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ertragenden und wendet diesem gegenüber ohne Jede gesetz­liche Handhabe die Verhaftung und Ausweisung an. Wir find überzeugt, daß der neueste Gewaltakt der Berliner Polizei in Frankreich und Rußland , wo LunatscharSky als Literatur- kriliker in weiten Kreisen geschätzt wird, scharfe Proteste wachrufen wird. Neben dieser Beeinträchtigung des deutschen Ansehens im Au stände kommt aber noch als wesentlich die Frage in Betracht, ob die Berliner Polizei sich den hier lebenden Russen gegenüber zu jeder Will- kür und jeder krassen Verletzung der bestehenden Gesetze für berechtigt hältl Die Veranstalter der beiden russischen literarischen Vorträge haben in peinlichster Weise die Vorschriften des Gesetzes eingehalten. Seit zwei Monaten sind die Vorträge öffentlich angekündigt und noch unmittelbar vorher vom Polizeipräsidium schriftlich als.zur Kenntnis genommen" bestätigt worden. Wie wenig.gefährlich" der jetzt als kiaffcr Revolutionär verschriene Vorträgende der Polizei erschienen ist, geht schon daraus hervor, daß in die erste Versammlung nicht einmal ein aufsicht- führender Beamter entsandt wurde! Und dennoch Vereitelung der zweiten Versammlung, Verhaftung und Ausweisung auf Grund un- kontrollierbarer Spitzelmeldungen! Wir verlangen Auskunft: Gelten die Russen in Berlin schon als völlig vogelfrei?_ politische Ueberslcht. Reichseisenbahnamt und Reichseisenbahnen. Die Eisenbahndebatten des Reichstages zerfallen alljährlich in zwei Teile: beim Reichseisenbahnamt werden die allgemeinen Grundzüge des Eisenbahnwesens auf allen deutschen Strecken besprochen, während der Etat der Reichseisenbahnen lediglich die dem Reich gehörigen Eisen- bahnen in Elsaß-Lothringen und Luxemburg betrifft. In der heutigen Sitzung wurde der erste der Etats erledigt und der Etat der Verwaltung konnte noch in Angriff genommen werden. Der Präsident des Reichseisenbahnamts mutzte einer größeren Zahl von Rednern über die verschiedensten Fragen seines Ressorts Auskunft geben. Von unserer Fraktion sprach zunächst Genosse Stolle, der sich namentlich nach dem Er- folg erkundigte, den die Konferenzen über Vereinheitlichung der Einrichtungen im Güterverkehr gehabt haben. Unser Redner führte dann eine ganze Reihe von einzelnen Fragen an, in denen das Berliner Zentralamt bei den verschiedenen staatlichen EisenbahnvenualLungcn Verbesserungen erwirken müßte. Auch Genosse Fischer- Hannover führte mehrere Exempel an, die beweisen, wie verbesserungsbedürftig noch die Einrichtungen des deutschen Eisenbahnwesens sind, und wie namentlich den Reisenden der unteren Klassen, die die meisten Uebcrschüsse einbringen, größere Zugeständnisse ge- macht werden müßten. Gegen den Vorwurf des Genossen Stolle, daß im Eisenbahnwesen des ganzen Reiches die preußi- schen Interessen vorwiegen, wehrte sich der Präsident Herr Wackerzapp, aber selbst Herr O e r t e l mußte mit bitter» süßem Lächeln zugeben, daß Preußen einen äußerst starken Egoismus besitzt. Tie Besprechung des Etats der Verwaltung der Reichs- eisenbahnen wurde durch unseren Genossen Fuchs eingeleitet. Die Personalunion, die die Reichseisenbahnen und die preußisch-hessischen Bahnen in ihrer Spitze vereinigt, hat, wie unser Redner nachwies, Wirkungen, die zugunsten eines preußischen