Wort zur Hausordnung. Der Ministerpräsident befragte das Haus, ob es den Grafen Andrassy hören wolle. Die Mehrheit lehnte es ab, diese Erlaubnis zu erteilen. Graf Andrassh betonte demgegenüber, daß ihm gemäß der alten Hausordnung das Recht zustehe, unabhängig von der Er- laubnis des Hauses zur Hausordnung zu sprechen. Mehrere Oppositionell« schrien unausgesetzt: Höret Andrassh! Der Tumult wuchs von Minute zu Minute. Da die Verhandlungen wegen der ständigen Ruhestörungen nicht fortgesetzt werden konnten, ließ der Präsident sechs oppositionelle Abgeordnete durch die Parlamentswache aus dem Sitzungssaal entfernen. Graf Andrassy widersetzte sich erneut den Anordnungen des Prä- sidenten und begann zu reden. Inmitten großen LärmS schloß der Präsident die Debatte über den§ 1 des Preßgesetzes, der darauf von der Mehrheit angenommen wurde. Graf Andrassy wurde, da er fortfuhr zu sprechen, an den Jmmunitätsausschuß verwiesen, und die gesamte Rechte erhob sich für diesen Antrag des Präsidenten. Graf Andrassy setzte trotzdem seine Rede fort.(Großer Lärm.) Der Schriftführer verlas darauf den Z 2 der Vorlage. Der Prä- fident erteilte dem oppositionellen Abgeordneten Gezo Polonyi das Wort.' In dem herrschenden Lärm sprachen Polonyi und Andrassy zu gleicher Zeit. Der Präsident suspendierte hierauf die Sitzung. Die Rechte verließ den Saal.(Stürmischer Beifall links.) Nach einer Pause von 1l) Minuten erschien die Parlamentswache und forderte die Abgg. Graf Andrassy , Graf Batthyany und Stefan Hall er auf, sicb aus dem Saale zu entfernen. Diese letzteren leisteten der Aufforderung Folge und verließen, von je zwei Gardisten begleitet, den Saal und das Gebäude. Nach Wiedereröffnung der Sitzung erklärte Graf Albeft A p p o n y i, daß die Opposition nunmehr der neuen HauS- ordnung, da der Präsident sie willkürlich handhabe, e n t- fchiedenen Widerstand entgegensetzen werde. Hierauf erhob� sich Graf Aladar Z ich y und versuchte zu sprechen, trotzdem ihm nicht das Wort erteilt worden war. Es herrschte weiter große Unruhe. Zwischen dem Grafen Zichy und dem Präsidenten entstanden unter großem Lärm ebenfalls heftige Auseinandersetzungen, cil Zichy darauf beharrte, zu sprechen. Die Sitzung wurde aufs neue suspendiert, und wieder erschien die Parlamentswache. Der Saalkommissar forderte die Abgeordneten Grasen'Zichy und Johann Justh auf, das Haus zu verlassen. Beide entfernten sich, worauf die Wache abzog. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurde die Verfügung des Präsidenten mit 154 gegen 60 Stimmen ge- nehmigt und die Abgg. Zichy und Justh wurden dem JmmumtätS- ausschuß überwiesen. Daraus erhob Graf Albert A p p o n y i Protest gegen das Borgehen der Mehrheit, welche es der Opposition unmöglich mache, au den Beratungen teilzunehmen. Unter seiner Führung verließ hierauf die gesamte Opposition den Sitzungssaal. Der Präsident erklärte, daß der Protest des Abg. Apporiyi, der sich gegen die Beschlüsse des Hauses richte.