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bier im Reichstage statlfindet. Nicht einmal SOOtKK) M. be­tragen die Einnahmen. Wie sollen die nun verpulvert werden?! 500 000 M. sollen allein die Gehälter der Redakteure betragen. Wenn jemals eine freche Lüge in die Welt gesetzt ist, so ist dies eine. Nicht ein einziger Redakteur bezieht 10 000 M. Der erste Redakteur desVorwärts" bekommt nur den 4. Theil dessen, was der erste Redakteur derKreuz-Zeitung " bekommt. In der ganzen deutschen Sozialdemokratie gicbt es keine dreiLeute, die SOOOBt. jähr­lich haben, und wir sollen 800 solcher haben! Ferner sollen 500 zu Wanderpredigern und Abgeordneten ausgebildet werden, die jährlich 3000 M. beziehen. Eine größere Lügenhaftigkeit, wie in diesem Rechenexempel dem deutschen Publikum geboten ist, ist noch nicht dagewesen. Unsere Redakteure wären sehr froh, wenn sie zährlich 3000 M. hätten, statt 500 giebt es deren jedoch nur 5. L Millionen sollen in lauter derartigen Gehältern verpulvert sein! Ja, glauben Sie denn, daß die deutsche Arbeiterklasse eine solche Geschäftsführung dulden würde? Die Debatten auf dem Berliner Arbeitertag sollten Sie doch eines Besseren belehrt haben. Wie heule ein Mann von der Intelligenz und der Kenntniß wie Herr v. Stumm hierauf verfallen kann, hat mich überrascht. Durch Verwerfung der Militärvorlage sollen wir den Nothstand und die Arbeitslosigkeit vergrößert haben. Also je mehr Sol» daten, desto mehr Wohlstand für die Nation! Dahin führt diese Theorie. Daß aber die Armee wiederum von den Arbeitern er- ballen werden muß, davon spricht Freiherr von Stumm nicht. Seine Gesetzgebung zur Rettung der kleinen Gewerbetreibenden, der Landbevölkerung u. f. w. werden wir dann unterstützen, ivenn wir ernsthaft einmal werden glauben können, daß der Zweck, den Sie erreichen wollen, auch erreicht werden kann. Ten Nachweis hierfür haben Sie noch nicht erbracht. Zunächst sollten Sie so rasch wie möglich Gesetzcsvorlagen, wie sie jetzt wieder vorliegen, beseitigen, um dem Handwerkerstand das Leben nicht noch schwerer zu machen, wie es ihm schon jetzt gemacht wird. Krisen können natürlich nicht aus der Welt geschafft werden. Schon seit dem Sommer 83 haben wir die jetzige Krise und noch ist keine Aufsicht, daß sie sich heben wird, und sollten wir wieder eine Zeit der Prosperität bekommen, so wird sie auch nicht lange dauern, und das ist es, woran Sie zu Grunde gehen werden, das wird Sie kaput machen. Daß solche Zustände, infolge der zu- nehmenden Vervollkommnung der Maschinen zc. eintreten müssen, weiß Jeder, der das vollswirthschaslliche ABC kennt. Wir mit unserer Partei werden wachsen, Sie aber, Freiherr von Stumni werden mit ihrer Partei immer kleiner werden. Es kann sich nur noch darum handeln, wann der große Kladderadatsch kommt, er wird viel früher kommen, als Sie es erwarten. Freiherr v. Stumm ist auch aus die Vorgänge hier in Berlin am Donners- tag zu sprechen gekommen.'Mir ist nur eins überraschend: Herr v. Stumm als einfacher Abgeordneter weiß mehr als der Staatssekretär!(Sehr richtig!) lin�s.) Der Staatssekretär hat sich in einer großen Reserve gehalten; er hat nur ge- sagt: amtlich ist uns nichts bekannt, ergo sind keine Mißhandlungen vorgekommen. Das ist ein außerordentlich bequemes Mittel, sich aus der Affäre zu ziehen. Daß sich die Leute, welche mißhandelt sind, nicht bei der Polizei. beschweren, ist ganz selbstverständlich, das hieße den Teufel bei seiner Großmutter verklagen!