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Daktylostopie greifen? Wir ersuchen um die NichtVerwendung der Mittel zu Geschäftsbedürfnissen für diese der Beamten nicht würdige Manipulation. Kämmerer Boß: Die Verwaltung hat sich hier das stets einpfoh- lene kaufmännische Verfahren zum Muster genommen. Die Würde der Beamtenschaft wird dadurch nicht tangiert. Kein Beamter wird gezwungen, sich photographieren zu lassen; nur bleibt derjenige, der sich nicht photographieren lassen will, nicht in derselben Kassen- abteilung.(Hort! hört!) Stadtv. Dr. Cohn: Der Kämmerer hat lediglich meine Be- hauptung bestätigt. Ich war so höflich, vonsanftem Zwang' zu sprechen; im politischen Sprachgebrauch nennt man das Terro- rismus. Die angeführten Etats werden durchweg nach den Ausschuß- antragen festgestellt. Stadtv. Dr. Ritter(Fr. Fr.) berichtet über die A u f w« n- düngen für gemeinnützige Zwecke, sowie über den Kunstfonds, den Repräs'entationsfonds, das Dis­positionsquantum(von jetzt abVorbehaltsmittel" betitelt), Unterstützungen auf Verfügung des Magistrats usw. Stadtv. Dr. Wehl: Das Zentralkomitee für die Bekämpfung der Schwindsucht, des Alkoholismus und des Krebses hat im Januar an uns den Notschrei um Erhöhung des städtischen Zu- schusses von 50 000 M. gelangen lassen. Einerseits ist dem Komitee eine Subvention von 25 000 M. entgangen, die es bisher von anderer Seite bezog; andererseits hört man, daß auch von der Landesversicherungsanstalt Berlin die Bekämpfung der Tuber- kulose in Angriff genommen werden soll. Der Etat sieht wieder nur 50 000 M. vor. Stadtmedizinalrat Dr. Weber: In nächster Zeit wird wegen Zusammenwirkens dieses Zentralkomitees mit der LandeSversiche- rnngsanstalt zur Bekämpfung der Tuberkulose eine Konferenz stattfinden. Im übrigen werden auck» diese Etatsteile nach den Ausschuh- antragen verabschiedet und folgende Resolution angenommen: Den Magistrat zu ersuchen, zu erwägen, ob nicht dem Verein für Ferienkolonien ein angemessener Zuschuß zu seinen Ausgaben ge- währt werden könne. Um lOtä Uhr wird die Etatsberatung und die Sitzung ab- gebrochen. Die Beratung des Etats soll in einer Extrasitzung am Dienstag fortgesetzt werden. Ms Inöustrie und Handel. Tie gescheiterte WelthandclsgeseLschaft. Die vom.Zentralverband Deutscher Industrieller"(der Organisation der Schwerindustrie) eifrig betriebene Gründung einer Welthandelsgefellschaft ist bekanntlich vor kurzem gescheitert. Ueber die Gründe dieses Scheiterns wußte man bisher nur, daß die Ferftgfabritindustrie, deren Organisation(der Bund der In- dustrielleuj in das Schlepptau des Zentralverbandes genommen werden sollte, in letzter Stunde ein Haar in der Suppe des Zentral- Verbandes fand, wenn auch der Syndikus des Bundes Dr. Strefe- mann eifrig für das Auslöffeln agitierte. Der HandelSver- e i n macht nun in dem soeben erschienenen zweiten Märzheft seines OrgansDeutscher Außenhandel" nähere Angaben über Einzel- Helten des Projekts, die des Interesses nicht entbehren. Schon die f i n a n z i e l l e S e i t e der geplanten Welthandels. orgauisation zeigt, welche Bedeutung bei! Gründung für die In- dustrie zugekommen wäre.»Die jährlichen Betriebs» k o st e n waren auf 7 800000 M. geschätzt worden, sicher eher zu weKig als zu viel, wenn man bedenkt, daß die Gesellschaft private HandelSsachverftändige und Exportstellen, deutsche Zeitun- gen und journalistisch« Bureau» usw. in einer ganzen Reihe von Auslandsstaaten schaffen wollte und daß allein für vier leitende Persönlichkeiten(darunter drei mit nur neben- amtlicher Tätigkeit) 125000 M. Gehalt au»ge>vorfen war." Dies« Riesensnuune von ukehr als% Millionen