Die Straße gehört dem Verkehr?Aus Anlah des Geburtstages des Kaisers werden am 27. Ja-nuar folgende VeTkehrsbeschränkungen borgenommen:Von 9 Uhr vormittags ab bis gegen 1% Uhr nachmittags wirdder gesamte Verkehr über die Äaiser-Wilhelm-Brücke, den Luft-garten, die Schlohfreiheit, die Schloßbrücke, den Platz am Zeughauseund den Kaiser-Franz-Josef-Platz nach Bedarf abgelenkt werden.Von 5 lkhr nachmittags ab erleidet der Fahrverkehr folgendeEinschränkungen:1. Das Befahren der Schloßfreiheit ist nur von der Schloß-brücke her nach dem Schloßplätze hin gestattet.2. Die von Norden und Süden die Königgrätzer Straße in derRichtung nach dem Potsdamer Platz befahrenden Wagen werdennach Bedarf am Brandenburger Tor, an der Prinz-Albrecht- undTessauer Straße nach Osten und Westen abgelenkt werden.Der Nauen« Messerstecher Nettelstroh soll, wie vor einigenTagen mitgeteilt worden war, von den medizinischen Sachverständigen.lö geisteskrank im Sinne des§ öl angesehen worden sein, so daßes zu einem Strafverfahren überhaupt nicht konimen würde. Wiemis von anderer Seite mitgeteilt wird, entspricht diese Mitteilung.licht den Tatsachen. Nettelstroh befindet sich zurzeit wieder in demMoabiter NntcrsuchungSgesängniS und das Verfahren gegen ihnnimmt feinen Fortgang, da bei N. nach dem Gutachten des Ober-arzteS Dr. I u n i u s in Buch, die Anwendung des§ öl nicht soohne weitere? gegeben erscheint. ES dürste deshalb in nächster Zeitdie Verhandlung vor der Strafkammer staltfinden, da sich inzwischenergeben hat, daß die von N. in die linke Schulter gestochene FrauKarstadt nicht an den Folgen des Messerstichs, sondern an einemschon seit Jahren vorhandenen Magenkrebsleiden in dem Nauen«Krankenhause und zwar mehrere Monate nach der Tat verstorbenist. Nettelstroh, der die sog. Leseerlaubnis hat, vertreibt sich in demUntersuchungsgefängnis seine Zeit damit, daß er Novellenschreibt und dichtet.Aus der Flucht verunglückt ist gestern abend ein alter Dieb.der in Moabit auf frischer Tat ertappt wurde. Es handelt sichum einen 37 Jahre alten Arbeiter Karl Hoffmann, der schon seitlängerer Zeit den Nordwesten der Stadt unsicher machte. Mitgrößter Dreistigkeit schleppte er von den Böden, aus den Wasch-küchen und anderen unbeaufsichtigten Räumen weg, was er nurfand. Gestern abend beobachtete er eine Frau in der Bochumer«traße beim Waschen. Als diese sich auf einen Augenblick entfernthatte, schlich der alte Dieb in die Waschküche und wollte den Kupfer-kessel mit der Wäsche stehlen. Er wurde jedoch dabei überraschtund festgenommen. Auf dem Wege zur Wache riß er sich las undlief davon. Er eilte durch den kleinen Tiergarten, übersah aberin der Dunkelheit eines der kleinen Gitter, stolperte darüber undfiel so unglücklich hin, daß er sich nicht wieder erheben konnte.Seine Verfolger brachten ihn jetzt zu einem Schutzmann, der ihnnach dem Virchowkrankcnhaus bringen ließ. Hier stellte man fest,daß er sich einen Schenkelbruch zugezogen hatte. Auf das Kontodes Verhafteten dürfte eine ganze Reihe Bodeneinbrttche und ahn-licher Diebstähle kommen.Kleine Nachrichten. Auf der Straße vom Tode ereilt wurdeFreitagnachmiltag eine unbekannte, etwa öv bis 69 Jahre alte Frau,die ihrem Aeußeren nach dem Arbeiterstands angehört zu habenscheint. Die Frau brach plötzlich vor dem Hause Friedrichstraße 217zusanimen und verstarb auf der Stelle. Die unbekannte Tote ist1,65 Meter groß, hat dunkelblondes, meliertes Haar und trug einengrguen Rock, eine hellgrüne karierte Bluse, ein Kopftuch und schwarzeStrümpfe und Schuhe. In der Hand hatte sie eine lederne Markt-tasche.