Dr. 55. 3t. Illhrgavz. 3. Mm ilks„floralrts" Knlim pMIntt. Mittwoch. 25.|flrrnötl91i Der Kampf um den Arbeitsnachweis. In Gewerkschaftstreisen ist der Frage der Arbeitsvermittlung nicht immer die gleiche Beachtung geschenkt worden, die ihr von Unternehmcrvcrbänden und den Gegnern der Arbeiterbewegung entgegengebracht wird. Die Arbeiter haben zwar erbitterte Kämpfe um den Arbeitsnachweis geführt, aber im Unternehmcrlager ist eine viel größere Einheitlichkeit der Anschauungen über diese Frage vorhanden, auch eine viel größere Kampfeslust zur Eroberung oder Verteidigung des einseitigen Unternehmcrnachweises. Diese gc schlossene Kampfesfront der Unternehmer hat auf die Gestaltung des Arbeitsnachweises in Deutschland einen starken und zwar recht unheilvollen Einfluß ausgeübt: sie beherrschen in der Groß- und Schwerindustrie den Arbeitsnachweis fast völlig und sind unablässig bemüht, diesen Einfluß auch in allen anderen Industrien durch- zusetzen. � Doch die Fäden der Scharfmacherpolitik werden nicht allein in diesen Bureaus der Unternehmerverbände und in den Redaktionen der Unternehmerpresse gesponnen, auch mancherlei sonstige Stellen. die nicht zu diesem Zweck geschaffen wurden, werden auf Umwegen dem Einfluß der Scharfmacher dienstbar gemacht. Besonders auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung zeigen sich in jüngerer Zeit Vorgänge, die auf gut organisierte Kulissenarbeit s ch l i e ß e n l a s s e n. Es hat sich herausgestellt, daß innerhalb der Reichsregierung eifrige Vorarbeiten getrieben werden für eine„Verbesserung der ArbeitSnachweiSstatistik" verbunden mit einer sogenannten„Verbesserung der Arbeitsnachweisorganisation Im November 1Ü13 hat das Kaiserliche Statistische Amt dem Staatssekretär des Innern einen Bericht erstattet nebst einem Gutachten über diese beiden Fragen. In dem Bericht heißt es. daß es noch„eine Menge unnötiger Arbeitslosigkeit gibt, die durch besseres Zusammenarbeiten der bestehenden Arbeits- nachweiseinrichtungen und durch ihren planmäßigen Ausbau be- scitigt werden könnte." Die Verbesserung der Arbeitsnachweisstatistik soll nach den Vorschlägen des Statistischen Amtes darin bestehen, allen nicht ge- werbsmäßigen Arbeitsnachweisen die gesetzliche Pflicht aufzuer- legen, über ihre Tätigkeit allmonatlich an das Amt zu berichten. Um diese Berichterstattung allen Arbeitsnachweisen zur Pflicht zu machen, soll auch eine Meldepflicht eingeführt werden, d. h. jede Errichtung, Verlegung oder Auflösung eines Arbeitsnachweises soll bei der Ortspolizeibehörde angemeldet werden. Zur Reform der Vermittlungstätigkeit wird in dem Bericht der Vorschlag gemacht,„das gesamte Arbeitsnach- wciswesen nach einheitlichen Gesichtspunkten für das ganze Wirt- schaftsgebiet des Deutschen Reiches zweckentsprechend zu organi- siercn." Es soll zunächst örtlich auf eine größere Zentralisierung der Arbeitsvermittlung, insbesondere auf eine engere Verbindung zwischen den verschiedenen Arten von Arbeitsnachweisen hingewirkt werden, mit dem Ziel, örtliche ArbcitSnachweisvcrbände und deren Zusammenschluß zu Landes- bzw. Provinzialarbeitsnachweis- verbänden zu erstreben. Diese Verbände sollen die Aufgabe haben. „durch regelmäßigen Austausch von Vakanzlisten und lückenlosen Ausbau des Arbeitsnachweisnetzes einen besseren und schnelleren Ausgleich zwischen Stadt und Land bzw. zwischen den verschiedenen Gebietsteilen und Erwerbszweigen innerhalb des bestehenden Wirtschaftsgebiets