Wg. Erzverger(Z.):Ich begrüße es, daß die Marinebertvaltung bei ihren Vergebupgen den Harüuverkerorganisatjpnen entgegenkommen will;sie wird gute Erfahrungen damit mttchen.Abg. Abrecht(Soz.):'Das Alpha und Omega der politischen Weisheit scheint heute,M t t t e l st a n d s p o l i t i k" zu fein., Wir haben nichts dagegen, daß Lieferungen an kleine Handwerkerorganisationen der,geben werden. Es schleicht sich da aber leicht das Awischenmeister,shstein mit seiner lohndrückenden Tendenz ein, wie wir das beider Vergebung von Lieferungen, an Handwerkerorganisationenseitens der Militärdeuvaltung erlebt haben. Auch über die Ar-t i l l e r i e ty e r k st ä t t e n wird geklagt. Wollen Sie da dieLieferungen von Kanonen auch an kleine Handwerkervergeben? Wqrum also»vollen Sie die Bekleidungsäinter her-ausnehmen. Nur dann könnte man damit einverstanden sein,wenn die Handwerker sich so organisieren würden, daß sie Preisehalten könnten und sich nicht dauernd unterbieten.— Bei derSchilderung der Gesundheitszustände der Schneider habe ich inkeiner Weise übertrieben; Schuld daran jst das.Akkord-s y st e m. Ueber die Gesundheitsverhältnisse der Schuhmacherhabe ich nichts gesagt, ich habe nur betont, daß ihre Werkstättennoch schlechter sind wie die Schneiderwerkstätten.'— Dep AdmiralCapelle meinte ferner, meine Klagen würden Serstummen, wenndie Frauen der Schneider keine Nähkarten mehr bekämen. Damitbin ich einverstanden, wenn gleichzeitig den Männern der Lohnso erhöht wird, daß sie ihre Familie ernähren können.(Bravo! bei den Sozialdemokraten.)Die Debatte schließt. Das Kapitel wird bewilligt.Hierauf vertagt das Haus die Weitecberatung.Abg. Dr. Frank-Mannheim(Soz.):Der Abg. Herzog hat sich auf eine Rede von mir aus demJahre 1903 bezogen zum Beweise dafür, daß wir zum Schmier-gelderwesen früher eine andere Stellung eingenommen hätten. Ichhabe mich damals dagegen gewandt, daß neue Strafbestimmungenin das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb für Arbeiter undAngestellte in Privatbetrieben aufgenommen werden, und tat dasmit Zustimmung aller Gehilfenorganisationen,auch des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes.(Hört!hört! hei den Sozialdemokraten.) Das Schmiergelderunivesenhabe ich bereits damals auf das schärfste verurteilt; abergegen diese Strafbestimmungen wandte ich mich, weil wir befürch-ten mußten, daß sie nur gegen die Kleinett angewendetwürden.(Sehr richtig! hei den Sozialdemokraten.)Nächste Sitzung: Sonnabend, 19 Uhr(Militärstrafgesetznovell�Weiterberatung, Etat der Reichsei senbahuen).Schluß QVi Uhr._;�bgeorönetenhaus.82. Sitzung, Freitag, den 29. Februar IS 14,vormittags 11 Uhr.Am Ministertisch: Kommissare.Etat öcs Ministeriums ües Innern.Die Besprechung des KapitekS.Polizeiverwaltung inden Provinzen" wird fortgesetzt, ebenso die Debatte über dendazu gehörigen sozialdemokratischen Antrag betreffend eine Unter-sucbung über die M i ß b r ä u ch e in den Polizeiverwal-t u n g e n und die Maßnahmen der Regierung zur Beseitigung dieserMißbräuche.Abg. Leinert(Soz.):Der Vertreter der Regierung bat gestern über� die 1900 M.Bestechungsgelder, die der Poli�ciassessor Ansch in Essen vomZecbenverband bekommen habe» soll, ganz unzureichende Erklärungenabgegeben und hat noch obendrein die Mitteilungen meines FreundesHue über den Fall als Verleumdungen bezeichnet, was ichentschieden zurückweise. Dieser Vorwurf könnte sich doch allenfallsnur gegen denjenigen richten, der die Beschuldigungen öffentlich vor-gebracht hat, und das ist der Vorsitzende des Steigerverbandes.Wenn der Ministerialdirektor in die Angabe über die Höhe der Be-stechungsgelder Zweifel setzte, so weisen wir ihn darauf hin, daß esgleichgültig ist, ob der betreffende