so auf?— Heiterkeit.) Ack> Herr H o f f IN a n n: Ihnen sage ich mit den» Erdgeist im..Faust":»Du gleickist dem Geist, den Du be� greifst, nicht mir 1"(Große Heiterkeit links.) Abg. Korfanty (Pole): Zu parteipolitischen Reden ist dieses Unglück doch gu traurig!(Zustimmung links.) Um wieviel sachlicher war die Rede H u e s als die des Vorredners!— Der Redner beklagt die Abstumpfung gegen die Unglücksnachrichten, gibt der Jagd nach Kohle die Schuld an den Unglücksfällen und bespricht dann obcrschlesische Verhältnisse. Den Berginspektoren wird bei ihren vorher bekannt gegebenen �Besuchen immer größte Ordnung vorgespiegelt. Die Sicherheitsmänner sind nur weiße Salbe! Abg. Hasenclever(natl.): Soviel Menschlichkeit wie die Sostaldemokraten haben die Bcrgwerksbe sitzer noch lange; sie machen sich sofort jede technische Neuerung zur Verminderung der Unfälle zunutze. Die jahrlich neueingestellten zehntausend Arbeiter kommen zum großen Teil aus Westfalen, Ivo es noch keinen Geburtenrückgang gibt. Tarifverträge können im Bergbau nicht ein- leführt werden, denn der Unternehmer muß auch seinen Verdienst finden! 1913 wurden die höchsten Löhne bezahlt. Die Angaben des Abg. Hue über die Strafen waren übertrieben. Abg. Brust(Z.) widerspricht der Behauptung, daß die Arbeiter selbst kein Interesse mehr an den Sicherheitsmännern nähmen. Die Sicherheitsmänner müssen unabhängiger gemacht werden und wenn es ihnen an Fachkenntnissen fehlen sollte, dann muß man eben Kurse für sie ein- richten. Wir hoffen, daß diese Jnterpellationsdebatte die Erregung unter den Bergarbeitern einigermaßen beschwichtigen wird.(Beifall im Zentrum.) Ein Schlußantrag der Rechten wird angenommen. Abg. Dr. Cremcr(natl.), der nicht mehr zum Wort gelangt, spricht.zur Geschäftsordnung" die Hoffnung aus, daß die rheinisch- ivestfälische Bevölkerung nicht weiter im sozialdemo- lratischen Sinne beunruhigt werde. Das Haus vertagt sich auf Mittwoch 11 Uhr: Justizetat. Schluß 4 Uhr._ V Reichstag. 204. Sitzung. Dienstag, den 3. Februar 1914, nachmittags 2 Uhr. Am Tische des Bundesrat«: Dr. Delbrück. Präsident Kacmpf macht Mitteilung von dem heute nacht er- folgten Ahleben des Abg. Preuß(Z.).(Die Mitglieder ehren das Andenken des Verstorbenen in der üblichen Weise.) Der Präsident gedenkt dann des Unglücks, das die Handelsmarine betroffen, indem ein Schiff in stürmischer Nacht an der Küste Englands zer- schellt ist, wobei 19 brave Seeleute mit dem Kapitän den Tod fanden, und weist darauf hin, daß unbeirrt durch alle Mißgeschicke und Widerstände die deutsche Technik fortschreite und Beweise ihrer Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit erbringe. Er verweist aus das Begrüßungstelegramm, das der Kaiser auf drahtlosem Wege an den Präsidenten der Vereinigten Staaten gesandt hat, und auf die Vollendung der Gleis spitze der Ostafrikanischen Bahn. (Bravo I) Kurze Anfragen. Abg. Gothein(Vp.) fragt an, ob der Reichskanzler die Prüfung des von den Herren Krüger und Krause entdeckten Mittels gegen die Maul- und Klauenseuche veranlaßt habe, und ob er das Mittel für das Reich zu erwerben gewillt sei, um es den deutschen Viehhaltern gegen Erstattung der Selbstkosten zur Verfügung zu stellen. Ministerialdirektor V. Jonquiöres: Ein abschließendes Urteil über die Brauchbarkeit des neuen Mittels läßt sich noch nicht gewinnen. Die Reichsverwaltung wird ihr Augenmerk auf die weiteren Versuche richten. Zu Erwägungen wegen Erwerb des Mittels hat bisher ein Anlaß nicht vorgelegen. Abg. Kunert(Soz.) erinnert, daß bereits vor drei Jahren eine Denkschrift über die Reforni