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a,.78. zumm 3. Ktilkge des Lsmillts" Kerlilln MlksdlM.*** 20*** Reichstag. 236. Gitzung. Donnerstag, den IS. März 1S14, nachmittags 2 Uhr. Am BundeSratstische: Dr. S o I f. Präsident Kacmpf bittet um die Ermächtigung, dem braunschweigischen Herzogspaar zur Geburt seines Sohnes die Glückwünsche des Reichstages zu übermitteln. sBravo!) Hierauf wird in der Beratung des Etats für öas Gftafritanische Schutzgebiet fortgefahren. Abg. Erzberger(Z.): Von meinen Behauptungen über die Behandlung der Eingeborenen auf den Plantagen habe ich nichts zurückzunehmen; speziell ist es richtig, daß die Neger auf den Plantagen systematisch umihrenLohn betrogen werden. Diese Feststellungen sind dem amtlichenMaterial, das die Regierung uns unterbreitet hat. entnommen. Einalter Afrikaner' klagt:»Im Reidjslage ist die Sozialdemokratie und das Zentrum ausschlaggebend. Infolgedessen heißt e-s in der Kolonialpolitik: Humanität und Arbertcrschntz. Dernburg und Rechenberg haben nach ihrem politischen Tod in der Kolonialpolitik gesiegt.' Wir sind stolz darauf, daß in der Kolonialpolitik Humanität und Lrbeiterschutz geübt werden soll, und wir werden die Behandlung der Reger trotz der großen Proteste aus Ostafrika hier geißeln und darauf dringen, daß die Leute gut behandelt werden. In erdrückender Weise liegt amtliches Material vor, das beweist, daß das heute nicht der Fall ist. Daß trotzdem erregte Proteste ouS den Kolonien kommen und hier kritillos verbreitet werden, in denen das Gegenteil behauptet wird, liegt daran, wie seinerzeit auch der Staatssekretär Dernburg betont hat, daß die Pflanzer an die Eingeborenen Anforderungen stellen, die mit den Geboten des Christentums und der Humanität unvereinbar sind. Sie fordern, daß jede selbständige Betätigung der Eingeborenen unmöglich gemacht wird, damit dort kein selb«' ständiger Bauernstand aufkomme. Dernburg hat auch betont, daß diese protestierenden Pflanzer nicht Interesse am Aufblühen der Kolonie haben, sondern lediglich Spekulanten sind. Hiergegen mögen die Pflanzer protestieren, nicht aber gegen mich, wenn ich dies amt- liche Material benutze. Nun etwas anderes.- Der chekanntc Prcußenbundgcneral, der sich erlaubt hat, vom Reichstag als von einer gemischten Gesellschaft zu sprechen, von einer Rotte von Menschen, die in die Kommandogewalt des Kaisers eingegriffen hätte, hat als Major und stellvertretender Gouverneur von Ostafrika einen Hundeerlaß und einen Grußerlaß erlassen. In dem letzteren wird an« geordnet, daß sämtliche BoyS der Europäer und die beim Gouverne« menl angestellten Schwarzen jeden Europäer zu grüßen hätten, so« wohl im Vorbeigehen als auch, wenn sie irgendwo sitzen oder liegen; im letzteren Fall haben sie aufzustehen und eine stramme Haltung anzunehmen. sHeiterkcit.j Fehlt nur: Hand an Hosen« naht. sErneute Heiterkeit.) Weiter heißt es: Sämtliche Farbigen in Daressalam , Inder, Sudanesen usw. haben den Gouverneur und den stellvertretenden Gouverneur zu grüßen. Einen Herrn, der erst vor wenigen Tagen nach DareSsalam gekommen war und Herrn Major v. Wrochem nicht kannte, fuhr dieser mit den Worten an:»Sie unverschämter Flegel, warum rußen Sie nicht: ich bin der stellvertretende Gouverneur, ich stehe ier an Stelle des Kaisers.' Auf die Erwiderung des