Fiskalismus die allgemeinen Verkehrsinteressen, namentlich in Elsaß-Lothringen , schwer leiden läßt. Fuchtz forderte wiederum, daß die Ueberschüsse der Reichscisenbahnen dem Lande selbst zugute kommen sollen, das sie aufbringt. Welcher Art der preußische Geist ist, der in der Leitung der Reichseisenbahnen herrscht, zeigte der sozialdemokratische Redner sowohl an der Verkehrspolitik wie ganz besonders an der Behandlung der Arbeiter und Angestellten, für die er genaue statistisches Material beibrachte. Mit aller Schärfe wandte er sich schließlich gegen die rechtswidrige Einschränkung des Koalitionsrechts dieser Kategorie Proletarier. Der Nationalliberale, Herr S ch w a b a ch, hatte natur- gemäß sehr wenig auszusetzen. Er sang sein Lied des Lobes auf Herrn v. Breitenbach und seine Verwaltung. Ter Eisenbahn mini st er selbst sprach erst am späten Abend. Er suchte vor allem zu beweisen, daß die Ueber- schüsie der Eisenbahnen mit Fug und Recht dem Reich zu- fließckt, das auch große finanzielle Opfer für sie gebracht habe, und er verteidigte dann die Grundsätze, die ihn in der Ver- waltung der Reichseisenbahnen leiten. Die Debatte wird morgen fortgesetzt. Abgeordnetenhaus. Das Abgeordnetenhaus setzte am Donnerstag die zweite Lesung deS Etats der Bauverwaltung fort. In der Generaldebatte gaben die Konservativen noch einmal ihrer Verkehrsfreundlichkeit Aus- druck, indem sie für möglichst hohe Schiffahrtsabgaben eintraten. Ihr Fruklionsredner, Abg. v. Schuckmann machte dabei die ganz neue Entdeckung, daß hohe SchiffahrtSabgabcn nicht der Hemmung. sondern der Förderung deS Verkehrs dienen, da aus ihren Erträgen die künstlichen Wasserstraßen weiter ausgebaut werden sollen. Mit demselben Recht könnte man unter Berufung auf die Förderung des Verkehrs schließlich auch höheren Eisenbahntarifen das Wort reden. Eine sonderbare Logik, gegen die zu polemisieren nicht der Mühe lohnt. Unserem Genosien Hue, der sich über die Kanalftagen ver- breiten wollte, schnitt die Mehrheit gewaltsam das Wort ab. Im weiteren Verlauf der Sitzung trat Genosse Paul Hoffmann warm für den Bauarbeiterschutz ein. Gestützt auf ein reichhaltige? Material und in objektiver Würdigung desien, was der Minister bisher für den Bauarbciterschutz getan hat, begründete unser Redner die aus den Bauarbeiterschutzkongresien erhobenen Forderungen, inS« besondere die auf Anstellung von Kontrolleuren auS der Arbeiter­klaffe. Mit Nachdruck wies er darauf hin, daß die gutgemeinten Ministerialerlaffe solange auf dem Papier stehen bleiben, als es an geeigneten Organen zu ihrer Durchführung fehlt und die Strafen gegen Zuwiderhandlungen so gering bemessen sind. Daß der Minister sich gegen die Anstellung von Arbeiter- kontrolleuren erklärte und dabei die Mehrheit des Hauses auf seiner Seite hatte, nimmt nicht Wunder. Die Abneigung der herrschenden Kreise gegen einen wilklrchen Bauarbeiterschutz ist hinlänglich bekannt. Freitag: Fortsetzung der Beratung deS Etats der Bauverwalwng und kleinere Vorlagen._ Erregte Szene im elfäfsischen Parlament. Stratzburg, 22. Februar. Zusammenstöße zwischen dem neuen Unterstaatssekretär Freiherrn v. Stein und Mitgliedern deS klsässisch. lothringischen Landtages ereigneten sich in der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer. Bei der Beratung des Etats der