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Das Anlagekapital der sächsischen Staatseisenbahnen ist für 1912 auf rund 1179 Millionen Mark angegeben. Tie Eisenbahnrente ist wegen der bereits erwähnten Gelände- und damit zusammenhängenden sonstigen Schwierigkeiten nie- driger als in Preußen. Sie war vor einigen Jahren bis auf etwa 3% Proz. herunter, ist aber 1912 wieder auf ungefähr 5% Proz. gestiegen. Die Zahl der beschäftigten Personen betrug am 1. November 1913 51 395, worunter sich 39 879 Arbeiter befanden. Auch das S t r a ß e n b a h n w e s e n hat sich stark ent- wickelt. Im Jahre 1912 gab es in Sachsen   außer den oben erwähnten Schwebe- und Drahtseilbahnen 19 Straßen- dahnunternehmungen, davon gehörten 9 den Gemeinden, 5 dem Staat, 5 waren Privatunternehmungen. Von letzteren befinden sich drei in Leipzig  , je eine in Plauen   i. V. und Zwickau  . Die staatlichen Straßenbahnen sind sämtlich Außen- bezirksbahnen, die an dieDresdener städtischenStraßenbahnen anschließen und von der Stadt für Rechnung des Staates betrieben werden. Außer in den vier sächsischen Großstädten werden noch in vier Mittelstädten und von drei ländlichen Gemeindeverbänden alle im Anschluß an das Dresdener  Bahnnetz Straßenbahnen betrieben. Auf Dresden   und Umgegend entfallen 118,99, auf Leipzig   und Umgegend 121,19 der gesamten Linien-Äilometer. Personen wurden insgesamt im Jahre 1912 329 399 222 befördert, das Anlagekapital ist auf rund 121 Millionen Mark angegeben, die Betriebs- einnahmen betrugen 1912 ca. 31 Millionen Mark. Das neue.Eisenbahngesetz will jetzt bestehende Verord- nungen, rechtsgültige gerichtliche Entscheidungen und gewohn- heitsrechtliche Verhältnisse in ein einheitliches Recht zu- sammenfassen. Es ist naheliegend, daß der Staat. bei dieser Gelegenheit versucht, sein fiskalisches Interesse in erster Linie zu wahren. Dabei wird hier und da die Selbständigkeit der Gemeinden mehr als nötig und gut ist, beeinträchtigt. In dieser Hinsicht dürfte das Gesetz im Landtag doch wesentlich geändert werden. Es macht fast keinen Unterschied, o b G e- meinden oder Private die Unternehmer sind; eine Schablone, die unter Umständen zu schweren Be- lästigungen der allgemeinen Gcmeindeinteressen führen kann. Daß ein Eisenbahnbau im Sinne des Gesetzes also auch Straßen- und ähnliche Bahnen nicht nur der Genehmigung bedarf, sondernverlieheir"(konzessioniert) werden muß, ist ein Grundsatz, gegen den nichts einzuwenden ist, und der ja in anderen Staaten bereits Geltung hat, auch in Sachsen  setzt schon ohne besonderes Gesetz angewendet wird. Tief ein- schneidend ist Z 12, nach dem bedungen werden kann, daß das Unternehinen nach Ablauf der Konzession ohne jede Ent- schädigung in das Eigentum des Staates übergeht. Gerade in dieser sehr wichtigen Frage müßte unterschieden werden zwischen Gemeinden und Privatunter- nehmern. Jni allgemeinen aber dürfte diese Bestimmung der Entwickelung des Straßenbahnwesens recht hinderlich werden. Auch die Fahrpläne und Beförderungsbe- dingungen sollen der Genehmigung der Staatsbehörde unterliegen. In der Begriindmrg dazu kommt das einseitige fiskalische gegen das allgemeine Verkehrsinteresse scharf zum Ausdruck. Die Regierung sagt nämlich, daßder Staat, so- weit er selbst Eisenbahnen besitzt, auch ein Interesse daran haben kann, daß nicht die Tarife der mit einer Privat- -bahn konkurrierenden Staatseisenbahn in übertriebener Weise unterboten