Einzelbild herunterladen
 

Nr. 23. 31. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 24. Jaunar 1914.

Gewerkschaftliches.

Deutschland eingeführt und für mehr als 24 Millionen Mark aus­geführt. Die Weltproduktion beträgt zirka 100 Millionen Mark. Celluloid ist bekanntlich eine Mischung von Schießbaumwolle und Pyrorylin mit Kampfer, welche Stoffe durch ein eigentümliches

Ausland.

Ein Streik in der Petersburger Automobilindustric. Vom Sekretariat der Internationalen Union der Holzarbeiter

Berfahren innig gemischt und dann in gelinder Wärme verarbeitet wird uns mitgeteilt, daß sich die Arbeiter zweier Automobilfabriken

Die streikenden

Die gelben Bäcker gegen den Ruhetag. werden. Der größte Nachteil des Celluloids ist seine leichte Ent- in Petersburg, nämlich der Firma K. Kümmel und der Russisch- Baltischen Zu den unzähligen Niederträchtigkeiten, die sich die meister- zündbarkeit, die bekanntlich eine außerordentlich hohe Zahl von Fabrit feit 2 Monaten im Streit befinden, um Verschlechterungen treuen Bädergesellen bei Streiks und Lohnbewegungen leisteten, Brandunglüdsfällen herbeigeführt hat. Schießbaumwolle explodiert der Arbeitsbedingungen abzuwehren. Der Fabrikant Kümmel hat fommt ein neuer Verrat. An den Reichstag wurde eine durch Schlag, Stoß oder Druck schon in gelinder Wärme. Fort- ichon wiederholt versucht, Streifbrecher aus Moskau heranzuziehen. Betition eingereicht, in der ersucht wird, der von der gewerk gejezt sind die Chemiker dabei, dem Celluloid die hohe Brennbar- Es gelang ihm auch, vier Maler zur Reise nach Petersburg zu ver­fchaftlichen Organisation vor Jahresfrist eingereichten Petition feit zu nehmen, resp. ein Erjazmittel zu erfinden. So ist vor leiten, die jedoch die Aufnahme der Arbeit verweigerten, als fie er­auf Erlaß einer gefeßlichen Bestimmung zur Durchführung mehreren Jahren das Galalith auf dem Markt erschienen, das die fuhren, welche Rolle ihnen zugemutet wird. Da es ihm unmöglich der sechstägigen Arbeitswoche in den Bäckereien und Kondito- selben Eigenschaften wie Celluloid besitzt, aber nicht brennbar ist. ist, in Rußland Streitbrecher zu finden, hat der Unternehmer jest reien nicht stattzugeben. Die Gelben wünschen nämlich ein in der Kamm- und Haarschmudindustrie wird Galalith viel ver- feinen Blid nach Deutschland gewandt, und er rühmt sich, hier so arbeitet. Vor zirka 2 Jahren wurde von Chemikern das Cellon, viel Arbeiter sinden zu können, als er bedarf. zweiundzwanzigstündiges Backverbot an den Sonntagen und das sogenannte underbrennbare Celluloid in den Handel gebracht. Arbeiter in Petersburg bitten dringend, den Lockungen nicht zu begründen ihr Gesuch damit, daß für die Durchführung des Dieses Ersatzmittel kommt jedoch des hohen Preises wegen für die folgen. Nicht nur, daß diejenigen, die nach Petersburg gehen, dort Ruhetages nicht die notwendigen Arbeitskräfte(!) vorhanden Fabrikation weniger in Betracht. Seine Feuerprobe hat Cellon Streifbrecherdienste leisten müssen, sie werden auch zweifellos in feien. Im übrigen glauben die Gelben ihrer Eingabe dadurch beim legten Zeppelinbrand in Johannisthal bestanden; es wurde ihren Hoffnungen betrogen. Der Fabrilant Kümmel hat schon bei ganz besonderen Nachdruck zu verleihen, indem sie in der festgestellt, daß die beim Bau des Luftschiffes verwendeten Gellon- früheren Gelegenheiten deutschen Arbeitern gegenüber bewiesen, daß er nicht gewohnt ist, gegebene Versprechungen zu halten. Der Hanebüchensten Weise über die Konsumvereine vom Leder ziehen. platten durch die Explosion wenig gelitten haben. Bei gesetzlicher Durchführung der gelben Forderung und Arbeiterinnen in der Kamm- und Haarschmudindustrie, hat mus von Petersburg auf das strengste fern­Der Deutsche Holzarbeiterverband, als Vertretung der Arbeiter 8uzug von Automobilarbeitern aller Branchen würden die Beschäftigten in den Bäckereien und Konditoreien bereits im Jahre 1911 eine Petition an den Reichstag und Bundes- gehalten werden. nicht eine einzige Stunde an Arbeitszeitverkürzung in der rat zum besseren Schuße für Leben und Gesundheit der Celluloid­Woche erreichen. Der Arbeitsausfall durch eine solche verarbeiter eingereicht. Gefordert wurde eine Bundesratsverordnung. Tängerte Sonntagsruhe müßte an den Montagen wieder nach die Bestimmungen über die Lage der Betriebe, Räume, beffere geholt werden bei einer 16- und noch mehrstündigen Arbeits- Löscheinrichtungen, die Schulung der Arbeiter usw. vorsieht. Der zeit. Den Nugen allein würden die Unternehmer tragen. Reichstag stimmte diesen Forderungen zu, nicht Die Petition wird daher auch von den Unternehmern ver- so der Bundesrat. Kurz vorher hatte die preußische Regie­anlaßt worden sein, denn für so dumm fann auch nicht der rung nach Beratungen mit den Bundesratsindustriellen Verord­rüdständigste Arbeiter gehalten werden, daß er den Gesetzgeber nungen herausgegeben, die den Wünschen der Arbeiter feineswegs entgegenkommen; und merkwürdig: trok Reichstagsbeschluß verwies bittet, ihm seine Lebenshaltung zu verschlechtern. Oder sind der Bundesrat die deutschen Einzelstaatsregierungen auf den Weg unter den gelben Bäckergesellen solche komischen Käuze? der preußischen Verordnung. Der lepte Verbandstag des Holz­arbeiterverbandes( Berlin 1912) hat einstimmig beschlossen, er­neut die Petition einzureichen. Die eingejezte Zentralfommission fommelt ständig Material über Celluloidbrand­gefahr.

