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Ar. 58. 5L ZahrMH. 1. Keilye i>ks JotroWü" Klllim Jotolilttl AmmsKs. 26. Fkbmr MI. Gewerksthastliches. Kür öie Mappe des Reichsverbanöes. Zu dem fönst so stillen Harzstädtchen Benneckenstein ist dierzehn Tage lang große Aufregung gewesen. Der Holz- arbeiterverband hatte eine Zahlstelle gegründet, der nahezu alle Holzarbeiter beigetreten waren. Den Unternehmern paßte das nicht. Hatten sie doch auch alle Ursache dazu. Die �öhne der Tischler, Maschinenarbeiter und Hilfsarbeiter schwanken zwischen 20 und 32 Pf. Stundenlohn und zwar für erwachsene Arbeiter, die zum Teil 1015 Jahre in den Be- trieben beschäftigt find. Der AnfangSIohn- beträgt in der Regel 20 Pf. die Stunde. Verläßt ein Arbeiter den Betrieb und hat er mittlerweile eine Zulage erhalten und fängt dann später wieder an, so bekommt er eben wieder 20 Pf. Stundenlohn. Die Unternehmer in Benneckenstein , die so sehr gerne über den Terrorismus der Arbeiter schimpfen, taten sich nun zusammen und erließen unter Führung des Herrn L o h o f f, Hauptmann der Reserve, folgenden Anschlag: .Unterzeichnete Arbeitgeber haben beschlofien: Jeder Arbeit- nehmer, der dem Holzarbeiter-Verband angehört, bezw. seinen Austritt auS demselben nicht bis Sonnabendnachmittag daraus erklärt hat, ist am Sonnabendabend um 6 Uhr entlassen/ f Kolgen 17 Unterschristen). Hand in Hand damit ging eine Hetze der Unternehmer. Die Frauen wurde« aufgesucht und zu bestimmen gesucht, ihre Männer von der Organisation fernzuhalten, jdrüppeln wurde gedroht, daß versucht würde, ihnen die Rente zu kürzen und die übrigen Unternehmer würden die Entlassenen nicht be- schäftigen. Dem Vertreter der Organisation wurde gedroht, ihn aus dem Ort zu werfen usw. Die Bürgerschaft stand vielfach aus feiten der Arbeiter; auch der Bürgermeister hatte erklärt, daß die Löhne zu niedrig seien. Leider standen die Arbeiter nicht fest. Diesen ausgebeuteten, von der Not zer- mürbten Arbeitern fehlte die Widerstandskraft. Aber den Reichsverbändlern empfehlen wir diesen Fall zur Weiter- Verbreitung; in den Harzstädten treiben sie ja besonders ihr Wesen._ Heistin und Umgegend. Z«r Lohnbeweg»«g der Berliner Branereiarbeiter. Der Berem der Brauereien Berlins und Umgegend hatte am 14 Februar d. I. an eine Anzahl Berliner Zeitungen per Rohrpost eine Abschrist deS Schreibens gesandt, in welchem er seinen ab- lehnenden Standpunkt gegenüber der eingereichten Tarifvorlage begründet. Den Arbeiterorganisationen ging die Ablehnung erst am 15. Februar auf dem gewöhnlichen Postwege zu. Zu dieser Ablehnung nahmen die Berliner Brauereiarbeiter am Dienstag in einer außerordentlich gut besuchten Vertrauen»- männerversammlung Stellung. Der Bezirksleiter Träg er vom Brauerei- und Mühlenarb eiterverband verurteilte zunächst, daß der Verein der Brauereien sich erst au die Prefie gewendet und dann erst den Organisationen Mitteilung von seinem ablehnende» Standpunkte gemacht habe. Man habe diesen recht sonderbare» und bisher nicht üblichen Weg offenbar gewählt, um Stimmung gegen die Brauereiarbeiter zu machen. Der Referent geht dann auf die Gründe ein, die der Verein der Brauereien für seine Haltung angibt, und führt eine ganze Anzahl Berufe sowohl als auch Orte au, in denen höhere Löhne gezahlt werden als in den Berliner Brauereien. Aehnlich so liege es mit den allgemeinen Forderungen, wie Arbeitzeitverkürznng und Urlaub. Ts stehe fest, daß in einer großen Anzahl von Brauereien, z. B. dem gesamte» Hambarger Lohngebiet, die S�stündige Arbeitszeit bestehe; ebenso, daß in der Provinz ei» viel höherer Urkstnb gewährt werde, als dies in Berlin der Fall fei. In Hunderten von Tarifen werden