— Mit Sublimat vergiftete sich eine Köchin Helene Fuhrmannaus der Behrenstraße. Das Mädchen, das dort bei einem Rentierin Stellung war, hat Liebeskummer zu der Tat veranlaßt.— Allzuvertrauensselig war ein Schneidermeister aus der Winsstraße. DerBteister hatte für ein großes Konfektionsgeschäft ungefähr129 Knabensportanzüge hergestellt. Zur Ablieferung nahm er sichvon der Straße einen jungen Mann und gab diesem, ohne sich dessenPapiere geben zu lassen, den Auftrag, die Kleidungsstücke mit einemHandwagen nach dem Konfektionsgeschäft zu fahren. Der Un-bekannte, der sich Göpel nannte, entfernte sich auch mit der Ladung,brachte sie jedoch nicht zu dem Geschäft, sondern ist damit der-sch wunden._D ie Konsumgenossenschaft in der ersten Hälfte ihresneuen Geschäftsjahres.Der Bericht der Kansumgenossenschaft für die erste Hälfte d«Sneuen Geschäftsjahres liegt vor. ES ist aus demselben zu ent-nehmen, daß der Umsatz in der Zeit von Juli bis Dezember 19138 199 7ö6,S9 M. betragen hat, das ist gegenüber dem Vorjahr einMehr von 1423 337,99 M.= 29,25 Proz. Die Umsatzsteigerungim verflossenen Geschäftsjahr betrug bekanntlich über 42 Proz.Wenn jetzt die prozentuale Steigerung nur etloas über 29 Proz.beträgt, so ist das ein Zeichen der wirtschaftlichen Krise.seit November verkauft die Konsumgenossenschast Milch zu29 Pf. per Liter, während der ortsübliche Preis 22 bis 24 Ps. be-trug. Seitdem die Konsumgenossenschaft Milch verkauft, habenallerdings auch eine Anzahl Händler und Molkereibesitzcr denMilchpreis herabgesetzt, aber nur, um die Konkurrenz der Konsum-gcnossenschaft etwas abschwächen zu können.Im Monat Dezember 1911 hat die Konsumgenossenschast eineVergrößerung ihrer Betriebsanlagen vorgenommen. Die seit Fe-bruar v. I. im Bau befindliche Bäckerei ist fertiggestellt. DieserProduktivbetrieb ist mit den neuesten technischen und hygienischenEinrichtungen versehen.!v!it diesem Neubau ist die Konsum-gcnössenschaft nunmehr in der Lage, einen jährliche� Brotumsatzvon 9 Millionen Mark bewältigen zu können. In dem letztenhalben Jahr wurden für 1712 556,49 M. Brot und Backwaren her-gestellt. Bekannt ist, daß die Arbeitszeit der Bäcker täglich nuracht Stunden einschließlich einer halbstündigen Pause beträgt undsomit die kürzeste Arbeitszeit der in Berlin bestehenden Bücke-.den eingeführt ist.Von der rührigen Agitationsarbeit, die entfaltet wird, legtdas Wachstum der Mitgliederzahl Zeugnis ab, sie ist auf 84 781gestiegen.