(Heiterkeit.) Tie ganze Sache hat den Eindruck gemacht, als ob sie von langer Hand vorbereitet ist.(Abg. Kropatscheck: Die alte Geschichte I) Ja wohl, die alte Geschichte!(Abg. Kropatscheck: Und immer noch nicht bewiesen! Präsident v. Levetzow: Herr Abgeordneter, ich bitte den Redner nicht fortwährend zu unterbrechen!) Soll ich Ihnen das alles wiederholen, was ich Ihnen zur Zeit der Erneuerung des Sozialistengesetzes hier vorgetragen habe und was vom Bundesrathstisch nicht widerlegt werden konnte? Soll ich Sie erinnern an die Ihring-Mahlow, Schröder, Kauismann, Friedmann und Ober- nindcr, der jetzt hier Redakteur amVolk" ist.(Ruf links: Parteigenoffe von Kropatscheck!) 1883 haben wir es erlebt, daß in einer Anarchistenkonferenz von 13 Mann, 4 königlich preußische Beamten waren, als die Mordlhaten beschlossen wurde», die in Stuttgart Wien u. s. w. verübt wurden. Schröder, der der Konserenz präsidirte, bezog damals schon 230 Mark Monatsgehalt vom Polizeidireklor Krüger. Wenn solche Tinge vorgekommen sind, so ist es erklärlich, daß wir außerordentlich mißtrauisch geworden sind, und wenn wir die Vorgänge der letzten Tage betrachten, so müssen wir auch heute glauben, daß sie von der Polizer provozirt sind. Einer meiner Parteifreunde hat am Donnerstag in der Pferdebahn ge- sessen, in welcher sich auch zwei Garde-Ofsiziere befanden, die sich darüber unterhielten� was heute im Friedrichshain vorgehen sollte. Ter«ine meinte, heute würde es etwas geben, Militär sei konsignirt. Mit einem Blick auf den bedeckten Himmel sagte der andere: Heute ist's feucht, heute wird's nicht.(Grope Heiterkeit) (Ruf rechts:' Was soll das bedeuten?) Es ist eine alte bekannte Sache, daß eine Revolution nicht an einem Regentage gemacht wird.(Ruf: Was wolle» Sie damit beweisen?) Das soll beweisen, daß unter den Oifizieren bereits bekannt war, daß irgend ein Plan bestand, die Massen zu provoziren.(Gelächter.) Man muß nur die Rede des Freiherrn v. Stumm von heute und sonst hören, um zu begreifen, was die Herren wollen. Sie wollen ein Sozialistengesetz und ärgern sich, daß die Sozial- dcmolratie so vernünftig ist. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Vorgänge der letzten Zeit, die Dynamitaltenlate in Frankreich , Italien und Spanien , in hobem Grade die bürgerliche Gesellschaft beunruhigen und das Gefühl wachrufen: wie lange wird es dauern, da haben wir in Deutschland dieselben Zustände. Sie, Freiherr v. Stumm, sprechen das aus, was die Herren dort drüben zusammen denken. Sje sind der Draufgänger(Heilerkeit). Es ist unser aller Gefühl, daß die Polizei mit Absicht provozirt hat und sie hat es gewünscht, daß die versammelte» Arbeitslosen sich den Brutalitäten der Polizei gegenüber widersetzen möchten, um eine Gelegenheit zu haben, einmal ordentlich dreinhauen zu können, um den Eindruck hervorzurufen: Da seht Ihr. wohin die sozialdemokratische Agitation führt. Hätten die Arbeitslosen die Provokation sich nicht ruhig gefallen lassen, dann wären im Augenblick aus den verschiedenen Gehöften und Häusern ha: fenweise versteckte Schutzleute ge- kommen' und hätten mit der blanken Waffe dreingehaue». Man hätte endlich gehabt, was man sich lange gewünscht hat. In der gesamnite» Berliner Presse ist nicht ein einziges Organ, das behauptet hätte, daß die Arbeitslosen