Berlin und Umgegend.

leber die Organisation in früheren Jahren ist wenig an die Oeffentlichkeit gelangt, da es sich um eine kleine Branche handelt. Bei der Gründung des Holzarbeiterverbandes betrug die Zahl der Organisierten erst 51; 10 Jahre später waren bereits 455 Arbeiter und 51 Arbeiterinnen organisiert. Zurzeit hat die Organisation Verbindung mit 23 Orten, in denen in 100 Betrieben 3412 Personen ( 1764 männliche, 1020 weibliche, 426 jugendliche und 202 Heim­arbeiter) beschäftigt werden. 1136 sind organisiert, davon 279 in anderen Verbänden.

Aus dem Caféhausgewerbe. Die Sperre über das in den nächsten Tagen zu eröffnende Konzert- Café Moribplah", Inh. Korant u. Co. ist für die organisierten Café- Angestellten auf­gehoben, da die Firma Tarif, Organisation und Ar­heitsnachweis anerkannt hat. Das gleiche gilt von der Kon­bitorei Picsch, Königstraße 4. Zweigverein der Café- Angestellten, Große Hamburger Straße 18/19. Der Fleischermeister Otto Sperlich, Brunnenstr. 76( Fleisch­und Wurstzentrale) weigert sich noch immer, den Tarifvertrag mit dem Zentralverband der Fleischer abzuschließen. Es wird gefordert eine 12 stündige Arbeitszeit, Einhaltung der gesetzlichen Sonntags­ruhe und Benuzung des kostenlosen Arbeitsnachweises. Ge­wiß sehr minimale Forderungen. Die Arbeitszeit beträgt jetzt bei der Firma durchschnittlich 14 bis 16 Stunden; an Sonntagen werden die gesetzlichen Bestimmungen ebenfalls nicht eingehalten. Um auf friedlichem Wege eine Einigung zu erzielen, hat fich die Organisation nochmals schriftlich an Herrn Sperlich gewandt und um Verhandlungen nachgesucht. Jedoch vergebens. Herr Sperlich hat auf das Schreiben nicht geantwortet, er will also den Kampf. Die Firma glaubt mit der angebotenen Bolizeihilfe den Rampf gegen die Organisation der Fleischergesellen führen zu erschreckender Weise zu." fönnen. Auch hofft sie, mit derselben Hilfe der organisierten Ar­beiterschaft den Stampf ansagen zu können. Die Hauptabnehmer der Firma sind Gastwirte. Wir richten daher an die organisierte Arbeiterschaft die Bitte, die Gastwirte im Norden Berlins auf die Differenzen bei der Firma Sperlich aufmerksam zu machen.