__Vorortnachrichten.Ueber„Kirchenaustrittsbewegung unüSozialüemokratie"referierte am Freitag in einer vom Wahlvercin Wilmersdorfeinberufenen öffentlichen Versammlung Genosse Göhre. DieVersammlung, vor deren Besuch die„Wilmersdorfer Zeitung" gs-warnt hatte, wies einen Massenbesuch auf wie kaum je. Sie ge-staltete sich in ihrem Verlauf durch das Eingreifen von vi« Wil-mersdorfer Geistlichen zu einer fesselnden Auseinandersetzungzwischen den Vertretern alter und neuer Weltanschauung. GenosseGöhre bemerkte einleitend, daß die Versammlung durchaus nichtPropagandazwecken für-den Kirchenaustritt dienen solle. Es gelteviemehr, zu untersuchen, ob der bisherige Standpunkt der Parteizur Kirche beibehalten oder einer Aenderung unterzogen werdenmüsse. Die Sozialdemokratie fordere in ihrem Programm dieErklärung der Religion zur Privatsache und handele nach diesemGrundsatz auch ihren Angehörigen gegenüber. Ganz anders derStaat..Obgleich die Verfassung Religionsfreiheit garantiere, seiTatsache, daß der Staat die Religion als Zwangssache behandele.Aus diesem Standpunkt seien auch die Schandflecken des llieligions-zwanges der Disstdentenkinder und der vom Staat abhängigen Be-amten zu erklären.— Angesichts der Tatsache, daß trotz der aus-gesprochenen Neutralität der Partei die Bewegung der Massen gegendie Kirche immer mehr lebendig werde, müßten die Gründe unter-sucht werden, die hierbei mitspielen. Einer der ersten sei seinerAnsicht nach der Umstand, daß infolge der fortschreitenden Bildungder Arbeiterklasse diese immer mehr erkenne, daß das gegenwärtigeChristentum, weit entfernt von den Idealen des Urchristentums,das- Gebot der christlichen Nächstenliebe durchaus ignoriere, unddaß die Kirche immer mehr zu einem der willfährigsten Werk-zeuge des Klassenstaates werde. Ein zweiter Grund sei ferner derden Massen des Volkes immer mehr zum Bewußtsein kommendeWiderspruch zwischen der modernen Weltanschauung und der altenWeltanschauung der Kirche und ihrer Dogmatil. Als letzter Grundendlich sei anzusprechen die immer mehr anwaMende Erkenntnis,daß auch Religion schließlich eine Sache der persönlichen Veran-lagung sei. Es fragt sich nun, ob von der Sozialdemokratie derKirche gegenüber von dem bisherigen Standpunkt der Toleranz ab-zusehen oder dieser weiter beizubehalten sei. Redner ist der Ansicht,daß hier die aktive Toleranz einzusetzen habe. Wer innerlich mitder Kirche gebrochen habe, der habe die Verpflichtung, dies durchseinen Austritt darzutun. Wer als Sozialdemokrat zwar den reak-tionären Charakter der heutigen Kirche erkannt habe, trotzdem abergläubig sei, habe die Verpflichtung, innerhalb seiner ReligionS-gemeinschaft auch dort den Kampf zu führen gegen jede Reak-tionl Stürmischer minutenlanger Beifall folgte den WstündigenAusführungen des Referenten.—In der Diskussion vermißte zunächst Herr Pfarrer Schettler-Wilmersdorf unter den vom Referenten angegebenen Gründendie Tätigkeit des Komitees Konfessionslos, dessen Erfolge bisherwinzige waren, weshalb trotz der entgegenstehenden Erklärung desAktionsausschusses die Partei habe helfend eingreifen müssen.(Stürmischer Widerspruch.) Er wisse durch Besuche bei Austreten-den, daß vielfach diese zum Austritt geradezu„getrietzt" wordenseien.(Stürmischer Widerspruch.) So sehe die angebliche Toleranzder Partei aus! Er sei auch Anhänger eines gesunden Sozialis-muS, der auch gern ein Stück Fleisch äm Topf habe, aber die Sozial-demokratie betrachte er als nationales Unglück. Die Partei solleauch bedenken, daß durch die Austritte die Geschäfte des Katholi-ziSmuS besorgt werden, der für die Freiheit des Geistes der ge.fährlichste Feind auch der Arbeiterklasse sei. Wer austrete, sollebedenken, daß er sich selbst von der geistigen und kulturellen Ge-meinschaft des Volkes absondere.