9t 65. 31 ZahrMg. 2. KeilM des Jintirts" Jitdinft JnlWUlt Sellnabtnd. 7. Mikr; l9l4. Parteiangelegenhelten. Zur Lokalliste. Folgende Lokale stehen uns zu allen Veranstaltungen zur ver- DgUNg! Im lV. Kreise das Lokal.Restaurant Bllrgerhallen'(Inhaber Bruno Schneider), Landsberger Str. 108. In Wernsdorf(T.-B.) das Lokal.Wernsdorfer Seebrück«�, Schmöckwitzer Werder(Jnh. Otto Hempsch). I« Müggelheim das Lokal.Krampen-Mühl«�, an der großen Krampens: raße(Jnh. Paul Klein). In Erkner fki.-Z.) das Lokal.Viktoriabad' am DSmmeritzfee Llnh. Fr. Findler). In Stralau das Lokal.Viktoriagarten' lJnh. Gteinicke). In Oranienburg fki.-k.) das Lokal.WaldhauS Sandhaufen" (Saal), Schützenstr. 34<Jnh. E. Petzoldt). In Glienicke bei Hermsdorf hat das Lokal.Zum Kronprinzen", Wilhelmstraße, den Besitzer gewechselt. Der jetzige Inhaber heißt Joh. Ruft und stellt uns lein Lokal nach wie vor zur Verfügung. Berichtigung. In Oranienburg ist das Lokal.Sanssouci ' (Jnh. Görlitz), Bernauer Str. 47, verzeichnet. Der Inhaber heißt Mchl Görlitz, sondern Garlipp. Di« Lokalkommisston. Britz . Am Gonntagvormittag 9 Uhr, von den bekannten Stellen aus. wichtige Handzettelverbreitung. Reuenhagen a. d. Ostbahn. Am Sonntag, den 8. März,»ach- mittags 4'/z Uhr, im Lokal von Hätscher. Neuenhagen , Dorfstr. 12: Oeffentlichc Gemeindewählerversammlung.— Die Gemeindevertreterwahlen finden am Freitag, den 13. März, mittags 12 Uhr. statt. Tegel . Heute abend 7 Uhr Flugblattverbreitung von den be« kannten Stellen aus. Morgen Sonntag treffen sich die Frauen Vj2 Uhr am Brunow - platz i von dort gehen sie geschlossen zum Versammlungslokal. KarlShorst . Abmarsch zum gemeinsamen Beiuch der Frauen- Versammlung im Restaurant Wilhelminenhof in Ober-Schöneweide pünktlich 1 Uhr vom.Fürstenhaus', TreSkow-Allee SS. RiederfchSuhanfeu und West. Sonntag, den 8. März, früh 8 Uhr: Handzeitelverbreitung. Die Genoffen treffen fich um%11 Uhr im Schlepplokal Retlig. Blankenburger Str. 44. Die Genossinnen von Riederschönhauien und Nordend beteiligen sich an der Frauenversammlung in Pankow bei Roczycki, Kreuz- ftraße 3/4. Treffpunkt um 12 Uhr am Straßenbahnhof Nordend. Pankow . Morgen, Sonntag, morgen? 8 Uhr: Kuvert- Verbreitung von den Zahlabendlokalen aus. NowaweS. Mittwoch, den 11. März, abends pünktlich 8'/, Uhr, im Lokale von Hermann Wolfgramm. Wilhelmstr. 41 43: Mitglieder- Versammlung des Wahlvereins. Tagesordnung: 1. Geschäsllichcs. 2. Bericht des Borstandes und der Fanklionäre. 8. Wahl des Vor- stände« und der Funktionäre. 4. Stellungnahme zur Maifeier. ö. Verschiedenes.— Mitgliedsbuch legitimiert. Buchholz. Am Sonnlag, den 8.. vormittags 9'/, Uhr, von Kähne aus Kuvertsverbreitung für die Wähler in beiden Bezirken. Um 12l/j Uhr Abfahrt zur Frauenversammlung nach Pankow . IchZnwalde- Schönerlinde Sonntag, den 8. März, nachmittag» 4 Uhr, bei Schulz in Schönwalbe: Oeffentliche Wähierversammlung. Tagesordnung: 1..Die Gemeindevertretung im beuligen Klaffen» staate'. Referent: Emil Klo lh- Neukölln. 2. Diskussion.— Im Anschluß hieran ist eine Besprechung sämllicher Wähler der III. Klaffe vo» Schönerlinde bei Schieske. Johannisthal . Zum Besuche der Versammlung in Nieder- Ecköneweide ireffen fich die Genossinnen und Genoffen am Sonntag, t Uhr bei Krüger, Friedrichstr. 