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eine Betrachtung widmen, weil er damals die Dreistigkeit hatte, sich den Stellungsucheirden als Inhaber einessozialdemokratischen Stellennachweises" zu empfehlen. Später änderte er die äußere Aufmachung seines Geschäfts, aber das Verfahren, nach dem er es treibt, scheint dasselbe geblieben zu sein. Wer durch Zeitungs- annonce eine Stellung sucht, kann, wenn er darin seine Adresse angibt, es sehr bald erleben, daß er durch eine Antwort erfreut wird. Er soll aber nicht glauben, daß ihm sofort ein Stellen- ongebot eines Arbeitgebers ins Haus geflogen kommt. Nein, so rär sind die Arbeitskräfte nicht, daß die Arbeitgeber auf eine solche Annonce hin sich in Massessn beeilen würden, ihre Offerten einzu- reichen. Das WittpahlscheSpezialbureau für Stellengesuchs- angelegenheiten" ist es, das immer noch auf Stellengesuche mit seinen Offerten antwortet. Einer, der das durchgemacht hat, teilt uns seine Erfahrungen mit. Als er in einer Zeitung annonciert hatte, daß er Stellung suche, meldete sich bei ihm Wittpahls Bureau durch folgenden Brief: Sollten Sie auf Ihre Annonce kein direktes Stcllcnan- gebot erhalten haben und es Ihnen daran liegen, schnell ohne Stellenvermittler, wo Sie Ihr Geld für die Vakanzenliste nur fortwerfen würden, gewünschte Stellung zu erhalten, so wollen Sic sofort nach Erhalt dieses Schreibens unter Mitbringung Ihrer Zeugnisse in unserer Expedition, Kreuzbergstraße 3, Seitenflügel 3 Treppen, in der Zeit von 13 bis 12 und 1 bis 6 Uhr an Wochentagen vorsprechen, und werde ich Ihnen durch Anfertigung der zur schnellen Erhältung gewünschter Stelle er- forderlichen Papiere imd Aufgabe der Adressen, wo Sie sich wegen Ihrer Stellung hinwenden können, zur Erlangung der- selben behilflich sein. Die Kosten sind so gering, daß selbst der ärmste Stellensuchende die paar Groschen entbehren kann. Tausende von StellcnsuchendeN haben durch unser Geschäft gut bezahlte Stellung erhalten und können Sie sich davon in unserer Expedition überzeugen. Sollten Sie keine Zeugnisse haben, so werden Ihnen die zur Bewerbung erforderlichen Papiere auf Wunsch ordnungsmäßig angefertigt. In Ihrem eigenen Jnter- esse wollen Sie alle indirekten Stellenangebote außer acht lassen, da dieselben meistens nur Schwindel sind, und sich von unserem . reellen Angebot überzeugen." Das Schreiben trug noch den aufmunternden Vermerk:Keine Arbeitsnot in Berlin  ". Ach, das wußte der Stellungsuchende besser! Aber er beschloß, es mal mit Wittpahl zu probieren. Das erste war, daß er für das Muster eines Bewerbungsschreibens und für bOmalige Vervielfältigung einesLebenslaufes" von wenigen Zeilen, der als Ersatz für Zeugnisse gelten sollte, 3,2 0 M. zu zahlen hatte. Die Kosten stellten sich also sehr viel hoher als einpaar Groschen", die nach Wittpahls Annahmeselbst der ärmste Stcllensuchende entbehren kann". Daß sogleich 50 Ver- vielfältigungen abgenommen und diese so hoch bezahlt werden mußten, war bitter. Zu dieser Leistung fügte der hilfsbereite Herr Wittpahl noch hinzu, daß er fünf Stellenadressen kostenfrei nannte undden besten Erfolg wünschend" sichhochachtungsvoll" empfahl. Die Adressen bezog er von dem erwähnten Schivenz- feger, den er alskonzessionierten Stellenverleger" bezeichnete. EinStellenverleger" ist