sich aber dach bequemen, den Klägern je 43 M. zu bezahlen, nachdem ihr der Vorsitzende gesagt hatte, daß der abgeschlossene Vertrag gegen die guten Sitten v e r st o tz e. Der Zuzug' von Streikbrechern hat so gut wie ganz aufgehört, >veil im ganzen Reiche inzwischen bekannt geworden ist. was fsir Hungerlöhne die Linke-Hofiitann- Werke selb st Rausreisiern bezahlen. Aus diesem Grunde sind die Aus- gesperrten guter Hoffnung. Freitagabend fand eine Protest- versantmlung von bürgerlicher Seite in einem der gröjzten Säle von Breslau statt. Aus der gelben Sudelküche. Ein gelber Verleumder erhielt von dem Schöffengericht Suhl (Kreis Schleusingen ) einen kleinen Denkzettel. Am 31. August v. I. war in Suhl Krankenkassenwahl, wobei starker Andrang sowohl der freien Gewerkschaftsmitglieder wie auch der Gelben herrschte. Bei dieser Gelegenheit hat der Metallschleifer Hoffmann, der aus dem Mctallarbeiterverband zu den G Alben hinübergewechselt ist, den damals noch in Suhl in Stellung befindlichen Verbandsbcamten Genossen Tro nicke vom Metallarbeiterverband schwer be- l e i d i g t, indem er laut zu den Umstehenden sagte, die Arbeiterführer seien Spitzbuben und Gauner, Tro- nicke habe seinerzeit 13l) M. Umzugsunterstützung von Dresden nach Suhl zu Unrecht bezogen, bei seinen derzeitigen Quartals-' abrechnungen seien Unregelmäßigkeiten zu konstatieren gewesen und ähnliche ehrenkränkende Beschuldigungen mehr. Genosse Tronicke erhob gegen Hoffmann Privatklage wegen Beleidi- gung. Vor Gericht wurde einwandfrei festgestellt, daß alle Vor- würfe glatt aus den gelben Fingern gesogen waren. Das Gericht erkannte ausdrücklich an, daß Tronicke sowohl seine Umzugs- Unterstützung völlig zu Recht bezogen hat, wie- auch, daß die Quartalsabrechnung genau gestimmt hat. Der gelbe Verleumder Hoffmann, der schon wegen Beleidigung vorbestraft ist, kam immerhin noch gelinde davon, er wurde zu 40 M. Geldstrafe verurteilt. Leitergerüstbauer! Im vorigen Jahre wurde mit den Unter- nehmern im Leitergerüstbaugewerbe zu Köln nach vorauf- gegangenem 14tägigem Streik ein Tarifvertrag abgeschlossen. Aus dem Umstände, daß die in diesem schweren, gefährlichen Beruf tätigen Leute zum weitaus größten Teil als Saisonarbeiter in Betracht kommen und daher mit großer Arbeitslsosigkeit zu rechnen haben, konnte man sich mit der Fortdauer der jetzt bestehenden, teils noch sehr im argen liegenden Lohnverhältnisse nicht mehr ein- verständen erklären. — Am Ende des vorigen Monats wurden die alten Verträge gekündigt und am Itfc d. M. der neue Entwurf den Unternehmern zugesandt. Nun hat es den Anschein, als wenn auch in diesem Jahre die Unternehmer sich nicht mit der Absicht trügen, die Lohnbewegung auf friedlicher Basis regeln zu wollen, da einer dieser Herren bereits mit dem Import von.Arbeitskräften' aus feinem Heimatsort begonnen hat. Alle rechtlich denkenden Arbeiter sind hier- mit dringend ersucht, sich nicht verleiten zu lassen, den in Köln um berechtigte, minimale Forderungen kämpfenden Gerü st dauern in den Rücken zu fallen. Zuzug ist streng fer n zuhalte nl Deutscher Trqnsportarbeiterverband, Ortsverwaltung Köln . ?tuslanö. Polizisten dürfen sich nicht organisiere«! Man schreibt uns aus Brüssel : Der Brüsseler Bürgermeister Max, der gern mit seinem Libe« raliSmuS paradiert, zeigt„seinen' Angestellten gegenüber wenig liberale Gesinnung. Bei Festlichkeiten gibt es große Worte für das Personal, aber wochentags behandelt man es wie Sklaven. Ein kürzlich veröffentlichter Ukas deS Bürgermeisters verbietet den städtischen Polizisten glattweg ihren Anschluß an das Syndikat der Unterbeamten im Polizeidienst. Zwei Polizisten, deren Zugehörigkeit zum