(Lachen. Rufe: Umgekehrt!) DerRedner, dessen ganzes Auftreten auf die Versammlung direkt pro-vozierend wirkte, schloß seine Ausführungen mit einem erneutenBekenntnis seiner Todfeindschaft gegen die Sozialdemokratie. HerrPfarrer Jllgenstein- Wilmersdorf stellte als Kernstück d«Religionstätigkeit den Geist der christlichen Nächstenliebe in denVordergrund, der auch im Zukunftsstaate nicht entbehrt werdenkönne. Besolde doch die evangelische Kirche 21 999 Diakonissinnenund 6999 andere Schwestern. Der Redner versuchte schließlich, dievom Referenten behauptete Toleranz der Partei durch Aeußerungeneinzelner Personen zu widerlegen, waZ stürmischen Widerspruchhervorrief.— Herr Dr. V i e l h a b e r erklärte, daß wir in Deutsch-land auf allen Gebieten einer formidablen Reaktion gegenüber-stehen. Dies« Umstand sowie die Vorkommnisse in letzter Zeit.Zabern usw, lieferten Waffer auf die Mühlen des Komitees Kon-fefsionslos. Er befürwortete im übrigen �ein Zusammengehen derSozialdemokratie mit dem Liberalismus auch im Kampfe gegendie kirchliche Reaktion. Es gelte, die im Protestantismus nochlebendigen Kräfte auszunützen.— Herr Pfarrer D i e st e l- Wilmersdorf ist mit großer Freude erfüllt von dem Willen der Sozial-demokratie, Toleranz zu üben. Er sagte auch, wer innerlich loSfei von der Kirche, solle ihr den Rücken kehren. Wer aber nochgläubig sei, sei jederzeit willkommen zur Besserung wirklich vor-Hhndener Mißstände.— Dehme illustrierte an WilmersdorferVerhältnissen die Redensart von der„Kirche als GewissenSschärferinder Kommune". Wo sei das Gewissen der Kirche geblieben, alszwar eine neue Kirche gebaut werden konnte, notwendige Bautenwie Krankenhaus, Armenhaus usw. aber mangels Mitteln unter-bleiben mußten? Genosse Wolter trat der Ansicht Göhres ent-gegen, daß innerhalb der Kirche der Kampf gegen die Reaktion mög-lich sei. Was einem Jatho und Traub nicht gelang, werde auchArbeitern unmöglich bleiben.— Herr Pfarrer K y p k e- Wilmers-dorf betonte, daß die Kirche seiner Ansicht nach mit dem Klassen-taat nichts zu tun habe. Allerdings sei nicht zu bestreiten, daßvieles besser werden könnte, wenn die Reichen etwas anders handelnwollten.(Sehr richtig!) Herr Lehmann-Rutzbüldt stellteauf eine gegenteilige Behauptung des Vorredners fest, daß gerade inreligiös beherrschten Gebieten die Kriminalität die höchsten Ziffernaufweise. WaZ das Kernstück des Christentums, die» christlicheNächstenliebe, anlange, so möge als Beweis für deren Unwesentlich-keit die Tatsache dienen, daß in Ncuköln bei einem Etat von599 999 M. die Kirchengemeinde für Zwecke der Wohltätigkeit nurgut 2999 M. aufwende.— Nach einem kurzen Schlußwort desReferenten, der fein Bedauern darüber aussprach, daß im Kampfeder Geister gerade hier die Geistlichen versagt hätten, fand die Ver-sammlung schließlich um 12%. Uhr ihr End«.Nehmt Einsicht in die Gemeinde-Wählerliste,die nur livrfj bis zum 3 v. I a n u a r in den Gemeindebureauszur öffentlichen Einsicht auslirgcn. Benutze jeder den heutigenSonntag zur Einsichtnahme in die Liste. Diejenigen, die nichtclbst nachsehen können, ob sie in der Liste vermerkt sind, wollensich vertrauensvoll an irgendeinen bekannten Genoffcn� ihresOrtes wenden und diesen um die Prüfung der Liste ersuchen.Neukölln.Die Wählerlisten für die Wahlen zum Kaufmannsgericht liegennur noch bis zum Mittwoch, den 28. Januar, wochentags� von9 Uhr vormittags bis 7 Uhr abends im alten Rathausgebäude,Erkstr. 