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ftM. 31. ZahMvß. 3. Ktilage des Jowätto" ßnlintt Dolteblolt. Srnntog, 8. Um 1911. «Quittung. Im Monat Februar gingen bei dem Unterzeichneten folgende Parteibeiträge em: 1. Hennig-Argentinien 8,; S. Peka, Haefeler IIa, S.llS; Z. MeSkc-Schlachtenfee 20,; 8. Bez. Oberrhein f. Binnenschiffer 180,70; 6. Dresden -Land HL Ou. 4800,; A. L. Falkenberg O.-S. 3,; Bez. Halle I., H. u. Hl. Ou. l Delitzsch -Bitterfeld II. Ou. 897,10, Hl. Ou. 640,28, Mansfelder Kreise H. Ou. 120,91' Halle u. Saalkreis H Ou. 1489,40; Mcrseburg-Ouerfurt I. u. H. Ou. 790,58) Sa. 3608,36: 10. Bez. Zwickau Hl. Ou.(Zwickau 1223,79, Reichenbach 692.64, Plauen 1073,43) Sa. 2989,86; 11. Bez. Niederrhein Hl. Qu.(Lennep- Mettmann 698,98, Elberfeld -Barmen 1280,; Solingen 891,83; Düsfeldorf 1569,40; Essen 945,61; Duisburg 980,76; Mörs -Rees 218,30; Cleve-Geldern 19,72; Kempen 62,88; M.-Gladbach 132,08; Crefeld 334,83; Neutz- Grevenbroich 134,04; Hägen-Schwelm 871,96; Altena -Iserlohn 281,89) Sa. 8131,94; Bez. Dresden a konto HI. Qu.(Löbau 476,64, Dresden «N. 1000,) Sa. 1476,64; Bez. Württemberg L, H. und HI. Ou.(Cannstatt HL Qu. 1346,54; Aalen -Ellwangen HI. Ou. 48,58; Calw H. Ou. 176,27; Reutlingen H. Ou. 220,67; Böb­lingen H. Qu. 329,19; Heilbronn L Ou. 544,82; Stuttgart IH. Ou. 2173,87; Ehlingen Hl. Ou. 819,24) Sa. 5658,88; Bez. Posen HI. Ou. (Äolmar- Filehne 28,37; Wirsitz -Schubin 7,59; Bromberg 37,82; Hohensalza 4.14; Posen 17,68;«amter>-Obornik 8,44; Meseritz - Bomst 2,66; Rawitsch -Gostyn 4,02; Adelnau-Schildberg 3,36, Kroto- schin 0,72; Gnesen 0,90) Sa. 118,40; Bez. Breslau IH Ou.(Breslau Ost- und West 1691,76, Breslau -Land 468,20, Liegnitz - Goldberg 408,80, Glogau 39,34, Guhrau-Steinall 15.78, OclS»Gr. Wartenberg 19,17; Milirsch-Trebnitz 48,86; Brieg - RamSlau 84.84; Ohlau - Nimptsch 81,84, Reustadt O,-S. 32,46, Falkenberg- Grottkau 3,24, Reitze H Ou. 20,; IH. Qu. 15,15) Sa. 2929,44, Köln Reg. W, 20,; IS. Saarbrücken HI. Qu. 100,75, Dr. P. A. Chemnitz 10,. 13. Zittau HL Ou. 430,; 14. Bez. Oldenburg HL Ou. (Oldenburg - Stadt 294,72, Varel 978,26, Delmenhorst 208,80, Leer » Emden 153,08, Aurich « Wittmund 80,43) Sa. 1712,26; Bez. Westpreuhen HI. Ou.(Elbing- Marienburg 111,92, Danzig -Land 116,81, Danzig -Stadt 278,40, Reustadt-Karlhaus 0,84, Berent-Stargard 4,60, Stuhm-Marienwerder 8,32, Rosenberg-Löbau 1.02, Graudenz -StraSburg 35,19, Thorn-Culm 16,50, Schwetz 2,, Schlochau-Flatow 12,28, Deutfch-Kronc 11,04) Sa. 898,92. 10. Groß- Berlin a konto 10 000,(darunter: Alexander F. 6,, von d. Arb. d. Firma Argus 23,, Rutz d. Fug 10,, E. B. d. Futz 10, Weber d. Adermann 2,, Volkmann 3,, Bleisteg d. Jckert 1., A. B. Mister 1,, Höppner Januar 2,, Ausgeloster Verein 3,50. Neubau Linden str. 2, Köppcke 40,. Hölandt 4,. 2. Kreis, 212. Bez. d, Marth 8,. Gutenberg 26,40. Tellers, am 3. März bei Obiglo 89,41. 17. Bez. Hessen IH Qu.(Friedberg- Büdingen a konto 100,; Alsfeld -Lauterbach 30,, Darmstadt 491,34, Offenbach 900,, Erbach 148,02, Worms 117,, Bingen -Alzey 18., Mainz 375,) Sa. 2176,36, Bez. Pfalz IH. Ou.(Speyer -Ludwigshafen 1003,06, Landau 286,98, GermerSheim 54,72, Pirmasens 200,66, Kusel - Homburg 84,86, Kaiserslautern 111,62) Sa. 1771,60; Nürnberg , Rotes Schloß 100,; 18. Pirna 8. sächs. Kr. IH. Ou. 1181.26; Bez. Oberlangenbielau Hl. Ou.