bedürftigkeit und Vereinfachung der Heeresverwaltung, insbesondere der Armeeintendantur ver- sprochen worden ist. Er tragt, in welches Stadium der Erwägungen und Vorbereitungen diese Reform gelangt ist, und wann die Ver- öffentlichung der Denkschrift erfolgen soll. Oberst Scheuch: Die Beantwortung ist im Rahmen der Erledigung einer solchen Anfrage jetzt nicht möglich; sie wird bei der Beratung des Militäretats erfolgen. Abg. Dr. Mnller-Meiningen(Vp.) fragt an, ob ein Gesetzentwurf zur Beseitigung der schweren Schäden, die der Grund kr edit durch die übermäßige Erstreckung der F r i st e n der M i e t s z e s s i o n e n erleidet, noch in dieser Session zu erwarten ist. Direktor im Reichsjustizamt Delbrück : Ein entsprechender Gesetzentwurf ist bereits fertiggestellt und wird alsbald dem Bundesrat vorgelegt werden. Etat ües Reichsamts ües Innern. Die Beratung wird fortgesetzt beim Titel Förderung der Hochseefischerei. Abg. Noske(soz.): Meine Parteifreunde haben die Einstellung größerer Mittel für diesen Zweck mit Genugtuung begrüßt. Eine weitere Förderung der Hochseefischerei muß m der Weise geschehen, daß die Fischer Mittel zur Versügung bekommen, um sich die Forlschritte der Technik zu- nutze zu machen. Trotz des erfreulichen Aufschwunges der Hocksee- fischerei ist sie noch keineswegs imstande, den Verbrauch der deutschen Bevölkerung an Seefischen zu decken. Viele Fischer können aus Mangel an Mitteln nicht zur Hochseefischerei übergehen, ein erheblicher Mangel ist auch das Fehlen von Fischereihäfen an der Ostieeküste. Wenn man aber Mittel für die Fischerei auswirft, so darf man den Arbeiter in diesem Berufe nicht vergessen. Die geplagte Mannschaft muß vor U n- fällen soweit Schutz finden, wie es überhaupt möglich ist. Leider zeigt ein großer Teil der Unternehmer sehr wenig guten Willen, die Lage der Mannschaften zu verbessern. Die Ruhezeit der Angestellten in der Hochseefischerei ist sehr gering und außerdem müssen die Maunschaflen sie noch in äußerst engen Mannschaftskabinen zubringen, die zugleich als K ü ch e dienen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Leute sind beschäftigt von Mai bis November, was den Winter aus ihnen wird, darum kümmert sich der Reeder nicht. Die festen Wochculöhne sind äußerst gering, außerdem erhalten die Leute einen Fang- a n t e i l, der sie zu einer rasenden Akkordarbeit verleitet. Nur große Reedereien zahlen ein bestimmtes Mindesteinkommen, das aber angesichts der mörderischen Arbeit keineswegs genügt. Die Beköstigung läßt sehr viel zu wünschen übrig. Frisches Gemüse gibt es nur in ganz ungenügender Menge; Butter gibt es bei manchen Reedereien gar nicht. Desto schlimmer steht es mit der Zubereitung der Speisen. Der sogenannte Koch ist ein Teil der Schiffsmannschaften. der bei Fängen mitarbeiten muß. Die Kontrakte bei der Herings- fischerei werden den Leuten nicht bei Beginn der Arbeil vorgelegt. sondern im Winter, wenn ihnen am meisten daran liegen muß, wieder Arbeit zu erhalten. Selbst bei den größten Gesellschaften findet man die reinen Sklavenkontrakte, nach denen der Arbeiter fast nur Pflichten, der Arbeitgeber nur Rechte hat. Wird die Arbeit nicht angetreten, so verfallen 100 M. Konventionalstrafe.(Hört! hört l bei den Sozialdemokraten.) Bei Beschädigungen der Netze erfolgen Lohnabzüge. Einen Freibrief auf Lohn drückerei und Entlassung bedeutet die Bestimmung, wonach der Reeder berechtigt ist. einen Mann, der sich nicht als geeignet erweist für die Stellung, für die er angemustert wurde, seinen Fähigkeiten entsprechend zu be- zahlen. Der Bundesrat sollte dasür sorgen, daß die ärgsten Miß- stünde in den Arbeitsverhältnissen der Hochseefischerei, die eines Kulturstaates unwürdig find, schleunigst beseitigt werden.