selbstverständlich kein Stellenvermittler, sondern ein Mann, der von Stellenangeboten die Adressen sam- melt und vertreibt. Der Stellungsuchende war mit den ihm übersandten Adressen rasch fertig, ohne daß seine Bewerbungen einen Erfolg gehabt hätten. Als er das dem Wittpahischen Bureau meldete, kam eine Antwort, diesehr bedauerte" und weitere Adressen gegen Zahlung von noch 30 Pf. versprach. Auch darauf ging der Stellungsuchende ein und er wurde dann mit reichlichem Adressennacksschub versorgt, so daß er Gelegenheit fand, seine Bewerbungen fortzusetzen und noch ein hübsches Stück Geld für. Briefpapier und Porto, los. zu werden.. Er. versichert uns, -daß er ziemlich ein Viertelhündert Bewerbungen abgesandt, dann aber den Kram beiseite geworfen habe. Unser Stellungsuchender bittet uns, seine Erfahrungen be­kanntzugeben zum Nutzen anderer Arbeitslosen, die gleich ihm durch Zeitungsannonce eine Stellung zu finden versuchen. Daß Wittpahls Bureau nicht Stellen vermittelt, sondern durch Anfertigung von Bewerbungsschreiben und Zeugnis- abschriften verdienen will, kann man aus der Offerte bei ge- nügender Aufmerksamkeit herauslesen. Wir weisen hierauf alle Stellungsuchenden hin, die von. Wittpahl mit einer Offerte be- glückt werden und sie etwa doch anders auffassen, z. B. tpegen des Hinweises aufTausende von Stellensuchenden", die durch ihn gutbezahlte Stellung erhalten" haben sollen. Verwirrend kann auch wirken, daß der Briefbogenkopf die AngabeAdressen Stellen Verlag" enthält und andere von dem Bureau ver- sandte Schriftstücke mit Angaben wieStellen Verlag Nach­weis" geschmückt sind. Auf einem Schriftstück bezeichnen Witt- stahl und Schwenzfeger sich nebenbei alsLieferanten des Bundes der Landwirte". Was mögen sie ihmliefern"? Zur Entwitkclung Berlins  . Die Aushöhlung von Berlin   oder die Ciihbildung schreitet un- unterbrochen fort. Die alten Häuser in der Luisenstadt, in der Lindenstraße, Friedrichstadt   verschwinden und an deren Stelle treten Geschäftshäuser Erbbegräbnisse, wie der Berliner   sagt. Auf der einen Seite wird durch diese Umwandlung die Abwanderung nach den Vororten gefördert, auf der anderen Seite verringern sich die Lasten für Schulen und Arme. In der Linden- und den an- grenzenden Straßen werden zum 1. April d. IS. wieder eine ganze Reihe von alten Häusern abgerissen. In der dortigen Gegend sind zum t. April b. Js. Hunderte von Wohnungen gekündigt worden und nicht wieder vermietet._ Brandstiftung durch Einbrecher. Sonntagabend wurde die Feuer- wehr nach der Grerfswalder Str. 206 gerufen, wo im vierten Stock des Ouergebäudes die Wobnung der Familie Paul brannte. Wie sich bald zeigte, war das Feuer vorsätzlich angelegt worden. In dem Schlafzimmer hatte man die Matratzen aus den Betten gehoben, fie schräg gestellt, über und über mit Petroleum begossen und dann angezündet Die Petroleumkanne stand noch neben den Betten. Auch einige Möbelstücke waren in Brand gesteckt worden. Es gelang der Feuerwehr in kurzer Zeit, die-Flammen zu ersticken und von der Wohn- stube fernzuhalten. Die nähere Besichtigung der Wohnung ergab, daß hier Einbrecher gehaust hatten. Sämtliche Schränke waren ausgeräumt und verschiedene Schubkästen durchwühlt. Der Wandspiegel war herunter- gerissen und lag zwischen den Möbelslücken. Nach Angaben der Familie Paul ist den Dieben ein größerer Posten Wäsche in� die Hände gefallen. Das Ehepaar halte nachmittags bei dem schönen Wetter einen Spaziergang unternommen und die Wohnung unbeauf- sichtigt gelassen. Als die Leute abends zurückkehrten und die Korridor- türe öffneten, war die ganze Wohnung schon mit dichtem Rauch an- gefüllt Von den Einbrechern und'Brandstiftern fehlt noch jede Spur.