>»ull und nichtig sei. Das.Haus setzte sodann in Abwesenheit der Opposition d e Spezialdebatte über die Preßvorlage fort, welche bis zum§ 17 angenommen wurde. Englonö. Ei» Sieg Churchills. London , 2Z. Januar. Wie gestern spät abends verlautete. ist über das diesjährige Marinebudget im Kabinett Einig- k e i t erzielt worden. Das von Churchill in der ver- gangenen Session vorgelegte Programm wird nicht auf» gegeben werden. Das Budget wird zwar notwendigerweise alle bisher dem Parlament unterbreiteten Flottenbudgets erheblich überschreiten, aber dennoch mit Zustim- mung aller Minister eingebracht werden. Albanien . Die neu«„Regierung". Balona, 23. Januar. Die Internationale Kontroll- kommission hat den Ministern in einer Verbalnote mitgeteilt. daß sie die Regierungsgewalt von Ismail Kemal übernommen habe. Die Minister erklärten ihr Einverständnis, und das K a b i- nett wurde a u f g e l ö st. Der bisherige Minister des Innern, Fewzi Bei, wurde mit der Leitung der RegierungSgcschäfte in Valona betraut. Di- Abdankung KemalS hat einen günstigen Ein- druck gemacht. Ms der Partei. Unter dem Teckmantel des Prinzips. Paris , 26. Januar. (Eig. Ber.)- Der„Matin" öffnet heute feine Spalten einer gegen die geeinigte Partei gerichteten Intrige, die feit einiger Zeit im Sumpfboden des Cambierschen Skan» oalgefchäfts aufgeblüht ist. Das Ehepaar Cambier ist von der Seine-Foderation ausgeschlossen worden, nachdem der Nachweis erbracht worden war, daß das angeblich zur Bekämvfung der Kor- ruption und des Prinzipienverrats gegründete Wochenblättchen ..Lutte des Classes " von den Subsidien des berüchtigten klerikalen Schiebers Richter B o n j e a n lebt. Die Cambiers haben aber einige Mitarbeiter, die, wie es scheint, auf dem Parteitag in Amiens zum mündlichen VerleumdungSverfabren übergehen wollen. Als Führer der Gruppe stellt im heutigen„Matin" der ehemalige Deputierte Chauvin sich selbst und den alten Allemane vor, der sich derzeit wieder in einem der Krisenzustände befindet, die ihn in Zeiten der Mandatlosigkeit zu überfallen pflegen. Chauvin und Allemane haben nichts Geringeres vor, als eine neue Partei zu gründen, wenn sich der Parteitag nicht aus ihre Seite stellt. Einen Namen für sie haben sie schon:»Parti ouvrisr" und weiter — wenn man Chauvin glauben will, wozu aber nicht der geringste Grund vorhanden ist,„Ermutigungsbriefe von 28 Provinzföde- rationen". Die Spaltung der geeinigten Partei soll im Namen des unverfälschten Klassenkampfes vor sich geben und die neue Partei will schon in die bevorstehende Wahlschlacht mit„entrollter", hoffentlich nicht vom Richter Bonjean bezahlter„Fahne" ziehen. Gleichzeifig wollen Chauvin und Allemane um die Aufnahme ihrer Gruppe im Internationalen Bureau ansuchen. Ob sie istr den sicheren Fall der Abweisung schon ein eigenes, neues„internatio- naleS Bursau" parat haben, ist vorläufig noch als Geheimnis im Schoß der Zukunft, verborgen.'' Daß im Kreis der„Lutte des Classes " eine solche Unterneh- mung inS Wert gesetzt werden würde, war zu erwarten, aber das Giftbläschen, das jetzt ans Tageslicht getreten ist, braucht niemand zu erschrecken. Denn ein Versuch, die Partei zu spalten, hat nicht die geringste Aussicht. In der Seine-Föderation und vielleicht auch in der Provinz mögen ein paar Leute, die sich der Partei cnt- fremdet haben und cm denen sie nicht viel verliert, wofern sie nicht durch ihren Abschied gewinnt, Lust zu einem Skandal haben, aber weder in den Organisationen noch bei den mit BerantwortungS- gefühl ausgestatteten führenden Genossen des linken Parteiflügels hat die Meinung Eingang gesunden, das Prinzip des Klassen- kompfes durch die Zerstörung seines wichtigsten Instrumentes, der sozialistischen Partei, zu retten. Der Parteitag in Amiens wird sicher eine scharfe Diskussion über die taktischen Grundsätze der Partei bringen, aber diese Diskussion wird sich auf der Grundlage des gegenseitigen