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.) . Abg. Schwabach (natl.): Durch Sturmschäden sind nicht nur die Fischer in Pommern und Westpreutzen, sondern auch an der Ostsee schwer geschädigt worden. Das Reich, das Zuschüsse für die Höchste und Binnen- fischerei zahlt, ist verpflichtet dafür zu sorgen, daß diese Bevölkerungs- kreise nicht zugrunde gehen. Im Gegenteil hat das Reich ein Interesse daran, daß die Fischerei sich immer mehr entwickelt, damit der Fisch in erhöhtem Maße zum Volksnahrungsmittel wird. Abg. v. Böhlendorff-Kölpin: Auch wir bedauern die schweren Schädigungen der Seefischer durch die Stürme dieses Winters. Es sollten bis zur dritten Lesung Mittel zur Entschädigung dieser Fischer in den Etat eingestellt werden. Die Fischerei muß so entwickelt werden, daß sie imstande ist, uns vom Ausland unabhängig zu machen. Dazu muß sie kräftig unterstützt werden, viel mehr als jetzt im Etat vorgesehen ist. Nicht 500 000 M., sondern 1 000 000 müßten dem Deutschen Seefischerei- verein zur Verfügung gestellt weiden. Wichtig ist auch die Er- zsthung der Fischer zur Selbsthilfe. Man muß ihnen das enossenschaftswesen geben, das die übrigen Zweige der Landwirtschaft haben. Abg. Dr. Struve(Vp.): Meine Freunde bedauern ebenfalls herzlich das Unglück, das die Seefischerei betroffen hat. Ich wundere mich, daß noch immer kein Regierungsvertreter gesprochen hat, um zu erklären, was nun eigent- lich von den geäußerten Anregungen verwirklicht werden soll. Auch wir unterstützen die Forderung, daß die Fischer aus Reichs- miltein entschädigt werden.— Ich freue mich, daß die Konservativen jetzt auf ihre frühere Forderung des Fischzolls verzichtet haben; ich hoffe, daß das eine dauernde Einrichtung der konservativen Partei werden wird.(Heiterkeit.)— Auch an den schweren Klagen der A r b e i t e r, die Kollege Noske vorgetragen hat. darf die Reichsregierung nicht achtlos vorübergehen.— Die Konservativen sollten ferner auch dafür sorgen, daß der Wunsch der Fischer, auch etwas Land zu bekommen, endlich erfüllt wird.(Sehr gut! links.) Eine große Schuld Preußens ist es, daß a» der pommerschen Küste noch so wenig Fischereihäfen angelegt sind.(Sehr richtig! links.) In der Ostsee sollte nur ein Fischercireckt herrschen, mit Be- stimmungen über die Schonzeit, über die Maße usw. Mehr Mittel müssen endlich eingestellt werden für die internationale Forschung auf diesem Gebiete.(Bravo I links.) Abg. Frhr. v. Richthofe»(natl.): Auch wir würden es begrüßen, wenn angesichts der Einmütigkeit des Hauses die Regierung endlich zur Materie das Wort nehmen würde. Einen Seefischzoll halten wir ebenfalls nicht für an- gebracht. Ministerialdirektor v. Jouguiöres: Im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Mittel werden wir den Fischereibetrieb gern fördern. Ob es aber möglich sein wird, für diesen Zweck mehr Mittel in den Etat einzustellen, ist eine reine etat-technische F>age, die nur bei Abwägung aller anderen Bedürfnisse beantwortet werden kann.— Entgegen den Klagen über die preußische Regierung möchte ich betonen, daß ie tut, was in ihren Kräften steht, speziell die preußische Eisenbahn- Verwaltung hat sich der Fischereiinteressen in dankenswerter Weise angenommen.(Bravo ! rechts.)— Die Verhältnisse in der deutschen Fischerei haben sich in den letzten Jahren erheblich gebessert.