herbeizuführen." Es soll nicht bestritten werden, daß solche Vorschläge an sich ihre Berechtigung haben mögen, in der Organisation des Arbeits- Nachweises ist noch manches verbesserungsbedürftig. Aber für wirk. liche Reformen auf diesem Gebiet wie überhaupt für jegliche Garantie einer wahrhast unparteiischen Arbeitsvermittlung muß die Forderung erhoben werden, daß den Arbeitern das Mit- b e st i m m u n g s r e ch t bei der Verwaltung des Nachweises gc- sichert wird. ES muß weiter gefordert werden, daß der„Ausgleich zwischen Stadt und Land" nicht in einer zwangsweisen Ver- schickung der städtischen Arbeitslosen nach den Landbctriebcn usw. erblickt wird. Es käme dabei nicht nur die Freizügigkeit der Arbeiter in Gefahr, sondern auch der Einfluß der Arbeiter bzw. deren Organisationen auf die Gestaltung der Lohn- und Arbeits- bedingungen. Ein Arbeitsnachweis ist nicht die Stelle, wo übet die Freizügigkeit entschieden werden kann. Ebensowenig dürfen Zwangsmittel bei der Besetzung von Arbeitzplätzen mit rückständigen Löhnen usw. zur Anwendung kommen. Mit solchen Mitteln kann die ArbeitSlosenfragc und die Beseitigung der„unnötigen Arbeits- losigkeit" nicht gelöst werden. Wenn man sich jedoch die Ver- Handlungen des preußischen Abgeordneten. hauseS vom Januar und Februar 1913 vergegenwärtigt, er- scheinen solche Ziele keineswegs als ausgeschlossen, wie ja auch ein Ministerialerlaß vom 13. Dezember 1912 die deutsche Arbeiter- zentrale(früher Feldarbeiterzentrale) auf die gleiche Stufe mit den gemeinnützigen Arbeitsnachweisen gestellt hat, der von den Be- Hörden jede mögliche Förderung zu erweisen sei. Demnach geht das Interesse der preußischen Regierung an der„Verbesserung des Arbeitsnachweiswesens" ohne Zweisel dahin, durch die systematische Abschiebung der städtischen Arbeitslosen der Lcutenot der ost- elbischen Junker abzuhelfen. Die Regierung unterstützt auch die Landwirtschaftskammern bei der Errichtung von Arbeitsnachweisen und Arbeitsnachweisverbänden, und sie schenkt ihre Gunst vor- nehmlich dem preußischen Arbeitsnachweisverband, weil dieser nicht die paritätische Verwaltung, sondern die von ihm selbst zu be- stimmende—„Unparteilichkeit" der Arbeitsnachweise in den Vordergrund stellt. Wer ist so naiv, daß er hier den Pferdefuß nicht merkt? Aber nicht allein von dieser Seite wird der paritätischen Ver- waltung der Arbeitsvermittlung der Krieg erklärt. Die Parität allein verbürgt den Arbeitern ein Mitbestimmungsrecht; sie muß daher als das einzige Mittel angesehen werden, den Mißbrauch des Arbeitsnachweises im einseitigen Unternehmerinteresse zu ver- hindern. Da» wissen diese sehr gut, daher richtet sich ihre Hetze in gleich heftiger Weise auch gegen die aus Grund von Tarifver- trägen oder sonstiger Vereinbarung von Unternehmern und Ar- beitern gemeinsam errichteten paritätischen Arbeitsnachweise. Selbst im Verband Deutscher Arbeitsnachweise, der unter der Leitung des bekannten Dr. Freund steht, macht sich eine immer dreistere Gegnerschaft gegen solche vertragliche Regelung der Arbeitsvermittlung bemerkbar, was wohl darin seinen Grund hat, daß für diesen Verband eine ausgiebige„Subventionierung" durch das Reich empfohlen wird. Einer der Wortführer dieser Richtung der Hamburger Oberlandesgerichtsrat Dr. Naumann schrieb in der„Sozialen Praxis" vom 20. Februar 1913: „ES ist auch gar nicht wünschenswert, daß FacharbeitSnach- weis« auf Grund von Tarifverträgen weitere Verbreitung finden. Sin find