Vertrauens abspielen und nicht auf der gegen diese oder jene Seite erhobenen Verdächtigung„geheimer Abmachungen". Dar UeberradikaliSmuS der„Lutte des ClasseS " erinnert nur all- zufehr an die seinerzeitige Taktik Briands, dem Ministerialis- mus in der Partei durch die gegen den„Doktrinarismus" der Marxisten ausgespielte Generalstrcikdemagogie zu Hilfe zu kommen. Ein Versuch, die Einigkeit der Partei durch die Prokla- mierung eines Sozialismus zu zerbreche», der die vollkommene Wertlosigkeit jeder Reformarbeit verkündet, kommt offenbar nur dem neuen, briandistischen Opportunismus zugute, dessen Sieg erst recht durch die Bedrohung der gewerkschaftlichen und politlschen Rechte des Proletariats die selbständige Aktion der sozialistischen Partei gefährden würde. Ihm dienen, bewußt oder unbewußt die Anstifter des neuen Zwists, deren Versuch au dem die Partei be- herrschenden Willen zur Einigkeit ohnmächtig.abprallen wird. Der 14. Parteitag der britischen Arbeiterpartei. London , 22. Januar. (Eig. Ber.) Am 28., 2g. und 30. Januar wird in der City Hall zu Glasgow der 14. Parteitag der britischen Arbeiterpartei stattfinden. Dem Parteitag wird am 27. Januar eine besondere Konferenz vorangehen, auf der die Wahltaktik und die parlamentarische Talfik erörtert werden sollen. Am 26. Januar 'indet die JahreSkonferenz der Arbeiterinnenliga statt. Auf der besonderen, dem Parteitag vorangehenden Konferenz wird morgens der Bericht der Parlamentsfraktion besprochen werden. Nachmittags wird sich die Konferenz mit der wichtigen Frage der Wahltaktik befassen, die in dem vergangenen Jahre zweimal sehr lebhaft diskutiert wurde. Das erstemal geschah dies anläßlich der Nachwahl in Leicesier, wo der Haupteinpeitscher der Arbeiterpartei seinen Einfluß für den Liberalen und gegen den unabhängigen Sozialisten in die- Wagschale warf. Das zweitemal lam die Wahltaktik auf die Tagesordnung, als sich der Arbeiterkandidat bei der Nachwahl in Cheuerfield auch von der liberalen Wahlorganisation aufstellen ließ und darauf von. der Arbeiterpartei desavouiert wurde. Beide Fälle werden reichlichen Stoff zur Debatte liefern. Die Tagesordnung des Parteitags ist wie gewöhnlich über- •üllt. Es sollen in drei Tagen nicht weniger als 50 Gegenstände |ur Sprache kommen, was natürlich unmöglich ist. Die Gegen- tände, denen voraussichtlich eine eingehendere Behandlung zuteil werden wird, sind OrganisationS- und Statutenfragen, Schaffung eines Parteiprogramms, parlamentarische Taktik im allgemeinen, die Landfrage und die Verhältniswahl. Die beiden letzten Punkt« hat die liberale Parteipolitik in den Bordergrund geschoben. ES verlautet, daß dem Parteitag ein Landprogramm vorgelegt werden wird, das sich mit Reformen befassen wird, die mit dem Ziele der Vergesellschafllichung des Grund und Bodens vereinbar sind. Die Frage der Verhältniswahl ist dringend geworden, weil di« Regierung eine neue Wahlrechtsvorlage einzubringen gedenkt, in der wahr- 'cheinlich Mittel zur Beseitigung des UebelS der dreiseitigen Wahl- kämpfe werden vorgeschlagen werden. Innerhalb der Arbeiterpartei ist man sich nicht darüber einig, ob man für di« Verhältniswahl oder die Alternativwahl eintreten soll. Das letzte Softem ist ein Stichwahlsystem,.bej dem der Wähler in der Hauptwahl schon den Kandidaten bezeichnet, für den er eintreten würde, wenn sein Partei- freuild nicht die absolut« S trmmenmeh.rfjrtt erhalten sollte. Die Verhältniswahl ist