— Entschädigungen für die Sturmschäden kann nicht daS Reich leisten, hier müssen die E i n z e l st a a t e n eintreten. Die Verhältnisse auf den Fischereifahrzeugen sind gewiß nicht ideale, der Berus ist sehr gefährlich. Aber dem Abg. Noske muß ich doch bemerken, daß die Sicherheitseinrichtungen den Vorschriften der See- mannsordnung entsprechen. Die Arbeitszeit und die Verpflegung ist absichtlich in der Seemonnsordnung nicht geregelt, weil das Fischereigewerbe eine Scdemaiisierung nicht verträgt. So schlecht, wie es nach den Ausführungen des Abg. Noske scheinen könnte, geht es unseren Fischerleuten nicht. Abg. Körsten(Soz.): Das Klagelied über die Fischerei, das heute wieder erklungen ist, ist berechtigt. Die Fischerei ist eben das Siieflind unserer Gewerbe. Es wird noch mir mittelalterlichen Einrichtungen ge- arbeitet. Ich habe hier Bestimmungen aus dem 14. Jahr- hundert, die heute noch genau so gelten. In der Fischerei gilt noch das Erstgcburtsrccht, nur der älteste Sohn erbt das Fischereirecht. Die Sühne dienen alle drei Jahre in der Marine, aber wenn sie nach Hause kommen, dürfen sie nicht fischen, ja im Betriebe des eigenen Vaters dürfen sie nicht arbeiten. In Bezug auf die Strafen ist eS bei den Fischern nickt um ein Jota besser geworden. Bei der kleinsten Uebertretung wird aus 3 0 M. Strafe erkannt, beim zweiten Mal auf 5 0 M., beim dritten auf 100 M, und Konzessions- entziehung. Will man den Fischern helfen, so schaffe man diese drakonischen Strafen ab. durch die die Fiicher noch schlimmer als unier der Gesinde- ordnung stehen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Den armen Fischern verweigert man oft die Fischereierlaubnis, den großen Kapitalisten aber kommt man entgegen und gestaltet an derselben Stelle das Fischen zum Vergnügen, wo dem armen Fischer ver- boten wird, sein Brot mit Fischen zu erwerben.— Schließlich sollte die Regierung auch ihre Aufmerksamkeit aus die W a s s e r- Verhältnisse im Stettiner Hafs richten, die durch den Stettincr GroßschiffahrtSkanal ungünstig beeinflußt sind.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Abg. Fegter(Vp.): Man sollte alles versuchen, den Fischkonsum zu heben. Dazu gehört auch eine Beschleunigung des Transports der Fische nach dem Inland. An Geld sollte es in diesem Jubel- WehrbeitragSjahr wirklich nicht fehlen. Abg. Noske(Soz.): Es ist außerordentlich charakteristisch für die deutschen Zustände, daß der Herr RegierungSvcrlreter bewegliche Klagen über die Finanznot anstimmte in dem Moment, wo es sich um lumpige 100,000 Mark für die Hebung der Seefischerei handelt. («ehr wahr! bei den Sozialdemolraten.) Wenn Milliarden für Heeres zw ecke verlangt werden, ist von der Finairz- not keine Rede.(Sehr richtig! bei den Soziatdcmokratcn.i Bei meinen Beschwerden habe ich vor allem aus die Mängel der SeemannSordnung hingewiesen, wo man wichtige Lebens- Interessen der Seefischcr aus Entgegenkommen für die Reeder ver- nachläsfigt hat. Wenn man schon eine übermäßig hohe Arbeitszeit in den Zeilen der Fänge für notwendig hält, so müßte doch aus jeden Fall die Regierung gegen die Vertrags- bestimmung vorgehen, die es de» Arbeitern verbietet, auch nur ein- mal einen Vertreter zu stellen, um sich einen freien Tag zur Erbolung zu verschaffen. Die Seefischer werden hoffentlich aus der Haltung der Regierung die Folgerung ziehen, daß sie für möglichste Stärkung ihrer Organisation sorgen, um sich dadurch aus eigener Kraft selbst zu helfen,(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Verantwortlicher Redakteur: Alfred Wielevp. Neukölln. Für deu Inseratenteil verantw.: Th. Glocke. Berlin . Druck