29, Erdgeschoß, Zinnner 457, zur Einsicht aus. Wie ver-lautet, sollen die Listen äußerst lückenhaft aufgestellt worden sein.Es liegt daher im Interesse eine? jeden Wählers, die Wählerlisteeinzusehen und, falls er nicht eingetragen ist, sofort seine Ein-tragung beim Magistrat zu beantragen. Denn wer nicht in derWühlerliste steht, kann am Tage der Wahl— am 1. März—sein Wahlrecht nicht ausüben.Es sei nochmals darauf hingewiesen daß wahlberechtigt alsArbeitnehm« jeder über 25 Jahre alte Deutsche ist, sofern er amOrte beschäftigt wird— ganz gleichgültig, w osich sein Wohnsitz befindet— und soweit sein Ein-kommen 5999 M. nicht übersteigt. Als Arbeitgeber ist wähl«berechtigt jeder über 25 Jahre alte Kaufmann, der am Orte seineHandelsniederlassung hat und mindestens einen- Angestellten resp.einen solchen zu gewissen Zeiten des Jahres beschäftigt.Volkstümliche Vorträge über RrchtSfragen dcS täglichen Leben?.Der fünfte der von der Oeffentlichen Rechtsauskunftsstelle derStadt Neukölln veranstalteten Vorträge findet am Freitag, den39. Januar, abends Uhr, in Neukölln, Alles Rathaus, 1 Treppe,statt über„Tie Krankenversicherung", 2. Teil: Versicherung derDienstboten, Hausgewerbetreibenden usw. Tis Leistungen derAllgemeinen Ortskrankenkassen Neukölln und Berlin.(Vortragen-der: Magistratsassessor Lange.) Eintritt frei.Schöneberg.Eine öffentliche Versammlung bcS ZentralvcrbandcS derHandlungsgehilfen im„Gesellschaftshaus des Westens" nahm zu»nächst ein Referat des Reichstagsabgeordneten Heine über:„DerKampf um daS Äoalitiousrechr" entgegen. Abgeordneter Heinezeigte, wie die bürgerlichen Parteien den Kampf gegen dasKoalitionsrecht aufgenommen haben und wie sich besonders derHansabund in dieser Hinsicht hervorgetan hat. Der Zweck diesesKampfes sei, die Volksrechte, welche sich die Arbeiter durch ihreOrganisationen erworben haben, überhaupt zu rauben und jedeSMittel für ihre Bildungsarbeit zu nehmen. Redner wies dannauf das Vorgehen der Banken und anderer kapitalistischer Institutehin und zeigte damit, daß das Koalitionsrecht schon lange nichtmehr eine Sache ist, die nur die Arbeiter angeht. Der Kapitalis»mus werde immer kräftiger und dreist« und wolle den Angestelltenüberhaupt keine Rechte mehr zubilligen. Gegenüber all diesen re-aktionären Bestrebungen, die zuletzt noch auf dem Preußentag zumAusdruck gekommen sind, müsse es unsere Aufgabe sein, nachjeder Richtung hin aufklärend und agitawrisch zu wirken, umdurch die Organisation das Koalitionsrecht zu befestigen.Hierauf sprach Kollege Schmidt über:„Die bevorstehendenKaufinannsgerichtswahlen." Der Redner wies darauf hin, daß dieExistenz d« Kaufmaunsgerichte gegenüber dem früheren Zustandfür die Angestellten schon einen großen Fortschritt bedeute, die-selben könnten aber noch viel mehr tun, wenn nicht die Tendenzender bürgerlichen Verbände dort zum Ausdruck kommen