werden." Die Konkurrenz soll also zu un- gunsten des Publikums vom Staat ganz willkürlich ausge- schlössen werden! Wenn eine nichtstaatliche Bahn mit einer staatlichen in Wettbewerb tritt besonders bei Parallellinien zwischen Eiseir. und Straßenbahn, so kann der Unternehmer ver- pflichtet werden, einen Teil des Reingewinns(nicht mehr als ein Zehntel an den Staat abzugeben. Auch die Bureaukratie sitzt dem Gesetzentwurf fest im Nacken. So wird z. B. be- stimmt, daß Fahrplan und Beförderungsbedingungen von der Generaldirektton und Kreishauptmannschaft gemeinschaftlich festgestellt" werden. Gegen Entscheidungen der General- direktion der-Staatsbahnen ist Rekurs an das Finanzministe« rium zulässig. Beide arbeiten aber als fiskalische Instanzen der Eisenbahn Hand in Hand! Im Laichtage dürfte das Gesetz zu scharfen Debatten führen. Dos sächsische Eisenbahnwesen ist überhaupt in der neueren Zeit Gegenstand lebhafter Erörterungen gewesen. Dabei spielte auch die angeblich gegen Sachsen   gerichtete Eisend ahn Politik Preußens eine Rolle, der vor- geworfen wird, daß sie geflissentlich versuche, die sächsischen Eisenbahnen im Durchgangsverkehr zu schädigen. Das Thema ist ja alt und hängt auch mit den Plänen nach einer Reichseisenbahngemeinschaft zusammen. Tagegen sträubt sich nach wie vor die sächsische Regierung und sie bestreitet das behauptete Vorgehen Preußens. Ter positive Nächweis dafür wird sich allerdings schwer erbringen lassen. Tatsache aber ist, daß im sächsischen Eisenbahnverkehr noch recht viel zu wünschen übrig bleibt. Die Industrie klagt immer wieder über Wagenmangel. Der Lokalverkehr entspricht noch lange nicht dem Bedürfnis: an die Elektrisierung wurde bisher überhaupt noch nicht gegangen: erst in den nächsten Jahren soll auf einer Lokallinie Dresdens   einVersuch" gemacht werden. Die Fahrzeiten der Fernzüge sind häufig viel länger, als es die besonderen Schwierigkeiten des Geländes und der Linienführung bedingen. Mit der vierten Wagenklasse wird auch jetzt noch sehr sparsam umgegangen. In vielen Personenzügen verkehrsreicher Linien ist sie nichtenthalten. Im Bau neuer Bahnen wird sehr vorsichtig verfahren. Erster Grundsatz ist: möglichst große Ueberschüsse; erst ein zweites Moment das Verkehrsinteresse. Um öas koalitionsrecht. Im größten Saale Nürnbergs  , im Herkulesvelodrom, fand am Freitag eine Demonstrationsversammlung für dasKoalitions- rocht statt. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Genosse Dr. Breitscheid referierte unter oft stünnischer Zu- stimmung. Die Massenversammlung nahm eine Resolution an, in der gegen die Versuche, das Koalitionsrecht der Arbeiter noch weiter zu verschlechtern, nachdrücklich protesttert und als dringende Forderung die Sicherung der Vereinigungs- und Kampffreiheit der Arbeiter verlangt wird. Ei« Amtsvorsteher als Terrorist. Der kommissarische Amts» und Gemeindevorsteher im Seebad A h l b e ck, Herr S ch a e P e, teilte dem Buchdruckereibesitzer Ernst schriftlich mit, das Gemeindeamt könne die jahrelange geschäftliche Berbindung nicht weiter fortsetzen. Der Buchdruckereibefitzer er­kundigte sich nach dem Grunde. Darauf erwiderte der Gemeinde- Vorsteher, er könne nicht mit einem Geschäft arbeiten, in dem ein sozialdemokratischer Agitator beschäftigt sei. Das sei der Betriebs- leitcr Parzmavn. Diesen hatte der Gemeindevorsteher als einzigen sozialdemokratilchen Hecht im kommunalen Karpfenteich der