sozialen find dem Ursprung nach eine Arbeiterpartei, aller- dings mit extrem nationalistischem Charakter. Gegründet wurde sie im Jahre 1897, dem Jahr der Einführung des allgemeinen Wahlrechts, von den die bürgerliche Schicht, des Tschechentums repräsentierenden Jungtschechcn als Gegen- gewicht gegen die internationale Sozialdemokratie: einen ge�- wissen Arbeitercharakter haben sie sich auch durch die Zeiten und Wandlungen bewahrt. Begehen sie doch die Maifeier kam ersten Sonntag im Mai), auch können sie auf mannig fache Gewerkschaften hinweisen. Allmählich haben sie sich allerdings zu der Partei des wütigsten Chauvinismus ent wickelt. Ihr nationaler Radikalismus kennt keine Grenze, insbesondere die schwarzgelbe nicht. Sie sind im Tschechen tum die eigentliche panslawistische Partei, unterhalten also ständige Beziehungen mit Rußland und mit den Balkanstaaten, insbesondere mit Serbien : und daß derlei Zusammenhänge nicht ausschließlich auf Kulturfragen beschränkt bleiben, ist natürlich. Ter outrierten Schwärmerei für alles Slawische und für alles, was aus Paris kommt, entspricht der krank- hafte Haß gegen alles Deutsche . Sie sind auch ausgesprochene Ailtimilitaristen, aber nicht etwa, daß sie dem Militarismus und den Krieg an sich befehden, ganz im Gegenteil, sie schwärmen für beides; das Antimilitaristische ist im Grunde nur eine Erscheinung der Abneigung gegen Oesterreich . Dieses Gemisch von Radikalismus und Nationalismus mußte natürlich auf die zur Spektakclpolitik neigenden tschechischen Wählerschaften eine ziemliche Anziehungskraft ausüben; tat- sächlich gelang es den Nationalsozialen, sowohl in der bürger- lichen Welt Wurzel zu fassen und die Jungtschechen an vielen Punkten zu verdrängen, wie auch für die Sozialdemokraten zeitweilig eine starke Bedrohung zu werden; die Wandlung und Umbildung der tschechischen Partei zum Separatismus ist nicht zum wenigsten dem Bedürfnis entsprungen, sich von den Nationalsozialen auf dem Felde der nationalen Erpansion nicht beschämen zu lassen. Im Abgeordnetenhause selbst waren die Leute die allzeit und bei jeder Gelegenheit Aufgeregten; imnier deshalb auch bereit, mit der Obstruktion zu spielen und jeden Unfug zu treiben. Ihr bekanntester Mann ist Herr Klofac, ein Säulenheiliger des Planslawismus, der aber, weil er sich in allerlei wenig anmutige Geschäfte eingelassen hat, zur Seite treten mußte. An seiner Stelle wurde eben jener Sviha zum Obmann gewählt. Dieser Herr Sviha steht nun, wie mit aller Sicherheit eickhüllt ist, im Dienste der staatlichen Polizei, ist mit einem Beamten der Prager Geheimpolizei in ununterbrochener Ver- bindung und bezieht dafür, neben Ertrabelohnungen(zum Beispiel 3099 Kronen für seine Wahl) ein fixes Monats- gehalt, das zuerst 699 Kronen betrug, später auf 890 Kronen erhöht wurde. Auch wie die Sache enthüllt wurde, ist fiir die politische Moral in diesem Jammerlande charakteristisch. Die Kenntnis davon soll der Hauptredakteur des jungtschechi- schen Blattes, das die Geschichte jetzt aufgedeckt hat, seit dem Frühjahr 1911 haben. Er ist allerdings im Herbst 1912 ge- starben, hat aber die Geschichte doch so lange gewußt, mit sich herumgetragen und ohne Zweifel auch etlichen seiner Partei- genossen mitgeteilt. Inzwischen haben aber die Jung- tschechen mit Herrn Sviha die mannigfachsten politischen Ge- schäfte gemacht— mit den Nationalsozialen bei den letzten Wahlen sogar ein förmliches Kartell geschlossen— und erst vor zwei Wochen waren