schon verschiedene Mala auf den Parteitagen der Arbeiterpartei besprochen worden. Bor zwei Jahren wurde sie mit großer Mehrheit abgelehnt; im vorigen Jahre wurde sie mit großer Mehrheit angenommen. Beide Male waren die Abstim- mungen jedoch nur der Ausfluß der jeweiligen Stimmung; man hatte die Frage nicht gründlich studiert. Inzwischen ist aber eine Wandlng eingetreten und die Meinungen dürften auf dem bevor-- stehenden Parteitage hart aufeinanbcrplatzen. D« zahlreichen Ausschreitungen der Polizei im vergangenen Jahre und die brutale Vergewaltigung der südafrikanischen Arbeiter mit Genehmigung des englischer, Statthalters geben weiteren Stoff zu regen Tebatteri. — Wir werden über die Verhandlungen des britischen Partei» tags von Glasgow aus fortlaufend berichten. Totenliste der Partei. Der Hutmacher Karl Kämpfe ist in Bamberg nach län» gerem Krankenlager gestorben. Mit ihm geht wieder einer von den treuen Parteiveteranen dabin, die unter dem Ausnahmegesetz im Feuer gestanden und die Fahne unter den ärgsten Bedrückungen aufrechterhalten haben. LllS junger Hutmachergeselle war er i» den 70 er Jahren aus Norddeutschland nach Bamberg gekommen, wo er sich selbständig machte und die sozialistischen Ideen, die er an verschiedenen größeren Parteiorten in sich aufgenommen hatte, eifrig weiter zu verbreiten sucht«. Unter dem Sqzralistengesetz war er für Bamberg der..rote Postmeister", der es trefflich verstand, den verbotenen„Sozialdemokrat" und andere„staaksgefährliche" Schriften unter die Leute zu bringen und der ihm fleißig nach- spürenden Polizei eine Nase um die andere zu drehen. Haus» suchungen und allerlei andere Schikanen konnten ihn weder mürbe machen noch ihm den Humor verderben. In den letzten Jahren zwang ihm sein Leiden eine von ihm am meisten bedauerte Passi- vität auf. �_ Zur Kaufmannsgerichtswahl. „Wo steht der Feind?" lautete das Thema einer vom Zentral» verband der Handlungsgehilfen einberufenen öffentlichen Vor» sammlung. ES handelte sich um die bevorstehenden Wahlen zum KaufmannSgericht, über welche Materie ReichStagSabgeordneter Buck-Tresden mit erschöpfender Sachkenntnis referierte. Ein» dringlich wies Redner besonders darauf hin. daß die kurze Spanne Zeit, die noch zur Besetzung der Beisitzerstellen zum Kaufmanns- gericht übrig ist, intensiv auszunützen fei. Auf die Frage, wo der Feind siehe, zeigte Redner, daß er dort stehe, wo die Petition an den Reichstag um Beseitigung bezw. Umänderung de? Z 18(Gut» achtertätigkeit) herkomme. Die Petition beruhe auf einer irrtüm- lichen Auffassung und die Angestellten könnten nicht genug auf der Hut sein, damit der Reichstag sich nicht von den Gründen der Pe» tenten, die er als Scheingründe bezeichne, beeinflussen lasse. Er, Redner, habe das feste Vertrauen, daß die Mitglieder des Zentral- Verbandes einem jeden Versuch, die Rechte des KaufmannSgerichtS einzuengen, den entschiedensten Widerstand entgegensetzen werden. Der Feind stehe aber auch bei den Indifferenten in den eigenen Reihen der Berufsgenossen, die noch mit ihrem Fühlen und Denken in der Vergangenheit wurzeln, und auch bei den Unternehmern, die die Rechte des KaufmannSgerichtS beschränken möchten. Kein Feind dieser Rechte dürfe jedoch bei den kommenden KaufmannSgerichtS» Wahlen eine Stimme erhalten. Nach dem mit großem Beifall aufgenommenem Vortrag nahm der zweite Referent B u b l i tz das Wort und gab eine Darstellung der sozialpolitischen Gesetzgebung