Syndikat ausgeschnüffelt wurde, sind für 14 Tage ihres Dien st es enthoben worden. Gleichzeitig beraubt man sie ihres Urlaubs für das Jahr 1314. Das Verbot des Bürgermeisters datiert übrigens nicht von heute. Bon unseren Genossen wurde seiner Zeit im Gemeinderat die Sache zur Sprache gebracht, aber das Versprechen des Bürger- meisterS, seine Angestellten an die Ausübung ihres KoalitionsrechleS nicht zu hindern, hat nicht vorgehalten, wie das Schriftstück vom 4. Februar beweist. Die Art. wie der Bürgermeister die Mitglied- schaft der Polizisten herausbekommt, ist so vornehm, wie sein gänzeS Vorgehen. Die Kanzlei des Bürgermeisters schickte nämlich an die Frauen der Polizisten Briefe, in denen ihnen empfohlen wird, die Beträge für die Gewerkschaft nicht auszufolgen und in welchen sie auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht werden, die ihren Männern aus der Mitgliedschaft zu ihrer Gewerkschaft er- wachsen. Trotz aller Verwarnungen und der Spitzelei durch Privat- Polizisten entwickelt sich das Syndikat der Unlerbeamten im Polizei- dienst. ES zählt gegenwärtig VOV Mitglieder für Brüssel und die Vororte. Uebrigens sind die Polizisten, wie aus einem Aufruf ihrer Oganisation hervorgeht, entschlossen, auf ihrem Koalitionsrecht zu beharren. Die Angelegenheit wird wohl demnächst im Gemeinderat zur Sprache kommen._ die /Arbeitslosigkeit. Arbeitsloseufürsorge. � Der Stadtrat in Dresden beschloß, weitere 10<XX1 M. zur Unterstützung der Arbeitslosen aus dem gemeinnützigen Fonds bereit- zustellen, da die bisher bewilligten 45 300 M. ziemlich aufgebraucht sind. Gleichzeitig wurde aber der Unterstützungssatz von 1 M. auf 72 Pf. pro Tag und der für jedes unversorgte Kind von 25 auf 15 Pf. herabgesetzt. Mit der Verteilung der 10 000 M. soll wegen der Dringlichkeit begonnen werden, ohne erst die Zustimmung der Stadtverordneten abzuwarten.— Die Arbeitslosigkeit nimmt auch in Dresden noch nicht ab; in vielen Berufen hat sie sogar zu- genommen. So zählt jetzt allein die Dresdener Zahlstelle des Meiallarbeiterverbandes über 1800 Arbeitslose, deren Zahl in einem Monat unr über 400 gestiegen ist. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit werden auch in Nord- bayern die Gemeinden immer mehr dazu gedrängt, trotz allen Wider- willens einige Maßnahmen zur Linderung der Not zu treffen. Ueberall sind die Sozialdemokraten, obwohl sie meist nur eine winzige Minderheit sind, die- treibenden Kräfte. Das Gemeinde- kollegium in Ansbach hat nach langer Debatte einen Antrag der Genossen, 2000 M. als Grundstock für eine ArbeitSloien-Unter- stützungSkasie zu bewilligen, zwar abgelehnt, aber beschlossen, den Magistrat um Einsetzung einer Kommission zu ersuchen, die die Frage der Errichtung einer Arbeitslosenversicherung prüfen soll. In R e g e n S b u r g hat die Stadt 2000 M. ausgeworfen, aus welcher Summe Arbeltslose, aber auch notleidende Gewerbetreibende unter- stützt werden sollen. Die Unterstützung beschränkt sich nur aus in RegenSburg beheimatete und wohnhafte Personen. Eine Arbeits- losensürsorge im richtigen Sinne soll später beraten und durchgeführt werden. In Fürth hatte schon Ende November ein sozialdemo- lratischer Antrag 20000 M. zur Verteilung an Arbeitslose verlangt, eS wurden aber nur 10 000 M. bewilligt, die bereits verbraucht sind. Auf einen neuen Antrag eines sozialdemokratischen Gemeindevertreters lourden abermals 20 000 M. zur Verfügung gestellt. Auch hier wird die Unterstützung auf notleidende Gewerbetreibende ausgedehnt. Die Unterstützung beschränkt sich auf in Fürth heimatberechtigte Personen und auf solche, die im Jahre 1913 mindestens 100 Tage nachweislich in Fürth gearbeitet