Gemeinde Nemnühlen-Dietrichsdorf kennen gelernt. Nun, meinte der AmtSvorsteher. sei Parzmann in der Parteischule in Berlin  . DaZ zeige, was man von ihm noch zu erwarten habe. Solange Parzmann ün Geschäft sei, sei«Z ausgeschlossen, daß der Buchdruckereibesitzer die großen Druckaufträge der Gemeinde, wie Badeprospekie. Kurliste usw. wieder erhalt«. Er, der Gemeinde- Vorsteher, wisse sehr wohl, daß ob seiner Forderung in der ganzen Presse ein Höllenlärin losgehen werde, aber das wäre ihm ganz gleich; er trüge jede Konsequenz. Vergeblich wandte der Buchdruckereibefitzer ein, daß er einen so tüchtigen Arbeiter nicht verlieren möchte, er mußte sich dem behörd- lichen Druck fügen»»d den Arbeiter entlassen, wollte er nicht die Arbeit verlieren. Wie ungern er es tat, geht auch auS dem Zeugnis hervor, in dem er unserem Genossen attestiert, daß er seit Mai 190S in dem Geschäft als»außerordentlich tüchtiger" Leiter des Betriebes sich bewährte. Das Borgehen des AintSvolsteherS verstößt in gröblichster Weise gegen die Grundsätze der öffentlichen Ordnung und gegen die guten Sitten. Denn es verletzt die politische Gleichberechtigung, die hoch- zuhalten der AmtSvorsteher nebenbei durch seinen Eid auf die preußische Nersasiung versprochen hat, und die Gewissensfreiheit. ES ist übrigens auch ein artiger Beitrag zu dem KapitelSchutz der Arbeitswilligen" durch amtliche Einwirkung zur Entlassung von Arbeitern. Anträge im Reichstag. Die sozialdemokratische Fraktion hat außer den bereits mit- geteilten Anträgen zur Ausdehnung und Sicherung des KoalitionS- rechts folgenden Antrag zu dem mit dem Koalitionsrecht in engster Verbindung stehenden BereinSrecht eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: die Verbündeten Regierungen werden ersucht, dem Reichstag   einen Gesetzentwurf zur Abänderung deZ VereinSgesetzeS vom 19. April 1903 vorzulegen, welcher das Gesetz in folgender Weise abändert: 1. die Geltung landeSrecht- licher polizeilicher Befugnisse über den in§ 1 Abs. 2 des Vereins- gesetzeS bezeichneten Umfang hinaus ist unbedingt auszuschließen: 2. auszuheben find: a) die Bestimmungen über die Anmeldung und Ueberwawung politischer Versammlungen, b) das Verbot des Ge> brauch? fremder Sprachen, o) das Verbot der Teilnahme jugendlicher Personen an Vereinen und Versammlungen; 3. die für politische Vereine gegebenen Bestimmungen sind zu beschränken auf Vereine- welche die Erörterung politischer Angelegenheiten in Versammlungen bezwecken._ Menschenopfer ohne Zahl! Nicht ihrer 60, 70 oder 80 find eS, die durch das neueste Massen« grubenunglück, die Schlagwetterexplosion auf der Stummschen ecke Minister Achenbach dahingerafft worden, sondern.nur" 25. ußerdem noch einige mehr oder minder schwer Verletzte. Viel zu viel! Und doch ist die Zahl eine verschwindend geringe gegenüber den Massenopfern, die die Jagd nach dem schwarzen Golde für andere! Tag für Tag, Jahr für Jahr stückweis fordert. Aber wer gedenkt ihrer? Um einen einzelnen ver- unglücklen Sportfexen wird mehr AiMebcns gemacht, als um 10 000 einzeln verunglückte Bergknappen, die im Kamps umS Brot in gefohrenreickier Oual ihr Leben einbüßen oder zum Krüppel ge- schlagen werden. Es müssen ihrer aus einmal schon Dutzende, vielleicht Hunderte sein, wenn die Aufmerliainkeit der breiten Oeffentlichkeit auf deren elendes Sterben gelenkt werden soll. Und auch daS gelingt nur für einige Tage, wenn es viel ist, einige Wochen. Bei