nach einem Jahre Beschäftigung(teilweise sogar ohne zeitliche Begrenzung) 3 Tage Urlaub gewährt; auch werde der Höchsturlaub in kürzerer Zeit erreicht. Der Berliner Urlaub sei also durchaus verbesserungsbedürftig; man habe jedoch nicht die Absicht, Ab- machungen anderer Orte heranzuziehen, sondern die örtlichen Be- dürfnisse seien ausschlaggebend gewesen. Die Forderungen des Fahrpersonals seien berechtigt, wie überhaupt die Lohnforderungen sämtlicher Gruppen lediglich den veränderten wirtschaftlichen Ver- hälwissen angepaßt seien und begründet werden können. Befremdend wirke vor allem aber die schroff ablehnende Form in der Antwort des Vereins der Brauereien. Man wolle aber noch nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sondern versuchen, mit dem Verein zu.verhandeln und durch Begründung der Forderungen ein anderes Resultat zu erzielen. Der Referent empfahl dann die einstimmige Annahme nachstehender Resolution: Die in der Neuen Philharmonie versammelten Vertrauens- leute aller Organisationen der in den Brauereien Berlins und der Umgegend beschäftigten Arbeitnehmer nehmen Kenntnis von der Ablehnung des von den Organisationen an den Verein der Brauereien Berlins und der Umgegend eingereichten Tarif» Vertragsentwurfes. Die Versammelten find der Meinung, daß entgegen der An- ficht deS Vereins der Brauereien Berlins und Umgegend während der Dauer de» jetzt geltenden Tarifvertrages wesentliche Ver- schiebungen der wirtschaftlichen Lage zuungunsten der Arbeit- nehmer stattgefunden haben, welche eine dementsprechende Lohn- erhöhung notwendig machen. Die Versammelten erwarten, daß der Verein der Brauereien Berlins und der Umgegend bei einer nochmaligen Prüfung des Entwurfes unter dem Gesichtspunkt der geltenden Teuerung und den damit verbundenen erhöhten Ausgaben für Lebensmittel und dergleichen, sowie für Invaliden- und Krankenversicherung, zu einer anderen Ansicht gelangen wird. Weiter sprechen die Versammelten die bestimmte Erwartung «rnS, daß der verein der Brauereien den Vertretern der Arbeit- nehmer Gelegenheit geben wird, in mündlicher Verhandlung die Gründe, welche die in den Brauereien beschäftigten Arbeitnehmer zur Aufstellung des eingereichten Vertragsentwurfs veranlaßt haben, klarzulegen." In der recht regen Diskussion, in der auch einige OrganisatiouS- Vertreter das Wort nahmen, wurde besonders der Weg verurteilt, den der Verein der Brauereien bei der Beantwortung der einge- reichte« Forderungen beschritten hat. Man war aber mit wenigen Ausnahmen allseitig der Meinung des Referenten, nicht i« der- selben Art und Weise zu antworten, sondern noch einmal zu der- suchen, auf friedliche Weise zu einer Verständigung und ver- Handlung zu gelangen. Ein Antrag, die Resolution wesentlich zu verschärfen, wurde abgelehnt und dann dieselbe gegen eine Stimme angenommen. Dem Verein der Brauereien ist so Gelegenheit gegeben» seine so oft betonte Friedensliebe in die Tat umzusetze» und zu verhandeln. Die Brauereiarbeiter Berlins erwarten dies; andernfalls wollen fie nicht säumen, entsprechende Maßnahmen vorzubereite». veutfches Reich. Die Tarifverträge im Bäcker-«nd 57onditorgewerk»e. Die gewerkschaftliche Organisation der Bäcker und Konditoren kann in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte in der tarif- lichen Siegelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen aufweisen. Trotz des zähen Widerstandes der Unternehmervereinigungen, die prinzi- piell Tarifabschlüsse mit der Gewerkschaft ausschalten wollen, war eS möglich, ein Fünftel aller in den Bäckereien und Konditoreien beschäftigte» Personen in ein tarifliches Vertragsverhältnis ein- zubeziehen. Auch in der Schokoladen-, Zuckerwaren., Keksindustrie bestehen gute Ansätze zum weiteren Ausbau der Tarifverträge. 