Die Organisation hat über den Betrieb die Sperre verhängt und fordert alle Fleischergesellen auf, solange dafelbft Differenzen bestehen, keine Arbeit anzunehmen. Zentralverband der Fleischer.

Deutsches Reich . Eine Konferenz der Kamm- und Haarschmuckarbeiter. In der Kammfabrikation findet das Celluloid am meisten Ver­wendung. Für 12 Millionen Mark Celluloid werden pro Jahr nach

Kleines Feuilleton.

Hoffmanns Opernhaus.

Die preußische Betriebsstatistik von 1895 ergab das Vorhanden sein von 754 Hauptbetrieben mit 2205 Beschäftigten, im Jahre 1907 waren es nur noch 369 Betriebe, dagegen abe: 3324 Beschäftigte. Während dieser 12 Jahre ist die Zahl der Betriebe um die Hälfte zurücgegangen, die Zahl der Beschäftigten um die Hälfte empor­geschnellt. Die ungelernten Arbeiter betrugen 1895 erst 28 Proz., 1907 dagegen 51 Proz. der Gesamtzahl. Die Zahl der Arbeiterinnen ist auch im Zunehmen begriffen. Stellten biefe 1907 22 Proz., so waren es 1912 schon 30 Broz. Auch die Verwendung der Jugend­lichen und in neuester Zeit auch die der Heimarbeiter nimmt in

Um das Koalitionsrecht.

Protestversammlungen.

Gegen die beabsichtigte Verschlechterung des Koalitions. rechts und für eine Ausdehnung und Sicherung des Koali­tionsrechts fanden in den letzten Tagen an vielen Orten Deutschlands stark besuchte Versammlungen statt. So wird uns aus dem Herzogtum Koburg berichtet: Die Protestversammlungen in Koburg , Neustadt , Rodach hatten überall einen erfreulich starken Besuch durch die Arbeiterschaft zu verzeichnen. Oft unterbrochen durch Zustimmungsbezeugungen, be­handelte der Reichstagskandidat Genosse Rechtsanwalt Hofmann aus Hof in Bayern die wahre Geschichte der deutschen Koalitions­freiheit, dabei die hinterlistige Art der beabsichtigten Entrechtung wirkungsvoll klarlegend. Einstimmig wurde in allen Orten eine entsprechende Resolution, die dem Reichstag zugeht, angenommen.

In Schwerin a. Warthe fand eine öffentliche Volksver­sammlung statt, die sich mit dem bestehenden Koalitionsrecht be­schäftigte. Nach einem Referat des Genossen W. Schulz- Bromberg, in welchem dieser vor allem die Erweiterung der Rechte der Koali­tion betonte und mit den verdeckten Koalitionsentrechtern scharf ins Gericht ging, nahm die Versammlung eine in diesem Sinne ge­faßte Resolution einstimmig an.

*

In Oberfisto i. Pojen tagte am Sonntag, den 18. Ja­nuar, eine allgemeine Gewerkschaftsversammlung, die gegen jede Verschlechterung des Koalitionsrechts protestierte und die jckigen bestehenden Rechte als nicht ausreichend bezeichnete.

der Stadt.