Herrn, er h$e Herrn v. Wrochem nicht gekannt, antwortete dieser:Sie sind e'K geborener Flegel; ich werde euch dcibringen, die Obrigkeit zu grüßen, ihr Flegel." Er hat wohl geglaubt, ein Reichstag«« abgeordneter wäre nach Daressalam gekommen. �Heiterkeit.) Auch für die Matrosen der Marine scheint der Erlaß zu gelten: als die Matrosen derMöve" in Daressalam an Land gegangen waren, wurden sie vom Herrn v. Wrochem mit den Worten ange« fahren:Ihr Schweine, könnt ihr denn nicht grüßen." Gegen diesen Erlaß vom 23. November 1893 sind im folgenden Jahre von zwei Mächten diplomaiische Vorstellungen in Berlin erhoben worden, was ja sehr erklärlich ist. Ich frage daher, ob der Erlaß noch besteht oder ob er zurückgenommen worden ist. AlS von Berlin aus Herr v. Wrochem zur Rechenschaft gezogen werden sollte, hat er sich den Schlüssel des Bezirksamts geben lassen, um durch eine A e n d e« r un g die Schuld für den Erlaß auf einen anderen abzu­wälzen.(Lebhaftes Hört! hört I) Geschehen ist Herrn v. Wrochem nichts, er ist vielmehr später im auswärtigen Dienst verwendet worden und hat eS bis zum Generalleutnant gebracht. Das geht freilich den Staatssekretär nichts an, ihn frage ich nur: Hat der Erlaß heute noch Gültigkeit oder ist er formell zurückgezogen worden? «sollte es nicht der Fall sein, so kann ich ihn nur bitten, den Erlaß so bald als möglich zurückzuziehen.(Beifall.) Staatssekretär Dr. Solf: Sowohl der Hundeerlaß wie der G r u ß e r l a ß des Herrn v. Wrochem haben eine Geltung nicht mehr. Beide Erlasse sind auch nicht in die Sammlung der Verordnungen aufgenommen worden. Eine Verlängerung der Dienftperiode in Ostafrika ist unmöglich, nach dreiviertel Jahren läßt die Schaffensfreudigkeit der Beamten dort bereits nach.(Hört! hört!) Dagegen ist in Südwestafrika eine Verlängerung möglich. Mit der HauSstlaverei in Ostafrika liegt es nicht so, wie Herr Abg. N o s k e es hinstellte. Auf Sklavenraub mit Sklaven- Handel stehen schwere Strafen. Das einzige, worum eS sich handelt, ist das Tempo der Beseitigung der Haussllaverei. Am meisten bat zur Ausrottung der Haussklaverei beigetragen die Neuerung, daß der Uebergang eines Sklaven von einem Herr» zu einem anderen durch den BezirkSamtmann beurkundet werden muß. Die Urkunde muß Feststellungen darüber enthalten, daß der Sklave mit dem neuen Herrn einverstanden ist. Daß der neue Herr in demselben Bezirk wohnt, daß die Familie des Hauösklaven durch den Uebergang nicht aus- einander gerissen wird und daß der neue Herr ein Eingeborener ist: er darf also kein Inder oder Araber sein. Ein solches Dokument meinte Herr?ioSke. Diese Beurkundung durch den BezirkSamtmann ist aber gerade ein Zeichen humaner und weiser Politik im Sinne des Schutzes der wirtschaftlich Schwachen.--- Was den Termin der Allshebung der Haussllaverei an- langt, so habe ich mir überlegt, ob nicht eine Brücke möglich ist zwischen den Anschauungen des Reichstages und der Denkschrift. Ich bin bereit, dem Gouverneur folgende Vorschläge zu machen die Verantwortung hat er schließlich selbst zu tragen. Ich will ihm vorschlagen: im Jahre 1929 wird eine Verordnung getroffen, nach der irgend eine Klage auf Wiederherstellung, Anerkennung oder Beibehaltung eines SklavenverhältnisseS nicht mehr vor irgend einem Gericht des Schutz- gebietes zugelassen wird. Um