».».».wik» 3. fitilaijt te„ilitniiiirtü" l'filiiifr �oMIntt.»»»-Mtdie MiReichstag.203. Sitzung. Mittwoch, den 4. Februar 1S14,nachmittags 1 Uhr.Am Tische deZ Bundesrats: D r. D e l b r ü ck.Präsident Äaempfteilt mit, daß die beiden Abgeordneten Pütz und Hebel(Z.)heute morgen von einem Kraftfahrzeug überfahren undschwer verletzt in das Hedwigkrankenhaus gebracht worden sind. Erwünscht ihnen im Namen des Hauses baldige Herstellung und völligeGenesung.Anträge zum Reichsvereinsgesetz.Die Abgg. Albrecht und Genossen(Soz.) beantragen, umfolgende Abänderung des Vereinsgesetzes zu ersuchen:1. Die Geltung landesrechrlicher polizeilicher Befugnisse überden im§ 1 Abs. 2 des Vereinsgesetzes bezeichneten Umfang hin-aus ist unbedingt auszuschließen.2. Aufzuheben sind a) die Bestimmungen über die Anmeldungund Ueberwachung politischer Versammlungen: b) das Verbot desGebrauchs fremder Sprachen; c) das Berbor der Teilnahmejugendlicher Personen an Vereinen und Versammlungen.3. Die für politische Vereine gegebenen Bestimmungen sind zubeschränken auf Vereine, welche die Erörterung politischer An-gelegenbeiten in Versammlungen bezwecken.Die Abgg. Dr. Spahn und Genossen(Z.) beantragen umfolgende Abänderungen des Vereinsgesetzes zu ersuchen:1. Das Verbot des Gebrauchs einer nichtdeutschen Sprachein öffentlichen Versammlungen wird aufgehoben.2. Das Verbot der Teilnahme jugendlicher Personen anpolitischen Vereinen und Versammlungen wird beseitigt.3. Das Recht der Polizeibehörden. Beauftragte in öffentlicheVersammlungen zu entsenden, wird in einschränkendem SinneIlargestellk.4. Die Ausübung des Versammlungsrechtes wird gegenVerhinderung durch polizeiliche Anordnungen über die Polizei-stunde geschützt.3. Für die öffentliche Bekanntmachung einer Versammlung,wird deren Bekanntgabe in einer Zeitung, die in dem betreffendenReichstagswahlkreis herausgegeben wird, als genügend erklart.Die Abgg. Brandys und Genossen<Pole> beantragen imwesentlichen dieselben Aenderungen, und außerdem, daß in einemBundesstaat, in welchem ein oberstes Landgericht besteht, dieses inallen Siraffachen wegen Zuwiderhandlung gegen verschiedeneParagraphen des Veremsgcsetzes für die Verhandlung und Eni-scheidung der den Oberlandesgcrichten zugewiesenen Revisionen undBeschwerden ausschließlich zuständig sein soll.Abg. Laszewski(Pole):Wir Polen wollen keine Gnade, wir fordern volle Gleich-berechtigung. Durch die bisherige Politik ist eine Zusammen-schweißung der Polen und Dänen in Deutschland nicht erreicht. Wieist das auch möglich, wenn das Naturrechl der Polen usw. auf Ge-brauch ihrer Muttersprache bei Besprechung politischer An-gelcgenheiten ihnen genommen wird. Sogar reine Vereinsversamm-lungen der Polen werden entgegen dem Sinn des Gesetzes füröffentliche erklärt. Man verlangt bei Vereinsversammlungen»das innere Band der wechselseitigen Beziehungen� der Betreffendenso weit, daß schließlich nur noch Familien einen Berein bildenkönnen. sHört! hört!) Ein dahingehendes Urteil des Ober-landeSgerichrs Marienwerder hat zu Prozessen gegen alle mög-lichen polnischen Vereine, Turnvereine, Gesangvereine usw. geführt.Im Gegensatz zu den Erklärungen des Staatssekretärs Delbrückauf eine Anfrage des Abg. Herne bei der Beratung des Reichs-vercinsgesetzes werden geschlossene polnische Vereinssitzungen über-wacht, was in sich schließt ein Präventivverbot des Gebrauchs derpolnischen Sprache in solchen Versammlungen.(Zuruf bei denPolen: Unerhört!) Der frühere Abg. Kulerski hielt in einemgeschlossenen Räume mit seinen eigenen Vertrauensleuten eine B e-f p r e ch u n g ab, und er sowohl wie alle Vertrauensleute wurdenb c st r a f t. Die Sache ist durch drei Instanzen gegangen.