10. Spandau . Sonntag, den 8. März, nachmittags ifi/, Uhr, bei Köpinck, Pichelsdorf«! Straße 39: Groß« Frauenverlammluiig. Tagesordnung:.Heraus mit dem Recht der Frau!' Referent Arbeiteriekrelär W siering-Berlin . Morgen. Sonnrag früh 7>/, Uhr, treffen fich sämtliche Genossen m ihren Bezirkslolalen zur Teilnahme an den AgttalionSardeiten der Roten Woche.__ öerliner Nachrichten. Christliche Sarmherzigkeit. »Habt acht auf eure Almosen, daß ihr die nicht gebet vor den Leuten, daß ihr von ihnen gesehen werdet.... Wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut!" So heißt es in der Bergpredigt(Matthäi 6, 1 und 3). Die stets nur aus den äußeren Schein bedachten Kinder dieser Welt, die da- Gute nicht um des Guten, sondern nur um ihrer eigenen Person willen tun, werden gemahnt, ihre Barmherzig- keit in einer„Gott wohlgefälligen Weise" zu üben. Unsere„Stützen von Thron und Altar" haben hierüber eine ganz andere Auffassung. Das geht aus einem mehrere Spalten langen Bericht hervor, den Alfred Holzbock, der be> kannte Berliner Chronist höfischer Festlichkeiten, in der letzten Zhimmer der Montagszeitung des„Berliner Lokalanzeigers" Veröffentlicht hat. Mit pedantischer Genauigkeit sowohl wie mit echt kindlicher Naivität und Freude an all dem vergäng- lichen Flitter und Glanz, der bei solchen Gelegenheiten in illustren Kreisen aufgeboten zu werden pflegt, schildert er da eine Wohltätigkeitsvorstellung„unserer" Hofgesellschaft, die > sich am Sonntag, den 1. März, auf der Bühne und im Zu- schau erraum des königlichen Schauspielhauses„in glänzender i Weise vereint" hatte. „Soireetoiletten nach der jüngsten Mode, in hellen Far- ben, leuchtende Diademe, kostbare Perlenkolliers, mit Edel- gestein gezierte Reiher, auch die Herren im Festgewand, ver- einzelte militärische Uniformen, eine abgetönte Konversation, nickst jenes Premiercnstimmengewirr, Vornehmheit und Reich- tum überall. Eine Galavorstellung in Zivil!" Selbswerständ- lich hatte dieses eigenartige„Gesellschaftsbild", das sowohl „unsere" Staatsmänner wie die Vertreter der fremden Staa- ten in bürgerlichem Frack boten,„einen reizvollen höfischen Rahmen". Wie genügsam und bescheiden die Augehörigen„unserer" Hofgesellschaft sein können, wenn es sich darum handell, mit dem Platze vorlieb zu nehmen, der einem durch die„Rangliste" angewiesen wird und solchen Persönlickckeiten den Vortritt zu lassen, deren Namen und Rang der Gothaer verzeichnet, er- siebt man daraus, daß die Damen und Herren unserer Bot- schaften und Gesandtschaften sich mi dem Parkett„begnügten" und sogar der Reichskanzler Herr von Bethmann Hollweg und seine Gemahlin damit zufrieden waren, daß ihnen ihre Loge „im rückwärtigen Teil des ersten Ranges" angewiesen worden war. Seine„glänzendste Illustration" erhielt das„Höfische", alt„unser" Generalintendant Graf von Hülsen-Haeseler„mit taq Kammerherrnstab aufklopfte, alles sich erhob und die Kaiserin, die Protektorin dieser eigenarttgen Vorstellung, durch Verbeugen huldigend begrüßte". Daß die Kaiserin bei dieser Gelegenheit„eine lila Seidenrobe mit Spitzenbehang" angelegt hatte und ihr Haupt durch ein„wundervolles Brillantdia- dem" geschmückt wurde: diese Tatsache mag manchem, dessen In- dolenz ein höheres Interesse für solche Aeußerlichkeiten nicht aufkommen läßt, unwichtig erscheinen: es ist aber nicht zu leugnen, daß dadurch die