ein HiudermS für die urnfiiffote Organistttion lief Arbeitsmarktes, die nur durch öffentlich-rechtliche Körperschaften bewirkt werden kann." In Wirklichkeit bedeutet dieser Standpunkt die Ausschaltung der Gewerkschaften als Vertretung der Arbeiter bei der Arbeits- Vermittlung, was übrigens der genannte Jurist in der Praxis mit vollster Deutlichkeit bei gewissen Anlässen vertreten hat. Im Verband Deutscher Arbeitsnachweise gewinnt die gewerkschafts- feindliche Richtung immer mehr Oberhand, erklärte doch selbst der liberale Stadtrat Dr. F l e s ch in der bereits erwähnten Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses die Parität nur als eine Form, die niemals zur Hauptsache gemacht werden dürfe. Auf solche Weise wird natürlich die„Reform der Arbeitsnachweisorganisation" nichts weiter sein als die Zurückdrängung der Arbeiterinteressen bei der Arbeitsvermittlung, und wenn das erst völlig durchgeführt ist, wird der Einfluß der Scharfmacher schon das übrige besorgen. Der Bericht des Statistischen Amts liefert den tatsächlichen Beweis dafür, daß es nicht bloß gegen die rein gewerkschaftlichen, sondern auch gegen die paritätischen Arbeitsnachweise geht. Es wird nämlich darin gesagt, daß sich wohl auf die öffentlichen Ar- beitsnachweise eine behördliche Einwirkung unschwer ausüben lasse, aber„den Facharbeitsnachweisen gegen- über versagen solche Mittel, weil sie meist auf eigenen Füßen stehen, von den betreffenden Berufsverbänden oder Tarif- gcmcinschaften unterhalten werden, ihre völlige Unab- hängigkeit aufrichtig wahren und häufig ein- seitige Interessen oder Nebenzwecke verfolgen, die sich mit der grundsätzlichen Unparteilichkeit der öffentlichen Ar beitsnachweise und dem Interesse der Gesamtheit nicht decken. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhange ferner von Volkswirt schaftlich unnötigen oder gar schädlichen Arbeitsnachweisen, gegen deren Neuerrichtung es zurzeit keine Handhabe gäbe.... Und das nennt sich selbst„Unparteilichkeit!" Sowohl den bis> her von den Arbeitern allein verwalteten gewerkschaftlichen als auch den von Unternehmern und Arbeitern gemeinsam verwalteten paritätischen Arbeitsnachweisen wird einseitige Jnteressenver- tretung oder die Verfolgung von Nebenzwecken nachgesagt, während die Maßregelungsbureaus der Unternehmer auch nicht mit einem Wort der Kritik bedacht werden. Wir wissen also, welcher Art die angesagte„Reform" sein wird. Das Statistische Amt verspricht sich von der Einführung einer Genehmigungspflicht für alle paritätischen, also nicht ge- meindlichen oder staatlichen Arbeitsnachweise eine Besserung der jetzigen Uebelstände. Das iväre natürlich eine bequeme Art, der Arbeitsvermittlung der Gewerkschaften, sowie den so übel an gekreideten paritätischen Nachweisen das Lebenslicht auszublasen. Oder sollte uns etwa der Glaube zugemutet werden, daß von einer solchen Maßregel auch die Unternehmernnchweise betroffen werden könnten! Daran glaubt ja selbst der Staatssekretär nicht; auch weiß er ganz genau, daß sich die Unternehmer eine„Genehmigungs Pflicht" einfach nicht gefallen ließen. Darum hat er den Eifer des Statistischen Amts sofort etwas gedämpft mit der lakonischen Be merkung, daß cS Wohl mit einer Gcnchmigungspflicht für die paritätischen Arbeitsnachweise nichts sein dürfte. Aber die vor- geschlagene Meldepflicht findet der Staatssekretär akzeptabel und auch die Vorschläge zur besseren Organisation dcS Arbeitsmarktcs erscheinen