(Waldenburg 430,08, Hirschberg 166,, Frankenstein-Münsierberg 5,16, Landeshut -Jauer 170,80, Glatz-Habelschwerdt 18,20, Striegau -Schweidnitz 413,52, Reichen­bach 322,84) Sa. 1523,60; 19. Bez. Nordwest HL Ou.(Heme­lingen 384,, Harburg 1509,86, Vegesack 617,62, Bremerhaven 1174,40) Sa. 3685,88; P. L. Bern 50,; 21. Bez. Chemnitz HI. Ou. (Zschopau 469,16, Annaberg 450,96, Döbeln a lonto 1000,, Stoll­ berg a lonto 360,) Sa. 2280,13; Bez. Baden a lonto I. bis HL Ou. 10 000,; 24. Berlin -MacheteS 10,; Bez. Erfurt IH. Ou.(Ersurt-Schleusingcn 810,42, hlhausen-Langensalza 288,71, Rordhausen H. Ou. 263,27; HL Ou. 262,16, Heiligenstc 6,30) Sa. 1630,86; Bez. Görlitz IH. Ou.(Grünberg-Freistadt 128,37, Sagan-Sprottau 141,94, Bunzlau -Lüben 184,65, Löwenberg 30.06, Görlitz -Lauban 534,96, Rothenburg -Hoyerswerda 209,46) Sa. 1229,44, 25. Bez. Elsaß-Lothringen L, H, III. Ou.< Saarburg -Salzburg IH. Ou. 1912/13 u. I.. H. HI. 1918/14 11,37, Hagenau-Weißenburg L, H, HL Ou. 78,69, Rapp oltsweiler- Markirch H u. Hl. Qu. 114,57, Saargemünd - Forbach HI. Ou. 58,35, Diedenhofen > Bolchen 6,56, Mülhausen i. E. 276,76, Colmar 57,83, Erstein- Mölsheim 29,67, Altkirch - Thann 20,98, Schlettstodt 43., Metz 94,50, Gebweiler 22,14, Straßburg - Stadt H. Ou. 144,69) Sa. 964,11. 26. Bez. Frankfurt a. M. HI. Ou(Höchst-Usingcn 930,96, St. Goarshausen Montabaur 48,, Limburg -Diez 41,, Dillkreis 30,90, Frankfurt a. M. 2282,50, Hanau -Gelnhausen 1681,52, Fulda -Schlüchtern 13,, Wetzlar Altenkirchen 99,80, Marburg « Kirchhain 17,70, Siegen« Wittgew stein 33,40) Sa. 5183,78; Mitgl. d. U.-Dr. 1.40. 27. Dr. L. A. 100,; Bez. Kassel IH. Ou(Kassel - Melsungen 932.68, Eschwege Schmalkalden 196,10, Fritzlar-Homberg 34.94) Sa. 1163,72; Dresden , 4. sächs. Kreis IH. Ou. 1400,. 28. Bez. Brandenburg HI Ou (Westpriegnitz 201,60, Ostpriegnitz 12,60, Prenzlau -Angermündc 70,20, Oberbarnim' 109,86, Osthavelland 457,88, Westhavelland 785,48, Zauch-Belzig 467,60, ArnSwalde -Friedeberg 40,42, Königsberg N.-M. 30,; Frankfurt -LebuS 812,63, Ost- und West-Sternberg 16,20. Züllichau -Krosien 128,10, Sorau -Forst 535, W, Kottbus-Spremberg 486,47, Kalau -Luckau 468,50) Sa. 4123,24, Bez. Brandenburg f. Binnen schiffer 34,, Berlin H. H. 50,. Berlin , den 7. März 1914. Für den Parteivorstand: Otto Braun , Lindenstr. 3. Zu der Quittung für Januar ist nachzutragen zu den Berliner Beitragen unterm 17..Rutz durch Fuß" 10.. Reichstag . 230. Sitzung. Sonnabend, den 7. März 1S14, vormittags 11 Uhr. Am Tische deS Bundesrats: Dr. S o I s. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung ües Etats ües Reichskolonialamts. Abg. Dittmaun(Soz.): Es wird immer klarer, daß alle hochgespannten Erwartungen und Hoffnungen über unsere Kolonien sich als eitel Lügen er- weisen. Darüber können auch die Diamanten aus Südwestafrika nicht hinwegtäuschen. Gewiß leugnen wir nicht, daß seit der Aera Dernburg manches besser geworden ist, und wir rechnen es uns sogar als Verdienst an, dazu beigetragen zu haben. Aber alle Re- formen können das Grundübel der heutigen Kolonialpolitik nicht be- fettigen, die kapitalistische Ausbeutung.