sie mit Herrn Sviba in der Ausgleichs- knntrrenz beim Ministerpräsidenten! Also kooperierten sie konferierten sie mit einem Menschen, von dem sie eine Läden und Zeitungen wurde fast überall gefeiert. Eine Pro- testversammlung auf der Piazza del Popolo war von übe 80 909 Demonstranten besucht, die nachher in riesigem Zuge die Stadt durchzogen. Ein starkes Truppenaufgebot. namentlich Kavallerie, war bereitgestellt, doch kam es nur zu leichten Zwischenfällen mit wenigen Verwundungen. Für heute abend ist durch Ausrufer eine neue Volksversammlung von der Arbeiterkammer einberufen worden. Da die Be Hörden keine bindeirden Versprechungen abgaben, wurde die Fortführung des Streiks für morgen beschlossen. derart namenlose Schändlichkeit wissen! Tatsächlich ist die Enthüllung weit weniger ein Ausfluß der Moral, sondern der Rache. ES ist nämlich gerade jetzt aufgekommen, daß die Jungtschcchen aus dem Depositenfonds, dem anrüchigen, zu Bestechungen bewilligten Geheimfonds der Regierung, im Jahre 1998 40 900 Kronen genommen haben, und Vorzugs- weise, um die Angriffe, die deshalb kamen, abzuwehren, ist die Enthüllung über den Führer der Nationalsozialen erfolgt. Ein Pfuhl von Gemeinheit, in den man da hineinblickt. Die verächtlichste Rolle spielt dabei freilich die Staats- g e w a l t. Und so ist es wieder nur für die österreichische Verlottcrung charakteristisch, daß die Gemeinheit der Regie- rung, die Abgeordnete zu Spitzeln dingt, von der öffentlichen Meinung hierzulande völlig„übersehen" wird. Und die Staatsgewalt fühlt gar nicht, in welcher erbärmlichen Rolle sie da ertappt worden ist! Die Präger Geheimpolizei ist immer ein besonderer Schandfleck gewesen; sie hat jederzeit mit Lockspitzeln gearbeitet, und ihre hauptsächlichen Werk- zeuge sind noch heute Kuppler und Bordellbesitzer. Ganz selbstverständlich, daß der ungenannte Polizeibeamte, als er den Abgeordneten zu dem Schandgewerhe verlockte, nicht auf eigene Faust gehandelt hat, daß davon der Polizeipräsident Kenntnis hatte, daß der Statthalter und der Minister des Innern, denen ja die Berichte vorgelegt und fiir die sie. eigent- liche zustande gebracht wurden, gefragt und erfahren haben, von wem sie herrühren. Nun erwäge man das: es ist die Re- gierung, die durch ihre Organe den Volksvertreter zu dieser Lumperei verleitet, es ist die Regierung, die den Richter zum Polizeispion mietet! Das iibertrifft ja beinahe, was von der russischen Spitzelei an Nichtswürdigkeiten bekannt geworden ist! Wir sind überzeugt, daß in jedem anderen Staate die Aufdeckung einer solchen Affäre vor allem ein großes AuS- misten der Schuldigen in der Bureaukratie zur Folge hätte, und daß die verantwortlichen Minister die ersten wären, die es zu büßen hätten. Aber in Oesterreich ist man ja im Reiche der„Gemütlichkeit"! Als der Präsident des Abgeordneten- Hauses den Minister des Innen» fragte, ob er dem Parlament über die ungeheuerliche Sache nicht Aufschluß geben wolle, antwortete der Minister, er wisse ja noch von der Sache nicht recht, er kenne sie nur aus den Zeitungen! So ist die„Affäre" nicht bloß die Brandmarkung eines Menschen, einer Partei, sondern geradezu der Schrilfall der österreichischen Unmoral, der Gleichgültigkeit dieser öffentlichen Meinung gegen Moral und Sittlichkeit. Der Abgeordnete und Richter von der Staatsgewalt als Polizeispitzel gemietet und gezahlt: das würde wohl nicht einmal mehr auf dem Balkan möglich sein. *• Wien , 9. März.(Privattelegramm de?