ihm„zum Teil ebenfalls zweckmäßig." So kann also die Kulissenarbeit ihren Fortgang nehmen. Wenn überhaupt etwas dabei herauskommt, ist es sicher e i n weiterer Knebelungsversuch für die Arbeiter, eine Erschwerung deren Interessenvertretung auf dem fiir sie so hochwichtigen Gebiete der Arbeitsvermittlung. Doch die Gewerk- schaften werden auf der Wacht sein. So leicht, wie eS sich manche Leute denken, ist es heutzutage denn doch nicht mehr, mit den Ar beitern nach Scharfmacherbelieben umzuspringen. �US Industrie und Handel. Gegen das Einfnhrscheinsystem. DaS Einfuhrscheinsystem. daS die Getreideausfuhr begünstigt und e» den Getreideproduzcnten ermöglicht, die Gctreidezölle in voller Höhe auf die Preise zu schlagen, schädigt nicht nur die Kon sumentrn. Auch die deutsche Mühlenindustrie klagt über die Wir- kungen diese« Systems; denn durch die Einsuhrscheiue kann das Getreide billiger ins Ausland geliefert werden, dort wird es ver- mahlen und kommt zum Teil in Mehlform wieder nach Deutschland zurück. Die» Einfuhrscheinsystem begünstigt also die ausländische Mühlenindustrie auf Kosten der einheimischen. Besonder« in den Grenzgebieten leiden die Mühlenunternehmungen unter diesen Zu- ständen. So berichtet eine der größten ostpreußischen Gesellschaften, die Königsberger Walzmühle: Das Jahr 1913 war wiederum für die ostpreußisch« Roggen Müllerei wenig günstig. Der andauernde Export des Roggens über die trockene, russische Grenze hält den hiesigen Marktpreis über dem Niveau des Verkaufs Preises nach dem Westen und reduziert da? dem hiesigen Markt zur Verfügung stehende Material von Jahr zu Jahr mehr. Trotz der(nach Statistik des Deutschen LandwirtschaftsratS) im Jahre 1913 erzielten Rekordernte in Roggen beliefen sich die Zu- fuhren an den Königsberger Markt vom 1. August bis 31. De- zember nur auf 35 339 Tonnen Roggen gegen 81 268 Tonnest Roggen im gleichen Zeitraum 19 t2, 105 839 Tonnen Roggen im gleichen Zeitraum 1911. Dieser Rückgang ist eine treffliche Illustration der Wirkung unseres Einfuhr scheinfh st ems. ES ist zu hoffen, daß die Einführung deS geplanten Roggenzollss in Rußland , wo ein Mehlzoll schon besteht, das Aufhören des RoggenexportS über die trockene Grenze herbeiführt. Die sich iminer mehr geltend machende Entblößung des hiesigen Roggen Marktes hat auch weitere Kreise des hiesigen Getreidehandels von der Schädlichkeit des Eiufuhrfcheinsystems überzeugt, die früher Anhänger von ihm waren. Man beginnt einzusehen, daß nicht nur der russische Roggen ausbleibt, sondern auch ein erheblicher Teil der ostpreußlscheu Ernte dem KönigSberger Markt entzogen wird. Der Hinweis auf die früheren Anhänger des Systems trifft zugleich die Königsberger Handelskammer, die in ihrer Befürwortung des EinsuhrscheinsystemS unter den übrigen Handelskammern fast. allein steht._ Die Handelsdeziehmigc« zwischen Nord-»ud Südamerika . Durch den Bau des P anamakanals beabsichtigen die Vereinigten Staaten neben anderem die Hebung ihres Außenhandels mit Mittel- und Südamerika . Zurzeit ist nämlich der Anteil der Vereinigten Staaten an der AuS- und Einfuhr Mittel- und Süd- amerikaS geringer, als man für gewöhnlich annimmt. Europäische Länder sind mit weit größeren Ziffern am südamerikanischen Außenhandel beteiligt als die Vereinigten Staaten . In- desien hat sich in den letzten Jahren der Ausfuhrhandel der Union ausgesprochen amerilantschen Ländern zugewandt. Das — ibt sich daraus, daß die Ausfuhr nach