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Auch in bürgerlichen Kreisen merkt man heute schon, daß die Kolonialpolitik einem Abgrund zutreibt, daß sie darangeht, die Henne zu schlachten, die die goldenen Eier legt. DaS Aussterben der Eingeborenen in den Kolonien zeigt den Bankrott der Kolonialpolitik.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Beruht doch alle Hoffnung, die Kolonien zu wirtschaftlicher Eni- Wickelung zu bringen, auf der Voraussetzung, daß die Produkiivkrast der Eingeborenen gehoben wird. Es find aber Kräfte am Werh die diese Erkenntnis verhindern wollen. Immer wieder wird der Schwindel verbreitet, unsere Kolomen seien Siedelungskolonien für Weiße und geeignet, unseren Bevölkerungsüberschuß aufzunehmen; es wachse dort eine zweite deutsche Heimat heran, die uns Rohprodukte liefert. Systematisch wird die öffentliche Meinung mit diesem Schwindel irre g e- führt, die leitenden Kreise unserer Kolonialpolitik haben sich un- ausgesetzt dagegen zu wehren, und erliegen zuweilen. So hat auch Dr. S o l f bei seinem Ausenthalt in Afrika davon geredet, daß dort ein zweites Deutschland erstehe, und auch in der Budgetkommission hat er jüngst einen Anfall dieses alldeutschen Fiebers gehabt. (Präsident K a e m p f rügt diesen Ausdruck.) Selbst Südwest- asrika, daß von allen unseren Kolonien noch das günstigste Klima hat, wird niemals imstande sein, auch nur einen nennens- werten Bruchteil des deutschen Bevölkerungszuwachses aufzu- nehmen. Die anderen Kolonien, Kamerun und Ost asrika, haben ein Klima, das den Ausenthalt für die Weißen ganz u n- möglich macht. Freilich hat Herr v. L i n d e q u i st im Jahre 1908 behauptet, größere Gebiete Ostafrikas eignen sich für die Be- siedelung. Inzwischen ist aber von den beiden Gouverneuren v. Rechenberg und Herrn S ch l e e das Gegenteil ttberzeugend nachgewiesen, dieses Land hat eine Zukunft nur als Bauernland für Schwarze. Die Tatsachen geben ihnen auch Recht, denn trotz aller Propaganda ist der Zustrom dorthin ganz gering. Am 1. Januar 1918 wohnten. Männer, Frauen und Kinder zusammengerechnet, ganze 24 389 Weiße in unseren Kolonien, die einen Flächeninhalt haben, der öy�mal so groß ist wie das Deutsche Reich. (Hört! hört I bei den Sozialdemo- kraten.) Aus Deutschland sind ausgewandert 18 514 Menschen im Jahre 1912, davon gingen 13 706 nach Nordamerika , nach dem übrigen Amerika 4422, nach Australien 322, nach den übrigen europäischen Ländern 90 und nack Afrika ganze 4.(Hört! hört l bei den Sozialdemokraten.) Ob diese 4 nach unseren Kolonien gegangen sind, geht aus der Statistik nicht hervor, vielleicht sind sie nach englischen Gebieten gegangen. Uebrigeus beruht Deutschlands Machtstellung in Europa darauf, daß es ekiten gewaltigen Bevölkerungszuwachs im Lande behalten konnte. Jetzt, wo ein geringer Geburtenrückgang sich zeigt, haben unsere Weltmachischwärmcr schon gewaltige Angst be- kommen und suchen ihn durch Ouacksalbereien zu bekämpfen. Deutschland ist gar kein AnSwanderungsland, sondern ein Ein- wandernngSland; die heimische Wirtschaft nimmt unseren Geburtenüberschuß restlos auf, und zieht noch Hunderttausende aus- ländischer Arbeiter ins Land. Die innere Kolonisation spielt bei unS eine große Rolle; in Preußen will man jetzt 300 Millionen Mark aufwenden, um Landarbeiter anzusiedeln. Da kann doch über das Sinnlose einer Agitation für eine MassenauSwandcrung nach den Kolonien gar kein Zweifel bestehen. Der Traum einer solchen Massenauswandcrtmg sollte doch endlich ausgeträumt sein. Die Weißen treten in den Kolonien nicht als Arbeiter, sondern als Unternehmer oder Antreiber der Unternehmer aus. Es ist ja charakteristisch, daß Ostafrika , wo 4500 weiße Männer und Frauen vorhanden sind, 9000 schwarze Diener aufweist, also a u f jeden Weißen zwei schwarze Diener.