ihrerseits provozirt hätten. Die Polizei mag ja geglaubt haben, es möchte zu ähn- lichen Assären wie im vorigen Jahre kommen, das will ich nicht bestreiten, aber das war kein Grund ohne jede Veranlassung auf die Massen loszufahren und sie mit Gummilchläuchen zu trakliren. Es ist mir erst heule berichtet worden, daß in großer Zahl, zum Theil in zerlumpter Kleidung die Geheimpolizisten unter die Massen gesteckt wurde», um dann auf diese zu schlagen. Nicht anders ist es in voriger Woche in Schöneberg gewesen. Dort ist eine Versammlung ausgelöst aus grnnd des§ 5 des preußischen Vereinsgesetzes, obgleich dieser gar keine Handhabung zur Auflösung bietet. Eine Stunde vor der Versammlung erzählte mir ein Parteigenosse, Freitag Nachmittag habe die Polizei in allen Häusern Unier- suchungen angestellt und es habe ihm ein Polizist auf die Frage was er in dem Hause suche, geantwortet, wir brauchen einen Raum, nm ca. 20 Mann unterzubringen, es ist etwas im Werk (hört! hört! links). Man sieht, daß überall die Polizei ihre Maßregel» trifft, um nach Möglichkeit die Massen provoziren zu können. Sie dürfen versichert sein: die deutsche Sozialdemokratie läßt sich nicht provoziren; sie wird alles aufbieten, damit die deutsche Polizei und die deutsche Bourgeoisie keine Möglichkeit bekommt, gegen sie mit Ausnahmegesetzen vorzugehen. Wir sind uns vollkommen bewußt, wie unendlich zahlreiche Bürgerherzen Tag für Tag puppern, wenn sie die Zustände sehen. welche mit jedem Tage schlimmer werden, wie alles daraus hinausgeht die Unzufriedenheit mit jedem Tage stärker zu machen und damit die Gefahr einer Kala- strophe näher rückt. Wir werden uns hüten,' Wasser für Ihre Mühlen zu liefern. Anderseits müssen wir energisch ver- langen, daß die Staatsbehörden die Gesetze innehalten, welche zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung entlassen sind, daß sie selbst diese Ruhe und Ordnung nicht stören. Das haben sie aethan, und wir verlangen deshalb, daß die höheren Staats- behörden eine strenge und genaue Untersuchung einleiten, wie es kam, daß sich die Berliner Polizei aus die Arbeitslosen stürzte und zahlreiche Personen verwundete. Wir verlangen endlich, daß die Staatsbehörden den Nothstand zwar nicht beseitigen. aber mildern, denn wir sind so objektiv, daß wir von Ihnen nicht mehr verlangen, als Sie zu leisten vermögen. Aber was Sie zu leisten vermögen, das sollen Sie auch leisten. Wollen Sie dies nicht, die Folgen kommen auf Ihr Haupt!(Beifall bei den Sozialdemokraten). Staatssekretär v. Bötticher: Hat der Vorredner Abhilfe- mittel, dann mag er sie in Form von Anträgen bringen und dann wird das Haus darüber befinden. Bezüglich des Angriffs auf die Polizei kann ich nur erklären, daß ich den Bericht der Polizei so lange für richtig halten muß, bis mir das Gegentheil bewiesen ist. Mich können die Berichte der Presse, deren Ur- sprung ich nicht kenne, nicht bestimmen, die Polizei einer Ver- letzung der Ordnung zu zeihen. Wenn man die Beweisstücke prüft, die Geschichte von dem Gespräch zweier Offiziere in einem Omnibuswagen, die Erkundigung der Polizei nach Räumen, um Schutzleute unterzubringen, lassen diese aus eine Provokation schließen. Bei den Bürgern werden Sie dafür keinen Glauben finden. Ich verwahre die Polizei dagegen, daß sie ihre Pflichten verletzt hätte.