__ M äff euerkrankung en beim Garde-Train-Bataillon. Nach dem Genuß von Fischen sind Sonntagnachmittag 21 Mann vom Garde- Train- Bataillon in Tempelhof   unter Vergiftungs- erscheinungen erkrankt. Es stellte sich bei allen Unwohlsein und Er« brechen. ein. Die Erkrankten wurden einstweilen vom Dienst dispensiert, bis die ärztliche Untersuchung abgeschlossen war. Im Laufe des gestrigen Nachmittags waren aber schon alle wieder soweit hergestellt, daß sie ihren Dienst wieder ausnehmen konnten. ? Die Leitung der Allgemeinen Ortskrankenkasse. Der Verfasser der in der Nummer vom 10. Februar veröffent- lichten Notiz ersucht uns um Aufnahme folgender Zeilen:Die Leitung der Allgemeinen Ortskrankenkasse glaubt in einer Zuschrift an denVortvärts" den Inhalt der Beschwerde in Ztr. 49 über die Un zuträglichkeiten bei der Krankcnabfertigung als unrichtig ener- gisch zurückweisen zu müssen. Obwohl nach ihrer Angabe vom Vorsteher der Zahlstelle 5 aufs entschiedenste bestritten wird, daß die Abfertigung einzelner Kranken zwei Stunden und länger in Anspruch nimmt, wird andererseits zugegeben, daß große Ansamm- lungen in der Zeit von 10 bis 12 Uhr vorkommen, und dies dem Umstand zugeschrieben, daß der größte Teil der Patienten statt der Nachmittags- die Morgensprechstunde des Arztes benutzt und dann gleich zur Kasse geht. Daß dies vorkommt und ein Uebelstand ist soll unbestritten bleiben, wenngleich bezweifelt werden mutz, daß die Mehrzahl der Kranken so verfährt. Es scheint aber der Kassenleitung noch ein anderer Umstand entgangen zu sein. Ein ganz erheblicher Teil der Kranken hat seine Unterstützungs- angelegenheiten auf den Bureaus der Berufsorganisationen zu regeln und kann daher meist nur in der kritischen Zeit auf der Kasse erscheinen. Kein vernünftiger Mensch kann und wird be- anspruchen, bei größerem Andrang in ein paar Minuten abgefertigt zu sein. Verlangt kann aber werden, daß mit dem naturgemäßen Andrang gerechnet und die Wartezeit für die Kranken durch ge- eignete Organisation des Abfertigungsdienstes nicht über Gebühr ausgedehnt wird. Wenn dann angeführt wird, daß bei der gegen- wältigen Betriebsorganisation gegen früher etwa ein Drittel weniger Abfertigungen auf den einzelnen Beamten entfallen, so ist nicht recht ersichtlich, was damit gesagt sein oder bewiesen werden soll. Da die Beamten doch unbestritten ihre volle Pflicht tun, so muß der Unterschied zwischen der Abfertigung eines Kranken von früher und jetzt doch andere Gründe haben. Im übrigen war die Bemerkung über die gesundheitliche Schädigung der Beamten für jeden, der lesen konnte oder wollte, allgemeiner Natur und aus keinen bestimmten Fall gemünzt. Daß Ohnmachts- anfalle vorgekommen, wird ja nicht bestritten. Nur handelt es sich nicht wie die Kassenleitung es darzustellen beliebt um all- täglich vorkommende, sondern durch übermäßig langen Aufenthalt