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Weißen haben dort auch kein Jntereffe an der Emwickelling der Kolonie, sondern sie wollen nur in kurzer Zeit soviel Geld machen, um ihren Raub ruhig in der Heimat der- zehren zu können. Man weist auf die Vermehrung des Handel? mit den Kolonien hin. Er ist in den fünf Jahren von 1907 bis 1912 von 130 Mil- kionen auf 260 Millionen Mark gestiegen. Für sich betrachtet kann diese Zahl imponieren. Deutschlands Gesamthandel stieg aber in dieser Zeit von 15,6 auf 19,7 Milliarden. Teutschlands Wirtsckafts- leben hängt also von der übrigen Welt in ganz anderer Weise ab als von den Kolonien. An der Au», und Einfuhr nach Deutsch . land sind unsere Kolonien nur mit Bruchteilen von Tau- sendsteln beteiligt; unser Handel mit einigen englischen asrika- nischen Kolonien übersteigt den mit unseren eigenen Kolonien. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Daß die treibhausmäßige Plantagcnkultur in den Kolonien sehr bedenklich ist. beweist die gegenwärtige Kautschukkrise. Auf Ceylon und Euba wird ein Plantagen- kantschuk geliefert, der jede Konkurrenz aus dem Felde schlägt, weil eben dort die Bedingungen für Kautschukgewinnung günstiger sind. Das sollte für uns eine Warnung sein. Was heute mit dem Kautschuk geschieht, kann morgen mit Kaffee, Baumwolle, Kakao geschehen. Auch für diese Produkte gibt es weite Gebiete, in denen die natürlichen Produktionsbedingungen günstiger sind. Die treib- bausmäßige Plantagenkultur in unseren Kolonien macht Deutsch - londs Handel nicht etwa vom Ausland unabhängig, sondern be- schwört nur wirtschaftliche Katastrophen für die Kolonien herauf.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wür den übrigens unsere Kolonien in großem Maße Rohstoffe produ zieren, so würden diese keineswegs lediglich Deutschland zur Ver sugung stehen; dem stehen die internationalen Verträge und Ver- Kältnisse im Wege. Die Bedarfsartikel für die Neger werden auch keineswegs vorzugsweise aus Deutschland geliefert, Baumwoll- gewebe z. B. wird in unseren Kolonien au? England in stärkerem Maße eingeführt als aus Deutschland . Eine starke heimische Produktion für die primitiven Bedürfnisse der Neger würde auch gar kein Segen für unsere Arbeiter sein; eS würde das für sie geringer« Lohne und niedrigere Lebenshaltung be- deuten; unsere Arbeiter haben ein Interesse an dem Export nach hochentwickelten Ländern und an einem starken Inlands- markt. Nicht Kolonialpolitik, sondern Sozialpolitik liegt im Interesse der arbeitenden Klasse.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Für die gegenwärtige EntWickelung der Kolonien werden von der Arbeiterklasse die wah nfi n n ig sten Qpfer gebracht. Seit 1004 ist rund eine Milliarde Mark für die Kokonien und Schutz- gebiete aufgewendet worden, und die Anleihen und der ReichSzu- schütz für die Kolonien werden vornehmlich von den Arbeitern durch Zölle und Steuern aufgebracht.