solchen Gelegenheiten wird auch die Presse, wir meinen die bürgerliche Presse, mobil. Einige Blätter, namentlich die Generalanzeigerpresse, tut sich dabei sogar gern besonders hervor- Nicht nur in möglichst umfangreicher und sensationeller Aufmachung, sondern auch im Ton. Der wird zuweilen sogar kritisch. Je nach- dem, wie man am besten glaubt, sich bei solchen Gelegenheiten bei der Leserschaft anbiedern zu können. Wenn es aber gilt, in ent- scheidungsvollen politischen Lugenblicken Farbe zu bekennen, wenn es gilt, bei Wahlen zu den Parlamenten sich zu entscheiden für das Recht und den Schutz der Arbeit oder fürs Kapital, dann schweigen im bürgerlichen Blätterwalde alle Flöten. Einige wenige Blätter ausgenommen, die man an den Fingern abzählen kann. * Ein Massenunglück ist auch nur imstande, die oberen Zehntausend und ihre politischen Geschäftsführer für einige Tage oder Wochen auS ihrer gemächlichen Ruhe aufzuschrecken bei nächster Gelegenheit kann man von verantwortlicher Seite an ver- antwortlicher Stelle hören(Delbrück   im Reichstage): »... Unsere Gesetzgebungsarbeit ist an einem gewissen Ab- schluß angelangt.... Aber, meine Herren, ebern  'o ist es eine selbstverständliche Pflicht sowohl dieses Koben Hauses wie der Re- gierunq, sich zu hüten, auf diesem Gebiete sich einem gedanken- losen Borwärtslreiben in ausgefahrenen Gleisen hinzugeben." Beim nächsten Massenunglück spricht man der betroffenen Ge- sellschaft in erster Linie, den Hinterbliebenen in zweiter Linie sein Beileid auS. * Und die Bergarbeiter selbst? Sie find an die Ge> fahren und Katastrophen schon so gewöhnt, daß auch s i e kaum noch aufbegehren, wenn selbst eine ganze Reihe von ihnen auf einen Schlag hingemäht werden. Auch h,er müssen es schon u n g e- h e u r e Ereignisse sein, wenn sich ihr Inneres aufbäumen soll ob der Opfer, die sie an Leben und Gesundheit bringen müssen. Ein Radbod mit 360 Toten war nötig, um sie in wilden, heiligen Zorn entflammen zu lassen; ein Lothringen   mit 119 Toten reichte noch aus/ um die Acbeiterbevölkerung, insonderheit die Belegichast und ihre Familienangehörigen, vor den Toren der Unglückszeche ihrem Schmerz lauten, verzweifelten Ausdruck zu geben. Minister Achenbach obschon binnen 13 Monaten zum zweiten Male von einem solchen Unglück heimgesucht Minister Achenbach sah am Freitag und sah am Sonnabend die Arbeiter und die Angehörigen der Verunglückten ruhiger, gefaßter. Aber es ist eine schlimme Ruhe. ES ist die Ruhe des Fatalismus, die wir aus vielen Gesichtern sahen. Und sie hielt sogar an, als am Sonnabendvormittag gegen 11 Uhr sich die Zechentore öffneten zur Totenschau. Stummes Suchen der An- gehörigen und Freunde während des BorbeidefilierenS an den acht- zehn zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Leichen, die da dicht nebeneinander lagen, strack und starr auf Stroh gebettet am Boden liegend, bis zum Halse zugedeckt, um den Anblick uicht grausiger zu gestalten als eben nötig. Ergriffen, doch lautlos zogen die K a m e r a d e n an ihnen vorüber, um sie zum letztenmal zu sehen. Mancher von ihnen mag dabei dennoch gedacht haben: Wie lange noch und auch du I Oder aber und hoffentlich auch: Wie lange noch wollen wir unSzerfleiicheninun- seligem Bruderkampf, unser Leben noch mehr zu gefährden als die Natur des Berufs es schon mit sich bringt! Die Toten, fi« mahnen. Ihr stummer Mund spricht den Lebenden eine deutliche, eindringliche