weihevolle Stimmung des aus- erlesenen Publikums nicht unwesentlich beeinflußt wurde. Aber leider nur„allzu kurz konnte das sich mit höchstem gesellschaftlichen Prunk entfaltende Schauspiel im Zuschauer- räum bewundert werden". Die Festouverture ertönt; und nachdem sie verklungen, mahnt ein vom Generalintendan- ten verfaßter Prolog„mit von wahrhafter Menschenliebe durch- wehten Worten" daran,„wie das Nahen des milden Früh- lings, das Erwachen der Natur auch in den Menschen die Liebe zur leidenden Menschheit erweckt". Es ist uns zwar neu, zu hören, daß die christliche Nächstenliebe an die Jahreszeit gebunden ist und sich als ein Frühlingstrieb äußert: daran ist aber wohl kaum zu zweifeln, daß der Herr Generalinten- dant in den Kreisen der Hosgesellschaft genügende Erfahrungen gesammelt hat, und daher mögen seine Worte mindestens für diese Geltung haben. Es gelangten„zwei harmlos liebenswürdige Lustspiele" zur Aufführung durch„nur aristokratische Schauspieler und Schauspielerinnen", und da nirgendwo soviel Komödie gespielt wird als in der näheren Umgebung des ThronS, so war zu erwarten, daß dieses Ensemble„wirklich ein ausgeglichenes Zusammenspiel" bot.„das in seiner Sicherheit und seinem Tempo nicht den Eindruck aufkommen ließ, daß sich hier Dilettanten zum lustigen Spiel vereinigt hätten". In der danach eingettetenen großen Pause herrschen die „Wohltätigkeitsfeen" im Foyer, in dem man sich„zu den Büfetten drängt, um für Gold, hin und wieder auch für Silber... ein Glas Sekt, ein GlaS Limonade oder eine Tasse Tee kredenzt zu erhalten. Und gar manche kostbare Toilette wurde hier in dem Gedränge von Wohltätigen, die aus den Händen von Prinzessinnen und Gräfinnen Speise und Trank empfangen wollten, geopfert". Nach Ist Uhr begann der„Clou" der Aufführungen: eine Pantomime in drei Bildern, die aus einzelnen Teilen der Märchenoper„Dornröschen" von Engelbert Humperdinck zu- sammengesetzt war.„Da waren die Gäste am Hose des Märchenkönigs echte Prinzessinnen und Prinzen, Fürsten und Komtessen und Baronessen. Nicht weniger als dreizehn Prinzen und Prinzessinnen von heute zogen zum Märchenkönigshof in reichen, malerischen Gewändern, und über ein halbes Hundert von Fürsten und Grafen, von Komtessen und Baronessen schritt in Pracht und Prunk gleich Gestalten auS einem modernen Märchen". Wir haben es herrlich weit gebracht! Man sieht, welche erhebenden Resultate fast zwei Jahrtausende christlicher Wirk- samkeit gezeitigt hoben, zumal in den Kreisen derer, die sich gewöhnlich selbst als die berufenen Hüter der christlichen Re- ligion betrachten. ES ist schwer zu sagen, für welchen von beiden Teilen es beschämender ist. für die„Wohltätigen" oder die durch diese Art christlicher Barmherzigkeit„Beglückten", wenn erst solch ein großer Aufwand an allen möglichen Mitteln vertan werden muß, um jenen,„die im Glücke wandeln", einige Goldstücke oder Silbsrlinge aus der Tasche zu locken für die armen Notleidenden, die Opfer des heuttgen kapp talistischcn Ausbeutungssystems. Lebte Cbrishis heute auf Erden, so möchte er wohl wenig Freude an dem Tun und Treiben seiner Getreuen haben und würde vielleicht gar ver suchen, ihnen von neuem die Worte ins Gedächtnis zu rufen, die Mattbäi 6, 2 verzeichnet sind:„Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht lasten vor dir vosaunen. wie die.Heuchler tun in den Schulen und auf den Gasten, auf daß sie von den Leuten gepriesen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin."_ Bei ben Lungenkranken des Friedrichshatn« Krankenhauses. Aus Krankenhäuiern der Sladt Berlin babe» wir einige Male zu melden gehabt, baß kranke Kinder zur Nachtzeit infolge Unzulänglich keit der Bcauifichttgung unbemerkl aus den Betten gestiegen und ins Freie hinausgelaufen waren. Unsere Schilderung eines deraitigen Vorkommnisses uu« dem FriedttchShain-Krankenhaus hatte damals die erfreuliche Wirkung, daß zum Zweck einer Vermehrung der Nacht wachen ein paar Pflegeschwestern mehr eingestellt wurden. Daß aber in dieser Hinsicht noch lange nichl jedem Mangel abgeholfen ist. zeigen uns Beschwerden, die jetzt wieder auS dem Friedrichshain - Krankenhaus an uns gelangen. Diesmal handelt e» fich um einen Pavillon, in dem lungen- kranke Männer liegen. Unter ihnen ist so mancher, der sich im letzten Stadium seiner Krankbett befindet und nichts mehr zu hoffen hat. Die Jnsaffen de« Pavillons wissen das selber am besten: sie müssen eS ja mit ansehen, wie einer nach dem andern die Augen tür immer schließt. Manchmal spielt dieser letzte Akt sich so ab. daß die Leidensgefährten, denen die Rolle der Zuschauer auf- genötigt wird, in große Erregung geraten. Zur Nachtzeit klettert «in Kranker auS dem Bett, streift mit zitternden Händen die Holen über die Beine und wankt durch den Saal nach dem Klosett Wo ist der Wörter, der ihm beispringen und ihn stützen könnt«? voi der Tür de« Klosetts bricht hilslo« der Kranke zu- sammen! Andere Kranke steigen auS ihren Betten, um den Hin- gesunkenen aufzuheben und ihn in sein Bett zurückzuschleppen. Wo bleibt nur der Wärter, der ihnen helfen soll! Wahrscheinlich weilt er wieder mal im unteren Stockwerk, da« er ja mit zu versorgen Hot. Man ruft nach ihm, man versucht, die Klingel in Bewegung zu setzen, aber sie scheint zu versagen. Endlich kommt er mit der Pflegeschwester herbeigeeilt und gre,st zu. Behutsam wird der Kranke auf seinem Lager gebettet— auf seinem Sterbe- lager I Eine halbe Stunde später hat er ausgelitten. In einer der nächsten Nächte wiederholt sich dieses Trauerspiel. Wieder ver- läßt ein Kranker sein Bett, weil er das Klosett aufsuchen will. Wieder ist kein Wärter da. als der Kranke im bloßen Hemd noch vor seinem Bett zusammenbricht. Andere Patienten rufen aufgeregt nach dem Wärter, einer steigt au« dem Bett, läuft bi« zur Treppe und schlägt Lärm. Jetzt kommt der Wärter, kommt auch die Schwester, und der Krank « wird in sein Bett gelegt. Ein paar Stunden noch liegt er— dann hat auch ihn der Tod erlöst. Uns haben andere Kranke, die diese Szenen mitansehen mußten, sie mit dem Ausdruck starker Entrüstung geschildert. Sie fragen, o b den» nicht ständig ein Wärter in ihrem Saal zugegen sein kann. Ja, wenn nur nicht in den Krankenhäusern der Stadt so sehr mit dem Personal gespart würde I Zwei Stockwerke eines Pavillons sollei zur Nachtzeit von einer Pflegeschwester und einem Wärter versorg werden. Wenn beide in dem einen Stockwerk gemeinsam einen. Kranken beizustehen haben, ist der Saal des anderen Stockwerks von jeder Hilfe entblößt. Und diese Personalknauserei hält man für zu- lässig gegenüber Schwerkranken I Sollen wir uns da über Borfälle, wie die