1910 bestanden im Reich 134 Tarife, die sich auf 5125 Betriebe mit 13478 beschäftigten Personen erstreckten; am Schlüsse des Vor- jähre? wurden 271 Tarife für 7814 Betriebe mit 20 645 Beschäf­tigten gezählt. Die Zahl der Verträge hat sich in diesen vier Jahren mehr als verdoppelt, wie auch die tariftreuen Betriebe und die den Verträgen unterstellten Personen bedeutend gestiegen sind. Die in den Bäckereibetriebeu Beschäftigten stehen mit 243 Verträgen in 7757 Betrieben mit 17 991 Personen an erster Stelle. Schwache Ansätze de» Tarifgedanten» sehen wir in den Konditoreien. Hier erstreckt sich ein Vertrag auf 18 Betriebe mit 30 Personen. Di« Leb-, Honig- und Pfefferkuchenindustrie weist drei Tarife auf in 12 Betrieben für 586 Beschäftigte; in der Schokoladen- und Zucker- waremndustrie bestehen 16 Tarife in 18 Betrieben mit 1767 Be- schäftigten und die Waffel-, Keks-, Zwieback- und Oblatenindustrie nimmt mit 8 Verträgen in 9 Betrieben für 271 Beschäftigte Anteil. Der Ginfluß der Organisation auf die Gestaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen läßt sich am besten aus dem Inhalt der Verträge ermessen. Bei den Bäckern und Konditoren war es möglich, in 189 Tarifen für 16548 Personen den Kost- und Logiszwang im Hause des Untcrnehnt'ers ab- zil schaffen und die Bargeldentlohnung einzu- führen. Der durchschnittliche wöchentliche Mindestlohn beträgt bei dieser Gruppe 25,66 M. In 40 Verträgen konnte nur die Beköstigung unter Beibehaltung der Wohnung im Hanse des Unternehmers beseitigt werden. Hier beträgt das durchschnittliche Wochen lohnminimum 18,06 M. und es kommen in Betracht 1217 Personen. Kost und Logis beim Meister ist in 14 Tarifen noch bei- behalten für 162 Beschäftigte bei einem durchschnittlichen Mindest- lohn von 10 M. pro Woche, In der Schokoladen-»nd Ziickcrwarcn« industrie beträgt der durchschnittliche wöchentliche Mindestlohn 23,47 Mark bei den Arbeitern und 10,95 M. bei den Arbeiterinnen. Auch in der Verkürzung der Arbeitszeit sind durch die Tarif- abschlüsse schöne Erfolge aufzuweisen. In 85 Betrieben mit 2215 Beschäftigten ist die tägliche achtstündige Arbeitszeit durchgeführt; das sind zum weitaus größten Teil Genossenschaftsbetriebe. Die neunstündige tägliche Arbeitszeit ist in 2268 Betrieben mit 6883 Beschäftigten festgesetzt, und täglich bis zu zehn Stunden arbeiten in 539 Betrieben 3804 Personen. Für die Fortschritte, die die Forderung der sechstägigcn Arbeitswoche in den Bäckereien macht, zeigt weiter die Tatsache, daß in 2842 Bäckereien für 10 846 Be- schäftigte tariflich die siebentägige Arbeitswoche beseitigt ist. In 237 Verträgen ist für 19 137 die Bezahlung der Ueberstundcn und in 164 Tarifen für 8849 Personen die Gewährung von jährlichen Ferien vereinbart. Für die Unternehmer im Bäckergewerbe bedeutet dieses Er- gebnis ein Fiasko ihrer tariffeindlichen Politik. Die Einsichtigen unter ihnen lassen sich heut« schon nicht mehr durch diewohl- gemeinten Ratschläge" der Scharfmacher beeinflussen, sondern helfen mit an dem Ausbau des Tarifwerkes. Am Jahresschluß be- standen bereits 94 allgemeine Tarifverträge, die mit Unter- nehmervereinigungen abgeschlossen wurden und 16 631 beschäftigte Arbeiter und Arbeiterinneu umfassen. Besser könnte nicht der Beweis für das Vordringen des Tarifgedankens erbracht werden, als durch diese Aufftellung, mit der bewiesen wird, daß sich auch die Bäcker und Konditoren auf dem besten Wege zur Er- ringung deS Mitbestimmungsrechtes bei Festsetzung des gewerb- lichen Arbeitsvertrages befinden. Die Ausfchufiwahlen a«f de« Reichswerfte«. Nunmehr liegen von