Sprache! Nicht 60, nicht 70, nicht 80, nur' 25 find eS, die da auf«inen Schlag, a» einer Stelle gefallen. Und die Hunderte und Tausende, die einzeln dahingerafft, erschlagen werden! Sie mahnen, sie warnen vor schlagende» Wettern! politische Ueberstcht. Eine Kundgebung der Dynastie Krupp  . Tie Kaisergeburtstagsfeier der Kruppschen Be- Hinten, an der auch viele Vertreter fremder Staaten und zahlreiche Gäste aus allen Teilen Deutschlands   teilnahmen. hat Herr Krupp v. Bohlen-Halbach zu einer eigenartigen Kund- gebung benutzt. Er hat in seiner Festrede auf das Hohenzollern  - jubiläum in geziemender Bescheidenheit ein Preislied auf die D h n a st i e Krupp angestimmt, dessen Haupt ja der Redner selbst ist. Offenbar wollte er damit die von Kriegsgerichtsräten und militärischen Sachverständigen in den Krupp-Prozessen bc- itrittene Behauptung erhärten, daß Krupp   und das Reich eins sind, daß zum mindesten die Beziehungen zwischen der Dynastie Hohenzollern   und der Dynastie Krupp   unlösliche find. Herr Krupp v. Bohlen und Halbach wandte sich gegen die An- griffed e r Partei, deren Gegnerschaft uns immer ehrenvoll sein wird". Diesen Gegnern zum Trotz, betonte er, daß die kauf- männische Ehrenhaftigkeit der Firma Krupp  , die neben ihren Leistungen das Ansehen der ganzen Welt genieße, auch heute in ihrem Beamtenkörper noch ebenso lebendig sei wie je zu- vor. Nicht den Taten dieser Firma habe denn auch der Sturm gegolten, sondern dem Dasein der Firma,die zugleich Kind, Symbol unserer hart bedrängten individuellen WirtschaftS- Ordnung" sei. Selbständig und unabhängig, wie die Firma bisher gewesen sei, wolle sie auch bleiben. Nicht Profit- gier sei die Triebkraft des Unternehmens, sondern das Gefühl voll bewußter Verantwortung für das Gemeinwohl.Lassen wir uns nicht niederdrücken durch vereinzelte KrankheitS- erscheinungen, gegen die die eigene Natur Abwehr- fermente zur Genüge hervorbringt und die sich selbst dadurch neu kräftigt und stählt." Wir verstehen nicht recht, was Herrn Krupp v. Bohlen und Halbach das Recht zu dieser Glorifizierung der Firma Krupp   gibt. Von den Gepflogenheiten der Firma bei der Erspionierung der militärischen und Konkurrenzgeheimnisse war er doch schwerlich unterrichtet, da er doch sonst wohl selbst mit in die Anklage gegen die Krupp-Direktoren hineingezogen worden wäre. Aber auch deshalb fehlt ihm zweifellos die Legitimation zur Lobpreisung der Verdienste der Firma, weil er für deren kaufmännische und technische Entwickelung sicherlich nicht die Verantwortung tragt. Denit als ehemaliger Beamter des Auswärtigen Amtes, Bot» schafter in Peking   und Legationsrat der preußischen Gesandtschaft beim Päpstlichen Stuhl, der er bis zum Jahre 1906 war, hat er doch schwerlich Gelegenheit gehabt, sich die kaufmännischen und Fachkenntnisse anzueignen, die zur Leitung des Essener Riesen- betriebes befähigen. Offenbar ist er denn auch nicht einmal zu jenen wichtigen Konferenzen der Direktoren hinzugezogen worden. die sich nach der Enthüllung der Brandt-Skandalosa mit dem Spionagesystem dieses Herrn beschäftigten. Denn wäre es dennoch der Fall gewesen, so wäre doch sicherlich auch Herr Krupp v. Bohlen und Halbach von derobjektivsten Behörde" in den Anklagezustand versetzt worden! Der jetzige Repräsentant der Firma scheint also im wesentlichen d i e Bürde auf sich genommen haben, aus dem Betriebe der Firma und den Rüstungstreiberelen einen jährlichen