hier geschilderten, wundern? ES tut not, daß diesen Zu- ständen ein Ende gemacht wird. Der Tparkafsendirektor. Der Magistrat hat die Schaffung der Stelle etneS Sparkassendirektors beschlossen, die schon bald durch einen Spar- kassenfachmann besetzt werden soll. Slufstachelung znr Begehrlkchkett. Niedrige Löhne sind das Ideal unserer Agrarier. Deshalb hol« sie schon ausländische Arbeiter ins Land— diese Prozentpatrioten— um billiger« Arbeitskräfte als die heimischen zu erhalten. Sie ärgern sich auch, wenn sie hören, daß irgendwer sich über niedrige Löhne enttüstet. Von diesem GesichlSpuntt aus ist eine Zuschrift dikttert, die in der.Deutschen Tageszeitung' Aufnahme gefunden hat. Di«' selbe lautet: .AlS ich gestern mit mehreren anderen Fahrgäfl« ans d« Hin« teren Plattform eines Straßenbahnwagens stand, sprang während der Fahrt einer jener fixen Jungen auf, welche für eine Gesellschas' Zeitungen in den Wagen fellbieten. Nach vollbrachter Arbeit bliek der Junge noch einige Minuten auf der Plattform stehen, und diese Gelegenheit benutzte ein neben mir stehender Fahrgast, an- scheinend ein.Genosse", den Zeitungsverkäufer wie tölgt aus- zuftagen: ,WaS kriegste denn die Woche?' Antwort»„Acht Mark.'— Ach Herrjeh, bloß acht Mark.'—.Ja. außerdem noch Prozente.'—.Na, was macht denn det die ganze Woche?'— „Dreizehn Mark.'—.Un wie lange haste denn Dienst?'—.Von früh 6 bis abends 7."—.Na, ich danke, den ganzen Tag s» vor eenen Wagen uff'n andern springen— wer bezahlt denn die Kltt dage?'—.Die krieg' ich ooch jeliefert."—.Na.'s ist doch immer hin'n elendes Lohn.'... Der Junge blieb in seiner Verlegen heit die Antwort schuldig. Ich wußte nicht, ob der.Genosse' rechi hatte, d. h. ob 13 Mark per Woche für einen 14— 1b jährige'. Menschen zu wenig, die Arbeit zu viel ist; mich ärgert« ober die Art und Weise dicieS Vorgehens, und so klopfte ich, im Begriffe abzusteigen, dem Jungen auf die Schulter und sagte:.Ja. siehst du. es wäre besser, wenn du den ganzen Tag ipazieren gingest und dir abends deinen Lohn von dem Herrn dort abholtest.' Der Schaffner lächle verständnisvoll, und die Fahrgäste machten lange Gesichter: vielleicht hat mir der.Genosse' hinterher noch eine Standpauke gehalten— in absentia... Da« ist so die echte sozialdemokratische Jugenderziehung, überall fich«imnisch« und Unzuftiedenheit erwecken, ohne etwas Besseres bieten zu können. Und da« ist kein einzeln dastehender Fall. Man kann getrost sogen— und ich spreche aus Erfahrung— wenn ein Arveiter, ein Dienstbote plötzlich Unzuftiedenheit und Unlust zeigt, so ist das in der Regel auf die Einwirkung solcher sozialdemokratischer Nörgler zurückzuführen.' Soweit die Zuschrift. Ob der Inhalt derselben den Tatsachen entspricht, ist sehr ftaglich. Und woher der Schreiber der Zuschrift seine Weisheit hat, daß der Fragesteller ein Sozialdemokrat ist, ist sicher sein Geheimnis. Wenn aber wirklich da« Gespräch so, wie be- richtet, stallgeiunden hat, so ist doch dagegen kaum etwas ein- zuwenden, daß die Arbeitszeit und der hierfür gezahlte Lohn auch nicht im geringsten un Einklang stehen. Deswegen von.Sozialdemo- kratischer Jugenderziehung' zu saieln, wie das der Schiciber der Notiz in der Ueberschrifl tut oder von.sozialdemokratischen Nörglern" zu phantasieren, kann nur jemand, der wünscht, daß die Arbeiter für