Mark sollte all- jährlich neu aufgebracht werden. Die Beschaffung dieser Mittel hält der Handelsvertragsverein für außerordentlich schwierig. Seine Hauptkriftk richtet sich aber gegen die beabsichtigte Tendenz der Welthandelsgesellschaft: Dazu kam nun weiter, daß die Gesellschaft sich aufbauen sollte auf den bestehenden dentsch-anSländischen Wirt- schaftSvereinen. die ihre Selbständigkeit verlieren und zu Unterabteilungen der Gesellschaft herabsinken sollten. Damit verloren diese Vereine ja just diejenige spezifische Eigenart, die ihnen überhaupt erst ihre Daseinsberechtigung neben der Ueber- zahl sonst existierender wirtschaftlicher Körperschaften verleiht: ihren internationalen Charakter. Wie könnten diese Bereine denn künftig noch auf Beteiligung der ausländischen Körperschaften, Vertrauensmänner usw. an ihren Arbeiten, Auf- rechterhaltung ihrer engen Beziehungen zu ausländischen Gesandt- schaften, Konsulaten, Preßvertretern usw. in Deutschland Unter- stützung und Beihilfe ausländischer Kaufleute an unseren deutschen Interessen weiter rechnen, wenn sie nur noch Fachausschüsse einer einseitig deutschen Exportorganisation geworden wären; noch dazu unter maßgebender Leitung des Zentralverbandes Deutscher Industrieller, der seit seinem Bestehen Wortführer einer hoch s ch utzzö l I ner ischen A b sch l i e tz u n g S- Politik und Schutztrnppe des deutschen Agrarier- tum» gewesen ist. Aber neben diesen beiden Momenten trat nun weiter immer deutlicher zutage, daß der.Zentralverband Deutscher Industrieller" da» Projekt dazu mißbrauchen wollte, um die ihm allmählich entgleitende wirtschaftspolitische Hegemonie in Deutschland endgültig wiederherzustellen." Auch der neugegründete Deutsch, Amerikanische Wirtschafte verband sollte sich mit Haut und Haar der erst später zu gründenden Welthandelsstelle verschreiben und nur als deren Unterabteilung fungieren, falls man auf die Mitwirkung des Zentralverbandes rechnen wollte. Da» Uebergewicht des Zentralverbandes ergab sich deutlich aus dem Organisationsplan: Mit Emphase erklärten zwar die Vertreter deS Zentral» Verbandes, sie hätten sich zu einer völlig paritätischen Leitung bereit erklärt, sofern die Mitglieder de» Verwaltungsausschusses zu gleichen Teilen vom Zentralverband und vom Bund der Industriellen ernannt, bzw. kooptiert werden sollten. Demgegen- über wurde zunächst hervorgehoben, daß eS keine Parität sei, wenn man die Leitung auf zwei Organisationen beschränke und alle anderen zentralen Interessenvertretungen einfach ignoriere, u. a. die Organisationen des Handel» bei einer Welt- Handels gesellfchast? überhaupt unberücksichtigt lasse. Indessen auch die sogenannte Parität zwischen Bund und Zentralverband erwies sich als ein durchsichtiger Trick. Denn die Mitglieder des Verwaltungsausschusses sollten auf Lebenszeit gewählt werden, bei ihrem Tod« aber nicht etwa eine Neupräsentation durch die Organisation, deren Vertreter verstorben war, sondern Wahl eines Ersatzmannes durch die Mitgliederversammlung erfolgen. In letzterer sollten aber erstens überhaupt nur Mitglieder mit wenig- Kens 800 M. Beitrag stimmberechtigt sein, und zweitens Ttimmenkumulierung nach der Beitragshöhe bis zu hundert(Ztiniemn auf ein Mitglied stattfinden. Das bedeutete praktisch nicht mehr und nicht weniger, als daß schon beim ersten Tadr-fail die Zentralverbandsgruppe die Mehrheit im Verwaltung?