haben und seit mindestens drei Wochen arbeitS- los sind. Die Bemühungen unserer Genossen, die lästigen Be- dingungen zu beseitigen, waren vergeblich. In Nürnberg , der industriellen Hauptstadt Bayerns , ist die Frage noch im Stadium der„Erwägungen", nicht einmal ein prinzipieller Beschluß auf Ein- führung der Arbeitslosenunterstützung war zu erreichen. Der Nürn- berger Rathausfreifinn will anscheinend die Sache so lange hinschleppen, bis die Arbeitslosigkeit von selbst wieder verschwindet. Die Stadtverordneten von Zittau erhöhten in ihrer letzten Sitzung den Zuschuß für die vom Gcwerkschaftskartell unterhaltene Wärmstube von 72 auf 100 M. Dazu bedurfte es aber erst der eindringlichen Befürwortung eines bürgerlichen Stadtverordneten, der die Wärmstube eingehend besichtigt und den Umfang der Not und des Elends mit eigenen Augen gesehen hatte. Er konnte mit- teilen, daß die Gewerkschaften von Zittau in den Wintermonaten allein 21 000 M. ausgegeben haben, daneben die Wärmstube unter- halten, in der in keiner Weise Terrorismus gegen Unorganisierte geübt werde.— Und trotzdem hat die Stadt Zittau zur Linderung dieses Elends nur 100 M. übrig I Der Stadtrat hatte nur 72 M. bewilligt. Und Notstandsarbeiten will der Rat erst im nächsten Winter einführen lassen! Das Oberhaupt dieser Stadt ist der nationalliberale Sozialistenfresser Dr. Kirtz. Am vergangenen Freitag tagte im Arbeiterkasino in Brom- b e r g eine öffentliche Arbeitslosenversammlung. Die Versammlung nahm eine Resolution an, die an den Magistrat und die Stadt- vcrordnetenversammlung geschickt wurde. Es wird darin verlangt, daß Mittel bereit gestellt werden, um den Arbeitslosen die Härte der Arbeitslosigkeit zu erleichtern. Von den Stadtverordneten war keiner erschienen. Ein Kampf um die Arbeitslosenversicherung. Im Frühjahr 1313 endlich hatte die schon seit Jahren vor- gebrachte Anregung der sozialdemokratischen Fraktion zu Kiel den Erfolg, daß die städtischen Kollegien eine Kommission zur Prüfung der Frage der Arbeitslosenversicherung einsetzten. Nach vielen Kämpfen in der Kommission brachte diese einen Entwurf zustande, der die Errichtung einer Arbeitslosenversicherungskasse vorsieht. Berufsvereine und ArbeitSlosenunterstützungSeinrichtungen konnten korporativ, die anderen Arbeiter als Einzelmitglieder bei- treten. Die Beiträge waren nach vier Klassen abgestuft. Die Stadt sollte einen jährlichen Zuschuß von 20 000 M. geben. DaS im Falle der Arbeitslosigkeit gewährte Tage- geld sollte ohne Rücksicht auf die Kinderzahl für Einzelversicherte 1,12 M., für Mitglieder der Berufsvereine 80 Pf. betragen. Trotz der großen Bedenken, die gegen eine solche Regelung bestanden, hatte sich die sozialdemokratische Fraktion dafür erklärt. Selbst ein bürgerlicher Stadtverordneter, der bekannte Professor des Staatsreckites Harnis erklärte, daß die Gewerkschaften und die sozialdemokratische Fraktion bis an die äußerste Grenze des Entgegenkommens gegangen seien. Trotzdem scheiterte die Annahme des Entwurfes an dem Starrsinn des Magistrats. Der Magistrat hatte den Antrag eingebracht, prinzipiell die Einführung einer Arbeitslosenversicherung abzulehnen. Räch fünfstündiger Redeschlacht bekam die unsoziale Richtung im Magistrat, deren Seele der Oberbürgermeister Lindemann war, ihren Willen. Die Stadtverordneten stimmten mit 27 gegen 17 Stimmen (neben den 23 Sozialdemokraten noch 4 Bürgerliche) für eine Arbeits- loscnversicherung, der Magistrat mit Ü gegen 5 Stimmen dagegen. Da nach der schleswig -holsteinischen Städteordnung zur Gültigkeit eines Beschlusses die Mehrheit der Stadtverordneten und die Mehr- heit.des Magistrates gehört, war damit die Arbeitslosenversicherung für Kiel abgelehnt. Halbheiten. Zur Arbeitslosenfürsorge hat sich auch die Vorstandschaft des Bayerischen StädteverbandeS geäußert aus Anlaß der Denkschrift, die der bayerische Minister des Innern Ende November dem Landtage übermittelte. Der Vorstand formulierte seinen Stand- Punkt dahin: 1. Ein Schutz derjenigen BernfSgruppen, welche gegen Krankheit, Unfall und Invalidität reichsgesetzlich versichert sind, ist notwendig. 