Wafferbauverwaltung kam. die Rede auf die Verunreinigung der Jll in Straßburg durch die bekannte Lederfabrik Adler u. Otten- heimer. Während der Fortschrittler Georg Wolf und der Zen- trumsabgeordnete Martz lebhaft für die Firma eintraten, kritisierte der sozialdemokratische Abgeordnete Jurbs die in der Fabrik Herr- schenden Mißstände. Im Verlauf der Debatte rügte der Abg. Wolf das Verhalten der früheren Regierung, deren Stellungnahme er als schikanös bezeichnete. Scharf trat darauf Freiherr v. Stein für die vorige Regierung ein. T-abei gebrauchte er die Redewen- dung, daß sich der Abg. Wolf durch Beschimpfung der alten Re- gierung wohl das Wohlwollen der neuen gewinnen wolle. Diese Aeußerung erregte peinliches Aufsehen. Abg. Wolf verwahrte sich in entschiedenem Ton gegen eine derartige Einmischung in die Redefreiheit der Abgeordneten. Als der Unterstaatssekretär darauf scharf erwiderte, stellte sich Abg. Martz im Namen der Zentrums- Partei auf die Seite Wolfs . Eine Liga zur Verteidigung Elsast-Lothringens . Am Donnerstag nachmittag hat eine Vorbesprechung auf Ein- ladung des Zentrumsabgeordneten Hauß im elsaß -lothringischen Landtagsgebäude stattgefunden, an der eine große Anzahl Abgeord- neter der beiden Kammern sowie Vertreter der Presse teilnahmen. Tie Gründung einer Liga zur Verteidigung für Elsaß-Lothringen wurde allseitig anerkannt, die die Aufgabe haben soll, die clsaß- lothringische Bevölkerung gegen die verleumderischen Angriffe einer gewissen Presse zu verteidigen. Die Meinungen gingen darüber auseinander, ob eventuell in jedem einzelnen Falle die Verleumder vor den Richter gezogen werden sollen. Genosse Bühle vertrat den Standpunkt, daß man sich darüber noch eingehend aussprechen müsse; er könne nicht ohne weiteres mit diesem Vorgehen einver- standen sein. Im Prinzip seien seine politischen Freunde mit der Gründung einverstanden. Die Gründung der Liga wurde darauf- hin einstimmig beschlossen. Zugleich wurde eine Kommission er- nannt, welche das Statut zur späteren Beschlußfassung vorbereiten soll. Aus der Zweiten Kammer wurden gewählt: vom Zentrum die Abgg. Hackspell von der sozialdemokratischen Fraktion die Genossen Bühle und Martin, von dem Lothringer Block die Abgg. Weber und Zimmer, von der Liberalen Fraktion die Abgg. Bürger und Trumm. Aus der Ersten Kammer wurden die Mitglieder Graf Andlau, Dr. Curtius, Dr. Gregoire, Ungemach, Bürgermeister Dr. Schwander gewählt. Die elsaß -lothringische Presse wird durch vier Redakteure vertreten. Zum Präsidenten der Kommission wurde der Kammer- Präsident Dr. Ricklin gewählt. Fsiir die innere Kolonisation. Die nationalliberale Fraktion des preußischen Abgeordneten- hauieS hat, um ihr Interesse für die Förderung der sogenannten inneren Kolonisation zu betätigen drei Initiativanträge gestellt, durch die die Errichtung von drei Fonds in Höhe von insgesamt SSV Millionen Mark beantragt wird. Der erste Antrag verlangt einen Fonds von 100 Millionen Mark zur Gewährung von Staatsdarlehen für den Erwerb und die Errichtung von Klein- und mitlelbäuerlichen Betrieben. Ein zweiter Antrag verlangt einen Fonds von 100 Millionen Mark, um Darlehen zum Erwerbe und zur Errichtung von Land- arbeiterstellen in Landkreisen der Provinzen Ostpreußen . Pommern , Brandenburg , Schlesien , Sachsen , Schleswig-Holstein und Hannover zu gewähren. Ein dritter Fonds von 100 Millionen Mark soll der Regierung zur Verfügung gestellt werden, um Staatsdarlehen für ländliche Be- triebe zu gewähren, die von provinziellen Ansiedelungsgesellschaften zum Zwecke der inneren Kolonisation errichtet werden. Landtagsnachwahl in Sachse«. Die Nachwahl im 2. ländlichen Wahlkreise, Groß-Schönau Ebersbach, den früher unser verstorbener Genosse Riem vertrat, hat gestern stattgefunden. Es erhielt der nationalliberale Kandidat, Fabrikbesitzer Max R ü ck e r t- Groß-Schönau, 10 221 Stimmen und der sozialdemokratische Kandidat Gustav Z w a h r- Neugers- darf 6288 Stimmen. Rückert lnatl.) ist somit gewählt. Während sich bei der Wahl vor 4 Jahren drei Kandidaten: je ein Sozialdemokrat, Nationalliberaler und Fortschrittler gegen- überstanden, rangen diesmal nur ein Nationalliberaler und der sozialdemokratische Kandidat Zwahr um den Sieg. Infolge des liberalen Kartells wurde der Rationalliberale von vornherein von den Fortschrittlcrn unterstützt. Beide bürgerlichen Parteien waren 1900 zusammen bei der Hauptwahl dem Sozialdemokraten um 1834 Stimmen voraus; auf sie entfielen 7630, auf Riem 2816 Stimmen. In der Stichwahl siegte dann Riem mit 7232 gegen 6091 Stimmen der Nationalliberalen. Der Wahlkreis besteht aus sieben großen Lausitzcr Industrie- dörfern. In allen Orten wurden von uns wie von den Gegnern mehrere Versammlungen abgehalten. Noch am Vorabend der Wahl fanden in jedem Ort eine sozialdemokratische und eine national- liberale Versammlung statt, in denen bekannte Agitatoren, meistens Landtagsabgeordnete, sprachen. Wie bekannt, wird in Sachsen nach dem Pluralwahlsystem gewählt, das eine Häufung bis vier Stimmen zuläßt._ Ein Opfer der Volksfiirforge. Wie bürgerliche Blätter berichten, tritt der Präsident des kaiserlichen Auffichtsamts für Privalversscherung Dr. Gruner am 1. April d. I. von seinem Amt zurück. Als Grund wird.hohes Alter" angegeben. Unseres Wissens geht Dr. Gruner nicht ganz freiwillig, sondern infolge von Differenzen mit dem ostpreußischen Generallandschastsdirektor Dr. Kapp. Dr. Gruner hat es nämlich gewagt, die Gründung einer Vereinigung privater BersicherungS- gesellichaften zur Pflege des Volksversicherungsgeschäfts im Gegensatz zur genossenschaftlich- gewerkschaftlichen.Volksfürsorge" zu unter» stützen, während Dr. Kapp als Gründer der öffentlich-rechtlichen Lebensversicherungsgesellschaften nur seine Organisation für unter- stützenswert hält. Der Eifer der beiden Herren, die.Volksiürsorge" der Arbeiterschaft zu schädigen, hat sie also zu Gegnern gemacht und Dr. Gruner muß weichen. Tie Besoldungsfrage im hessischen Landtage. Tarmstadt, 26. Februar. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer, der eine längere Beratung des Finanz- auSschusses voraufging, gab Staatsminister Dr. v. Ewald zum Be- soldungsantrage eine längere Erklärung ab, in der er seststellte, daß die Regierung den Vorschlägen der Zweiten Kammer nicht zustimmen könne, sondern auf ibrem Standpunkt beharren müsse. Der Bericht« prstatter der Zweiten Kammer erklärte, daß der Ausschuß der Zweiten Kammer einmütig bei seinen Beschlüssen bleiben werde. Er bc- antragte, ohne Diskussion sämtliche Gesetze nach den Vorschlägen deS Ausschusses anzuuehmeir. Die Gesetze betreffend