Lateinisch- Amerika fda« ist Zentralamerika mit Ausnahme d« dortigen«nropäischen Besitzungen, Mexiko , Kuba . Haiti und die Dominikanische Republik ) von 1993 bis 1913 um 183 Proz. zugenommen hat gegen eine Ausfuhrsteigerung von nur 6t Proz. nach anderen Teilen der Welt. Diese außerordentliche Zunahme ist indessen mehr das Ergebnis vergrößerter Aufnahmefähigkeit der lateinisch- amerikanischen Länder, als das de-Z SteigenS des Anteils der Vereinigten Staaten an ihrer Einfuhr. Der prozentuale Anteil der Union ist nämlich seit IS Jahren auf 23 stehen geblieben; er hat also mit dem Wachstum der Einfuhr dieses Landes gerade Schritt gehalten. Von dem Wert der lateinisch-amerikanischen Gesamteinfuhr, die nicht aus den Vereinigten Staaten stammt, entfällt ein sehr großer Teil aus europäische Länder, unter denen Großbritannien an erster, Deutschland an zweiter und Frankreich an dritter Stelle steht. Gliedert man nun den Anteil der Union nach einzelnen Staaten Südamerikas , so ergibt sich folgendes: Die Vereinigten'Staaten bc- herrschten schon vor zwei bis drei Jahren die Einsuhr nach Haiti und Honduras durch Lieferung von mehr als drei Vierteln vom Gesamtwert, desgleichen die Einfuhr nach Panama , Kuba . Mexiko , Rica- ragua und nach der Dominikanischen Republik durch Lieferung von 51—59 Prozent des Gesamtimports. Ferner entfielen vom Import auf Herlünfte der- Ver. Staaten von Amerika : 41 und 46 Proz. in Guatemala und in Costa Rica : 28— 36 Proz. in Ecuador , Colum- bien, Venezuela und Salvador . Bezeichnenderweise sind diese 13 lateinisch-amerikanischen Republiken, mit Ausnahme des der Union benachbarten Mexiko , fast sämtlich kleine und finanziell mehr oder weniger schwache Glieder der Panamerikanischen Union. Indessen bezogen auch Brasilien , Chile , Uruguay , Argentinien , Bolivien und Peru schon ISll: 11— 19 Proz. der Gesamteinfuhr aus den Vereinigten Staaten , und da die Ausfuhr der Union nach Lateinisch-Amerika 1913 gegenüber 1911 um rund 79 Millionen Dollar gestiegen ist, hat sich das Bild unzweifelhaft inzwischen weiterhin zugunsten der Vereinigten Staaten verschoben. Während die zur Panamerikanischen Union gehörenden 29 lateinisch-amerikanischen Republiken insgesamt für 265 Millionen Dollar— 23 Prozent des Wertes ihrer Gesamteinfuhr aus den Vereinigten Staaten bezogen, nahm ihnen die Union für 452 Millionen Dollar— 35 Prozent des Wertes ihrer Gesamtausfuhr ab. Der Gesamtwert des Handels der Vereinigten Staaten mit den bezeichneten 29 lateinisch-amerika- nischen Republiken stellte sich für 1913 wie folgt: Einfuhr 441, Aus- fuhr 323 Millionen Dollar, d. h. die Vereinigten Staaten haben im letzten Rechnungsjahre von den 29 anderen Mitgliedern der Pan- amerikanischen Union für 113 Millionen Dollar mehr einge- führt als dorthin ausgeführt. Dabei ist indessen zu berücksichtigen, daß diese Einfuhr der Bereinigten Staaten zum sehr großen Teil ans Rohstoffen und Nahrungsmitteln(wie Kaffee, Gummi, Zucker usw.) besteht, während bei der Ausfuhr der Vereinigten Staaten nach Lateinisch-Amerika Fabrikate sehr stark überwiegen. Soziales. Ein verspätetes Nachspiel zum letzte» Bergarbeiterstreik. Vor der zweiten Dortmunder Strafkammer hatte sich vor acht Tagen der Bergmann Anton Schlappert aus Boving- Hausen wegen Streikvergehens zu verantworten. Die strafbare Handlung sollte der Angeklagte am 26. März 1912, während dcS letzten großen Bergarbeiterstreiks, begangen haben. Nach der Anklage wurde Schlappert zur