Beamte 1S99 oder nur 899 M.erhalten hat. Der Vorsitzende des Steigerverbandes hat in öffent-lichen Versammlungen erklärt, daß der Polizeiasiessor AnschBcstcchungsgelder vom Zschenverbaude empfangenhabe. Er hat ferner erklärt,, daß er sich vollkommen bewußt fei,was für eine schwere Anklage er damit erhebe— und die Polizeiverwaltung hal keine Klage gegen den Vorsitzenden des Steiger-Verbandes erhoben. Da wagt es der Vertreter der Regierung.diesen Mann hier vor dem ganzen Lande als Verleumder hinzu-stellen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Sonst find dochdie Polizeiorgane so mimosenhaft empfindlich Beleidigungen gegen-über. Beleidigungsklagen gegen die Polizei stehen auf derTagesordnung und hier, wo die Polizei beschuldigt wordenist, Bestechungsgelder genommen zu haben, um einemUnternehmerverbande Unterlagen für ihr terroristisches Vor-gehen gegen die Arbeiterbewegung verschafft zu haben,wird keine Klage erhoben. Schon au« ReinlrchkeitS-gefühl müßte die Polizei das tun; wenn es nicht geschieht, so er-klären wir es uns damit, daß sie Furcht vor einer solchen Klagehat. Gegen die Staatsbürger kann sich die Polizei alles heraus-nehmen, und besonders gegen die Ausländer. So werden die russisch-jüdischen Kaufleute in K ö n i g s b e r g, die ein wichtiges Bindegliedim Handel mit Rußland sind, von der Polizei behelligt, man suchtzu verhindern, daß sie sich verheiraten, oder man weist ihre Frauenkurz vor oder nach der Niederkunft ans. Durch dieses schrkanöseVorgehen leistet die Polizei der Unsittlichkeit nur Vorschub.Andererseits übt die Polizei zuweilen eine merkwürdige NochfichtLeuten gegenüber, die der gewerbsmäßigen Unzucht Vorschub leistenund unterstützt so die Vergehen wider den K 180 Strafgesetzbuch betreffend Kuppelei.— Der Redner bespricht ausführlich einen Fall, inwelchem die Polizei B o r d e l l w i r t e n, die sich als Zimmer-Vermieter ausgeben, das größte Entgegenkommen bewiesen hat.Man vergleiche damit das Vorgehen der Polizeibehörden poli-tischen Vereinigungen gegenüber, die ihr unangenehm find!(Sehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Was nützt unser ganzes Geredeüber die Unsittlichkeit, wenn die Polizei selbst beständig derartigeGesetzverletzungcn begeht oder, begünstigt? Diejenigen, die diesesTreiben der Polizei nicht verhindern, machen sich daran mitschuldig undalle Klagen über Unsittlichkeit sind pharisäerhaft. Die bürger-lichen Parteien haben erklärt, daß sie unseren Antrag nicht annehmen,da sie das größte Vertrauen in die Regierung und die Polizei setzen.Wie berechtigt dieses Vertrauen ist. hat dxr bekannte Prozeß inB e u t h e n gezeigt, der die ungeheuerlichsten Anklagen gegen diePolizei zutage gefördert hat. In M h s l o w i tz. der Zentrale desMädchenhandels, unterhält die Hambürg-Amerika-Linieein Auswanderungsbureau, dem ein Mann mit Namen Weich-mann vorstand. In dessen Dienst 1var ein notorischer Mädchen-Händler Lubelski, der sein verbrecherisches Gewerbe alspolitischer Spion der Polizeiungefährdet treiben konnte. Die russische Regierung wandte sich andie preußische Polizei mit dem Ersuchen, den Lubelski auszuweisen,um ihn in ihre Hand zu bekommen. Die Ausweisung erfolgte nicht.