2. Genügende Gründe dafür, daß die deutschen Städte allein diesen Schutz zu bieten haben, können nicht anerkannt werden, vielmehr ist.die Durchführung Aufgabe der Reichs- regierung. 8. Für den Fall, daß die Reichsregierung versagt, ist eS den Gemeinden zu ermöglichen, freiwillig und unter staat« licher Zuschußleistung Fürsorgeeinrichlungcn für Arbeitslose zu schaffen auf der Grundlage, daß die in der Fürsorge einzu- beziehenden Arbeiter und deren Arbeitgeber zwangsweise und mit Pflichtbeiträgen diesen Einrichtungen beizutreten haben; dazu ist die Erlassung eines Reichs- oder LandeSgcsetzcS erforderlich. Den zwangsweisen Beitritt und die Erlaflung landesgesetzlicher Vorschriften, die hier gefordert werden, hat die Regierung schon in ihrer Denkschrift abgelehnt. In den Bedingungen, die der Vorstand deS Städteverbandes in seiner Begründung stellt, wird u. a. der- langt: zu verhindern ist die Möglichkeit eines Mißbrauchs der Ver- sicherung durch Arbeitsscheue oder durch Personen, die überhaupt nicht oder aus eigener Schuld arbeitslos sind. Ferner muß die volle Unparteilichkeit im Kampfe zwischen Arbeitgebern und Arbeit- nehmern gewahrt bleiben und eine Begünstigung der Arbeitnehmer- organisation vermieden werden. Schließlich muß eine Förderung der Landflucht vermieden werden. Aus dem ganzen Elaborat spricht die Abneigung gegen die organisierte Arbeiterschaft und da« Bestreben, die Sache, um die man sich auf die Dauer doch nicht mehr herumdrücken kann, derart zu gestalten, daß sie ihren Zweck nur teilweise erfüllt. /tos öer Partei. Wenn ein Pfarrer die Sozialdemokratie verleumdet. Wegen Beleidigung deS V o r st a n d e s des Sozialdemokratischen Vereins KönlgSberg-Stadt hatte sich am Mittwoch vor der dritten Strafkammer in Königsberg der evangelische Pfarrer Haubereit aus Lichten- a g e n(Ostpreußen ) und der Redakteur Sohr von der onservativen„Ost preußischen Zeitung" zu ver- antworten. Der Sozialdemokratische Verein in Königsberg hat für seine Mitglieder eine freiwillige Stervekasse ein- gerichtet. Wer freiwillig regelmäßig zehn Pfennige pro Monat Beitrag leistet, dessen Hinterbliebene erhalten nach seinem Tode nach Entrichtung von 36 Monatsbeiträgen 22 M., nach Ent- richtung von 48 Monatsbeiträgen 3V M., nach Entrichtung von 60 Monatsbeiträgen 40 M. und nach Entrichtung von 72 Monats- beitragen 20 M. Das Statut besagt, daß über den Kassenbestand in jeder ordentlichen Generalversammlung des Sozialdemokratischen Vereins Bericht erstattet und daß über entbehr- liche Hebers chüsfe zugunsten der Bereinskasse verfügt wird. Im April 1313 beschloß die Generalversammlung auf Antrag des Vorstandes ei»stimm ig, von den Ueberschüssen der Sterbe- lasse 1000 M. der Kasse des Sozialdemokratischen Vereins zu über- weisen. Der„Preußische Volksfreund", den Pfarrer Haubereit redigiert, und der in Ostpreußen für die Landarbeiter heraus- gegeben wird, griff in mehreren Artikeln den Beschluß an. Ein Artikel ging auch in die„Lstpreußifche Zeitung" über und später machte die Verleumdung die Runde durch die ge- samte konservative und„nationale' Presse. Die Artikel deS»Volks freund' wimmelten von den gröbsten Verleum- düngen. Es hieß in ihnen: Wie Witwen und Waisen beraubt werden; Bestohlene