würden.Der Leipziger Verband gehöre korporativ dem Hansabund an undmache sich somit mitschuldig an den Beschlüssen desselben. Der58er sei zwar nicht korporativ dem Hansabund angeschlossen, dochseien Führer desselben hervorragend im Hansabund tätig. BeideOrganisationen machen sich dadurch des Verrats schuldig. DieseVerbände wollen zwar vom Klassenkampf nichts wissen, doch spieltsich derselbe Tag für Tag und Jahr für Jahr bei den Kauf.mannSgerichten ab. An der Hand einer Reihe von Beispielen be-leuchtete Schmidt die verräterische Tätigkeit der bürgerlichen Hand-lungSgehilfenverbände. So auch bei der Frage der Konkurrenz-klauscl sowie der Sonntagsruhe. Die anwesenden Gegner konntendie Beschuldigungen nicht widerlegen. Ein deutschnational«Handlungsgehilfe belustigte die Versammlung mit einer Philippikagegen die Juden und das jüdische Kapital, die nach seiner MeinungDeutschland ruinieren.Der Vorsitzende schloß die Versammlung mit der Aufforde-rung. am 22. Februar bei der Wahl der Liste 1 des Zentralver»bandes der Handlungsgehilfen zum Siege zu verhelfen.Ober-Schöneweide.Ein Betriebsunfall hat sich im Kabelwerk Oberspree ereignet.Dort war in der Gummifabrik der Illjähmg« Arbeiter OskarBartsch aus der Boxhagener Chaussee mit dem Pressen von Form-stücken beschäftigt. In dem Augenblick, als der Arbeit« sich bückt«,um daS Funktionieren d« Maschine zu beobachten, sprang plötzlichein ungesicherter Eisenbolzen heraus und traf den B. mit solcherWucht gegen die Stirn, daß das Eisenstück sich tief in den Kopshinei'nbohrte. In besinnungslosem Zustande brachten Arbeitskollegenden Verunglückten in das Elisabeth-Hospital, wo eine Operationvorgenommen werden mußte,Zossen.In einer Protestversammlung gegen die Machtgelüste derScharfmacher rief Genosse Pätzel-Berlin in einem InständigenReferat die Arbeiter zu energischer Gegenwehr auf. Die vor-liegende Resolution fand einstimmige Annahme. Ferner wurdebeschlossen, eine Petition zur Milderung der Arbeitslosennot anden hiesigen Magistrat zu senden. Es wurden zwei arbeitsloseGenossen beauftragt, dem Bürg«meister die Petition persönlichzu übergeben.Reinickendorf.Au? der Gcmeindcvertretmig. Infolge Vermehrung der Zahlder Gemeindeschöffen von fünf auf sechs und Ablaufs der Wahl«zeit des Schössen Reinicke fand zunächst die Wahl zweier Schöffenstatt. Diese Wahl stellte eine Kraftprobe dar. Ihr war in derOeffentlichkeit— soweit sie durch die Haus, und Grundbesitzer-vereine repräsentiert wird— ein heftiger Kampf voraufgegangen.Hart prallen seit langem in diesen Vereinen die gegensätzlichenInteressen der Hausbesitzer und(besonders Groß») Grundbesitzeraufeinander. Die Differenzen liegen bauptsächlich auf steuerlichemGebiete. Die Hausbesitzer sind in diesen Vereinen in der Mehr-heit. Da sie bei der Gemeindevertreterwahl das Hauptkontingentder Wähler der zweiten Wählerklaffe stellen, betrachten sie es alsselbstverständlich, daß die bürgerlichen Gemcindevertreter sich be-sonders der Vertretung ihrer(Hausbesitzer-) Interessen widmen.Dies schien ihnen eine Zeitlang gelungen zu sein, sehr zum Ver-druß der Großgrundbesitzer. Ilm diesem für sie unheilvollen Ein-fluß ein Paroli zu bieten, regten die Grundbesitzer die Bildungeiner bürgerlichen Fraktion am Die Verpflichtung hierzu moli-vierten sie mit der Notwendigkeit eines organisierten Widerstandesgegen die sozialdemokratische Fraktion, die infolge ihrer Geschlossen-heit und der großen ArbeitSfreudigkeit und Sachkenntnis ihrer Mit»glieder einen weit über ihre Zahl hinausgehenden Einfluß au?»