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Und auf den Eingeborenen lastet diese Politik furchtbar. Die Aufwendungen für hygienische Einrichtungen, für Eisenbahnbauten sind ja alles nur Vorbereitungen für die kapi­talistische Ausbeutung. Das gibt sogar die amtliche Denkschrift ganz klar zu. In der Bismarckschen Zeit mutete man dem Kapital zu, diese vprbcreitende Kulturarbeit selbst zu zahlen, und darum hielt es sich fern. UebrigenS ist auch diese vorbereitende Kultur- arbeit, der Eisenbahnbau, ein ganz profitables Geschäft für die ausführenden Gesellschaften. In die Rentabilität der neuen Tanganyka-Bahn setzt die Verwaltung selbst Zweifel; sie hat vorwiegend militärische Bedeutung. Die Zinsen für die Bahn- bauten der Kolonien belaufen sich schon auf 3 Millionen und treiben die Steuerlast der Eingeborenen in die Höhe, so daß auch die Bahnbauten wieder zur Ausbeutung der Eingeborenen beitragen. Wie ein V a m p h r sitzen die Weißen im Nacken der Eingeborenen. Mit dem Kapitalismus Hand in Hand geht die Dezimierung der Eingeborenen, auch ohne Massenmetzelei i la Hererokrieg; auch ohne diese barbarischen Maßnahmen stirbt die eingeborene Bevölkerung aus. In der Budgetkommission sagte deshalb ein bürgerlicher Abgeordneter;wenn die Dinge so weiter gehen, kann Teutschland die Verantwortung für die Kolonial- Politik nicht mehr tragen; diese Politik geht nicht nur aus auf die Proletarisierung der Eingeborenen, sondern aus die Enwölkerung, die weit schlimmer ist als unter der Herrschaft der Araber.' (Lebhaftes Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.) Herr Dr. S o l.f bestritt, daß ein Zwang zur Plantagenarbcit bestehe. Tat- sächlich herrscht er. Wrr nicht nachweisen kann, daß er 20 Tage im Monat gearbeitet hat, wird auf das Bezirksamt geschleppt und mit der Rilpfcrdpcitschc verprügelt.(Lebbastes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Darin liegt der brutalste Zwang zur Plantagenarbeit. Dabei ist diese Plantagenarbcit eine ganz mörderische; es fehlt dort an den einfachsten sanitären Ein- richtungcn. Die Wurmkrankhcit und Geschlechtskrankheiten grassic» ! ren infolgedessen unter den Schwarzen in fürchterlicher Weise. Ilm die bestehenden Vprschristen bekümmert sich kein Mensch, schuy- los sind die Neger den Mißhandlungen der Pflanzer ausgesetzt. In der Regel werden sie auch noch um den Arbeitslohn geprellt; in wie schamloser Weise das geschieht, geht aus dem amtlichen offiziellen Bericht deutlich hervor. Mit größter Schamlosigkeit lamentieren die Pflanzer über andauerndes Steigen der Löhne". Dabei sind die Löhne von 52 Ps. im Jahre 1907 aus 53 Pf. im Jahre 1912 bei der Oftafrika» Kompagnie z. B. gestiegen. Lausen die Neger fort, iverden sie wieder eingesangen, geprügelt, an die Kette gelegt. Eine schlimmere Sklaverei als jetzt unter deutscher Herrschaft hal es dort nie gegeben.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Tie sogenannte Anwerbung ist die reine Sklavenjagd. Tie Sterblichkeit der Eingeborenen infolge dieser Sklavenjagden und der Ausbeutung ihrer Arbeits- kraft ist enorm groß. Stellenweise soll sie 20 Proz. betragen, so daß in fünf Jahren alles ausgestorben ist.