(Beifall rechts.) Abg. Möller(natl.): Die Arbeitslosigkeit gehört zur Sig- natur der jetzigen Jahreszeit; namentlich stellen die Bauarbeiter ein großes Kontingent der Arbeitslosen. Was Herr Bebel über den Rückgang des Fleisch- und Getreidekonsums angiebt, erscheint mir nicht recht glaubhaft Ich weiß nicht, worauf er seine Statistik begründet; sie muß falsch sein. Mit Herrn Richter stimme ich ganz überein in Bezug auf die Frage der Arbeits- losigkeit. In gewisser Beziehung herrscht immer Arbeitslosigkeit; das wird nicht einmal durch den sozialdemokratischen Staat zu ändern sein. Daß innerhalb gewisser Grenzen ein Nothstand be- steht, wird niemand bestreiten, der im geschäftlichen Leben steht; aber der Nothstand besieht in viel höherem Maße bei den Unter- nehmern als bei den Arbeitern, trotzdem der Absatz viel- leicht ein größerer gewesen ist als früher, wofür die Statistik des Post- und Frachtverkehrs spricht. Daß der Nothstand jetzt größer sein soll als im vorigen Jahre, trifft nicht zu. Aus Stuttgart wird gemeldet, daß bei Nothstandsarbeiten diesmal nur 167, im vorigen Jahre aber 330 Arbeiter beschäftigt waren. Zu einem Abschluß über die Frage der Arbeitslosigkeit kann man nur durch eine gewissenhafte Statistik kommen. Was bis jetzt vorhanden ist, ist nur Stückwerk. In Mannheim haben sich über 500 Arbeitslose gemeldet, aber nur 100 haben die Arbeit angenommen; daß die Uebrige» kümmerliche Existenzen, die nicht kräftig genug zur Arbeit sind, sein sollten, kann man doch nicht annehmen, es werden Viele darunter sein, die nicht arbeiten wollen; Und diesen Faulen will man ja auch im Zukunftsstaat den Brot- korb Höher hängen. Daß die Lebensverhältnisse der Arbeiter sich gebessert haben, ist statistisch festgestellt, es wird nur beklagt, daß die Wirkung dieser Steigerung aus das Land sich nicht schnell genug vollzieht, trotzdem schon jetzt die Landwirthe unter den steigenden Löhnen leiden. Geht aber mit der Lohnsteigerung nicht eine Steigerung der Arbeitsleistungen Hand in Hand, dann werden wir der Konkurrenz der Nachbarländer unter- liegen. Tie achistündige Arbeitszeit ist in England eingeführt in Staatsbetrieben und geivissen Betrieben der Privatindustrie. Aber es hat sich herausgestellt, daß durch die allzu große Ab- kürzung der Arbeitszeit die Intensität der Arbeit zum Schaden der Arbeiter gesteigert wird. Daß England uns etwas voraus sein kann, liegt in seiner älteren industriellen Entwicklung; wir sind auf dem Wege, England baldigst zu solgen. Vor einem zu schnellen Vorgehen muß aber gewarnt werden, weil sonst die Arbeilslosigkeit in erheblichem Maße gesteigert werden könnte. Um 51/4 Uhr wird die weitere Berathung bis Dienstag, I Uhr, vertagt. LoltQles. Sie leben noch! Eine große öffentliche Protest- Versammlung gegen die jüngsten Ausschreitungen der Berliner Polizei am Friedrichshain ist zum nächsten Mittwoch nach Hensel's Saal, Jnvalideustr. 1, einberufen worden. Ja, aber von wem denn? Staune, Berlin , ob der aufsässigen Ge­walten, die die glorreichen Thaten des 16. Januar auch bei polizeisronimen Naturen geweckt haben. Diese Protestversamm- lung wird einberufen nicht von Sozi'ldemokraten, sondern von Leuten, die noch nicht den Glauben an die Gerechtigkeit in der Welt verloren haben. Der d e u t s ch f r e i s i n n i g e Arbeiterverein Berlins rafft sich auf aus seiner Veilchen - blauen Verborgenheit und reckenhaft emporgehobenen Hauptes kündigt er an, daß in der besagten großen Prolest- versanunlung