Witwen und Waisen; Leichenschändung, Raub, Diebstahl, wahres Schandstück, Rüpelkomödic, soziale Pharisäer und Heuchler, Sumpf, in dem die Königsberger Obergenpssen stecken, niedliche kleine Schriftfälschungen, Hals- abschneider, Gauner Europas , Eitergeschtvür an: sozialdemokratischen Leibe, unerhörte Schandtat. Verfasser dieser Artikel war der Pfarrer Haubercit. Ter Vorstand des Sozialdemokratischen Vereins klagte gegen den Pfarrer Haubereit und �cn Redakteur Sohr wegen Beleidigung, um den Herren Gelegenheit zu geben, für ihre unerhörten Vorwürfe vor Gericht den Beweis der Wahrheit anzutreten. Dieser mißlang natürlich vor dem Schöffengericht vollkommen, doch das Gericht erkannte gegen Haubereit nur aus 100 M. und gegen Sohr auf 30 M. Geldstrafe wegen formaler Beleidigung. Es billigte beiden An- geklagten den Schutz des Z 133 des Strafgesetzbuches zu, w e i l sie sich ihrer in Not befindlichen Mitmenschen an» genommen hätten!! Von den Klägern wurde gegen dieses arteil Berufung eingelegt. Die Angeklagten taten dasselbe, und jetzt hatte sich die Berufungsinstanz mit der Angelegenheit zu befassen. Pfarrer Haubereit gab zu, die Artikel verfaßt zu haben. Er wäre 14 Tage über den Beschluß des Sozialdemokrati» scheu Vereins erregt gewesen. Die beleidigende Form will er gewählt haben, weil er auch angegriffen worden sei. Zum Beweise dafür verlas er einige Angriffe des sozialdemokratischen .Landboten' gegen den.Volksfreund'— aus dem Jahre 13 0 8.(Persönlich ist Pfarrer Haubereit nie angegriffen worden.) Dann erzählte der Angeklagte, er hätte einst eine Sterbekass« des KriegervereinS gegründet, den Traum aller christlichsozialen Pfarrer geträumt und 12 Jahre lang einen Tamm gegen die Vergiftung des Volkes aufgerichtet. Die Sozial- demokrcrtie reiße aber alles herunter, was den Gegnern heilig sei. Der Vertreter der Kläger , Rechtsanwalt Haase-Berlin , wies nach, daß nicht nur formale Beleidigung, auch üble Nachrede, ja sogar verleumderische Beleidigung vorliege, und daß gegen den Angeklagten wegen Vergehens gegen 8 137 vorgegangen werden müsse. Denn er habe wider besseres Wissen ge- handelt., In einem Artikel habe er den Beschluß der General- Versammlung selbst mitgeteilt, und in einem anderen Artikel schreibe er, man könne die Witwen und Waisen begaunern, wenn man nur statutenmäßig Tjandelc. Er habe also gewußt, daß der Beschluß den Statuten gemäß gefaßt sei, und trotzdem habe er von Beraubung der Witwen und Waisen geschrieben. Den Privat- klägern liege nichts an einer harten Bestrafung der Angeklagten, doch gerade die Zeitungen ihrer Parteirichtung verlangten noch viel strengere Strafen, und es sei dasselbe Strafmaß u verlangen, das gegen sozialdemokratische edakteure in Anwendung komme. Die Strafkammer hob die Urteile gegen beide Angeklagten auf und erkannte gegen Pfarrer Haubereit wegen Be- lerdigung in zwei Fällen(einmal wegen formaler Beleidigung und dann übler Nachrede) auf 120 M. Geldstrafe, gegen Redakteur Sohr auf 100 M. Geldstrafe wegen Behauptung einer nicht erweislich wahren Tatsache. Den Klägern wurde auch Publikationsbefugnis des Urteils zugesprochen. In der Begründung führte das Gericht aus, dem Angeklagten Haubereit sei der 8 193 zur Seite gestellt, weil er als Begründer einer Sterbekaffe 5i>rH KriegervereinS) ein unmittelbares Interesse an der Angelegenheit gehabt habe. Der Angeklagte hätte das Verhalten des Vorstände? nicht als unredlich bezeichnen dürfen. ES sei nicht erweislich wahr, daß der VorstanddieWitwenundWaisenbestohlenhätte. Der Beschluß der Generalversammlung sei wohl mit den Grund- sähen sozialer Fürsorge nicht vereinbar, aber er richte sich nach dem Statut