allen vier Reichswerften die Ergebnisse der Arbeiterausschutzwahlen, die nach dem System der Verhältnis- Wahl stattfanden, vor. ES wurden abgegeben für die Listen der freien Gewerkschaften in Danzcg 1519 Stimmen gleich 8 Ver- treter in dem 12 Mann starken Ausschuß, in FriedrichZort 1103 Stimmen gleich 8 Vertreter in dem 10 Personen starken ArbeiterauSschutz, in Kiel 4548 Stimmen gleich 14 Vertreter in dem 18 Personen starken Ausschuß, in Wilhelmshaven 4404 Stimmen gleich 17 Vertreter in dem 22 Mann starken Ausschuß. In Kiel und FriedrichSort gingen Gelb«, Christliche »nd Hirsch- Dunckersche zusammen. Sie erzielten in Kiel 1498 Stimmen und 4 Vertreter, in Friedrichsort 203 Stimmen und 2 Vertreter. In Danzig und Wilhelmshaven gingen die Christlichen selbständig vor; fie erzielten 208 und 173 Stimmen und je einen Vertreter. Die Hirsch-Dunckerschen verbanden sich mit den Gelben und halfen .nationale" Wahlen machen. Sie erhielten in Danzig 637 und in Wilhelmshaven 932 Stimmen, das sind 3 und 4 Vertreter. Für die Gelben haben überall die Monatslöhner und gehobenen unteren Angestellten gestimmt; daher der nationale.Erfolg". Die Vertreter der Hirsch-Dunckerschen hinken auf fremden Krücken in die Aus- schüsse. Damit ist ihr moralischer Bankrott auf den Reichswersten besiegelt._ Die Aussperrung in der Holzschuhfadrik Chr. Lötz Söhne in Kaiserslautern ist zur Tatsache geworden. Die VerHand- lungen zwischen der Firma, den Vertretern deS FäbrikantenvereinS und dem Zentralverband der Schuhmacher sind ergebnislos verlausen. Die Firma beabsichtigt, die Arbeiter durch die Aussperrung zum Ab- schlutz eine» Tarifvertrages zu zwingen, der für die Arbeiter un- annehmbare Pofitiouen enthält. Die Arbeiter sind aber zum Tarif- abschluß nur bereit, w«m ihre« Wünsche« Rechnung getragen wird. Zuzug ist fernzuhalten. MtalonS. Lohnkämpfe in der Schweiz . Die große Uhrenarbeiteraussperrung in Greuchen Hanert fort, ebenso der Tischlerstreik in Genf und die Schuhmacheraussperrung fn Bern . Der Sattlerstreik in Bern ist mit teilweisem Erfolg be- kleines Zeuilleton. Dt« Kultur««schiert. Man liest im �Lolal-Anz einer", daß der Mao den SiegeSzng auf dem Balkan angetreten hat. Wo noch vor Monaten die Kanonen sinnlos gebrüllt haben, nimmt jetzt die stumme Kunst alles im Sturm, wo noch vor kurzem um jeden fußbreit Boden verzweiflungSvoll gekämpft wurde, erobert jetzt der Kino meterweise Land und Leute. Ohne Schwertsteeich, aber mit blut­rünstigen Dramen dringt er vor, er verpflanzt den öden Kitsch in die malerischen, aber unwirtlichen Gegenden. Ja sogar im Lande der Miriditen hat er schon seinen Einzug gehalten..DaS rauhe Land Albanien beginnt nun von der Kultur beleckt zu werden." Das Land mit Flinunerdreck überschwemmen, heißt: eS wird von der Kultur beleckt. In Skulari. mitte» in der Stadt, hat der Kino sein«.Wunder- zelte" aufgeschlagen, und von nah und fern kommen fie in Scharen herbeigeströmt, um das lebende Bild zu bestaunen. Sie haben sich eingebildet, die Kultur werde neues Lebe» ins Land bringen, aber nun ist bloß das lebende Bild, das sie ihnen schenkt. Aber sie sind auch dafür dantbar. Und als erste Nummer wird bei jeder Vor- stellung das Bild deZ Prinzen Wied gezeigt. Alle Anwesenden er- heben sich feierlich von den Plätzen und sind erfüllt von patriotischen Freckdengefühlen. Noch erheben fie sich vor dem Bilde des Prinzen, aber es wird der Tag kommen, wo sie sich gegen ihn selber erheben werden. Und das Pathö-Journal wird das kurbeln lassen, erfüllt von dem Wunsch: je länger, je lieber. Kehrt der Winter wieder? Nachdem seit Ende Januar in fast ganz Mitteleuropa , besonder» aber in Norddeutschland ganz außer- ordentlich