- ansschuß erhalten und nach wenigen Jahren ihn völlig beherrscht hätte. Das konnte nun zunächst noch relativ harmlos erscheinen, da ja erklärt worden war, die Welthandelsgesellschaft sollte Handels- politisch vollständig abstinent sein. Aber auch dies erwieS sich schließlich als eine Finte: Ausfuhrpolitik und Einfuhrpolitik sind ja absolut nicht von- einander zu trennen, sondern im Gegenteil eng miteinander ver- knüpft. Und wie es in Wirklichkeit damit bestellt war, kam zutage, als es gelang, eines Exemplars des SatzungSentwurfS habhaft zu werden. Da stellte sich heraus, daß nachträglich in diesem schon dieSammlung von Material für die neuen Handelsverträge" als Teil des Arbeitsgebietes einge- schmuggelt worden war. Nun war daS gewaltige Interesse des Zentralverbandes an der Gründung klar verständlich. Das Plän- chen war wirklich fein ausgedacht: Zunächst hatte man Bund und Zentralverband eng zusammenschweißen und die dem Zentral- verband höchst unbequemen deutsch -ausländischen Wirtschaftsvereine über deren gemeinschädliche Tätigkeit Herr Echweighofer(der Syndikus des Zentralverbandes) erst unlängst noch so eindringliche Worte gefunden hatte durch völlige Unselbständigmachung aktionS- unfähig machen wollen. Dann sollten mit Hilfe dergemein- nützigen Ziele" die gewaltigen Geldmittel aufgebracht werden, deren geschickte Verwendung die beteiligten Körperschaften eng an die Gesellschaft fesseln mußte. Dann sollte sich allmählich heraus- stellen, daß die Handels- und Zollpolitik von der Arbeit der Gesell- schaft nicht zu trennen war und Schritt für Schritt in ihr Arbeits- gebiet mit einbezogen werden mußte. Und gleichzeitig würde ganz unmerklich, aber unverhinderbar die Leitung der Gesellschaft ganz und gar in die Hände der Zentralverbands- i n d u st r i e übergehen. So wäre diesem für daS handelspolitische Kometenjahr die wirtschaftspolitische Führung in Deutschland ge- sichert und seine Gegnerschaft lahmgelegt gewesen. Waren aber die neuen Handelsverträge erst unter Dach und Fach, dann mochten die für einige Jahre festgelegten großen Beiträge getrost ver- siegen und diegemeinnützige" Organisation zur Unbedeutendheit herabsinken; dann hatte er ja sein zollpolitisches Schäfchen ins Trockene gebracht." Der Widerstand zahlreicher Vertreter von Handel und Industrie gegen diese Umstrickung hat zur völligen Aufgabe des Plans ge- führt.?tur die im Zentralverband führende Gruppe der rheinisch- westfälischen Schwerindustris hat ihre eigene AuSlandsgesellschaft gegründet. Der Zentralverband hält sich weiter dem Deutsch- Amerikanischen Wirtschaftsveretn fern und droht, er würde in Amerika auf eigene Faust vorgehen; dann würde man ja sehen, welcher der beiden Teile der stärkere sei. Rüstungsprofite. Die Skodawerke. Aktien-Gesellschaft, der österreichische Krupp, erhöhten ihren Reingewinn im Jahre 1313 von 5,83 auf 7,08 Millionen Kronen. Die Dividende wird von 14 Proz. auf 15 Proz. herausgesetzt. Soziales. Die NahrungSmittelkontrolle in Preußen. Der von der Abteilung für das Gesundheitswesen des preußi­schen Ministeriums des Innern herausgegebene Bericht über die Tätigkeit der Nahrungsmitteluntersuchungsämter für das Jahr 1911 ist zwar etwas spät erschienen, nämlich erst im Dezember 1913, er enthält aber manche auch heut noch beachtenswerte Mit- teilüngen. Die Entnahme der zu untersuchenden NahrungSmittelproben erfolgte bisher meist durch Polizeibeamte in Uniform. Aus diesem Umstände hatte das Resultat der mit diesen Proben vorgenommenen Untersuchungen oft nur einen bedingten Wert, indem schlaue Ver- käufer nicht ganz einwandfreie Waren den Augen dieser Beamten wohl zu verbergen wußten. Da» gibt auch der Bericht aus dem Regierungsbezirk Lüneburg zu, der zugleich mitteilt, daß auf den Dienstversammlungen der Gendarmen, zu denen auch vielfach kommunale Polizeibeamte zugezogen wurden, zunächst unter Be- sprechung