(Hört! hört!) Am Schluß einer Theatervorstellung mitTanz hielt der Vorsitzende des polnischen GewerbevereinS in Schwetzeine polnische Ansprache an die Schauspieler, denener für ihre Mitarbeit dankte. Er wurde verurteilt wegenGebrauchs der polnischen Sprache in einer öffentlichenL e r s a m nr l u n g sHört! hört!) und in der Berufungsinstanz nurfreigesprochen, weil ihm das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlthabe. Man will eben in Schwetz den Gebrauch der polnischenSprache überhaupt ausrotten und deshalb erklärt man alleVersammlungen für politisch. Ein Antialkoholverein wurde fürpolitisch erklärt mit der Begründung: wenn die Pole» Enthalt-samkcit predigen, so tun sie das, um eine Generation großzuziehen,die das Polen tum wieder ausrichtet.(Hört! hört! b. d. Polen). Auchein rein wissenschaftlicher Verein, der die Ouellengeschichle West-preußenS sammelt, wurde letzte Woche für politisch erklärt. Dabeiwird sein Mitgliedcroerzeichnis ohnehin publiziert. Man willoffenbar erreichen, daß in den Jahresversammlungen deutschgesprochen wird. Das istein diretter Mißbrauch des Gesetzes.Fälle wie der Fall A m u n d s e n kommen auch bei unS vor, werdenaber totgeschwiegen. Wenn so mit dem Sprachenparagraphen ge-arbeitet wird, bleibt nur übrig, ihn aufzuheben.(Sehr richtig!bei den Polen.) Auch der Jugendparagraph mutz beseitigtwerden. Die so segensreichen Emhaltsamkeitsvereine können bei unsnur wenig wirken, weil ihnen die Ausnahme von Personenunter 18 Jahren verwehrt wird. Ebenso ist es mit denTurnvereinen und anderen Sportvereinen, die für politisch er-klärt werden, allerdings mit unrichtiger Jnlerpretierung des Gesetzes.Der letzte Teil unseres Antrages ist gestellt, um eine einheitlicheRechtsprechung zu erzielen.(Bravo! bei den Polen.)Abg. Legien(Soz.):Bei der Beratung des Vereinsgesetzes erklärte der damaligeStaatssekretär des Innern, der jetzige Reichskanzler, u. a.. eSbestehe keineswegs die Absicht, Hintertüren offen zu lassen, vielmehrsolle jedes schikanöse Eingreifen gegenüber Vereinen und Versamm-lungen vermieden werden.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)Weiter erklärte er, die Regierung bezwecke gerade die B e s e i t i-gung aller nicht durchaus gebotenen Be-schränkungen und wolle versuchen, kleinlichen Auslegungen desGeseyeS und kleinen Beschränkungen entgegenzutreten. lHörl I hört!bei den Sozialdemokraten.) Die Liberalen haben sich leiderdurch diese und andere ähnliche Erklärungen verleiten lassen, demGesetz nicht diejenige Fassung zu geben, durch die Hintertüren aus-geschlossen werden; sie habe» leider übersehen, daß mit der Schaffungdes ReichsvereinSgesetzes nicht zugleichder kleinliche Polizeigeist in Preuße»beseitigt werden konnte.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Was aus diesen Erklärungen des jetzigen Reichskanzlers geworden ist,haben wir ja soeben aus den Darlegungen des Borredners gehört.Rirmand hat daran gedacht, daß das Vercinsgesetz in solcheröesWeise gegen unsere polnischen Staatsbürger angewendet werde» könnte.Hätten die Liberalen das geahnt— gewarnt haben wir sie ge-nügend— so hätten sie wohl lveder dem Sprachenparagraphen nochdem Jugendlichen-Paragraphen zugestimmt. Ich könnte das vomVorredner vorgeschlagene Material noch außerordentlich ergänzen.Meine Parteifreunde unterschreiben seine Ausführungen nnd unter-st ü tz e n seinen Antrag.Was ist aus den feierlich abgegebenen Erklärungen geworden?Der kleinlichste preußische Polizeigeist macht sich bei der Anwendungdes Vereinsgesetzes geltend. Im März 1913 wurde von der Polizeibeim Transportarbeiterverband in Essen eine Haussuchungvorgenommen, die Polizei fertigte die Abschriften der Mitglieder-listen und übermittelte sie der Eisen bah nbehörde.