u. Verlag.'Vorwärts Damit schließt die Debatte. Ein Antrag Bassermann(natl.) auf Erhöhung des Fonds bis zur dritten Lesung wird ein- stimmig angenommen. Beim Titel„Unterstützung deutscher Seemannsheime im Ausland" begrüßt Abg. Meyer-Herford (natl.) die Erhöhung des Titels um 6000 M. und wünscht noch weiter- gehende Unterstützung dieser christlich-nationalen Liebeswerkc. Abg. Sivkovich(Vp.) betont ebenfalls die nationale und wirtschaftliche Bedeutung der Seemannsheime. Es folgt der Titel Maßregel» gegen die Rcblauskrankheft. Abg. Pcirotes(soz.): In Elsaß-Lothringen ist ein großer Teil des Areals der Wein- bauern durch die Reblaus versucht. Leider sieht die Reichs- regierung dieser Verwüstung unseres Rebgeländes tatenlos zu. Die elsäsfischen Rebbauern fordern den Anbau der Amerikanerrebe in weitem Umfange. Die Reicbsregierung hat ganze 1000 M. zur Bekämpfung der Reblaus ausgeworfen und dieie 1000 M. werden nicht einmal ausgegeben. Elsaß-Lothringen dagegen har seit Bestehen des Gesetzes 5>/z Millionen zur Bekämpfung der Reb- laus ausgegeben. Trotzdem ist Vi des Rebgeländes verseucht. Da versteht man den Unwillen der Winzer, die durch das Gesetz am Anbau der Amerikanerrebe gehindert werden. Sie verlangen eine Aenderung des Gesetzes, das sie ein häßliches, ein Lausgesep nennen. Daß die Abänderung des Gesetzes notwendig ist, hat auck, der gewesene Staatssekretär Zorn v. Bulach im elsässiichen Landtag zugegeben, wo er bedauerte, daß die elsäsfische Regierung diesem berechtigten Wunsche der elsäsfischen Winzer nicht nach- kommen könne. Ministerialdirektor v. Jouquiörcs: Die Verhandlungen über die Auslegung des Gesetzes zur Be- kämpfung der Reblaus und über den Anbau der Amerikanerrebe sind fast zum Absckiluß gelangt. ES fehlt nur noch die Verständigung über einige technische Einzelheiten. Sobald diese erfolgt ist, wird eine entsprechende Borlage zur Aenderung des Gesetzes dem Bundes- rat zugehen. Abg. Dr. Haegy(Elf.): Die Erfahrungen, die wir heute durchmachen, hat Frankreich schon ftüher durchgemacht, und es hat seinen Rebbestand durch den Anbau der Amerikanerrebe wieder rekonstruiert. Die Schweiz bat dasselbe getan. Wir wünschen, daß auch uns der Anbau der Amerikanerrebe gestattet wird. Abg. Dr. Becker-Hessen (bei keiner Fraktion): Die Winzer unserer Gegend wollen durchaus an dem Reblaus- gesetz festgehalten wissen, wir sind mit dem jetzigen AuSrottungs- verfahren der ReblauS gut gefahren. Wir wünschen aber, daß größere Versuche mit dem Anbau der Amerikanerrebe gemacht werden. Abg. Dr. Paasche(natl.): An dem ReblauSgesetz wollen auch wir festhalten, aber soweit irgend möglich, wollen wir den Wünschen der Winzer, deren Besitz von der Reblaus verheert wird, entgegenkommen. Eine einheitliche Handhabung des Gesetzes ist gewiß wünschenswert; doch find die Wünsche der Winzer auf mildere Handhabung des Gesetzes gerecht- fertigt. Die Diskussion schließt. Der Titel wird angenommen. Hierauf vertagt das Haus die Weiterberatung auf Mittwoch 1 Uhr(Handhabung des Vereinsrechts). Schluß 6 Uhr._____ Jugenöbewegung. Wie die Gegner auf das Verciusgesetz pfeife». Der§ 17 des Reichsvereinsgesctzes. der Jugendlichen unter 18 Jahren die Teilnahme an politischen Vereinen und Versammlungen verbietet, existiert für die gesamte bürgerliche Jugendbewegung be- kannilich nicht. Täglich übertreten uniere Gegner mit klarem Bewußtsein das VereinSgesetz und zwar unter den Augen der Aufsichlsorgdne. Vvn der großen �ahl konkreter Fälle seien aus letzter Zeit nur zwei typische Beispiele von verschiedenen Lagern mitteilt. Die„Nationale