*

Zur Belebung der Agitation unter den Sammachern und aur Beratung von Fragen, die die Berufsangehörigen speziell inter­essieren, hat der Vorstand des Holzarbeiterverbandes eine Reichs- In Bielefeld fand am Freitagabend eine imposante Des fonferenz der Kamm- und Haarschmudarbeiter und Arbeiterinnen monstration für das Koalitionsrecht statt. 6000 Arbeiter und Ar­einberufen, die am 1. und 2. Februar d. J. im Berliner Gewerk beiterinnen zogen nach Schluß der Fabriken durch mehrere Straßen schaftshaus abgehalten werden soll. Verbunden damit ist eine leine Ausstellung von Tarifen, Kämmen und Haarschmuck mit An Aufschrift: Hoch das Koalitionsrecht!" Den Schluß der Demon­In dem Umzuge wurden Schilder getragen mit der gabe von Preisen, sowie eine Anzahl Statistiken und Tabellen über die Celluloidbrandgefahr. Auf der Tagesordnung der Konferenzstration bildeten zwei riesige Versammlungen im Garten und Saal stehen neben den Berichten der Zentralkommission und denen der des Zentralgartens, in denen eine Resolution unter Hochrufen auf einzelnen Orte die Regelung der Arbeitsvermittelung und die das Koalitionsrecht einstimmig angenommen wurde. gung ausgehen, die Agitation für den Verband intensiver im ganzen Celluloidbrandgefahr. Von dieser Tagung soll zugleich die Anre­Reiche zu betreiben, für bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen und besseren Arbeiterschuß in allen Betrieben zu sorgen.

mit den Versuchen aufhören und sollte endlich die Baugrube für das Königstheater, das mit dem Gelde des Bolles gebaut wird, ausheben.

schauerraum eine stärkere Wirkung zu sichern.

Die Erfurter Arbeiterschaft protestierte in einer sehr gut besuchten öffentlichen Volksversammlung am

So donnern wir von Tilfit bis nach Kochem Dies neue Lied der Elb- und Weichselwacht. Das Banner trägt der eble Herr von Brochem, Und die Kanonen lädt der Herr von Kracht. Das Maul weit aufzureißen,

Das macht den echten Preußen, Denn wir Zweihundert woll'n für tausend schrein: Ich bin ein Pr- reuße, will ein Pr- reuße sein!

Kurt Eisner verfaßt ist.

-

Notizen.