übe. Da ja nun in Preußen nichts leichter ist, als einem Spießerdurch Schwenken des roten Lappens das Mark in den Gebeinengefrieren zu lassen� fielen auch unsere Gutgläubigen alle hinein.Damit tvar der Stein aufs neue ins Rollen gebracht. EineVersammlung der Hausbesitzer forderte die von ihnen gewähltenVertreter auf, aus der Fraktion wieder auszuscheiden. Fernerwurden diese ausgefordert, bei der angesetzten Schöffenwahl zweiKandidaten der Hausbesitzer zu wählen. Die neue Fraktion be-schloß jedoch, den ausscheidenden Schöffen— ein Vertreterder Grundbesitzerinteressen— wieder- und einen ihr genehmenGemeindevertreter neuzuwählen. Unt« großer Spannung derim Zuhörerraum des Ausfalls der Wahl harrenden Interessentenerfolgte die Abstimmung. Und sie ergab— den völligen Durchfall der Hausbcsitzerkandidaten. Der eine erhielt eine, der anderegar keine Stimme. Gewählt waren die von der bürgerlichen Frak-tion auf den Schild erhobenen Kandidaten der Grundbesitzer.Lachend quittierte der„neue Führer der geeinten Haus- undGrundbesitzer", Herr Busch, Direktor von Grundstücksgesellschaf-ten und lebbafter Terrainhändler, den Ausfall der Wahl. Geradedie Durchgefallenen hatten ihm am steifsten den Steigbügel ge-halten, ais er für sich die Verleihung des Gemeinderechts ver-langte. So ernten sie zum Dank auch noch den Hohn. UnsereGenossen stimmten bei beiden Wahlen für den Genossen Schön-berg. Sodann gelangte zur Beratung der Antrag auf gruud-sätzliche Zustimmung zur Herstellung der Ost-West-Verbindungdurch die, Große Berliner Straßenbahn. Nach der Zustimmungs-erklärung der sozialdemokratischen und auch der bürgerlichen Frak-tion wurde der Antrag einstimmig angenommen, vorbehaltlich derGenehmigung des noch borzulegenden spezialisierten Kostenan-schlages. Das Statut der zu gründenden Gemcindeanstalt fürzweite Hypotheken hatte in der vorgelegten und von der Gemeinde-Vertretung genebmigten Fassuna nicht die Zustimmung des Kreis-auSschusseS gefunden. Eine Reihe von Abänderungen waren vor-geschlagen worden. Obgleich hiergegen begründete Bedenken vor-lagen, stimmten die Bürgerlichen"schließlich den Abänderungs-Vorschlägen zu, um nur recht bald der Gemeinde die Beschaffungder zweiten Hypotbeken aufbürden zu können. Eine Vorlage überAbänderung der Baupolizeiaebübrenordnung wurde einer all Iiacgebildeten Kommission überwiesen, der auch uiisere GenossenGursch und Lange angehören. Nach einer Vorlage über Er-richtung von neuen Lebrerstellen an den Gemeindeschulcn soll einezweite Klasse der Osterreihe eingehen, weil die Durchschnitts-srequenz der vorhandenen acht Klaffen dieser Semestergattung nur43 Schüler betrage. Nach Aufhebung der ciueu blasse würdesie 48 Schüler betragen. Ferner wurde beantragt, die beiden— seinerzeit auf Veranlassung der Regierung zwangsweiseerrichteten— katholischen Gemeindeschulen neu aufzubauenden4. und 5. Klassen nur im östlichen Ortsteil zu errichten. Die im