milde» und vorfrühlingShast schöne« Wetter geherrscht hat, sieht es momentan so aus, als ob der Winter zum Schlüsse noch einmal seine Visitenkarte abgeben wollte. Während noch am letzten Sonnlag in Ivetten Teile» des Landes vollkommenes Frühlings- weller geherrscht hatte, machte sich jetzl, vom Nordosten aus- gebend, ein Tempecaturrückgang bemerkbar, der angesichts der Luftdruckverteilung zu einem vollkommenen WitterungSumschlag führen kann. So hatte Memel Dienstag früh 7, Danzig einen Grad Kälte. In Bromberg stand das Quecksilber morgens auf dem Gestierpuntt. Diese Abkühlung ist die Folge einer starken Druckzunahme über Nordrußland, wo sich seit einigen Tagen ein kräftiges Hockidruckgebiet ausgebildet hat, das zunächst nur unschein- bar war, inzwischen aber an Höhe und Ausbreitung erheblich zuge- nommen bot. In seinein Kern überschritt das Maximum am Weißen Meere 770 Meter Höhe, und sein Bereiib erstreckt sich westwärts schon über ganz Skandinavien , im Südwesten bis nach Ostdeutsch- land. Das zu Beginn der Woche noch außerordentlich tiefe Minimum nordwestlich von Schottland hat sich bedeutend verflacht; im mittleren Norddeutschland befand sich zwar noch«n engbegrenztes Teiltief, es dürste sich aber alsbald ausfüllen oder in südlicher Richtung entfernen, so daß dann da» nordrussische Hochdruckgebiet vollkommen die Herrschast über die Wetterlage an sich reißen würde. In diesem Falle muß mit weiterer Abnahme der Temperaturen und dem alsbaldigen Wiedereintritt von Frostwetter gerechnet werden. und es kann für den Fall der Aufheiterung bei dem jetzt herrschenden Ostwind sehr rasch wieder völlig winterliche Kälte Platz greifen. Theater. Deutsches Künstlertheater: Cafard , ew Drama an» der Fremdenlegion von Erwin Rosen . Nack der Aufführung ging ich heim und holte aus der Ecke meines Schreib- tischfacheS die arg ramponierten Hefte und Büchlein, die sich in fünf Jahren auf den Fahrten durch Halfasteppen und Saharasand, durch wnkinesische Dschungeln und Urwälder bis zum Laoshochland Hinterindiens in Tornister und Sattcltasche angesammelt haben. Tagebuchaufzeichnungen, dienstliche Notizen und Kompagnieliften erinnern mich an fünf wilde, an innerer und äußerer Unruhe übervolle Legionsjahre. Mannschaftsverzeichnisse von fünf ver­schiedenen Kompagnien lassen die vielen hundert Menschen wieder lebendig werden, mit denen ich das Legionslos getragen. Und all da» stellt sich neben die Bühnenbilder von Dienstagabend und zwingt uns zu dem Urteil: was Erwin Rosen da vorführt, ist nicht die Legion, ist nur ein Zerrbild der Legion. Das Legionsleben ist überhaupt kein Stoff für das Drama. Die tragischen Momente im Schicksal des Legionärs liegen vor dem Gange zum dureau de recrutement. Und für die wenigen, die RordafrikaS Steppen und Sandwüsten, Tonkings und Mada- gaSkarS Fieberlöchern entgehen, beginnen die tragischen Konflikte erst wieder, wenn sie der deutsche Kommiß in seine, ach so liebe- vollen Arme nimmt, oder wenn sie im sogenannten Kulturleben den harten Daseinskampf wieder aufnehmen wollen. Die Legion selbst ist eine Anhäufung abgeschlossener Schicksale, das Nachspiel zu großen und kleinen Tragödien von wurzellos Gewordenen aus allen Schichten der Gesellschaft. Das Legionsproblem kann künst- lerisch erschöpfend nur episch behandelt werden. Voll erfaßt wird es nur aus gesellschaftskritischem Wege. Erwin Rosen hat ein vielgerühmtes und, vom literattschen oder richtiger seuilletonistischen Gesichtswinkel aus betrachtet, lesbares Buch über die Fremdenlegion geschrieben. Es enthält neben einer Anzahl gutgesehener Typen, die auch in seinem Drama wieder- kehren, einen Wust von Kasernenklatsch, der in der Legion unter