und. eine ernstliche Schädigung der Witwen und Waisen liege nicht vor. Die Strafen reichen auch nickt entfernt an- die Urteile gegen sozialdemokratische Redakteure wegen viel geringerer Ver- gehen heran. Der Pfarrer ist sehr milde behandelt worden; auch ist ihm der 8 1S3 zur Seite gestellt worden, obivohl er sich eine» Personenkreises angenommen hat, zu dem er nicht die geringsten Beziehungen hat. Und da» Gericht bat völlig übersehen, daß der Sozialdemokratische Verein keine soziale Fürsorge be- treibt, sondern lediglich ein politischer Verein ist, und daß diesem politischen Verein die Sterbekasse angeschlossen ist, über deren Einrichtungen allein die Mitglieder zu entscheiden haben._ Zur russischen Eiuigungsaktion. Bekanntlich wurde iu der letzten Sitzung des Internationalen Sozialistischen Bureaus, am 12. Dezember 1313 in London , dem russischen sozialdemokratischen.Organisatwnskomitce' neben dem „Zentralkomitee " der Leninschen Fraktion eine Stimme im Bu- rean zuertcilt. DaS Organisationskomitee hat nunmehr zu seinem Vertreter im Bureau den Genossen Paul Axelrod ernannt. Genosse Axelrod ist einer der Gründer der russischen Sa- zialdemokratie und steht schon ca. 38 Jahre im aktiven Dienste der russischen Freiheitsbewegung. �ugenöbewegung. z 17. Gegen Genossen Max Peters ist Anklage erhoben worden wegen öffentlicher Aufforderung zum Ungehorsam gegenüber dem berüchtigten§ 17 des Vereinsgesetzes.(Vergehen gegen 8 110 des Strafgesetzbuchs.) Peters, der des gleichen Delikts wegen Pfingsten 1311 in Halle auf zwei volle Tage eingesperrt worden, aber schließlich von zwei gerichtlichen Instanzen freigesprochen werden mußte, soll diesmal das Perbrechen in einer öffentlichen Jugendversammlung in B r e s- lau am 22. November begangen haben. Sogleich nach Eröffnung der Versammlung ersuchte der Polizei- beamte die Jugendlichen unter 18 Jahren, das Lokal zu verlassen, da die Zusammenkunft nach Ansicht der Behörde politisch sei. Pe- ters als Referent erklärte, dazu habe die Behörde überhaupt kein Recht. Auch das störende Eingreifen des Beamten sei gesetzlich ungerechtfertigt. Die Versammlung sei ausdrücklich als unpoli- tische Jugendversammlung einberufen worden, und er übernehme für einen unpolitischen Verlaus die Verantwortung. Die Erklärung hatte die Wirkung, daß nicht ein einziger der in großer Zahl an- Ivesendcn Jugendlichen den Saal verlieh. Da sich auch der Beamte beruhigte, konnte die Versammlung ohne Störung verlaufen. Trotzdem erhielt Peters die Mitteilung, daß der Staatsanwalt Anzeige gegen ihn erstattet habe und das Hauptverfahren eröffnet worden fei. Die Verhandlung findet am 11. März vor der 3. Straf- kammer des Landgerichts in Breslau statt. »«Wer will unter die Soldaten?" Wegen der unter diesem Titel erschienenen Schrift von Pete» Winnen wird nun doch noch das Gericht i n Bew egung gesetzt. Von der Elberfelder Staatsanwaltschaft war seinerzeit Ivegen Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen ein Verfahren eingeleitet worden. Die Straftat sollte in folgenden Sätzen der Broschüre enthalten sein: Mit der allgemeinen Wehrpflicht sei es eitel Schwindel, sie bestehe nur für die Besitzlosen. Der Soldat sei dazu bestimmt, gegen das wehrlose Volk, gegen Eltern und Geschwister die Waffen zu führen. Der Soldat habe während der Militärzeit keinen eigenen Willen; er müsse sich mitunter auch dem Mutwillen seiner Vorgesetzten unterordnen, er sei eine Maschine, eine Nummer. Der Soldat dürfe sein Ehrgefühl nicht geltend machen; beim Beschwerderecht seien ihm Schlingen ge- legt usw. Das Elberfelder Landgericht stellte da» Verfahren ein, weil
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