seit 1007, sowie der Tätigkeit der bürgerlichen Parteien und der gegnerischen Berufsvereine auf dieseor Gebiete. Redner kam zu dem Schlüsse, baß die Gesetzgebung in der Sozialpolitik so ziemlich versagt habe und einzig und allein- die. sozialdemokratische Partei, sowie der Zentralberband der Hand-' lungSgehilfen die Interessen der Arbeitnehmer in rückhaltslosestsr und energischster Weise vertreten hätten. Wären zum Beispiel bei der Angestelltenversicherung unsere Wünsche und Forderungen be» rücksichtigt worden, so würde dies heute den Bedürfnissen der Angc» stellten besser entsprechen, als eS der Fall ist. Des weiteren ging Redner ans die GesetzeSvorlagen ein, die dem Reichstage vorliegen und die sich nrit den Interessen der An- gestellten beschäftigen. Er wies die völlige Unzulänglichkeit der- selben nach. Insbesondere war es die Vorlag« über die Sonn- tagSruhe, die dem Redner Gelegenheit bot, die schärfite Kritik an» zusetzen, desgleichen die Frage der Konkurrenzklaufel usw. Bei all dem konnte Bublitz das verräterische und angestelltenfeindliche Verhalten der gegnerischen Verbände in das rechte Licht rücken. Andererseits war es ihm möglich, an Hand von Tatsachen die zähe und erfolgreiche Arbeit des Zentralverbandes im Interesse der Handlungsgehilfen hervorzuheben. Nur diese Organisation, die eine wirkliche Kampfesorganisation sei. verdiene das Vertrauen der Angestellten und darum dürfe bei den kommenden Wahlen zum KaufmannSgericht nur die Liste 2 des Zentralverbande« in Be» tracht kommen, um so mehr, als die Beisitzer desselben durchaus unabhängig sind und deshalb wirksamer die Interessen der Hand- lungSgehilfen vertreten können.(Großer Beifall.) In der weiteren Diskussion sprach Ingenieur L ü d c m a n n, der die Ausführungen der beiden Redner ergänzte und unterstrich. Auch dieser Redner erhielt ungeteilten Beifall. Nach einem eindringlichen Schlußwort des Vorsitzenden R o-> g o n war die eindrucksvolle Kundgebung zu Ende. Letzte Aachrichten. Ein englischer Protest gegen die Brutalitäten in SndafrM. London , 23. Januar. (Privattelegramm des „V o r w ä r t£>".) Eine große Arbeiterversammlung in Memorial Hall, in der Brownlie. der Vorsftzende der Ma- schinenbauer, präsidierte, nahm heute abend eine Resolution an. in der die Ge Walttätigkeiten der süda-fri» konischen Regierung scharf verurteilt und die Freilassung der Gewerkschaftsführer und die Rückberufung SladstoneS gefordert wurden. Englischer Rekord im Schiffsbau. London , 23. Januar. (W. T. 39.) Lloyds Schiffsbaustatistik für das Jahr 1013 zeigt neue Weltrekords: für Enataiu» beträgt die Ziffer 2 202 520 Tonnen gegen 1030 251 imHZorjahr, für aste anderen Länder 1 805 252 Tonnen gegen 1 505 147 im Vorjahr. Schweres Unglück auf einer Drahtseilbahn. Paris , 23. Januar. Auf der Drahtseilbahn in Belledi ll.e bei Paris ereignete sich ein Unglück, bei dem nenn Personen, darunter fünf schwer, verletzt wurde«. Das Land der geschwellten Hoffnungen. New Dork, 23. Januar. (W. T. B.) Nach der soeben. auSge- gebenen amtlichen Statistik der New-Dorker Einwanderungsbehörde sind im New-Aorker Hafen während des Jahres 1013 insgesamt rund 1 338 000 Personen gelandet worden, an deren Beförderung 26 Schiffahrtsgesellschaften beteiligt waren. Der'Norddeutsche Lloyd steht ebenso wie in früheren Jahren mit den höchsten Beförderungs- ziffern fit sämtlichen Klassen an der Spitze.
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