zahlreicher Fälle auS der Praxis auf die Wichtigkeit der NahrungSmittelkontrolle hingewiesen, die einschlägigen Gesetzes- bestimmungen besprochen und Anweisungen über deren Handhabung gegeben wurden. Die zum Schutze deS NahrungSmittelmarkteS erlassenen Gesetzesbestimmungen waren den meisten Beamten wenig bekannt; nur die älteren Wachtmeister wußten etwas Bescheid damit; aber auch sie waren über daS Bereich der polizeilichen Be- fugnisse dabei keineswegs im klaren. Im Anschluß an die Vorträge suchte der Vorsteher deS UntersuchungSamteS mit den Beamten zahl- reiche Nahrungsmittelgeschäste auf und zeigte ihnen, wie bei einer sachgemäßen Auswahl der Proben vorzugehen sei, und daß in erster Linie auf Sauberkeit und Ordnung m den Verkaufsräumen zu achten fei. Weiter führt der Bericht aus, daß überall, wo solche Kurse stattfanden, ihnen ein erfreulicher Erfolg nachgerühmt wird, der in einer zweckmäßigen Auswahl der eingesandten Proben und einem höheren Prozentsatz an Beanstandungen zum Ausdruck kam. Dann machte er noch darauf aufmerksam, daß die Kontrolle ohne Zweifel noch wirksamer sein würde, wenn, wie mehrere Untersuchung«- ämter warm befürworteten, häufiger Geheimentnahme» von Proben erfolgen würden. Auch in den Polizeischulen in KottbuS und Halberstadt werden Kurse für Probenentnahme von Nahrungsmitteln abgehalten.(DaS wäre einmal eine Tätigkeit von Polizeibeamten, gegen die man nichts einzuwenden hätte.) Bei Wurst wurden Mchlzufälzr von 8,1 bis 15,28 Proz. fest- gestellt. Trotzdem der Nachweis dieser Fälschung bei den Unter» suchungen leicht geführt werden kann, und trotzdem die Gerichte wiederholt entschieden haben, daß da« Feilhalten mehlhaltiger Wurst(z. B. als Semmelleberwurst) auch beim Aushängen eines den Mehlgehalt in der Wurst angebenden Plakates im Laden straf- bar ist, versuchen die Schlächter immer wieder, mchlhaltige Wurst ohne diese Angabe in den Handel zu bringen. Eine Zusammen- stellung diesbezüglicher Urteile des Kammergerichts und der Land- gerichte in Bochum und Essen bestätigen das. Daneben wird als Bindemittel schon gebrauchte? Fleisch verwendet, und zwar an- scheinend regelmäßig bei Bereitung von Brüh» und Kochwürsten. Solche Fälschungen wurden wiederholt festgestellt. So verarbeitete ein Fleischer im Bezirk Frankfurt a. O. Wurst, die schon jahrelang gehangen hatte, unter Zusatz von verdorbenem Pökelfleisch von neuem zu Wurst. Er wurde zu zwei Monaten Gefängnis ver- urteilt. Ein Schlächtermeister, der täglich die Berliner Markthallen besucht, benutzte da» dort nicht mehr verkäufliche zum Teil schon verdorbene Fleisch zu solcher Fabrikation. Im Regierungsbezirk Düsseldorf wurde ein Metzger, der saßweise aus Köln bezogene Geschlechtsteile von Schweinen zu Wurst verarbeitete, zu 1 Monat Gefängnis und 1000 M. verurteilt. Die künstliche Färbung der Wurst geschieht jetzt nicht mehr mit Anilin, sondern mit rosa Paprika, daS der Wurst ein frisches Aussehen gibt. Als Konser- Vierungsmittel wurde mehrfach Borsäure festgestellt. Einige Metzger scheinen in der Verwendung solcher Zusätze sehr weitherzig zu sein. Bei Hackefleisch kommt immer noch ein unzulässiges, sogenanntes FleischkonservierungsmittelPromptol" vor. Aus Rußland in Kisten dezogen« Eier wurden vielfach al» frische Landeier verkauft. In Geestemünde mußte» 42 mal eingeführte Fische endgültig ver» ivorfen werden, meist größere Posten, z. B. solche von IL Zentner», die für menschlichen Genuß als ungeeignet, und zerstampft an Fischmchlfabriken zu Viehfutter verkauft wurden. Auch Büchsen» fleisch mutzte vielfach beanstandet werden, so in den Regierungs- bezirken Minden , Kassel und Stralsund . Milch wurde infolge des Futtermangels vielfach weniger ge-l Wonnen und durch Wasserzusatz verlängert, obgleich es leicht gelang, diese Verfälschung zu"konstatieren. Im Regierungsbezirk Düsse!» dorf zeigte sie durchschnittlich 10 25 Proz. Wasserzusatz, doch kamen auch solche von 35 bis 00 Proz. vor. Sie wurde oft gelblich ge» färbt. Dringend notwendig wäre die Einführung fester Grund- sätze für die Beschaffenheit der Milch. In Hannover wurde für Schulkinder Milch von noch nicht 2,7 Proz. Fettgehalt geliefert. Auch in Halle mußte ähnliche Kindermilch beanstandet werden. In der Provinz Brandenburg wurde in Milch Zusatz von Formalin konstatiert. Auch Milch von an Klauenseuche kranken Kühen wurde zu Markte gebracht, ohne daß sie vorher im Pasteurisierapparat erhitzt worden wäre. Nur in einigen Molkereien wurden geeignete Pasteurisierapparate in Betrieb gefunden. Im Kreise Düsseldorf wurden in einer Molkerei die Molkereigeräte von der Frau des Verwalters zum Waschen von HauSwäschc benutzt. Die Milchknappheit führte vielfach auch zu Butterfälschungen, z. B. zu ungewöhnlichem Wassergehalt; so wurde im Bezirk Oppeln bis 37,4 Proz. und im Bezirk Kassel bis 40 Proz. Wassergehalt in derselben festgestellt. Im Bezirk Minden wurde sibirische Butter als teure Molkereibutter verkauft. Ebenso alte ranzige Kratzbutter. Vielfach wurde sie auch mit Margarine versetzt. Käse zeigte mehrfach zu geringen Fettgehalt. In Bäckereien kamen keine Verfälschungen, aber um so häufiger Schmntzereien mit Milben und Staub vor. Im Bezirk Kassel wurde ein Streumehl verwendet, das aus 70 Proz. Gips und 30 Proz. Holzmehl bestand. Zu Butter- gebäck wurde oft Margarine oder altes ranziges Fett verwendet. Obst und Gemüse in Konservenbüchsen mußten oft, weil ver» darben, beanstandet werden. Apfelkraut enthielt bis 70 Proz. Stärkesirup. Olivenöl war viel mit Sesamöl verfälscht. In Ham- bürg wurde eine Kafsccglasur angetroffen, die erhebliche Mengen Arsenik enthielt. Gemahlener gerösteter Kaffee war oft mit bis 45 Proz. Lupincnsamen verfälscht.SurmannS Nährsalzkaffee" enthält überhaupt nur Surrogate, aber keinen Kaffee.Phönix « kafsee nnt Gewürz" enthielt 75 Proz. geröstetes Getreide. Ge» mahlene Gewürze, wie Zimmt, Pfeffer, Piment usw. waren viel- fach mit wertlosen Surrogaten verfälscht. In Esfigproben wurden mehrfach Essigälchen gefunden. Das Speiseeis und Fruchteis des Stratzenhandels wurde vielfach verschmutzt und dazu statt Himbeer» fast ein Kunstprodukt verwendet, deshalb ist der Verkauf an Kinder unter 14 Jahren verboten. Honig zeigte im Regierungsbezirk Brandenburg einen Gehalt von 20 bis 30 Proz. Rohrzucker. Im Bezirk Breslau wurde statt italienischer Blutwein Heidelbeeerwem verkauft und im Bier vielfach Saccharin festgestellt. Im Kreise Glatz wurde in Essigessenz vielfach ein starker Gehalt von Zink» Vitriol gefunden. Obgleich diese Ermittelungen zeigen, daß der verkauf ver- dorbener und verfälschter Nahrungs- und Genußmittel noch ziemlich bedeutend ist» und deshalb eine fortwährende lleberwachung und Untersuchung der verkäuflichen NahrungS- und Genußmittel noch überall nötig ist, so bestehen doch in einer Reihe von Provinzial» kreisen PreußenS noch keine Nahrungsmittelunterfuchungsamter. Jahresberichte landwirtschaftlicher Berufsgenossenschaften. Wer die Jahresberichte unserer landwirtschaftlichen Berufs»" genossenschaften sammeln und studieren will, muß große Geduld haben. Ende Dezember 1913 erscheinen erst die meisten Berichte für daS Jahr 1912 und dann hat man noch lange Schreibereien. bis man endlich einen solchenBericht" erhalt. Verschiedene Be» rufsgenossenschaften geben nur alle zwei