ein Butterbrot arbeiten sollen. Das Urteil gegen den Garde-Unteroffizier. Im Prozeß grgen den Unteroffizier Aust vom Königin-Augusta- Gardegrenadierregiment, der angeklagt war, seine Geliebt« im Grünauer Forst erschossen zu haben, wurde vorgestern in der sieben- ten Abendstunde das Urteil durch den Verhandlungsleiter, Kriegs, gerichtSrat Dr. Bernhold, verkündet. ES lautete: Ter Angeklagte wird wegen Tötung auf ausdrückliche« und ernstliches Verlangen und wegen unerlaubter Entfernung zu drei Jahren sechs Monaten und einem Tag Ge» s ä n g n i s verurteilt. Ferner hat das Gericht auf Degradation erkannt. In der Urteilsbegründung hob der Verhandlungsleiter hervor, daß das Gericht auf Grund der Beweisaufnahme seinen Indizien- beweis für lückenlos und den Angeklagten für schuldig erachtet habe, seine Geliebte getötet zu haben. Daß beide, der Angeklagte und das Mädchen, den Entschluß gefaßt hatten, gemeinsam aus dem Leben zu scheiden, davon ist da« Gericht überzeugt. DaS ganze Verhalten des Angeklagten zeugt von Schuldbeivußtseru. In die Enge getrieben wegen seiner Unwahrheiten, hat er immer wieder ander« Schilderungen des Dramas gegeben. DaS Gericht ist der Ueberzeugung, daß jene Stelle, an der die Leiche gelegen hat und gesunden wurde, nicht der Tatort ist. Wo der Tatort ist, läßt fich nicht feststellen. Jedenfalls hat der Angeklagte die Leiche nach dem Fundort geschleppt. Nach dem Gutachten der Sachverständigen ist eS unwahrscheinlich, ja undenkbar, daß sich daS Mädchen mit dem schwer abzudrückenden Revolver sell-st erschossen hat. DaS Gericht ist nach alledem zu der Ueberzeugung gelangt, daß der Angeklagte der Täter ist. Die durch daS rätselhafte Verschwinden der Wirtschafterin tSertrud(Salle veranlaßte Untersuchung ist jetzt in ein neues Stadium getreten. Der unter der Beschuldigung de« Raubmordes an der Galle in Haft de- findliche Monteur Hermann Henk ist vor einigen Tagen von dem UnteriucvungSrichler in Frankfurt a. O.. der zu diesem Zwecke extra nach Berlin gekommen war, vernommen worden. Henk ist dem Ver« nehmen nach dabei mit neuen.Enlhüllungen' hervorgetreten. Der angebliche Filzschuhreisende D ar g e soll nach Angabe de« H. der schon mir Zuchthaus vordestrafle russisch« Taschendieb und inter » nationale Mädchenbändlcr Rückeisen sein, mit dem er, Henk, in dem Zuckthause Sonnenburg bekannt geworden sein will, als er dort eine neunjährige Zuchthausstrafe verbüßte. Rückeisen alias Darge soll die Gertrud Galle, die er als ein besonders heiratSlnstiges und leicht zu beeinflussende« Mädchen schildert, unter Vorspiegelung de« HeiratSver- spreche»? in ein öffentliches Hau» in Rußland verschleppt haben. Di« von dem Verteidiger des H. nach dieser Richtung hin angestellten Re- cherchen solle bereits auf eine bestimmten Spur gesühtt haben.— Die von dem Polizei- bezw. RegirnmgsprSsidenten auf die Auf- findung der Leiche ausgesetzte Belohnung von 2000 M. hat übrigens eine eigenartige Wirkung. Jeden Sonntag wandern Hunderte von Personen nach dem vermuteten Tatort, der durch daS Geheimnis des unausklärbar scheinenden Kapitalverbrechens berühmt ge- wordenen Chaussee zwischen Fürstenwalde und TrebuS, um dort die Leiche zu suche». Im Lause der Vor- Untersuchung haben fich übrige»» erhebliche Zweifel an
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