Abgeordnete und andere hervorragende Redner der freisinnigen Aolkspartei das Wort nehmen und im übrigen Mitglieder aller Parteien Zutritt haben werden. Woher dieser Muth? Wiv glauben nicht fehlzugehen in der Annahme, daß es der Wagemuth der Verzweiflung ist, der die freisinnigen Volksparteiler zu so ungeheuerlichen Thate» treibt. Weiter kann es mit ihnen nicht heruntergehen, also schnell die lahmen Beine erhoben und den Volkslribnnen herausgekehrt! Die Sache liegt insofern ja auch höchst günstig, als wirklich ernsthafte Zusammenstöße mit der Regierung ja voraussichtlich ausgeschlossen sind. Denn mit der Anführung der bedauerlichen Thalsache, daß die Landrathskammer amTönhoffsplatz der Frei- sinnigen nicht genug zähle, um die zu einer Interpellation wegen der Polizei-Attacke nöthigen Stimmen zusammen zu bringen, werden die braven Helden sich jedenfalls jedes Versuchs, den Minister des Innern vor die Schranken zu fordern, von vorn- herein entheben. Lieber eine Volksversammlung, vor der man nicht zu fürchten braucht, daß man an seiner Reputation leide, wenn man sich zu einerAktion" aufrafft. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, und wäre es den Freisinnigen ernsthaft darum zu thun, dem System auf die Finger zu klopfen, sie könnten schon im Abgeordnelenhause Mittel und Wege finden. Freisinn und Feigsinn sind aber Begriffe, die sich decken wenigstens im Polizeistaat Preußen. Arbeiter-Bildungsschule. In der Südost-Schule fällt am Dienstag Abend der Unterricht in der Mathematik aus. Als Schacher bezeichnete vor einiger Zeit Genosse Singer in der Stadtverordneten-Versammlung das Gebahren der Stadt Berlin bezüglich der Gaspreise. Auch in Bezug auf die Wasser- preise kann man schwerlich ein anderes Wort finden, wenn man bedenkt, daß die Stadt sich den Kubikzentimeter mit durchschnitt- lich 20 Pf. bezahlen läßt, während sie die Selbstkosten zu 1011 Pf. angiebt. Hier hat die Stadt übrigens noch, genau wie beim Gas, den Preis des im öffentlichen Interesse ver- brauchten Wassers zu den Herstellungskosten geschlagen; thut man das nicht? so ergiebt sich bei einer Einnahme von 6»/« bis 7 Millionen Mark der ungeheure Reingewinn von 4 Millionen Marl . Für die angeschlossenen Häuser stellt sich das Verhältniß im Durchschnitt: Einnahme der Stadt für Wasser 301 M. Ausgabe k32 Also ein wucherischer Gewinn von ISS M. oder 128 pTt. Bepiepmaht wurden beim vorgestrigen Krönungs- und Ordensfeste drei der auserlesensten Führer des Berliner Frei- sinns. Es sind dies die Herren Oberbürgermeister Zelle, Stadtbaurath H o b r e ch t und Herr Alexander Meyer, der berühmte Eier-Meyer. Ihre bewundernd und neidisch zugleich zu ihnen emporblickenden Parteigenossen zerbrechen sich die Köpfe darüber, ob eine sanfte Haltung in der Ententeich- Frage oder die forsche Haltung bei den Nothstands- Verhandlungen eher zn so hohem Glück verhelfe. Hoffentlich hilft beides zum fröhlichen Gedeihen und sehnsüchtig blicken auch wir auf die Zeit, wo jeder brave Freismnsmann in der Stadtverordneten-Bersamm- lung das mangelnde Licht in seinem Kopfe durch die strahlenden Sterne an seiner zottigen Mannesbrust ersetzt findet. Hallelujah! Der Mann mnßte es ja besser wissen! Zu der Thätig- keit der Telegraphenbeamten als Depeschenzensoren sei noch an- geführt, daß ein solcher Mann die auf die Schrcckensaffäre vom Donnerstag bezüglichen Telegramm eines