Jahre einen Bericht her- aus. einige gar keinen, vertveisen auf ihre amtlichen Organe. Die übergroße Mehrzahl der Berichte ist aber kaum die Druckerschwärze wert. Die kleinste Ortskrankenkasse gibt heute einen besseren Be» richt heraus, als die Berufsgenossenschaften, deren Leiter doch nicht der nötigen Fähigkeiten" zum Amte entbehren, wie man es de» armen Kassenbeamien immer nachsagt. Fast unbrauchbar für irgendeinen Vergleich sind die Berichte der vier württembergischen Berufsgenosscnschaften, der Anhalter, Koburger, Reutzer usw. Die besten Berichte liefern immer noch die Bayern , die immer noch etwas zu sagen haben, und deren technischen AufsichtSbeamten. hei aller Zurückhaltung in den letzten Jahren, immer noch eine beut» liche Sprache reden. Diesen Berichten ist auch gewöhnlich ein« Staftstik über die Zahl der verletzten Kleinbauern und deren Angehörigen bei­gegeben. Man will offenbar damit den Kleinbauern begreiflich machen, welche Lasten die Großgrundbesitzer hier freiwillig fiir ihre kleinen Kollegen tragen. Gewöhnlich sind es 00 bis 70 Proz. aller Verletzten, die zu den Familien der Kleinbauern selbst zählen. Nur der Bericht derOstpreußen " zeigt offen die ganze Liebe der Agrarier für ihre Kleinbauern, den treuen Stimme» im Wahlkampfe, wie folgt: Betriebsunternehmer und deren Ehefrauen waren früher zwangsversichert, sofern ihr Jahrcsarbeitsverdienst 2000 M. nicht überstieg. Seit dem 1. Januar 1908 ist jedoch die Grenze für die ZwairgSversicherung auf 1500 M. herab- gesetzt worden. Seit jener Zeit sind Betriebsunternehmer mit einem 1500 M. übersteigenden Einkommen nur gegen Unfall versichert, wenn sie von dem ihnen zustehenden Recht der frei- willigen Versicherung Gebrauch gemacht haben, was nur in sehr geringem Umfange geschehen ist. Infolgedessen sind die Fälle, in denen an Betriebsunternehmer und deren Ehefrauen Entschädigungen zu bewilligen waren, seit dem 1. Januar 1908 weniger zahlreich geworden." Um aber den Agrariern entgegenzukommen, die Umlagen möglichst niedrig zu halten, greift auch Vater Staat gerne in seinen Säckel. Die Behörden subventionieren direkt die reichen Berufs» genossenschaften durch Uebcrlassung von Geschäftsräumen, Beleuch- tung und Heizung sowie Portofreiheit, die man aber den armen Ortskrankenkassen bislang unbedingt verweigert hat. So berichtet Obcrpfalz": Der Staat stellt die Geschäftsräume, die er bis zum Ende des Berichtsjahres überlassen hatte(inbegriffen sind auch die zwei neuen Zimmer), auch für die Folge u n e n t- geltltch zur Verfügung. Die Kosten der Beheizung, Reini- gung und Beleuchtung dieser vier Räume, welche mit 440 Rk. berechnet sind, hat dagegen vom 1. Januar 1913 ab die Berufs- genossenschaft der Regieverwaltung der K. Regierung, welche die Beheizung usw. besorgt, zu ersetzen. Diese Kosten werden jedoch aus dem vom K. StaatSministerium zur Verfügung gestellten Zuschuß von 440 M. bestritten.(Art. 21 d. Ausf.-Ges. z. R.V.O.) Der gesamte Schriftenverkehr der Berufs- genossenschaft war innerhalb Deutschland durch Ablösung von Po st porto befreit. Die Kosten hatte die Staatskasse übernommen." Aehnliches berichtetSchwaben und Neuburg " .Unterfranken " bemerkt: Die Geschäftsräume befanden sich im Regie» rungSgebäude in 0 Zimmern, welche nebst Be- Heizung und Beleuchtung von der K g l. Regierung� unentgeltlich zur Bcrfügung gestellt wurden. Der ge- samte Geschäftsverkehr war innerhalb Teutschlands porto» frei durch Ablösung und auf die Staatskasse über­nommen. Die 5t a s s a- und Utechnungsführung wurde von der Kg ll Kreiskasse für Unterfranken unentgelt» lich besorgt." Mehr kann man wahrlich nicht verlange»!