„Vor- wärts".) Ter tschechische Abgeordnete Dr. Sviha hat sein Mandat niedergelegt. Der Generalstreik in Rom . Rom , 3. März.(Privattelegramm des„Vor- wärt s.") Der 24stündige Generalstreik, der heute früh als Protest gegen die Mißwirtschaft in den Hospitälern begonnen hat, ist mit unvergleichlicher Großartigkeit verlaufen. Die Arbeitsruhe war eine voll- tamuaene: einschließlich der Straßenbahnen, Droschken, die privatangestellten unö Sie Rote Woche. Als Ferdinand Lassalle vor etwa fünfzig Jahren seinen glän zenden Vortrag über den besonderen Zusammenhang der gegen wältigen Geschichtsperiode mit der Idee des ArbeiterstandeS(Ar- bciterprogramM) vor Berliner Maschinenbauern hielt, da vermochte dieser geWale Redner es nicht, einen nachhaltigen Eindruck aw seine Zuhörer auszuüben. Und auch später ist es Lassalle ja noch passiert, daß er von den Berliner Arbeitern, die er aufrütteln wollte zu selbständigem politischem Sandeln, ausgepfiffen wurde. Dies war möglich, obwohl der Kapitalismus schon seinen SiegeSzug durch Deutschland angetreten hatte. In den Köpfen der Ar- beiterschaft von damals spukten noch zu sehr die Bilder aus ihrer Vergangenheit, als daß sie die neue Lage, in der sie sich befanden. richtig erkannten. Die nächsten Jahrzehnte mit ihrer tollen Wirt schaftlichen AufwärtSentwickelung. mit ihren furchtbaren Wirtschaft lichen Krisen paukten erst sehr allmählich der Arbeiterschaft das Bewußtsein vom Klassengegensatz zwischen ihnen und dem Unter- nehmertum ein, ließen sie erst nach und nach das Wesen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung erkennen. Und so wurde der Boden auch für die politische Agitation, die Ferdinand Lassalle unter der Arbeiterschaft begonnen hatte, reif. Jahrzehnte harter politischer und wirtschaftlicher Kämpfe haben die Arbeiterschaft gestählt. Heute besitzt das Proletariat Organisationen, wie sie das Bürgertum nie aufzuweisen hatte. Und doch stehen wir noch am Anfange unseres Kampfes! ES bedarf noch ungeheuerer An- strengungen, um daS Ziel all unserer Kämpfe, die Ueberwindung des Kapitalismus durch den Sozialismus, zu verwirklichen. Noch stehen Tausende und aber Tausende außerhalb der Reihen der kämpfenden Arbeiterschaft. Die R o t e W o ch e, in der wir uns be- finden, sie soll neue Scharen zu uns führen. Wenn unsere Ge nassen in dieser Woche von Tür zu Tür gehen, dann werden sie auch manchen treffen, der schon einmal zu uns gehörte, mutlos wurde und sich wieder abseits stellte. Dem Eifer unserer Werber wird cß gelingen, viele von diesen Lauen wieder aufzurütteln und viele von denen, die unsere Arbeit noch nicht berührt hat, aufzu klären und zu gewinnen. Die wirtschaftliche EntWickelung macht immer neue Bevölke rungssch-chten unserer Agitation zugänglich. Langsam ober sicher erfüllt sich das, was unsere großen Vorkämpfer, was besonders Marx und Engels schon"or mehr als einem halben Jahrhundert vorausgesagt haben. Immer größere Teile des sogenannten Mittelstandes geraten in eine wirtschaftliche Lage, die sich in nichts mehr von der Arbeiterschaft unterscheidet. Viele der durch die riefen- haften Großbetriebe in der Industrie und im Handel vernichteten kleinen selbständigen Existenzen müssen ihr Fortkommen als Hörige des Unternehmertums lachen. Sie und ihr Nachwuchs stellen in der Hauptsache das Rekrutierungsgebiet für eine neue' ArbeitI nehmergruppe, die man unter der Bezeichnung„P r i v a t a n g e- stellte" zusammenfaßt. Die Zahl dieser Privatangestellten