(Hört I hört bei den Sozialdemokraten). Der Regierungspräsident,der über den Mann in amtSverbrecherischer Weile falsche Berichtezugestellt erhielt, ließ ihn in Myslowitz wohnen. Man gab alsGrund an, daß durch seine Ausweisung di« deutsche Schiff-fahrtsgesellschaft wesentlich geschädigt werdenwürde(HörtI hört l bei den Sozialdemokraten). Man kann HerrnBallin zu dies« Geschäftsverbindung nur gratulieren. DerselbeMann war als Mävcvenhändler sowohl auS Rußland wie auch ausOesterreich ausgewiesen worden und wurde jetzt von der preußischenPolizei als Zutreiber für die Hamburg-Amerika-Linie geduldet. Hat diePolizei in Myslowitz von jenen Ausweisungen nichts gewußt? Dasist ausgeschlossen. Der zuständige Polizeirat hat erklärt, daß er dieTätigkeit des Lubelski nicht beaufsichtigt habe, da er sich für dieAuswanderer nur hinsichtlich politischer Feststellungen interessiere.So hat eine der angesehensten deutschen Schiffahrtsgeseflschaflen miteinem Verbrecher dauernd in.geschäftlichen Beziehungen gestanden.Die Regierung hat erllärt, daß sich die Polizei immerihrer Pflichten bewußt sei. Wenn die Pflicht so aussieht, sodanken wir dafür. Der genannte Polizeirat hat von dem AgentenWeichmann Geschenke angenommen und Gelder, um Er-holungsreisen zu machen. Dieser Weichmann war die gewaltigste Per-sönlichkeit in Myslowitz. Alle Geschäftsleute hatten Furcht vor ihm,niemand wagte, gegen ihn aufzutreten Seitdem Lubelski in WeichmannsDienste getreten war, halte sich dessen Geschäft wesentlich gehoben.Er unterhielt ein Bureau von 159 Mann zur Zutreibung von Aus-Wanderern. Selbstverständlich ist Weichmann von hochpatriotischerGesinnung. Unter anderem zeichnete er 1999 M. für die Jugend-wehr, 2999 M. für den Kriegerverein(Lachen bei den Sozial-demokraten.), 1999 M. für den Bismarckturm usw. Jenesganze Unwesen geschah mit Wissen und Unterstützung der Polizei,denn es ist festgestellt worden, daß die Polizei in den letzten, zwanzigJahre» nicht weniger als89 Anzeige«erhielt; aber nur vier Bestrafungen erfolgten I(Hört! hört Ibei den Sozialdemokraten.) In dem Prozeß bar ein Zeuge Silber-stein ausgesagt, daß er infolge einer von ihm gegen Weichmann er-statteten Anzeige von der Polizei ausgewiesen sei.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) Wenn die Polizeibeamten guttrinken wollten, so brauchten sie nur in ein bestimmtes Restaurantzu gehen und ,M. W."— das bedeutet Max Weichmann—zu sagen, um, ohne zu zahlen, so viel zu bekommen, wie sie wollten.Ja, diese Bestechungsgelder sind sogar aus dem Umweg über dasMinisterium des Innern von dem Zentralbureau der Hamburg-Amerika-Linie nach Myslowitz geflossen. Zuerst wurden die Geldervon Hamburg aus direkt an die Polizei zur Verteilung geschickt,später, als der Magistrat von Myslowitz einen besonderen Beamtenangestellt hatte, flössen die Beträge in die Magistrats lasse.Das Ministerium hat selbstverständlich bei der KonzessionSerteilungmitgewirkt; eS wäre also seine Pflicht gewesen, die Tätigkeit derAuswanderungSagenten und besonders des Weichmann genau zuprüfen. Im Prozeß hat ein Zeuge sich geweigert, die Namen derMädchenhändler zu nennen, auS Furcht, von diese» totgeschlagenzu werden. Solche Verbrecher duldet man und die Polizei weistdiejenigen aus. die gewagt haben, dagegen aufzutreten., DieseFlut der Korruptionherrscht schon seit Jahren, seit Konzessionierung der Auswanderer-agenten. Die Geschäflstreibenden in Myslowitz hätten den wirt-)chafllichen Boykott gewärtigen müssen, wenn sie gegen den all-mächtigen Mann vorgegangen wären. Aus dem Fremdenbucheeines Gasthofs in Mnslowitz hätte die Polizei mit Leichtigkeit dieNamen der dort verkehrenden zahlreichen Mädchenhändler feststellenkönnen, aber sie hat nicht das geringste getan, denn die ganze Polizeiin Myslowitz ist korrumpiert. Im Interesse der Geschäft«der Hamburg-Amerika-Linie ist das Staatsinteresse unddas Wohl der Bürger hintangesetzt worden.(Sehr wahr I b. d. Soz.)Die Myslowitzer Mädchenhändler find verhastet worden.(Zuruf desPolen K o r f a n t y: In Rußland!— Adolf Hoff mann:Hier wäre eS auch nicht passiert!) Während des Prozesses inBeuthen wurde Weichmann verhaftet: schon am nächsten Tagewurde er gegen eine Kauron von 1 Million, wie es heißt, frei-gelassen.