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Heber das Sterben ganzer Stämme hat ein Pater in der Dczembernummcr derKolonialen Rund- schau" erschreckende Mitteilungen gemacht. Er schreibt:Tie Sache ist sehr ernst, denn was will Teutschland in Ostafrika an- fangen ohne die Neger." Abscheu und Empörung muß jedes fühlende Mcnschcnhcrz erfassen' angesichts seiner Schilderung. Pro- fessor Westermann hat in einer Reihe sehr instruktiver Artikel ebenfalls aus diese Schädigungen hingewiesen und er schreibt: Sie sind eine notwendige Folge unserer bisherigen Ko- lonialpolitik, die den Hauptnachdruck auf die Europäerpslanzungcn legt und in den Eingeborenen nur Arbeitsmaterial sieht." Leider zieht er daraus nicht die einzig notwendige Konsequenz: Ver­bot neuer Plantagena n lagen. Unseren dahingehenden Antrag hat die Budgetkommission in der brüskcsten Weise abgc- lehnt.(Präsident K a e m p f rügt diesen Ausdruck.) Ohne daß der Antrag auch nur gedruckt vorlag, hat die Kommission über ihn abgestimmt und ihn abgelehnt.(Hört! hört! bei den Sozialdemv- kraien.) Eine Gesundung der Verhältnisse ist aber nur möglich durch Förderung der Eigenwirtschaft der Einge­borenen, die allein ihre Fortcxistenz und ihr allmähliches Hinein- wachsen in die europäische Kultur garantiert. Für den gesunden Menschenverstand muß unsere jetzige Kolonialpolitik sich geradezu wie ein Stück anS dem Tollhaus ausnehmen. /Präsident K a e m p f ruft den Redner zur Ordnuug.j Tie kapitalistische Ausbcutungö- und Unterdrückungsherrschaft ist die Wurzel des ganzen Uebcls, und nur die Fcrnhaltung weiterer Profitjäger kann dieser Per- nichtung der Eingeborenen Halt bieten. Der Staatssekretär mag noch so sehr bestrebt sein, den Arbeitszwang und all die sonstigen Scheußlichkeiten zu beseitigen, hier gilt das Wort: der Himmel ist hoch und der Zar ist weit. Der Staatssekretär und der Gouverneur von Ostafrika sträuben sich ja sogar dagegen, den Beschluß des Reichstages zur Ausführung zu bringen, daß die Haussklavcrci im Jahre 1920 aufgehoben sein muß. Was zur Begründung für das Bcstchenbleiben der Haussklaverei von ihnen angeführt wird, liest sich wie seinerzeit die Rechtfertigung der a in e r i k a-- nischen Südstaaten zur� AuftechterhaltunZ der Neger- sklaberei.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Das Ansehen deS Deutschen Reiches gebietet es, daß so schnell wie möglich die Haussklaverei beseitigt wird.(Ledhafte Zustimmung bei den Ho, zialdemokratem) Jetzt will man sogar daran gehen, die dicht be- wohnten Länder im Nordwesten von Ostafrika zwischen den großen Seen zu unterjochen. Dort sitzt etwa die Halste der gesamten Bevölkerung aus Afrika . Die Eingeborenen sind, wie die amtliche Denkschrift selbst hervorhebt, größtenteils sittenstreng und haben zahlreiche und gesunde Kinder Die Bcvölkc- rungsziffer steigt stark im Gegensatz zu vielen anderen Stämmen Deutsch -SüdwestafrikaS. Also hier ist den Eingeborenen eine gc- sicherte Existenz und Fortpflanzungsmöglichkeit gewährleistet. Beides ist aber ausgeschlossen, wo die kapitalistische Ausbeutung eindringt. Diese Gefahr liegt auch hier vor, sobald die geplante Eisenbahn das Land in den Strudel des Weltverkehrs hineinzieht, Der Staatssekretär meinte in der