im Gedränge und in heißer und verdorbener Luft bedingte Fälle. Schließlich ist der Kassenleitung noch anzuempfehlen, nicht lediglich die in Frage kommenden Zahlstellenvorsteher über die Unzuträglich- ketten zu befragen, sondern vor allem auch das abzufertigende Publikum selber. Sie wird dann auch erfahren, daß nicht" nur zwei Stunden, sondern unter Umständen auch noch erheblich länger gewartet werden lnuß. Sie wird ferner die Ueberzeugung ge- Winnen müssen, daß es hier nicht mit energischer Zurückweisung vonUnrichtigkeiten" getan ist. sondern mit Abstellung des krili- sicrten Mißstandes." Wie uns noch von anderer Seite mitgeteilt wird, sind auch die abfertigenden Beamten mit unnötigen Schreibereien sehr überlastet. Bei jedem einzelnen Kranken sind mehrere verschiedenartige Scheine auszufüllen, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Dazu kommt. daß auf jeden mit der Abfertigung betrauten Beamten nicht nur 250 Parteien, wie dieBerliner VolkSzeitung" seinerzeit schrieb. sondern mindestens 350 bis 400 Parteien kommen. Dabei sind die freiwilligen Mitglieder noch gar nicht berücksichtigt. Würde manche überflüssige Schreibarbeit und das so oft überflüssige Telcphonier-.-n nach der Zentrale den Beamten abgeriomemn werden, dann könnte die Abfertigung des Publikums auch bei dem vorhandenen Be- amtenapparat schneller vonstatten gehen. Unaufgeklärter Leichenfund. Die Leiche eines löjährigcn Mädchens wurde gestern nach- mittag von Schiffern aus dem Osthafen am Markgrafendamm ge- landet. Wie bald festgestellt werden konnte, handelt es sich um die 16 Jahre alte Tochter des Kaufmannes Michel aus der Weißen- burger Straße. Das Mädchen wurde bei ihrer Tante in Nieder- schöneweide erzogen. Seit dem 13. Dezember vergangenen Jahres wurde sie vermißt. An diesem Tage war sie von einem Ausgange nicht wieder heimgekehrt und alle Nachforschungen nach ihr waren ohne Erfolg geblieben, bis man sie jetzt landete. Ob die Ertrunkene freiwillig ins Wasser gegangen ist, oder ob ein Unglücksfall oder ein Verbrechen vorliegt, bedarf noch der Aufklärung. Familientragödie in der Wolliner Strasse« Als gestern früh Bewohner des Hauses Wolliner Straße 50 den Treppenflur betraten, bemerkten sie. daß aus der Wohnung des Büglers Kolb starker Gasgeruch herausströmte. Da ihnen auf wiederholtes Klopsen nicht geöffnet wurde, erbrachen sie die Tür und fanden K. mit seiner Frau und Tochter in dem gaSgefülllen Schlaf« zimmer bewußtlos in den Bellen liegen. Dem sofort' herbeigerufenen Arzt gelang es, die beiden letzteren ins Leben zurückzurufen, K. selbst war jedoch schon tot. Ein Automobil im Werte von 12(XX) Mark ist aus einer Garage in der Naffauifchen Straße 3v gestohlen worden. Der Diebstahl ist saon vor einigen Tagen geschehen, aber erst jetzt entdeckt worden. Es handelt sich um einen Benz-Krastwagen, der die Fabrik- »ummer 12 104 trägt und im Innern graue Klubseffelpostterung aufweist. Die polizeilichen Nachforschungen haben Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Dieb an Stelle der Erkennungsnummer l A 2467 die Bezeichnung H/O 64 gesetzt hat; der Buchstabe 0 ist in roter Farbe gezeichnet. Der Täter scheint im Besitze eines gefätschlen Zu- lasiungsscheines des Polizeipräsidiums zu sein, der aus den Namen eines angeblichen