ist in starkem Wachstum begristen. Bei ihnen können wir dieselbe Beob- achtung machen, die oben bei der Arbeiterschaft im engeren Sinne de» Wortes geschildert wurde. Ihre wirtschaftliche Lag« gegen- über dem Unternehmertum unterscheidet sich in nichts von der Lage der übrigen Arbeitnehmer zu diesem. Und dennoch waren sie bisher noch entweder politisch indifferent oder stellten sich im politischen Kampfe auf die Seite des Bürgertums. Das hat aber die politische Vertretung der Arbeiterschaft, die Sozialdemokratie, nicht davon abgehalten, auch die Interessen dieser Arbeitnehmer zu vertreten. Gibt e« hierfür bessere Beisoiele, als die Kämpfe, die sich gegenwärtig im Reichstag um einige Angestelltenforderungen abspielen? Wer waren eS denn, die am 15. und 16. Januar im Reichstag in der Frage der Sonntagsruhe die einmütige For derung der Handlungsgehilfen nach völliger Sonntagsruhe ver< treten haben? Einzig und allein die Sozialdemokraten. Wer hat die Forderung aller Angestellten auf völliges Verbot der Kon- kurrenzklausel in dem jetzt seit etwa anderthalb Jahre währenden Kampf im Reichstag bis aufs äußerste verfochten? Wiederum die Sozialdemokraten. Besonders die letzten Kämpfe um die Sonntagsruhe haben einen lebhaften Widerhall in den Kreisen der Privatange- stellten gefunden. Ihre wirtschaftlichen Organisationen, die fast ausnahmslos bisher nach Möglichkeit die immer wieder zutage tretende Erscheinung, daß die Angestellten im Parlament von den bürgerlichen Parteien verraten werden, zu bemänteln versuchten, geben diesmal in ihren Organen ihrer Enttäuschung über diese Parteien offen Ausdruck. Die Entwickelung bringt so auch den Privatangestellten unbarmherzig das richtige Verständnis für ihre Lage bei. Schon sind erfreuliche Anzeichen hierfür da. So hat die auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehende Handlungsgehilfengewerkschaft, der Zentralverband der Hand- lungsgehilsen, in den letzten Jahren eine erfreuliche Vorwärts- entwickelung durchgemacht. Auch die verschiedenen sozialpolitischen Wahlen, an denen die Privatangestellten in den letzten Jahren beteiligt waren, lassen eine starke Entwickelung nach links erkennen. Diese Dinge dürfen wir nicht unbeachtet lassen. Und wenn unsere Genossen bei ihrer Arbeit in dieser Woche auf einen Handlungsgehilfen oder Techniker, auf einen Bureau- angestellten, einen Zeichner oder einen sonstigen Privatangestellten stoßen, dann nicht Halt gemacht! Dann sollten sie einmal viw- suchen, auch hier einmal das Verständnis für unseren Kampf und unsere Ideale zu wecken. Sie werden manches willige Ohr finden! Wenn wir zum Siege gelangen wollen, dann müssen wir auch diese Arbcitsbrüder für uns gewinnen. Das wird erst allmählich gelingen, aber steter Tropfen höhlt den Stein! politische Ueberflcht. Abgeordnetenhaus. Am Montag hat die reaktionäre Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses sich an arbeiterfrcundlichcr Gesinnung wieder einmal ein tolles Stück geleistet. Unter den Petitionen, die nach Ansicht der Kommission zur Erört�huiig im Plenum nicht ge- eignet sein sollen, besinden sich auch einige, die die gesetzliche Ge- Währleistung des uneingeschränkten Koalitionsrechts an die Ar- beiter verlangen. Diese Art der Erledigung von Petitionen be- deutet, daß man die Zeit de« Hause» für zu kostbar hält, sich über- Haupt damit zu befassen. Vergeben? suchte Liebknecht da» Skandalöse einer solchen Handlungsweise zu geißeln; unter Füh- rung der Nationalliberalen