— Um das Treiben des Weichmann zu illustrieren, führtder Redner einen Fall an, in welchem ein junger Kürschner, dervon Prag auS über Myslowitz nach Berlin reiste, als Auswandererwider seinen Willen in Myslowitz nack New Jork befördert wurdeund in New N>"l angekommen, seinen ganzen Besitz versetzenmußte, um wieder nach Berlin zurückzukommen.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) Und die Tante diesesjungen ManneS wurde dann von Weichmann vollkommen unbe-rechiigterweife als Mädchenhändlerin bei der Polizei denunziert. Nocheinmal wiederhole ich, wenn Sie es ernst mit den Uebergriffen derPolizei meinen, so müffen Sie unseren Antrag annehmen. Eineparlamentarische Kommission sollte das Verhältnisder Polizei zu den politischen Parteien einerseits und den Verbrechernandererseits prüfen. Nur, weil wir hier in Preußen das elendeWahlrecht haben, können sich derartige Zustände erhalten. Sie(nach rechts) decken durch Ihre Abstimmnng dieseVerbrechen.(Großer Lärm»nd Pfui-Rufe rechts. LebhafterBeifall bei den Sozialdemokraten.)PräsidentOrdnung.Graf v. Schwerin- Läwitz ruftAbg. Frank(Z.)den Redner zurbespricht die Kölner Polizeiverhältnisse. Die Regierung hat un«glaublich lange die Zügel am Boden schleifen lasten. Die Dirnentreiben ihr Gewerbe mit größter Offenheit, aber die vor zweiJahren erlassene Polizeiverordnung wird nicht befolgt.(Beifall imZentrum.)Ministerialdirektor Frennd:Ein besonders sachverständiger Polizeimajor ist mit eingehenderUntersuchung der Kölner Verbalinisse und Erstattung eines Gut«achtens betraut. Hinsichtlich des Myslowitzer Falles wird dasMinisterium eine genaue Untersuchung vornehmen. Der Regierungs-Präsident von Oppeln hat die amtliche Vernehmung aller Beteiligtenangeordnet und Maßnahmen in Erwägung gezogen hinsichtlich einerAufsicht über den Auswandererverkehr in Oberschlesien.(Beifallrechts.)Abg. Korfauty(Pole):Der Regierungspräsident bat nicht seine volle Schuldigkeit getan.Einer der im Prozeß bloßgestellten Beamten hat dem Kaiserfalsche Berichte über die polnische Gefahr erstattet. Solche ge-meinen Verbrecher...(Präsident Graf S ch w e r. i n«Läwitzruft den Redner zur Ordnung.) Ein Polizeibeamter in Myslowitzwurde entlassen, weil er den Mädchenhandel bekämpfte.Der Minister soll auf Bitten Bollin« diese Entlassung angeordnet haben.(Hört! hörtl) Bis zum heurigen Tage ist diesemeine diesbezügliche Erklärung bei der ersten Rede vom Minister-tisch aus unwidersprochen geblieben. Emen Belastungszeugen hatWeichmann, der Vertreter der Hapag, durch gedungene russische Ver-brecher bei der preußischen Polizei anschwärzen lassen.Ministerialdirektor Freuud:Die Angaben des Abg. K o r f a n t y, der Generaldirektor derHapag habe auf daS Ministerium de« Innern zur Entlassung einesunangenehmen Polizeibeamten eingewirkt, ist falsch. Ballin hatniemals mit dem Minister deS Innern in dieser Angelegenheit inVerbindung gestanden. Wir werden daS Erforderliche tun, wenn eSnötig tut.(Beifall rechts.)Abg. Flesch(Vp.):Die gestrige Rede des Abg. Heins zeigt, auf welches Niveaudie Redefreiheit der Abgeordneten herabsinken kann. Die Angriffegegen die jüdischen Mitbürger weisen wir zurück. WaS den EssenerFall betrifft, so ist daS Bedenkliche daran, daß der betreffende Polizei-affeffor. der im Dienste de« Zechenverbandes tätig war. nur mit99 Mark bestraft und nicht entlassen wurde. Nur wenn die Funktionender Polizei den Städten übertragen werden, werden sich derartigeFälle nicht mehr wiederholen.Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen.Der sozialdemokratische Antrag betreffend die Miß-stände bei den Polizeiverwalwngen wird abgelehnt.E« folgt das Kapitel DistriktSkommissar«.Abg. Leinert(Soz.):Der DistriktSlommissar in N a k e I hatte die Mitglied erNsten undSatzungen eines. neugegriindelen sozialdemolrasischen Vereins inBrückenkopf erhalten. Nach dem Vereinsgesetz hatte er dann einekostenfreie Entscheidung zu treffen; er verlangte statt dessen SMarkStempelsteuer für die Errichtung des Vereins nach Tarif-stelle 25 s des SIempelsteuergesetzeS. Nach dieser Bestimmung sindnur Erwerbsgesellschaften steuerpflichtig. Die Beschwerde half nichts,obwohl die Forderung des Kommissars unberechtigt war. Wirbitten den Minister, daß er den untergeordneten Beamten An-Weisung gibt, damit solche unberechtigten Besteuerungen nicht mehrvorkommen.Minister v. Dallwitz:Ich bin allein nicht zuständig, der Redner muß mit seiner Be-schwerde sich an den Finanzminister wenden. Im übrigen verweiseich ihn auf den Beschwerdeweg.Abg. Kindler(Vp.)begründet einen Antrag der Fortschrittlichen Volkspartei auf Ver-st a a t l i ch u n g der Bureau« der Distriktskommissare, der nach un-wesentlicher Debatte der Budgetkomtnission überwiesen wird.Beim Kapitel Landgendarmerie treten mehrere Sbge-ordnete der bürgerlichen Parteien für bessere Dienstwohnungen fürdie Gendarmen ein.Beim Kapitel Geheimfonds nimmt das WortAbg. Paul Hoffmann(Soz.):Wir bekämpfen die Einrichtungen, die aus den Mitteln des Ge-Heimfonds bestritten werde», aufs schärffte. Kein anständiger Menschwill mit dem lichtscheuen Gesindel, das daran« gespeistwird, etwas zu tun haben, nur die Polizei. Der Redner führt danneine ganze Reihe königlich preußischer Kriminal-b e a m t e r auf, die den sozialdemokratischen Organisationen beitratenund da? Vertrauen der Parteifunktionäre zu gewinnen suchten. Einervon diesen beteiligte sich sogar so rege an den Veranstaltungen derPartei, daß er seine Geliebte vernachlässigte undvon dieser � einen Abschiedsbrief erhielt. Diese Polizei-beamten legten eine besondere Wißbegierde für alles Mög«liche an den Tag. Sie suchten in den Besitz verbotenersozialistischer Literatur zu gelangen, reizten die Leute zu Demon-stralionen und Gewalttaten auf und schlichen sich sogar in ver-b r e ch e r i s ch e r Absicht in die Jugendorganisationen ein. Sieüberhäuften die Mitglieder mit Vorwürfen, daß sie viel zu schlappvorgingen und suchten ielvst Parteifunktionäre durch Geld zum Verratvon Geheimnissen anzustiften. Derartige �Schurkereienmüffen die Steuerzahler mit ihrem Gelde unterstützen!(Sehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Als einer dieser Polizeispitzelentlarvt werden sollte und seine Photographie in der Ver-sammlung herumgezeigt wurde, sagte er selbst, indem er sich vor-stellte:»Das ist auch soeine Sumpfpflanze aus dem Mistbeet am Alcxanderplatz".Wir trauen dem Lumpen zu, daß er sich und seine Kollegenrichtig einzuschätzen versteht. Der Abg. Seyda hat früher nach-gewiesen, daß Polizeispitzel auf Anordnung der Behörden zu ver-brecherischen Handlungen aufteizten. Noch heute ist vom Ministerkeine Antwort darauf gegeben worden. Ebensowenig hat derMinister eine Antwort auf die Anfrage meines FreundesAdolf Hoffmann betreffend der Polizeispitzeltätigleitdes Verbrechers Keiling gegeben. Jetzt wiederholeich die Frage an den Minister, ob die Polizei.Agoiitsprovooateurs beschäftigt oder nicht. Daß diese Individuenauch in den Gewerkschaften ihr unsauberes Gewerbe treiben,ist selbstverständlich. Ich bin so unbescheiden, vom Minister eineDenkschrift über diese ganze Frage zu verlangen.(Abg. AdolfHoffmann: Wird sich schön hüten!> Früher hat sich da« HauSzu dieser Frage ganz anders gestellt. Vor allem ist das Zentrumenergisch gegen derartige Mißstände aufgetreten, aber jetzt, nachdemes Regierungspartei geworden ist, hat e« seine Opposition aufgegeben.Wir aber lehnen die Verwendung von Steuergeldern zu solchen un«moralischen Zwecken ab.