ungariichen Grasen Ortschiek lautet. Seinem Kinde in den Tod gefolgt ist der 37 Jahre alte Tischler Wilhelm R ö h r i ck e aus der Willdenomstraße 5. Röhricke verlor vor einigen Wochen sein einziges Kind, nachdem es lange Zeit krank daniedergelegen hatte. Der Verlust seines Kindes, eines zehnjährigen Mädchens, ging dem Mann so nahe, daß er tiefsinnig wurde und wiederholt äußerte, sich das Leben nehmen zu wollen. Gestern nachmittag führte er, als seine Frau ausgegangen war, seinen Vorsatz auch aus. Bei der Rückkehr der Frau gegen abend fand diese ihn tot in der Küche auf. Er hatte, ebenso wie die Frau Deichsel aus der Schulzendorfer Straße, den Schlauch des Gas- kochers in den Mund genommen und sich mit GaS vergiftet. Unter die Räder einer Autodroschke geriet gestern mittag in der Mariannenstraße der achtjährige Knabe Otto Puff vom Heinrichs- platz 10. Der Knabe war beim Spiel beschäftigt; er wurde schwer verletzt vom Platz getragen. An der Ecke der Linden- und Koch- straße lief der 13 Jahre alte Willi Bluhrig beim Rollstbuhlaufen gegen eine Droschke und wurde ebenfalls überfahren. Man schaffte den Knaben, der anscheinend schwere innere Verletzungen davongc- tragen hatte, nach dem Urban-ftrankenhauS. Schwerer Unfall auf dem Flugplatz. Auf dem Flugfelde in Johannisthal   verunglückte gestern nach- mittag der Monteur Wolfersdorf   von den Jeanninwerken sehr schiver. Er wurde, als er den Propeller einer Jeannintaube andrehen wollte, von diesem erfaßt. W. erlitt Schädelverletzungen, Ouetschungen und auch innere Verletzungen, so daß er ins Kreis- krankenhaus gebracht werden mußte. vorottnachrichten. Charlottenburg  . Tie LustbarkeitSsteuer   steht auf der Tagesordnung der außer- ordentlichen Stadtverordnetenversammlung vom Tonnerstag in zweiter Lesung zur Beratung; sie soll dann endgültig verabschiedet werden. Der Etatsausschuß hat an der Magistratsvorlage eine Reihe von Abschwächungen vorgenommen, durch die aber die Be- denken der grundsätzlichen Gegner dieser AüZnahmebesteuerung nicht beseitigt sind. So sollen u. a. musikalische Vorträge in Eafe- restaurants, Gastwirtschaften, Schankwirtschaften und öffentlichen Vergnügungslokalen nicht allgemein der Steuer unterworfen sein, sondern nur dann, wenn diese Vorträge sich über die Zeit bis nach 11 Uhr abends hinaus ausdehnen oder erst nach dieser Zeit be» ginnen. Bei polizeilich anerkannten Jugendvorstellungen, die bis 6 Uhr nachmittags beendet sind, wird für Eintrittspreise bis ein- schließlich 10 Pf. eine Kartensteuer nicht berechnet. Die Pauschal- stcuer für öffentliche oder VereinZlustbarkeitcn und dergleichen hat der Ausschuß wesentlich herabgesetzt. Während sie nach der Magi- stratsvorlage je nach der Grundfläche der für die Veranstaltung bestimmten Räume bei einer Grundfläche bis zu 500 Quadratmeter zwischen 3 und 15 M. schwankte, soll sie nach den Anträgen des Ausschusses zwischen 2 und 6 M. betragen. Bei mehr als 500 Quadratmeter soll nach dem Antrag des Ausschusses für jede weiteren 100 Quadratmeter 1 M.