Knag

Die Vorzüge des Hoffmannschen Entwurfes find deutlich: Er hat dem Baukörper eine möglichst große Ruhe gegeben, er faßte ihn blodartig zusammen und half ihm so zu einer Wirkung, die Die lange und wenig unterhaltsame Komödie des Opernhaus gegen das Reichstagsgebäude aufzukommen vermag. Durch ein Baues geht zu Ende. Man erinnere sich: Nachdem die Baubehörde fchlichtes System von Pfeilern und Säulen, die den Bau fest und die hartnädigsten Versuche gemacht hatte, das Opernhaus für einen doch loder umfpannen, forgte Hoffmann dann für ein leidliches Beamteten zu retten, war auf das Drängen der öffentlichen Stritit Quantum von Festlichkeit, das durch einen gewählten Reichtum an hin der allgemeine Wettbewerb gekommen. Er brachte kein günstiges plastischem Schmud, besonders durch ein ganzes Getvimmel von Fi­Ergebnis. Wohl mangelte es nicht an geistreichen Einfällen, auch guren noch gesteigert wird. Dadurch, daß der Aufbau des Bühnen­fehlten nicht die bekannten Theaterprattifer mit ihren ausgewigten, hauses ganz nach vorn gezogen wurde, bekam das Gebäude mehr den Ansprüchen der Bühnentechnik und der Feuerpolizei gehorsamen Körper und zugleich eine neue, reizvolle Gliederung. Im Innern Zum Gedächtnis Fichtes hat der Verlag der Buch­Vorschlägen; aber es war( den Entwurf des inzwischen verstorbenen mühte sich Hoffmann, die ungeheuren Abmessungen der Treppen- handlung Vorwärts im Auftrage des Bezirksbildungsausschusses Dtto March vielleicht ausgenommen) kein brauchbares Projekt bei häuser und Vorräume möglichst zu beschränken, um so dem Zu- Groß- Berlin eine kurzgefaßte Broschüre erscheinen laſſen, die von der allgemeinen Konkurrenz herausgekommen. Das fonnte nicht weiter verwundern; denn die gestellte Aufgabe Irgendeine neue Lösung für die Unterbringung großer Massen, Der Zusammmenbruch der Direktion 2anz war so belastet mit Rebenforderungen, daß auch die Persönlichkeiten für die Sozialisierung des Theaters also, hat Hoffmann nicht ge- ist eine Szene aus der gegenwärtigen Theatermifere im allgemeinen unter den Architekten unsicher werden mußten, wenn sie es nicht fucht. Er gab dem Hofe, was diefer verlangte, und bemühte fich und der Berliner im besonderen. Er bedeutet noch nicht das Ende borzogen, überhaupt fern zu bleiben. Die Aufgabe an fich war im übrigen, im ganzen wie im einzelnen, so anständig wie möglich des Deutschen Schauspielhauses, war aber von Anbeginn der Direktion bereits ein Kompromiß; so konnte auch ihre Lösung nicht anders als zu fein. etlettisch sein. Man wünschte ein Theater für 2500 Personen, das zugleich die Intimitäten und Repräsentationen eines reinen Hof theaters aufweisen sollte; man wünschte einen Bau, ausgestattet mit allen Errungenschaften des Technischen, der zugleich den rückwärts gerich teten Kunsttrieben des Kaisers geügen mußte. Der Bau mußte, was die Motive angeht, dem Barock zugehören, und er sollte zugleich einen Körper von ungewöhnlichen Abmessungen, einen Rauminhalt, wie er nur für die Gegenwart zwedmäßig sein fann, bewältigen. Die peinlichste dieser vielfältigen Forderungen war die Ueberwindung der höfischen Ansprüche; galt es doch, ein ganzes fleines Schloß, Empfangs fäle, Zeezimmer, Speisesäle, Vorsäle, und was dergleichen Troß mehr ist, in den Baukörper des Theaters hineinzupressen.

So war es also von vornherein selbstverständlich, daß dieses Opernhaus nur eine halbheit werden fonnte, ein Zwitterding, der berwirrten Kultur unierer Tage artverwandt. Der Architekt, dem es schließlich zugewiesen wurde, war nicht zu beneiden; er mußte von vornherein auf den Ehrgeiz, etwas Eigenes zu schaffen, ver­zichten und mußte mehr ein Diplomat als ein Bauender sein.

Jm ärgsten Stadium der berfahrenen Angelegenheit wählte der Minister( unter Zustimmung des Kaisers) den Stadtbaurat Hoff­mann zum Architekten für die Ausgestaltung der amtlich festgelegten Brogrammsfizze. Hoffmann folgte zögernd der fragwürdigen Ein­Ladung. Wenn die inifflige Aufgabe auch seinem ganzen Wesen nicht fern lag, fo hatten doch die vielen mißlungenen Versuche selbst diefem erfahrenen Brattifer manchen Ausweg verschüttet. Hoffmann fam nicht völlig unfrei an das Problem des Opernhauses. Um so beachtenswerter ist das Ergebnis seiner Bemühungen, das er jetzt ( nachdem es dem Kaiser gefiel) den Abgeordneten unterbreitet.

Ohne Zweifel: Was Hoffmann vorschlägt, ist tein moderner Bau, ist nicht Geist von unserem Geist; aber es ist das beste, was bisher aus der höchst unerquicklichen Aufgabe gewonnen wurde. Hoffmanns Opernhaus ist genau das, was die Stunde berlangt: ein Kompromiß, ein Diplomatenstüd, eine eklektische Er­Ledigung. Aber: Hoffmanns Opernhaus ist dies alles auf eine böchst tultivierte, fehr gebildete und ungemein geschmackvolle Art. Mehr wird unter den nun einmal gegebenen Umständen nicht zu erreichen ein. Ein Ergebnis, das uns vielleicht elegiſch stimmen fann, das aber immerhin annehmbar ist. Man sollte jezt so schnell wie möglich

Humor und Satire.

Die neue Preußenhymne.