hiesigen Depeschen- büreaus mit dem Bemerken beanstandete, es herrsche in Berlin keine Aufregung über die denkwürdige That des 13. Januar! Ob der brave Beamte seine Informationen aus amtlicher Quelle geschöpft hat? Im Zirkus Schumann gelangte seit einigen Tagen vor stets vollbesetztem HauseDie Fuchsjagd a la Bolton", welche aus zwei Abtheilungen, dem Rendezvous- Platz im Busch und der eigentlichen Jagd besteht und welche ein höchst inter- essantes, mit komischen Intermezzos verbundenes Jagbbild ist, mit neuer Ausstattung zur Ausführung. Die Jagd, in welcher sich Adolf Schumann als Fuchs auf seinem phänomenalen Spring- pferdeiRi>lglert" besonders auszeichnet, wird in allen ihren Evolutionen von allen dabei betheiligten Reitern und Reiterinnen' schneidig zur Ausführung gebracht. Mit kaum glaublicher Sicher- heit nehmen die dabei betheiliglen Springpferde die ihnen dar- gebotenen Hindernisse, wie Hecken u. s. w. Der Mazurka ä la Postillon, von dem Balletmeister Riegel nach der beliebten Melodie aus dem BalletExcelsior" arrangirt, verlangte bei seiner Schwierigkeit nicht allein eine große Aufmerksamkeit, sondern vor Allem auch eine vollendete Technik der Tanzenden und wurde tadellos ausgeführt. Wenn man in der Nummer von der Jagd Liltle Freed in der Vorführung seiner so vor- züglichen eigenartigen Dressur seiner Hunde, Schwein und Esel bewundert, so soll man nicht glauben, daß der schmucke, galante Oberförster, der die anmuthige Gastwirthstochter(Frl. Wolf) nimmt, Little Freed ist. Olschanski karrikirte den dummen, be- stechlichen Hausknecht ganz vortrefflich. In der Vorstellung, die wir besuchten, wurde nach Schluß der Jagd Direktor Schumann stürmisch gerufen und ihm beim Erscheinen in der Manege lauter Beifall zu Theil. Mit der Jagd, die ein Zugstück bilden wird, hat Direktor Schumann einen glücklichen Griff gethan und dürfte ohne Zweifel stets ein volles Haus haben. Eine sogenannte Razzia, welche die Polizei Freitag Abend in der Oranienstraße veranstaltete, erregte berechtigtes Aufsehen. Um 6 Uhr erschienen in dem Lokal Oranienstraße 103 unter Führung eines Lieutenants mehrere Polizeibeamte und unter- suchten, nachdem sie die Ausgänge versperrt, die im Lokal be- findlichen Gäste auf ihre Personal-Legitimationen hin. Die als verdächtig erklärten wurden in Trupps von ca. 20 Mann unter starker Bedeckung nach der Wache in der Alexandrinenstraße eskortirt. Die Polizei mag vielleicht die Prüfung der Legiri- mation rechtfertigen, aber sollte sich das nicht anders bemerk- stelligen lassen, als daß sie die armen Teufel durch Schutzleute rechts und links flankirl durch die Straßen transportiren läßt? lieber den Selbstmord eines Kindes geht uns wiederum ein Bericht zu. Sonnlag Morgen gegen 7 Uhr rannte ein Kind durch die Regentenstraße und stürzte sich dann kopfüber in den Landwehr-Kanal. Das Wasser wurde sofort abgefischt und es gelang auch, die Leiche des Krudes zu landen. In ihr ist die 15 Jahre alte Tochter Anna der Schwerinstr. 