die Bcsoldungs- Vorlage wurden sodann einstimmig on.Kloo angenommen und die Sitzung auf morgen vertagt. Morgen findet auch eine Sitzung der Ersten Kammer statt, die zu den Beschlüssen der Zwesten Kammer Stellung nehmen wird._ Frankreich . Tie Verjüngung de? Armee. Paris , 26. Februar. Generalstabschef Joffre hat im Ein- Verständnis mit dem Oberkriegsgerichtsral und dem Kriegsminister einen Entwurf über die Verjüngung der Offizier. kadcrs vorgelegt, danach soll die Altersgrenze für Hauptleute von 53 auf 51, der Majore von 56 auf 24, der Oberstleutnants von 28 auf 26, der Obersten von 60 auf 28, der Brigadegcncrale von 62 auf 60 und der DivisionSgenerale von 62 auf 62 Jahre herabgesetzt werden. Der Generalstab, welcher diesen EnNuurf ausgearbeitet hat, ist der Ansicht, daß vier Jahre genügen würden, um die geplante Verjüngung vollständig durchzuführen. Die dar- cmS erwachsenden Jahrcsausgaben werden auf etwa zehn Mit. lioncn Frank veranschlagt. Spanien . Unruhen in Aalencia. Madrid , 26. Februar. Lebhafte Unruhen sind in verschiedenen Teilen Spaniens wegen der neuen Municipalsteuer ans- gebrochen. Besonders in V a l c n c ia ist die Situation sehr be­denklich. Gestern früh waren in Valencia alle Märkte vollkommen verödet und die Wagen, die Proviant in die Stadt brachten, wurden bei ihrer Einfahrt in die Stadt von den Bewohnern a n g c- fallen und geplündert. Sämtliche Geschäfte waren ge- schloffen und die Handwerker feierten. Die Fabriken sowie die großen Warenhäuser mußten gleichfalls schließen. Die Straßen- bahnwagen wurden von der Menge mit Steinen beworfen; die Straßenbahngesellschaften wurden gezwungen, den Verkehr aufzuheben. Ueber den Hauptplatz der Stadt wurden abgc- hauene Bäume gelegt, um dadurch den Gesamtverkehr unmöglich zu machen. In der ganzen Stadt steht kein einziger Laternenpfahl aufrecht, so daß die Stadt am Abend in völliges Dunkel gehüllt war. Zwischen Polizisten und der Volksmenge kam es mehrfach zu Zusammenstößen. Die Wohnung des Bürger» meisters von Valencia mutzte durch eine Kompagnie Soldaten gegen die Wut der Menge geschützt werden. Als der Bürgermeister schließlich unter dem Schutze einer großen Anzahl von berittenen Gendarmen die Wohnung verließ und auf die Straße kam, rief die Menge:Nieder mit ihm",hängt ihn". Es ist wahrscheinlich, daß der Belagerungszustand über die Stadt verhängt werden wird, falls die Unruhen nicht bald aufhören. Rußland. Abschreckungstheorie. Wilna , 26. Februar. Das hiesige Militärbezirksgericht verurteilte den. Gemeinen A n t o n o>v wegen Majestäts- beleidigung zusechsJahrenZwangsarbeit. Diese schwere Strafe wegen Majestätsbeleidigung steht einzig da und erregt in allen Bevölkerungskreisen den lebhaftesten Un- willen. Wie verlautet, sind die Militärbehörden bestrebt. durch drakonische Strafen umstürzlerische 5»i>een im Heerezu ersticken. Letzte Nachrichten. Vom Berliner Milchkrieg. Gestern abend hat eine von Milchpächtern und Milch- Kleinhändlern Groß-Berlins gemeinsam veranstaltete Pro» t e st v e r s a m m l u n g sich scharf gegen die Interessengemeinschaft märkischer Milchproduzenten ausgesprochen. Eine Resolution verurteill die M o n o p o l b e st r e b u n g e n der in der Interessen» gemeinschaft vereinigten Milchproduzenten, die schließlich den Ruin deS gesamten Milchhandels zur Folge haben würden. Milchhändler wie Milchpächter sehen in dem jetzigen Pachtwesen der Interessen- gemeinschaft die Gefahr, daß sie zu Handlangern dieser Produ- zentenorganisation herabgedrückt werden. Sachsen für iudirckte Steuern und Schutzzölle. Dresden , 26. Februar.