(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Diese Handlungder Polizeibehörde war nichts anderes als D i e b st a h l.(Sehrrichtig! bei den Sozialdemokraten.)Wenn ich nur wenige Fälle anführe, so geschieht das keines-Wegs, weil ich nicht mehr zur Verfügung habe; ich erkläre daS auS-drücklich, damit der Staatssekretär nachher nicht etwa wieder sagt:es liegen ja nur ein paar Fälle vor. O nein, eS ist ein schweresStück Arbeit, sich durch denWust von Amtsmißbrauch und Rechtsbeugungbei der Handhabung des Vereinsgesetzes hindurch zu arbeiten.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Jn Thorn drohte dieKommandantur einem Gastwirt, wenn er sozialdemokratischeVereine dulde, würde den Militärpersonen das Betretendes Lokals verboten werden. Der sozialdemokratische Vereinwar eine Zahlstelle des Bauarbeiterverbandes.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Mit einem anderen Gast-Wirt hatte das Geloerkschaftskartell einen Vertrag wegen eines Ver-gnügens abgeschlossen. Sowohl die Polizeibehörde als dieMilitärbehörde und Zivilbehörde drohte dem Mannden wirtschaftlichen Ruin an(Hört I hört! bei den Sozial-demokraten), wenn er den Vertrag nicht rückgängig mache. Unterdiesem Zwange versuchte er den Verlrag zu umgehen, indem erdas Eigentumsrecht seines Grundstücks an seine Ehefrauabgab. In Neustadt in Sachsen wurde einem Gastwirt,bei dem die Blumenarbeiterinnen ihren Verbandstag ab-zuhalten beschlossen hatten, gedroht, ihm würde die Tanz-erlaubnis entzogen werden, weil er den Verbandstag nickitverhindere.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Aber derStaatssekretär v. B e t h m a n n H o l l w e g. der jetzige Reichskanzler, hat in der Kommission ausdrücklick erklärt, wer einem Gast-Wirt mit Androhung der Entziehung des Tanzvergnügens oder derBeschränkung der Polizeistunde zu bewegen sucht, von einer Ver-sammlung in seinem Lokale Abstand zu nehmen, macht sich desVergebens des Amtsmißbrauchs schuldig.(Hört I hört!bei den Sozialdemokraten.) Ich fragte Herrn v. Bethmann Hollwegschon damals in der Kommission, ob er denn in den vielen mirganz authentisch bekannten Fällen eine Strafverfolgung veranlassenwolle. Er lehnte das dankend ab. Ebenso lehnte eraber auch ab, in das Gesetz eine Strafbestimmung hineinzunehmen,weil das Strafgesetzbuch ausreichend sei. Es hat sich aber in denvielen derartigen Fällen bisher noch kein Staatsanwaltgesund en, der dagegen einschritte.(Hört! hört! bei den Sozial-demokraten.)Gewerkschaftliche Versammlungen sind nicht meldepflichtig.Natürlich setzte jedermann voraus, daß sie auch nicht überwachungs-pflichtig sind. Die Verbündeten Regierungen hatten das auch selbstin den Motiven zum Entwurf vorausgesetzt. Trotzdem wird dieUeberwachung verlangt, angeblich, weil es sich um politischeAngelegenheiten handle. Die Agitation für den Holzarbeiter-verband wird von der Polizei sowie von den Gerichtenfür eine politische Angelegenheit erklärt, denn der Ver-band erstrebe eine Einwirkung aus sozialpolitische Angelegenheiren.Das Oberlandesgericht in Breslau hatdiesen Unsinnbestätigt.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Das Ober-landesgericht in Naumburg sprach als das Charakteristikumeiner polnischen Versammlung aus, daß dem Referenten keine Grenzegezogen sei und daß die Diskussion aufs politische Gebietübergreifen könne.