Gewinnst von vielen, vielen Millionen zu ziehen. Da diese Bürde auch ihr angenehmes hat. begreifen wir es allerdings, daß Herr Krupp v. Bohlen und Halbach immer wieder dieSelb- ständigkeit" undUnabhängigkeit" der Rüstungsfirma proklamiert und alle etwaigen Absichten des Parlaments schroff zurückweist, daS RüstungSIapital unter eine schärfere Aufsicht zu stellen oder gar das Rüstungswesen zu verstaatlichen. DaS Haupt der Dynastie Krupp   schätzt seine Souveränität nicht minder wie die Träger befreundeter Dynastien und erblickt demnach in ihrer Gefährdung ein dreistes Attentat auf seine so überaus ein» träglichen Privilegien. Ganz folgerichtig sieht die Dynastie Krupp   in den Bestrebungen der sozialen Demokratie den Erzfeind ihrer gemeingefährlichen Vorrechte. Aber trotz aller großspurigen Proklamationen und Deklamationen, und trotz eines Danl» telegramms Wilhelms II., in dem es heißt:Wir werden nach wie vor unablässig bestrebt sein, für deutsche   Ehre und Wehr unsere Kraft einzusetze n", wird die soziale Tcmolratie auch mit dem Krupp-AbsolutiSmuS fertig werden.. Rom   und Kopp. Das»Verl  . Togebl." erhält von seinem BreSlauer Korrespon» denten folgende Nachricht: Wie ich erfahre, beabsichtigt Kardinal Kopp, in die Zeitung«- Polemiken wegen seines Briefes an den Grafen Oppersdorff   nicht einzugreifen. Dagegen erfahre ich auS unterrichteten Kreisen, daß die Meldung, daß dem Kardinal Kopp die Mißbilligung de» Vatikans ausgesprochen worden sei, absolut aus der Luft gegriffen ist. Die Kurie hat zu der Gewerkschaftsfrage bis- her keine Stellung genommen und habe hierzu auch keine Ver« anlassung. Es liege dem Kardinal nichts ferner, als die Gewerk- scharten zu provozieren und Rom   vor die letzte Entscheidung zu stellen. Die Entscheidung der Kurie sei längst eine feststehende Tat- fache. Dieunzerechte Kritik" an Kardinal Kopps Vorgehen. so wird hier weiter berichtet, könne den Fürstbischof nicht er- reichen. Geschlossen stehe die Geistlichkeit seiner Diözese hinter dem Fürstbischor auch in der GewerkschaftSsrage. Die Zahl der Geistlichen, welche in den christlichen Gewerlschaiten die einzig mögliche Organisationsmethode erkennen, sei bedenklich zusammen- geschrumpft. Diese Meldung ist entschieden glaubhafter, als die höchst wahr» scheinlich von Parteigängern der Kölner   Richtung ausgesprengt« Nachricht, dem Kardinal Kopp sei auS dem Vatikan   ein strenger Verweis erteilt worden. Es mag der römischen Kurie der Streit im preußischen Episkopat tatsächlich recht unangenehm sein, ober selbst wenn sich Rom   zu einer Art FriedenSmohnung entschlösse, würde diese Mahnung dem Fürstbischof von Breslau   in der schonendsten Form übermittelt werden und ibm nicht allein, sondern auch seinen Widersachern; denn alle Ausblähung de« Wests. BolksblatteS" und ähnlicher Organe schafft die Tatsache nicht auS der Welt, daß der Kardinal Kopp in Rom   höher ein- geschätzt wird, als ein halbes Dutzend SchulteS. Wie wenig die sogenannten.Integralen" die Kölner  fürchten, beweisen zur Genüge die scharfen Aeußerungen der letzten Nummer der Oppersdorffschen Wochenschrift.Klarheil und Wahrheit' über die Bachemiten. und Graf OpperSdorff   hat gute, sehr gute Beziehungen zur römischen Kurie. Der rücksichtsvolle Herr v. Dallwitz. Gegen das Verbot des Schleswiger Regierungspräsidenten ft» Falle Stauning war noch am Tag« der Bersammlnng ei« telegraphische Beschwerde an den Minister de» Inner» ge«