trat das Haus dem itommisjionS- antrage bei. Den Einwand, daß eS sich bei den Petitionen um eine der Reichsgesetzgebung unterstehende Materie handelt, kann man nicht gut gelten lassen; denn abgesehen davon, daß der Landtag sich fort- gesetzt mit Fragen beschäftigt, die zur Kompetenz der gesetzgebenden Körperschaften des Reiches gehören, z. B. mit dem Arbeits-� Willigenschutz, beriet er in derselben Sitzung wiederum cin� Reichsangelegenheit. Zur zweiten Lesung des Etats der Handels- und Gcwerbeverwaltung hatten die Agrarier Dr. R o e s i ck e und Dr. Hahn einen Antrag gestellt, der die Ausarbeitung einer Denk- fchrift über die Tätigkeit der Bärfentommission, die Enttvickclung de? Börsenhandels und namentlich die Anlage deutscher Kapitalien im Auslande verlangt. In den Landtag gehört diele Frage nicht, aber, wie von anderer Seite hervorgehoben wurde, liegt es im agitatorischen Interesse der Bundcshäuptlinge, alljährlich eine börsenpolitische Debatte heraufzubeschwören, und da ihnen die Mög- lichkeit dazu im Reichstage nach ihrem Durchfall bei den letzten Wahlen genommen ist, mißbrauchen sie die Tribüne des Drei- klaffcnparlament für ihre Zwecke. Die Debatte, die sich ganz im Geiste früherer ReichStagSdcbattcn über diese Frage bewegte, endete mit der Ucbcrweisung des Antrags an die Budgetkommission. Die weitere Beratung des Etats verlor sich in Einzelheiten. In der Hauptsache wurde die Frage des FortbildungSschulunter- richts erörtert, wobei sich namentlich der Konservative L i e n e w e g zum Sprachrohr der reaktionären bildungsfeindlichen Bestrebungen machte. Ihm traten mit Nachdruck die Abgeordneten R o s e n o w (Fr. Vp.) und L e i n e r t(Soz.) entgegen. Unser Genosse nahm gleichzeitig Veranlassung, an einem typischen Fall die Art und Weise zu brandmarken, wie gewerbliche Fortbildungsschulen in den Dienst parteipolitischer Bestrebungen zur Verdummung der Jugend gestellt werden. Dienstag: Fortsetzung der Etatsberatung. Die sabotierte„Kreuz-Zeitung ". Die.Kreuz- Zeitung " ist gerade noch rechtzeitig vor dem 1. April einem ungeheuerlichen Attentat ver stsst Sozialdemokratie auf die Spur gekommen. DaS Heer soll sabotiert und der Mili- tariSmuS verrungeniert werden. Wie das Organ der Junker und Bäffchen herausgefunden hat. soll das auf eine ganz raffinierte Weise- geschehen. Nämlich auf dem Umweg« über das Feuilleton. Alles waS die Politik nicht zu schreiben wagt, daS wird in Form von Erzählungen usw. dem Volle von wegen der Demoralisation beigebracht. Hören wir die grausige Moritat, die sich jüngst er- eignet hat: »Unlängst wurde in der Unterhaltungsbeilage dcS»VorlvärtS* ein Auszug ouS einem Buche„Ein Proletarierleben" verössent- licht, der die Ueberfchrift.Im Reiche der Feldmütze" trug und in Form eines Tagebuches alle möglichen.Soldalenschindereien", die der Verfasser während seiner militärischen Dienstzeit erduldet haben will, aussührte, die aber wahrscheinlich nichls anderes sind als eine Zusammenstellung der bekannien. vom allen Bebel im Reichslage regelmäßig vorgeführten.Fälle", die, wenn man ihnen auf de» Grund ging, ein wesentlich anderes Gesicht annahmen oder in ein Nichts zerflatlerten. In dem.Tagebuche zeigt nun der Verfasser, der. wie er ebenfalls durch seine»Auizeich- nungen" beknndel, sozialdemokratische Schriften in die Kaserne einschmuggelt und als Soldat Ariikel für sostaldemoftatische Zeitungen schreibt, der also wohl schon vor seinem Eiiilritt ins Heer sozialdemolrausch