Ich bin ein Preuße! Kennt Ihr meine Töne, So start und fest und fnotig, grob und dreift? Die Väter kämpften schimpfen tun die Söhne. Wer Preuße ist, der weiß, was schimpfen heißt! Um alles umzufrempeln,

Genügt's, nur brab zu rempeln. Zum Motto wählt der Preußenbund" allein: Ich bin ein Knote, will ein Knote sein!

"

rbr.

Auch hörte man aus längst vergang'nen Zeiten Als Preußenlofung: Adezeit boran!" Da hatt' ich mir vor Lachen beide Seiten! Nein! Rüdir ärts!" ruft heut jeder Preußenmann. So hebt denn an zu brüllen

Und tippt den Dred mit Müllen Auf Reichstag , Volt und jegliches Gebein Ich bin ein Pr- reuße! will ein Pr- reuße sein! Jch flebe stramm an allen Traditionen. Doch eine streich ich glatt und radikal: Daß sich die dreiundzwanzig Nationen" Zu einer einten im Veriailler Saal Auf Deutsche, die nicht Breußen, Vermag ich nur zu niesen.

-

Ihr schlappen Kerls vom Nedar, Maas und Main Ich pfeif' aufs Reich und will ein Br- euße sein! Doch da wir selbstverständlich stramm monarchisch, So schreit Hurra! daß es der König hört! Wir werden immer dann nur sehr anarchisch, Wenn Jochimte" sich gegen uns empört. Des freien Mannes Liebe"?? Bei uns gibt's einfach Siebe!

Benn sich wer mudt, fo fauft der Säbel drein- Ich bin ein Pr- reuße, will ein Pr- reuße sein!

-

Lang vorauszusehen, und der nun schnell gefundene Ersatz muß sich prophezeien laffen, daß die Krise sich eines Tages schlimmer wiederholen wird. Lanz begann mit ausgemacht schlechten Finanzverhältnissen, über die ihn fein Unternehmen, weder Literatur noch Schmarrn, hinwegbringen konnte, und er ging, weil er ein weiteres Antämpfen für aussichtslos hielt.

Wie die Dinge liegen, wird das Theater nur deshalb weitergeführt, weil die Leute, die ihr Geld in die Sache stedten, sich nicht kurzerhand entschließen können, alles preis zugeben. Die Berufung des Herrn Siegfried Kunstadt hängt bielleicht zusammen mit einem Anflammern an die Hoffnung, durch die Retterin Operette in eine Fahrrinne gebracht zu werden. Einst Die weilen aber wird der bisherige Spielplan beibehalten. Engagementsverträge, die Lang abschloß, sollen bis Ende Juni weitergelten. Theaterchronit. In den Kammerspielen des Deutschen Theaters geht als nächste Premiere die Komödie Der Snob von Karl Sternhe em in Szenc . Das Friedrich­Wilhelmstädtische Theater wurde von Detar Aligner, dem Tenor und Regisseur, der bisher den Dresdener Operetten­bühnen angehörte, gepachtet.

-

Musilchronit.

Der Berliner Zonkünstler. berein veranstaltet am Sonntag, den 25. Januar, nachmittags 4 Uhr, im Saale der Singakademie fein viertes Bolts­tammertonzert. Zur Aufführung gelangen: Trio H- dur op. 8 von Joh. Brahme und Trio D- moll op. 49 bon Mendelssohn sowie 4 Balladen von Karl Loewe . Am 31. Januar veranstaltet der Verein einen Vortragsabend mit Werken von ausschließlich spani­fchen Komponisten, die von spanischen Künstlern zu Gehör gebracht werden. Der Umbau der Nationalgalerie soll, wie es heißt, im März beendet sein.

-

Ein Institut für Arbeitsphyfiologie und Arbeitsbygiene wird in Berlin geplant. Die Mittel sollen von der Kaiser- Wilhelms- Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden. Die Leitung wird Medizinalrat Prof. Dr. Rubner, der Direktor des phyfiologischen Instituts, übernehmen, der die Aufgaben und Ziele der neuen wichtigen Anstalt demnächst in der Deutschen medizinischen Wochenschrift darlegen wird.