Kommission, jetzt sollten die Leute nicht zur Arbeit herangezogen werden, aber in 20 Jahren würden sie freiwillig in die Plantagenbe�irke kommen, sich zur Arbeit anbieten. Was es mit dieser Freiwilligkeit auf sich hat, wissen wir aus der gegenwärtigen Arbeiteranwerbuntz, die ja auch freiwillig sein soll, in der Tat aber zu den scheußlichsten Sklavenjagden ausartet. Lassen sich dann die Eingeborenen die Unterjochung nicht gefallen und kommt dort zu einem allge» meinen Aufstand, so wird die Hererotragödie in Südwestaftika ein Kind er spiel sein gegen das Morden, das dort anhebt, denn dort handelt eS sich nicht um 80 000, sondern um 31� Mil­lionen Schwarze. Wir sind die letzten, die sich dagegen sträuben, daß die noch nicht aufgeschlossenen Gebiete der Erde unserem Knl- turkreis angeschlossen werden. Aber wir wenden uns gegen die gewaltsame und mörderische Art der kapitalistischen Gewaltpolitik. Solange nicht das Profitinteresse aus der Kolonisation ausge­schaltet wird, lehnen wir die Verantwortung für die Kolonial- Politik ab. Wir vertreten eine friedliche KolonioJ- Politik, zu der Ansätze auch gegenwärtig vorhanden sind. So beruht z. B. das Gedeihen der britischen Kolonie Liberia zum Teil auf der größerenSelb stand ig kcit der Eingeborenen. Wir sind einverstanden damit, daß Musterpflanziingen errichtet werden, daß die Einaeborenen zur Anlage erprobter Ikulturen an» gelernt, daß ihnen die Methoden der Bodenbearbeitung und Bich- zucht nach wissenschaftlichen Grundsätzen gezeigt werden. Der Weiße soll als Lehrer und Helfer zu den Schwarzen kommen, aber der Ertrag ihrer Arbeit soll den Eingeborenen selbst zua kommen. Wir wollen ihre Bedürfnisse steigern und sie auf Grund- läge ihres materiellen Wohlergehens allmählich auch geistig zu einer höheren Kulturstufe bringen. Eine Kolonialpolitik, die diesen Grundsätzen widerspricht, lehnen wir ab. Das hindert uns nicht, für Reformen auch innerhalb der heutigen Koloninipolitik einzutreten. Deshalb stimmen wir den Resolutionen der Budget- kommission zu. Im übrigen werden wir immer darauf dringen, daß der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung in den Ko- lonien ein Ziel gesetzt wird im Namen der Kultur und Mensch- lichketL(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Erzberger(Z.): Meine Freunde stehen der Kolonialpolitik wesentlich anders gegenüber als der Borredner. Die positiven Vorschläge, die er zum Schluß kurz machte, würden in der Praxis sehr bald zum Scheitern fuhren. Wir unterstützen eine christliche, natio» nale, soziale Kolonialpolitik. Die Eingeborenen. Politik muß aufgebaut sein auf den Grundpfeilern: ora et labora! (Bete und arbeite!) Das zeigt die tausendjährige EntWickelung aller Kolonien. Daß unsere Kolonialpolitik in diesem Sinne bc- trieben worden ist. kann ich leider nicht zugeben. Der Vorredner hatte in seiner Schilderung der Zustände leider in sehr vielem Recht. Den Standpunkt des Vorredners, daß es am besten sei, die Kolonien zu verkau fcn, können wir nicht teilen. Auf dem Gebiete der Kolonialpolitik ist der sonst so radikale Herr Vorredner noch sehr reaktionär. Wäre er in verantwortlicher Stelle in der Leitung der Kolonialpolitik, würde er sehr viel Wasser in seinen Wein gießen müssen. Er hat nur die Schatten-