(W. T. B.) In der Zweiten Kammer ergriff bei der heute fortgesetzten Beratung des EtatskapitelS Sachsens Vertretung im Bundesrat" der Finanzminister v. Sehdewitz in später Abendstunde das Wort und erklärte u. a.; Die Regierung muß den Gedanken ablehnen, daß sie aus Rücksicht- nähme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bundesstaaten der Wehrvorlage Schwierigkeiten gemacht hätte. Die Reichserbschaftssteuer wurde von der Regierung nicht als ein so erhebliches Hebel angesehen; denn sie ist eine indirekte Steuer und mit ihr hätten sich die Einzelstaaten abgefunden. Aber die BcrmögcnszuwachSstcuer ist eine direkte Steuer, sie bedeutet einen schweren Eingriff deS Reiches in die Finanzhoheit der Einzel- staaten. Bei den indirekten Steuern sind wir noch keineswegs an der Grenze der Möglichkeiten angelangt; es gibt noch eine Anzahl entbehrlicher Gcnußmittcl. die eine Mehrbelastung recht wohl ver- tragen könnten. In dem Maße, in dem die Einzelstaaten an direkten Steuern verlieren, verlieren auch die einzelstaatliche» Parlamente an Ein» fluh und Bedeutung. Um die günsttge Ausgestaltung der Handels- Verträge ist die Regierung ernstlich besorgt. Sie wird Gelegenheit nehmen, vor Abschluß der Handelsverträge die Interessenten im Lande zu hören. An der bewährten Schutzpolltik wird die Regierung nach wir vor festhalte». Die Entlassung der Frau Hamm . Essen, 26. Februar.(Privattelegramm des ,LZor- wärt s".) Heute nachmittag ist daS Opfer des Elberfelder Schwurgerichts, Frau Hamm , aus dem Siegburgcr Zuchthaus in ihrem Heimatsort Flandersbach eingetrosten. Die Frau ist durch die anstrengende Arbeit im Zuchthaus und infolge der großen Aufregung körperlich soweit heruntergekommen, daß sie bereits seit Ende Dezember im Lazarett lag. Tatsächlich verrät Frau Hamm , die erst 37 Jahre alt ist, und vorher nie krank gewesen war, eine solche Hinfälligkeit, daß sie kaum gehen kann. Sie klagt über allgemeinen Kräfteverfall und über Herzbeschwerden. Trotzdem an der völligen Unschuld der Frau kaum noch ein Zweifel möglich ist, brachte derElberfelder Generalanzeiger" noch am 4. Februar eine geradezu schamlose Rechtfertigung des Urteils fertig. Allgemein wird in Flandersbach mit großer Achtung von den sozialdemokra. tischen Abgeordneten gesprochen, die sich der Sache so warm an« genommen haben._ Alterspeusion und Streik der Bergarbeiter. Paris , 26. Februar.(W. T. B.) Infolge der Abstimmung in der Kammer über die Ruhegehälter der Bergleute hat der Verband der Grubenarbeiter die Sekretäre der Bergarbettershndikate für nächsten Sonntag zu einer Zusammenkunft einberufen, um über die Einstellung oder Fortsetzung des Streiks zu beschließen. Fünf Arbeiter durch eine einstürzende Mauer getötet. Konstantinopel , 26. Februar.(W. T. B.) Heute nachmittag stürzte, während zahlreiche Arbeiter im Park des Serails in Stambul mit Arbeiten beschäftigt waren, eine Mauer ein und bc» grub etwa 20 Menschen unter ihre« Trümmern. 2 Arbeiter wur- den getötet, 2 verletzt, die übrigen blieben unversehrt.