Last gelegt, mehreren Arbeitswilligen zugerufen zu haben:„Guten Morgen, meine Herren, wir sehen uns wieder,, aber auf dem Buckel!" Gegen den Angeklagten war schon im Jahre 1912 Termin anberaumt. Nach- dem Streik war Schlappert jedoch mit seiner Familie nach Holland gezogen, wo er lohnendere Beschäftigung gefunden hatte. Da er zu dem angesetzten Termin nicht erschien, wurde gegen ihn ein S t e ck b r i e f erlassen. Ende des vergangenen Jahres kehrte der Angeklagte nach Deutschland zurück und fand auch auf Zeche„Graf Schwerin" bei Castrop wieder feste Stellung. Am 20. Dezember des vergangenen Jahres wurde der An- geklagte dann auf Grund des damals gegen ihn erlassenen Steckbriefes in Haft genommen. Eine gegen die Ver- Haftung erhobene Beschwerde wurde als unbegründet ab- gewiesen. In der Verhandlung bestritt der Angeklagte entschieden, sich strafbar gemacht zu haben. Er behauptete lediglich „Guten Morgen, meine Herren!" gesagt zu haben. Drei Zeugen bestätigten diese Angaben, wohingegen ein vierter Zeuge auch den Satz gehört haben wollte:„Wir sehen uns wieder, aber auf dem Buckel." Dem Staatsanwalt genügte die Bekundung deS einen Zeugen, um gegen den Angeklagten die Verurteilung aus Z 186 des Strafgesetzbuchs und§ 153 der Gewerbeordnung zu beantragen. Der Antrag deS Vertreters der Anklage lautete auf eine Gefängnisstrafe von einem Monat und zwei Wochen. Der Verteidiger des Angeklagten beantragte die Freisprechung des An- geklagten sowie die Gewährung einer Entschädi- g un g für unschuldig erlittene Untersuchung s- hast. ES fei geradezu unverständlich, wie man einen unbescholtenen, verheirateten Arbeiter, der in fester Stellung sei, wegen einer solchen Lappalie fast volle zwei Mo- n a t e in U n t e r s n ch u n g y h a f t halten könne. Auch vor der Verhandlung hätte es unbedingt klar sein muffen, daß, selbst wenn der Angeklagte sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht habe, ihn nimmermehr eine Strafe treffen könne, die in irgendeinem Vergleich zu der erlittenen Unter- suchungshaft stehe. Der Angeklagte habe mehr als 8� Wochen in Untersuchungshaft gesessen und seine Familie habe in der Zeit geradezu hungern müssen. Die Strafkammer verurteilte Schlappert wegen Beleidigung zu dreißig Mark Geld st rase. In der Urteilsbegründüng wurde ausgeführt, daß das Gericht die Beleidigung als geringfügig angesehen habe. Von einer Drohung oder Nötigung im Sinne deS§ 158 der Gewerbeordnung könne keine Rede sein. Der gegenwärtige Prozeß dürfte der letzte Skekkprozeß aus dem Bergarbeiterstreik des Jahres 1912 sein. Er billig eine würdige Krönung der Streikjustiz im Ruhrrevier. 8V2 Wochen Untersuchungshaft— Urteil 80 M. Geldstrafe l Dem Minister zur Kenntnis. Auf Zeche„Teutoburgia" in Herne geriet ein achtzehnjähriger Schlepper zwischen Förderkovb und Schachtznnmerung und wurde getötet. Auf der Grube„Moni Cenis" kam ein Steiger unter nachstürzende Kohlenmassen und erstickte. Das sind zwei Vorfälle, die sich tagtäglich ereignen Und bei der größten Vorsicht als Zufallsunglück mit den Gefahren des Berg. mannsberufs hingenommen werden müssen. In beiden Fällen sind aber die Umstände der Unfälle äußerst kennzeichnend. Der ver- unglücktc Schlepper war erst vor vier Wochen von der Provinz Posen eingewandert und wurde mit der gefahrvollen Beschäftigung eines Abnehmers an einem Aufbruchschacht beschäftigt wo« allein, ohne jede Siufficht arbettgfc.
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