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)In Dresden wurde eine Versammlung der Gemeindearbeiter, diesich mit der herrschenden Teuerung beschäftigte, kurzweg für eineAgitations Versammlung für die sozialdemokra-tische Partei erklärt.(Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.)Betriebsversammlungen, die ganz und gar nicht den Charakter eineröffentliche» Versammlung haben, werden der polizeilichen Bewachungunterstellt, und das preußische Oberverwaltungsgericht erklärt diesals im Gesetz begründet.(Hört I hört I bei den Sozial-demokraten.)Sie werden also bersteben, warum wir das polizeiliche Ueber-wachungSrecht vollständig beseitigt wissen wollen, eS wird von derPolizeibehörde ividerrechtlich in Anspruch genommenund es wird durch die höheren Gerichte widerrechtlich festgelegt.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) In Hannoverwurde eine Mitgliederversammlung des Wahlvereiiis aufgelöst, weilder Ueberwachende sie für eine öffentliche Versamnilung erklärte,obwohl beim Eintritt jeder Teilnehmer sein Mitgliedsbuchvorweisen mußte, und das preußische ObcrverwallungSgericht erkannteals Rechtens, daß auch die Mitglieder Versammlungen einesVereins von 16 990 Mitgliedern als öffentliche Versammlungenanzusehen seien.(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)Wozu haben wir dann ein Vereinsgesetz, wenn durch ein höchstesGericht ganz klipp und klare Gesetzesbestimmungen weginterpretiertwerden.(Sehr wahr! bfi den Sozialdemokraten.) Dievöllige Beseitigung des Ueberwachungsrcchtsist bei dem kleinlichen Polizeigeist in Preußen notwendig, der jetztauch schon nach Süddeutschland hinüberzugreifen beginnt.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Bei Schaffung des§ 7(Versammlung unter freiem Himmel) hat kein vernünftiger Menschdaran gedacht, daß die Polizeibehörde für die Bescheinigung derGenehmigung Kosten erheben könne. In Sachsen geschiehtdas, und das Kgl. sächsische Ministerium erklärt es für Rechtens.(Hört I hört I bei den Soz.) Wenn man die VeriammlungsverbotcrsiirVersammlungen unter freiem Himniel durchmustert, drängt sich dieVermutung auf. daß von irgend einer, höheren Stelle ans ganza l l g e m e ine Anweisungen für solche Verbole ergangen sind.Es wird immer wieder darauf hingewiesen, daß eine Störung deröffentlichen Ordnung bei dem politischen Gegensatz der Bevölkerungzu fürchten sei. Hat man bei Schaffung des Gesetzes etwa darangedacht, daß die Störung durch Nichtteilnehmer ein Grund zum Ver-bot sein kann? Wenn wirklich eine solche Störung zu befürchtenist, dann hat die Polizeibehörde die Verpflichtung, die Bürgerin ihrem Versamm lu n g srecht zu schützen und nichtzu hindern.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)Dann etwas anderes. Eine Entscbcidung des sächsischen Ober-verwaltungSgerichl vom 14. April 1913 sagt, das Reichsvercinsgesetzhat zwar die Vereinsfreihcit für die Bildung von Vereinen an-erkannt, die B e r e i n s t ä ti g k e i t aber unterliegt der Landes-p o l i z e i g e s e tz Z e b u n g, Ist das wirlich noch verständlich!Diese Entscheidung steht in direktem Widerspruch zu den bisherigenEntscheidungen der ordentlichen Gerichte in Sachsen, die sich leiderjetzt auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts stützen.