der Glut der Tropensonne noch üppiger gedeiht als irgendwo anders. In seinem Drama aber hat er einzelne Seiten des Legionslcben in grellen Farben zu Bühnenbildern zusammen- gepinselt. Die Schlußszene des vierten Aktes vor allem ist der knalligste Kinoreißer. Der catard, diese nordafrikanische Art des Tropenkollers, ge- boren aus Heimweh, Lcbensckel, fieberndem Freiheitsdrang und wahnwitzigen Zwangsvorstellungen, ist eine allgemeine koloniale Krankheit, die in der Fremdenlegion nur eine besondere psychische Eigenart hat und sich als Fluchtfieber äußert. Dem über Bord gegangenen deutschen Offizier, dem verkrachten Juristen, dem schwäbischen Bäckergesellen und dem Berliner Walzbruder, ihnen allen wird das Desertieren zur fixen Idee. Aber der Versuch, dem eisernen Zwange und, unbewußt, auch all dem Quälenden im eigenen Innern zu entfliehen, führt nur zu oft in noch härtere Fesseln. Der ehemalige Offizier, der jüdische Jurist welchen, weil sie ihre Flucht mit dem Browning erzwingen wollten, stand- rechtlich erschossen. Oest U legion, sagt Rosen. W sriagcm: Das ganze theatralische Drum und Dran ist ärgster, uiUvahrer Kitsch. Und als Körnlein Wahrheit bleibt der Kolonialmilitarismus mit feinen brutalen Mitteln und brutalen Werkzeugem Else Lehmann und Emanuel Reicher haben in ihrem reichen Bühnenleben wohl selten solche taffächlich und künstlerisch unwahre Gestalten verkörpern müssen wie diese verliebte Kanti- niere und den edelgesinnten algerischen Juden. Ein Glück für Herrn Rosen, daß er solche Künstler fand, die auch den Figuren eine» Schauerromans noch menschlich ergreifende Farben geben könne». Otto Werth er gab den Kapitän Dnpont als den Typ des rauhen, zynischen LandsknechtShauptmanns, der in der Legion wohl vorkomiiu, aber nicht für-alle Legionsoffizicre gültig ist. Daß die Darsteller der Legionärsrollen ihrer Aufgabe gerecht wurden, braucht bei einem Ensemble wie dem des Kunstlertheaters kann: besonders betont zu werden. Schön waren die Bühnenbilder, nur haben sie mit dem wirklichen Saida, derLöwenstadt" des alten Rebellen Abdel Kader, so gut wie gar nichts gemein. Im Kampfe gegen die Fremdenlegion spielt nationalistische Ueberhebung eine große Rolle. Die patriotische Schundliteratur ist um eine Flut von LegionSgeschiditen vermehrt worden. Jetzt tritt auch das Theater in diesen edlen Wettstreit. Gegen die Quellen, aus denen daS deutsche Element in die Legion strömt, stellt mau sich blind. Welche Werbetätigkeit wird in den deutschen Kasernen mit allen Drillschikanen»errichtet? Wieviel Elsaß-Lothrinaer fliehen vor der borusfischen Polizeifaust und der Pickelhaube in die Legion? Verstopft die deutschen Quellen der Legion und helft mit im Kampfe, den wir diesseits und Jaures und die Seinen jenseits gegen den Militarismus führen, das ist wirksamer gegen die Legion als Schundliteratur und Schauerdramu. e. d. Schiller-Theater Charlottenburg : Die Ma- schin enbauer. 1859 schrieb der belieble Komiker Weib rauch diese Posse. Sie stellt, wenn man von Angelys bedeutend früherem LuftspielDaSjfest der Handwerker" absteht, wohl das erste deutsche Arbeiter st ück dar. Berlin zählte damals an 500 000 Einwohner und die Arbeiterschaft hatte noch erheblich stärker zugenommen als die bürgerliche Bevölkerung. Gerade im Norden Berlins waren die Maschinenfabriken mächtig gewachsen. Bei Borsig draußen wurden anläßlich der Vollendung der tausendsten Lokomotive große Feste gefeiert und die Maschinenbauer galten allenthalbe» als Helden des TageS. Aus diesen Stimmungen heraus entstand die Weihrauchschc Posse, zu der A. Lang die Musik schrieb, lieber die Kleinbürger- lichleit der Auffassung wie der Ideale braucht mau sich nicht