derartig verhetzt war, daß er keine allzu groß« Lust und Lieb« für den Soldalenstand mit- gebracht haben wird, wie er eS feinen.Peinigern" gegeben hat. Der edle Held schreibt: Ich rechnete mit meinen.Peinigern" persönlich ab. Sergeant Krumm wollte seine neuen Stiefel zum zweiten Mal anzieben. Er fand sie nicht. Er suchte ivie verrück:. Vergebens. Ich batte sie rn die Müllgrube beförderr. Wo mir elivaö von den Sachet: der Unterotfiz>erc in die Hände kam, ward es ver- nichwt, verdorben oder versteck:." Verfluch: und zugenäht! Der Mann versteht sein Handwerk. Also das Unlerhaltunpsblatt bestellt sich extra eine Selbstbiographie, worin die Bebelschen Anekdoten milverarbeitet werden müssen, und druck: sie dann kaftlächelnd ab, um sie seinen Lesern zur Nach» ahmung zu empfehlen(so folgert der Wackere weher).»Macht'S ebenso wie der. Vernichtet, verderbt beim Militär allcS, was euch von Ausrüstungsstücken in die Hände kommt"— daS ist die Lehre, die die.Kreuz-Zeitung " uns predigen läßt. ES hieße natürlich diese Sabotage, die da? Ritterblatt an ihrem eigenen Denkvermögen(und dem ihrer Hinleriassen) verübt, allzu ernst nehmen, wollte man ernstlich darauf erwidern. Die»Kreuz- Zeitung " unterschlägt, daß die sozialdemokratiiche Partei ausdrücklich die Kasernenagitation und erst recht die Kasernen- abolag« ablehnt. Sie verschweigt weiter, daß die Erlebnisse des Franz Bergg. um die es sich hier handelt, von einem Professor herausgegeben und in einem gutbürgcrlichen Verlag erschienen sind. Daß der von seinem Peiniger bi« aufS Blut Gequälte sich durch Schabernack rächt, ist aus dem Zusammenhang wohl begreiflich Aber eS wird keinerlei Glorifizienmg damit getrieben und keinerlei Propaganda dafür gemacht. Zum Ueberfluß eine kleine Frage an die Redaktion der.Kreuz- Zeitung ": Werden bei ihr die Romane und Erzählungen daraufhin leprüst, ob Dinge darin vorkommen, die sie nicht billigt? Und wie' 'lcHl'S mit der Lektüre der Klaisiker bei ihr? Wilhelm Tell fordert loch wohl zum Meuchelmord aus und Goethes Faust zur Ver- ührung uuschuldiger Bürgermädchen! Und nun erst die täglichen Unfälle und Morde und Selbstmorde im lokalen Teil der Zeitungen. DaS alles sind noch der Logik der.Kreuz-Zeitung " Aufforderungen, dergleichen nachzuahmen. Und wen» sich die Leier der.Kreuz-Zeitung " nach diesem Rezept richten, wird selbst von ihnen in 14 Tagen keiner mehr am Lebe» sein. Wieder eine Slusweisnng. Hanau , 9. März.(Privattelegramm deS»Vor- wärt»".) Genossin Balabanoff aus Mailand , Mitglied des italienischen Parteivorstandes, wurde heute, nachdem sie gestern in zwei Frauenversammlungen gesprochen hatte, auS Preußen als lästige Ausländerin ausgewiesen. Sie mußte unverzüglich daS Staatsgebiet verlassen. Die Polizei hat also wieder mal den Staat gerettet. Nachdem man erst kürzlich durch die Ausweisung deS Genossen T t a u n i n g in Dänemark moralische Eroberungen gemacht hat, war eS chon aus Gründen internationaler Höflichkeit unumgänglich, in t a l t e t> für den gleichen Erfolg zu sorgen. Zwei Zcntrumskandidaten. Die Amberger katholischen Arbeiter sind nicht damit einvertan den, daß die dortige Zentrumsleitung, entgegen ihrem Ver» prechen, über die Köpfe der Arbeiterbevölkerung hinweg, für die nötige Lairdtagserfatzwahl einen Kandidaten nach ihrem Herzen ausgestellt hat. Sie stellten daher vorgestern in Amberg als Gegen- landidaten gegen die osfizell« Zentrumskandidatur Dr. WiuUer
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