♦Dann zur Frage der politischen Vereine. Jedensallshat der Reichstag geglaubt, daß mit der Fassung, die er dein K 3des ReichsvereinSgesetzes gegeben hat, das Richtige getroffen sei, umalle schikanösen Eingriffe der Polizei, wie sie früher aus Grund desLandcSgesetzeS zu verzeichnen waren, zu beseitigen. Voraus-setzung ist danach, daß ein Verein die Einwirkung auf politischeAngelegenheiten bezwecken mutz. Nur dann ist eS ein politischerVerein. Aber was haben wir gesehen? Alle Arbeitersport-vereine, Turn-, Radfahr-, Schio im m vereinesind für politische Vereine erklärt ivorden. KeinemGerichtshof wird es möglich sein, nachzuweisen, daß diese Vereinebezwecken, auf politische Angelegenheiten einzuwirken. Ihr Zweckist vielmehr genau wie der bürgerlicher Vereine: Pflege desSports, der körperlichen Hebung. Man sagt nun,wenn diese Bereine nur auf Pflege der körperlichen Hebung aus-gingen, gingen sie die politische Betätigung ihrer Mitgliedernichts an. Indem sie ihnen aber diese und zwar im Sinne einerbestimmten politischen Partei nahelegen, niachen sie sich den Zwecken derletzteren dienstbar. Charakteristisch sind die Worte einer bestimmtenpolitischen Gruppe. Also würde es sich nicht gerade um diese be«stimmte, diese sozialdemokratische Partei handeln, dann könnte einsolcher Turnverein so viel politische Einwirkung auf seine Mitgliederbetreiben, als cs ihm beliebte, genau so wie die bürgerlichen Sport-vereine. Ich habe selbst jahrelang der Deutschen Turnerschaft an-gehört und weiß, nach tvelcher Richtung dort politischeBetätigung getrieben wird. Genau so, wie Sic von_&crRechten als Anhänger der Monarchie es für unrecht erklärenwürden, wenn in einem republikanischen Staatswesen IhrenOrganisationen gegenüber das ordentliche Recht gemißbraucht würde,genau so müssen Sie es für unrecht erklären, wenn hierdas Recht mißbraucht wird gegen uns.ES sind Weltanschauungen, die sich gegenüberstehen. Wirhaben genau so gut das Recht, unsere Weltanschauung zu vertretenwie Sie die ihre.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es istRechtsbruch, wenn man jemand abhält, seine abweichende Welt-anschauung auf Grund der bestehenden Gesetze zu vertreten.Schließlich ist es nichts weiter als Mißtrauen gegenüber dem Volk.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Was hat denn dieseganze Gesetzgebung für einen anderen Zweck, als das Volk inu n t er g e o r d n e t e r Stellung zu erhalten? In all den Staaten,wo die Regierung der Ausdruck des Willens der Mehrheit desVolkes ist, kennt man eine derartige Gesetzgebung nicht. Aber beiuns steht leider die Mehrheit des Volkes im Gegensatz zurRegierung, und durch derartige Zwangsgesetze sucht man sie nachdem Willen der Regierung zu zwingen. Man versucht, die gewerk-schaftlichenOrganisationcn zu politischen Vereinen zu machen.Natürlich nur die der Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch-lands angeschlossenen.(Hört! hört! b. d. Soziald.) Gegenüber denChristlichen und Hirsch-Dunckerschen denkt man nichtdaran. Also auch hier nichts anderes als Tendenz. Dabei wird ineiner ganzen Reihe der freien Gewerkschaften die politische Betäti-gung ausdrücklich im Statut ausgeschlossen. Unsere Gewerk-schaften haben gar nicht nötig, sozialdeniokratische Organisationenzu werden. Dafür haben wir die sozialdemokratische Par-tei. Sonst könnten wir einfach beide Organisationen verbinden.Aber die Gewerkschaften haben ganz andere Aufgaben zu erfüllen.Wollen sie das, so dürfen sie die Arbeiter nicht nach ihremGlaubensbekenntnis, ihrem politischen Bekenntnis, fragen. Und dastun sie auch nicht. Bebel hat noch auf dem Parteilag 1897 aus-drücklich betont: die Gewerkschaftsbewegung ist nicht sozial-demokratisch, sie ist eine proletarische Massen«bewegung. Einem Mann wie Bebel tvird man glauben können,daß er das aus innerster Ueberzeugung gesagt hat. Und trotzdemimmer wieder diese Versuche, die Gewerkschaften zu politischen Vereinenzu