(nach der Magistratsvorlage 3 M.) hinzukommen. Die Pauschalsteuer für Vergnügungs-�und Rummelplätze hat der Ausschutz um die Hälfte ermäßigt. Trotz dieser und einer Reihe anderer Verbesserungen ist die Vorlage nach wie vor dazu angetan, eine große Reihe von Gewerbe- treibenden auf das schwerste zu schädigen. Die Interessenten haben deshalb allen Anlaß, sich noch in letzter Stunde zu rühren, um diese so verderbliche Steuer, wenn irgend möglich, zu Falle zu bringen. Im Etatsausschuß ist die Annahme mit 9 gegen 6 Stimmen erfolgt._ Warum geschieht nichts für die Arbeitsloscu? Mit diesem Thema beschäftigte sich am Sonnlag mittag eine im Volkshause abgehaltene, gutbesuchte öffentliche Versammlung Der erste Referent, Reichstagsabgeordneter Genosse Gustav Bauer  , ging zunächst auf die Ursachen der Arbeitslosigkeit ein. Sie fei eine untrennbar mit der heutigen Wirtschaftsweise ver- knüpfte Erscheinung. Selbst das gedankenlose Bürgertum'müsse einsehen, daß es unrichtig sei, wenn behauptet werde: Wer da ar- betten wolle, der findet Arbeit. Da die organisierte Gesellschaft, der Staat, die Notwendigkeit der Fürsorge für die Opfer der Ar- beitslosigkeit noch nicht anerkannt hat, hätten die Arbeiter versucht sich selbst zu helfen. Sie hätten die Gewerkschaften ausgebaut und was heute von dlesen auf dem Gebiete der Arbeitslosenfürlorge geleistet wird, sei von hervorragender Bedeuiung. Es sei aber eine Ungerechtigkeit, wenn man den schwächsten, den am schwersten be- lasteten Volksgenossen auch noch die Fürsorge für die Opfer der gegenwärtig herrschenden Wirtschaftsordnung überläßt. Für diese aufzukommen, sei eine Aufgabe, die der Staat im ureigensten In- teresse selbst übernehmen müßte. Der Redner wies dann den Um- fang der Arbeitslosigkeit nach und zeigt« deren verheerende Volks- wirtschaftliche Wirkungen. Wie wenig es aber trotzdem unmöglich sei, durch eine staatliche Fürsorge diesen Schäden zu begegnen, zeigte er an einem Beispiel. Schätzungsweise waren im Dezember 1913 in Deutschland   etwa eine Million Arbeiter beschäftigungslos. Wenn das Deutsche Reich ftir diese Million Arbeiter eine Unter» stützung.etwa nach dem Genter System in der Form eines �Zu- schusses an die gewerkschaftlichen Arbeitslosenklassen zahlen würde, dann hätte es im Verhältnis zu den gegenwärtig von diesen auf- gewendeten Beträgen etwa 20 bis 25 Millionen Mark zu zahlen. Was bedeutet diese Summe für das Reich? Das wäre etwa die Hälfte der Ausgabe, die der Bau eines Panzerschiffes erfordert. Im Gegensatz zu anderen Staaten führe in Deutschland   das Unter- nehmertum, unterstützt von den Agrariern, einen erbitterten Kampf gegen derartige Einrichtungen. Und die Reichsrcgierung macht sich, wie die neuesten Rcichstagsverhandlungen bewiesen haben, zum Anwalt der Unternehmer. Mit einer Brutalität, die nicht zu übertreffen sei, gingen die Unternehmer gegen die Arbeiter vor. Wenn wir ihren Widerstand überwinden wollen, dann müsse der politische und gewerkschaftliche Kampf mit verdoppelter Energie fortgeführt werden. Nach dem mit lebhaftem Beifall aufgenom- menen Vortrag nahm Genosse Richter als zweiter Referent das Wort, um zu zeigen, was in Charlottenburg   bisher von der Stadt- Verwaltung zur Linderung der Not der Arbeitslosen geschehen ist. Nachdem nach jahrelangen Kämpfen endlich eine Vorlage für eine städtische Arbeitslosenversicherung nach dem Genter System mit besonders liebevoller Berücksichtigung der unorganisierten Arbeiter zustande gekommen und vom Magistrat den«Stadtverordneten vor- gelegt worden war, setzte in der