(Beifall bei den Sozialdemokraten.)Minister v. Dallwitz:Der Vorredner hat mir sein Material nicht rechtzeitig mitgeteilt, ichkann daher nicht darauf eingehen; wie unzuverlässig es aber ist,ergibt sich aus seiner Behauptung über Paul Keiling. DiePolizei hatte mit diesem Keilmg niemals etwas zu tun. Keiling istArbeitswilligenagent, er kam mit einem Transport Arbeitswilliger»ach Oesterreich, wurde dort von Streikenden angefallen, hatsich mit dem Revolver zur Wehr gesetzt und hierbeieinen der Angreifer erschoffen. Er ist deshalb verhaftet.Weitere« ist der Polizei nicht bekannt. Unrichtig ist,daß ich dem Abgeordneten Dr. Pachnicke aus seine Be-Merklingen über Bespitzelung von Gasthäusern nichts erwidert hätte.Ich habe damals den Erlaß verlesen, worin die Polizeipräsidentenersucht werden, die Polizeibeamien darauf hinzuwen'en, daß es un-zulässig ist, selbst oder durch Dritte zur Begehung strafbarer Hand-lungen zu verleiten. So wenig wie irgend ein anderer Großstaataber können wir auf eine politische Geheimpolizei verzichten, solangevon Einzelpersonen oder organisierten Personenmehrheiten im In-und Ausland verbrecherische Anschläge und Unternehmungen gegenuns ausgehen(Sehr richtig I rechts) und solange von einzelnenoder Perionenmehrheiten staatsfeindliche Bestrebungenunterstützt werden. Deshalb bitte ich, den Titel zu bewilligen.(Bei-fall rechts.)Abg. Adolf Hoffmann(Soz.):Der Minister hat das Material nicht? Schon vor Jahren hatAbg. H i rf ch das Material hier vorgetragen, und das Buch von EugenErnst, worin die Spitzel- und Lumpenwirtschaft bei der Polizeinachgewiesen wird, habe ich voriges Jahr auf den Tisch desHauses niedergelegt. Der Minister spricht.von ver-brecherischen Taten; die sind von Ihrem Spitzelgesindelangestiftet, das haben wir bewiesen. Die Spitzel werden be-zahlt, dafür müffen sie etwas leisten, und da sie nichts finden, er-finden sie eben etwas. Darauf fallen Sie herein, verfolgen an-ständige Leute, weilen Ausländer aus, die sich höchst anständig be»nehmen usw. Man hat mir vorgeworfen, daß ich zu lange ge-sprachen hätte, aber nach dieser Mimsterrede scheint es. als ob ichnoch nicht lange genug gesprochen hätte. Sollen wir dennnoch mehr Material vorbringen? Der Minister hat recht, daßdas Prachtexemplar Paul KeUingStreikbrecher liefert. Aber des Ministers Akten und Informationenfind unrichtig, wenn er behaupte«, daß Keiling nicht im Diensteder Polizei gestanden hätte. Keiling ist wegen Betrug. Diebstahl.Kuppelei vorbestraft und jetzt als Mörder in Oesterreich ver»hastet. HättedieBerlinerSiaaiSanwaltschaft und Polizei ihre Sckrnldig-feit getan, dann hätte Keiling den Mord nick» begehen können.Es schwebte ein Strafverfahren gegen ihn, das aber eingestelltwurde, weil der Mann unauffindbar sei. Er wohnte aberHochstraße 23, im Hause des Polizeireviers Nr. 42, woer als Streilbrecherlieferant aus- und einging. In seiner Wohnunghielten sich angeblich zu seinem Schutz dauernd Kriminal»b e a m t e auf— und den Mann konnte die Stoalsanwaltschost nichtfinden, um ein Strafverfahren gegen ihn durchzuführen. Erst mußtein Böhmen der Mord palsieren, dann hat ihn die österreichilchePolizei gefaßt. Hier konnte ihn die Polizei nicht finden weil erihr zu nahe stand! Und Keiling soll kein Polizeispitzel geweiensein?'Er ist 1912 wegen Nötigung und Freiheitsberaubung mit einemMonat Gefängnis bestraft, weil erals Polizeiagcnt einen Unschuldigen verhaftet und gefesselthat. In den Gerichtsakten ist festgestellt, daß der Mann nach e i d-lichen Aussagen Polizeiagent war und nun bestreitet daS derMinister I(Zurufe: Unerhört I bei den Sozialdemokraten.) Keilinghat sich damit gerühmt, er hat sogar gesagt, er habe wiederh»It