15 wohnenden Arbeiter Wolfram'schcn Eheleute erkannt worden. Das Mädchen hatte die Nacht in der elterlichen Wohnung zugebracht, war aber frühzeitig aufgestanden und hat, ohne daß eine äußerliche Ver- änderuna an ihm bemerkt worden wäre, den Sprung in das Wasser gemacht. Ueber die Veranlassung dazu soll den Eltern jede Erklärung fehlen. Mord? Gestern(Montag) Nachmittag um 5l/s Uhr kam der Maschinenschloffer Eimncyer aus das Bureau des 7. Polizei- reviers mit der Meldung, daß in der Borsigstraße 31 vier Treppen hoch belegenen Wohnung seiner Schwägerin, der unverehelichten Schneiderin Kohagen, eine Prostituirte in ihrem Bette ermordet aufgesunden sei. Der Polizeilieutenant Hennedie begab sich so- fort an Ort und Stelle und ermittelte den folgenden That- bestand. Vor etwa 4 Tagen zog ein Mädchen zn der Kohagen, das sich Anna Winkler nannte und Dresdenerstraße 104 gewohnt haben wollte. Anna Winkler gab an, daß sie unter Aussicht der Sittenpolizei stehe und miethete ein Zimmer mit besonderem Eingange vom Treppenflure aus. Dies Zimmer hat zwei Fenster nach der Straße zu; an der linken Längswand steht das Bett mit dem Kopsende am Fenster. Hier lag die Winkler halb angekleidet mit halb geöffnetem Schnür- leib als Leiche. Der Kops befand sich am Fußende der Bettstelle und war mit einem Kissen zugedeckt. Erne Freundin von der Ermordeten, die unverehelichte Günther, ist mit ihr aus den Straßen auf und abgegangen und hat dann bemerkt, daß die Winkler mit einem ziemlich stark beleibten Herrn, der den linken Fuß etwas nachschleppte, einen hellblonden Schnurrbart hatte, einen goldenen Kneifer trug und an der linken Wange eine Warze oder einen Leberfleck hatte, nach Hause gegangen sei. Die Günther hat auch beide Per- sonen vor dem Hause Borsigstraße 31 getroffen, wo der Un- bekannte auch sie gebeten hat, in seiner Gesellschaft zu bleiben. Die Günther hat sich dann aber von Beiden getrennt. An der Leiche sind bis jetzt Verwundungen, die auf einen gewalt- samen Tod schließen lassen, nicht wahrgenommen worden; anderen- seils scheint das über die Tobte gedeckte Kissen auf einen Ge- waltakl schließen zu lassen. Die ganze Sachlage ist noch etwas verworren und läßt ein auch nur annähernd klares Urtheil noch nicht zu. Die Mnsterpatriote», die die Schloßwache �regelmäßig in Ballonmützen oder auch Cylinderunisorm begleiten, gaben am Sonntag Mittag bedenkliche Anzeichen einer Fronde zu erkenuea. Als ein Schutzmann an der Ecke der Wilhelmstraße und der Straße Unter den Linden dem ausziehenden Militär Platz machen wollte, wurde seine Antwort mit einem Radau beantwortet, der fast an den Lärm der nothleidenden Agrarier in der Tivoliversammlung erinnerte. Der Schutzmann verfuhr aber weniger glimpflich mit den Patrioten zu Fuß, als man mit den gröhlenden Champagner- unkern verfahren war, und verhastete zwei der hauptsächlichsten kandalmacher. In schrecklich verstümmeltem Zustande wurde am Sonnlag früh bei der Stalion Großbeeren ein Eisenbahnbeamter durch den Maschinenführer des Güterzuges 507 auf dem Geleise aufgefunden. Bei näherem Nachsehen ergab sich, daß dem Un- glücklichen, der bereits todt war, beide Beine vom Körper ge- trennt waren. Durch drahtliche Anfrage auf dem Güterbahnhofe in Teinpelhof wurde festgestellt, daß der Bremser E., der den Güterzug 502 begleitet hatte, vermißt wurde. E. muß etwa um 1>/4 Uhr Nachts von dem Zuge, aus dem er saß, heruntergefallen und Übersahren worden sein. Ob er eingeschlafen war oder aus einer anderen Veranlassung herabgestürzt ist, hat sich bisher nicht feststellen lassen. Ein von dem Polizei-Sekretär a. D. Mündel verübter Ueberfall auf eine Dame fand vor einigen Tagen vor dem Schöffengericht des Landgerichts I in einer Anklage wegen Körper- Verletzung seinen Abschluß. Am Abend des 11. November v. I.