Stadtverordnetenversammlung ein erbitterter Kampf um diese Vorlage ein. Und das liberale Bürger- tum brachte die Vorlage zu Fall. Mit welchen Argumenten ge- arbeitet wurde, zeigte der Referent an verschiedenen Beispielen. Selbst der Magistrat mußte diesen Liberalen entgegentreten. Ein wunderbares Bild! Der Magistrat und die Sozialdemokratie gegen die Bürgerlichen  ! Charlottenburg   zeige aber auch, wie die Haltung der Liberalen zu der Arbeitslosenfürsorge im Reichstag zu bewer- ten ist. Dort stellen sie sich ihr etwas freundlicher gegenüber aus Rückficht auf die Wählermassen im Lande. Wenn es aber drauf und dran geht, dann versagt das Bürgertum elendiglich. Diese Haltung des liberalen Bürgertums zu kennzeichnen und den Ar- beitSkameraden vor Augen zu führen, solle kein einziger der An- wesenden unterlassen. Auch die Ausführungen dieses Redners fan- den lebhaften Beifall. In der anschließenden Diskussion brachten die Genossen Erike(Steinsetzer) und Storch und Hammel(Holz- arbeiter) noch Beschwerden gegen die Stadtverwaltung bei der Ver- gebung städtischer Arbeiten vor. Nachstehende Resolution fand ein- stimmige Annahme: Die am Sonntag, den 22. Februar, im Bolkshause in Char- lottenburg tagende öffentliche Versammlung nimmt mit Eni- rüstung davon Kenntnis, daß die bürgerliche Gesellschaft nach wie vor nicht gewillt ist, eine durchgreifende Arbeitslosenfürsorge einzuführen. Sie protestiert entschieden gegen die ablehnende Haltung der Reichsregierung gegen die Arbeitslosenfürsorge. Die empörende Tatsache, daß auch die liberale Stadtver» ordnetenfraktion in Charlottenburg   die Maßnahmen des Ma- gistrats zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit systematisch hinter- trieben hat, ist kennzeichnend für den arbeiterfeindlichen Cha- rakter dieser bürgerlichen Parteien. Die Anwesenden verpflichten sich mit aller Entschiedenheit den Kampf gegen die herrschenden Klassen fortzuführen und nichl zu ruhen, bis auch die Arbeitslosenversicherung ihnen abgerungen ist. Zu diesem Kampf ist eS das erste Erfordernis, daß sich die Arbeiter politisch und gewerkschaftlich organisieren. Die Versam­melten geloben, soweit sie diesen Organisationen noch nicht ange- hören, sich diesen anzuschließen und unermüdlich für sie zu agi- tieren. Neukölln. Mit einem Fehlbetrag von 270700 M. schließt der neue Stadt- hauSbaltSvorschlag ab. Noch vor kurzer Zeit ließ der Neuköllner Magistrat durch die Lokalpresse verkünden, daß Neukölln, im Gegen- sah zu Schöneberg  . Charlottenburg   und Wilmersdorf   mit 100 Proz Zuschlag auskommen werde. Die Finanzlage sei durchaus günstig. Daß bei den Vorberatungen des Etats in den Verwaliungs- deputationen an allen Ecken gespart und gestrichen wurde, daß alle sozialen Aufgaben leiden und vernachlässigt werden, nur um die ominösen 100 Proz. nicht zu überschreiten, verschwieg- man schamhaft. Alle Rechenkünste haben aber nichts genützt. Das Defizit ist da. Und diesem unangenehmen Faktum sieben Kämmerer und Magistrat ratlos gegenüber. Anstatt selbst Vorschläge für eine Aufbesierung der Finanzen zu machen und wie in Schöneberg   und Charlottendurg eine Erhöhung des Zuichlages zu beantragen, überläßt es der Magistrat der Stadtverordnetenver» sammlung, aus dieser unangenehmen Sttuation einen Ausweg z« suchen.