Arbeiterjugend", ein Kopfblatt der„Jung- deutschlandpost" und Organ der gelben Jugendbewegung im Rhein - land berichtet, daß auf einer Konferenz der gelben Jugendleiter und Helfer, die am 11. Dezember in Essen abgehalten wurde, ein Dr. Arnold einen Vortrag über„Die sozialdemokratische Jugendbewegung" gehalten hat. Aus dem Thema geht deutlich hervor, daß der Vortrag einen politischen Inhalt hallo und auch haben sollte. Die„Präsides- Korrespondenz", Zeitschrift für da? katholische soziale Vereinswesen, herausgegeben von dem katholischen Genera- lrssimuS Dr. August Pieper , bringt in ihrer Nummer 12 vom vorigen Jahre das Winterprogramm einer Jünglingskongrcgatio», das für DienStag, den 10. Februar 1914 einen Vortrag über„Wie hast du als deutscher und christlicher Jüngling über die Sozialdemokratie zu urteilen? Redner: Herr Stadtverord- neter Kloft, Esscn-Rubr, vorsiebt. Derartige offenkundige politische Jugendveranstaltungen dürfen unsere Gegner in voller Oeffentlichkeit abhalten, ohne sich der Gefahr einer Bestrafung auszusetzen. Und obwohl fast alle bürgerlichen Jugendvereine politische Tendenzen verfolgen, also den Strargesetzeir zuwiderlausen, werden sie dennoch von allen staatlichen Organen kräftig unterstützt. Aber zur Knebelung der Bildungsbestrebungen der proletarischen Jugend findet die mißbräuchliche Anwendung des Z 17 keine Grenzen. Die„Arbeiter-Jugend" im Urteile der Gegner. Die Arbeiter-Jugendbewegung wird von den Gegnern fortgesetzt mit grimmigem Haß verfolgt und nach Reichsverbandsmanier ver« unglrmpst. Dabei spielt das Buch des cvangeliichcn Pfarrers Jllgen- stein eine große Rolle. In dieser Reichsverbandsfibel wird ein Zerrbild gegeben von der Bewegung des jungen Proletariats, von dessen Wesen und Streben. Wie aber ehrliche Gegner, die durch eigenes Studium die Arbeiter-Jugendbewegung kennen zu lernen sich bemühte», über sie denken, zeigt das Urteil des Pastors Johannes Herz- Chemnitz in einer Diözesanversammlung, also einer Konferenz von Sachverständigen, worüber der. I ü n g li n g s- P e r e i n die Monaisichriit für die Leiter evangelischer Jünglingsvereine, iir seiner Januar Nummer berichtet. Pastor Herz empfahl den Ver- tretern der Krrchengemeinden unsere Werbearbeit zur Racheiferung, beklagte weiter das Fehlen einer geeigneten, wirklich packenden bürgerlichen Feilschrift, und urteilte über den literarischen Wert unserer„Arbeiler-Jugend" folgendermaßen: „In wieviel günstigerer Lage ist da wieder die Sozialdemo- kratie, die in ihrer„Arbeiter-Jngend" sich für die Mitglieder ihrer Jugendvereine ein Organ geschaffen hat, das zwar vom einseitigsten Klasienstandpunkt aus geschrieben ist und an Verhetzung osl Un- erträgliches leistet, dabei aber— wie verschiedene Leiter kirch- licher Jugendvereine, die da? Blatt lesen, mir wiederholt bezeugt haben und wie ich selber aus Grund eigener Lektüre bestätigen muß, geradezu glänzend redigiert wird, in seinen wissenschaftlichen Artikeln meist Vortreffliches bietet, in seinem belletristischen Teil selbst hohen Anforderungen gerecht zu werden vermag und mit seinem energischen Kampf gegen Alkohol- und Tabakgenuß, Schundliteratur und Äinematogräphenunwesen zweifellos manches Gute stiftet." Wenn wieder irgendein Gegner mit der Jllgensteinschen Fibel die freie Jugendbewegung verleumdet, sollte man ihm da» in fach- verständigen Kreisen abgegebene sachverständige Urteil des Pastors Herz gründlich unter die Nase reiben.____ Buchdruckerci u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co» Berlin SW.
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