stempeln. So wurde die Zahlstelle des Holzarbeiterverbandes inFriedland im Oktober 1911 aufgefordert, ihr M i t g l i e d e r v c r-zeichnis einzureichen. Auf erfolgten Einspruch erging die Gerichts-entscheidung erst ein volles Jahr später, weil der Amtsanwalt ersteine große Umfrage in den verschiedensten Städten gehalten hatte,um zu hören, wie man dort den Holzarbeiterverband beurteile. Dieergangenen Antworten sind charakteristisch für den Geist bei den be-treffenden Polizeiverwallungen und für die Kenntnis, welche sievon unseren Gewerkschaften haben. So schreibt die Polizei»Verwaltung von Thorn:.Hier besteht eine Ortsgruppe,deren Leiter ausgesprochene Sozialdemokraten sind.Die Zahlstelle wird von uns als politischer Verein an-gesehen." Das sagt die Polizeiverwaltung. obgleich einigeMonate vorher das Landgericht Thorn die Zahlstelle desHolzarbeiterverbandes für nichtpolitisch erklärt hat.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) Derartige Gutachten einerPolizeibehörde muß man gewissermaßen so betrachten, wie die Aus-sage eines Zeugen oder Sachverständigen, der unter Eid steht, dennsie sind dazu eingeholt,um das Urteil der Richter zu beeiustusse«.Hier liegt offenbar eine Verletzung dieser Zeug n ispflichtvor. In dem Gutachten des Polizeipräsidenten von Königsberg i.Pr.ist von den freien Gewerkschaften die Rede, soweit sie der Gencrat»kommision der Gewerkschaften Deutschlands in Hamburg angehört«�Also dieser Polizeipräsident weiß nicht einmal, daß neun Jahre vorseinem Gutachten der Sitz der Generalkommission nach Berlinverlegt worden ist, wie hat da die Polizei die Generalkommissionkontrollieren� können, wenn sie nicht einmal ihren Sitz kennt.(Sehrgut I b. d. Soz.). Der Polizeipräsident von D a n z i g schickt einGutachten der Handelskammer Danzig ein. Daheißt eS:„Ob ein besonderes Verbondsorgan für den hiesigenVerband existiert, hat nicht festgestellt werden können.(Große Heilerkeit b. d. Soz.). Die einzelnen Mitglieder kleben inihren sozialdemokratischen Vereinen sogenannte Marken(Heiterkeit b. d. Soz.). Ein solcher Kohl kommt nun in dieGerichtsakten(Sehr gut und Heiterkeit b. d. Soz.). Die Polizei-Verwaltung in Mainz hat sich sogar an den Arbeit-geberschutzverband für das deutsche Holzgewerbe um Aus-kunft gewandt.(Heiterkeit). In seiner Antwort wird daraufhingewiesen, daß eine Reihe Mitglieder des Holzarbeiter-VerbandesReichstagsabgeordnete sind. Ich kann es ja verstehen,daß dieser Unternehmerverband ein bißchen neidisch ist, daß er nichtso viel geistige Kräfte produziert, ein Reichstagsmandat zu be-kommen.(Heiterkeit.) Besonders interessant ist dasGutachten des Berliner Polizeipräsidenten,der ja durch seine juristischen Gutachten überhaupt berühmt ist.(Heiterkeil.) Da wird als Beweis dafür, daß der Holzarbeiter-Verband politisch� ist, zum Beispiel die Totsache an-geführt, daß von seiner Seite Einspruch dagegen erhobenwird, daß man ihn rechtswidrigerweise zum politischen Vereinstempelt.(Hürt! hört! und Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)Ferner soll er politisch sein, weil er die Uebernahme derLehrlingserziehung durch den Staat als eins seinerZiele ansieht, wie ans seinem Verbandsorgan hervorgehe. Wennwir danach gehen wollten. loas in einzelnen Artikeln der Verbands-organe der einzelnen Vereinigungen steht, dann gäbe eS leineneinzigen Verein, welcher Art er auch in Deutschland sein mag, dernicht politisch wäre.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Dennjeder Berein, der nicht unter dem Ausschluß der Oeffentlichkeit wirkt,ist genötigt, gelegentlich zu politischen Frage«, ins«