die Herren der Sklaven schadlos zu halten, wird eine Klage zugelassen des Herrn gegen den früheren Sklaven nicht auS dem Sklaveuverhältnis, sondern den, Verhältnis einer erfolgten Leistung. Drittens soll festgesetzt werden, wie hoch der FreikaufSpreiS eines Sklaven ist. Dieser soll sobald wie möglich bekannt gemacht werden, damit 1!)20 in den Köpfen der Eingeborenen als feste Tatsache besteht, daß der Preis so und so hoch ist. Ich glaube, diese Brücke können Sie betreten. Abg. Kciuath(natl.): Die Abschaffung der altgewohnten Einrichtung 5er Hausfklaverei auf einen festen Termin könnte leicht zu Unruhen führen. Einen solchen Aufruhr heraufzubeschwören, haben wir kein Interesse. Ich bin damit einverstanden, daß der Staatssekretär nicht von hier aus einseitig die Haussklaverei ausheben, sondern die Ver- antwortung dem Gouverneur überlassen will. Die Vollendung der Bahn zum Tanganjika wird hoffentlich ein Markstein in der Eni« Wicklung des ostafrikanischen Schutzgebietes sein. Abg. Bruckhoff(Vp.): Es scheint sich ein Mangel an guten Lehrkräften in unseren Kolonien vorzubereiten. Der Wechsel der Kräfte ist ziemlich bedeutend. Das hängt zusammen mit den Gehalrsverhältnissen der Lehrer. Das Gehalt entspricht dem. was das kleinste Dorf in Preußen zahlt. Ungerecht ist auch, daß der Kreisschulinspektor 2000 M. weniger Ge­halt bezieht als die Oberlehrer. Die Forderungen der Lehrer werden abgelehnt mit der Motivierung, es sei noch niemals Mangel an Lehrern gewesen. Es geht doch aber nicht an, daß man die Kulturtätigkeit der Lehrer bezahlt nach dem rein gesckäftlichen Grund- satz von Angebot und Nachfrage. Die Hauptsache ist die Schaffung eineS seßhaften Lehrerstandes m den Kolonien.(Bravo I links.) Abg. Noske(Soz.): Ueber die Beschimpfungen des Reichstags durch den Ueber« Preußen v. Wrochem noch viel Worte verlieren, hieße dieser unangenehmsten Art von Maulheldentum zu viel Ehre antun. (Sehr gutl) Mit dem Abg. Erzberger bin ich auch darin ein« verstanden, daß die Prolestaktionen der Pflanzer auf uns keinen Eindruck machen können. Es sind eher zu wenig als zu viel Vor- würfe erhoben worden, um das Matz von Ausbeutung der Ein« geborenen zu brandmarken, daS leider in Ostafrika vorhanden ist. Wir brauchen ja nur auf daS amtliche Material der Denkschrift zu verweisen, wo angegeben ist. daß auf den Pflanzungen vielfach voll durchgearbeitete Tage den Arbeitern weggestrichen werden, oder daß ihnen trotz zehnstündiger Arbeit'nur halbe Tage, von einem Pflanzer sogar nur sechs Tage angerechnet worden sind, (HörtI hört! bei den Sozialdemokraten.) Statt zu protestieren, mögen die Herren Pflanzer dahin wirken, daß die gerügten Uebel- stände sobald als möglich verschwinden.(Zustimmung.) Zur Schulfrage wird der Reichstag in den kommenden Jahren noch viel mehr zu sprechen haben, als bisher. In Ost- und Südwestafrika sind ja erhebliche Beträge zur besseren Erziehung der Kinder der Weißen eingestellt, das Schulwesen für die Eingeborenen aber liegt außerordentlich danieder. Die Missionen der verschiedenen Konfessionen haben auf diesem Gebiete Redliches geleistet, RegierungS- schulen aber können wir ihnen so gut wie gar nicht gegenüberstellen. Für die Anträge, den Missionen zu diesem Zweck größere Mittel zu bewilligen, haben wir gestimmt, weil wir eine andere Möglichkeit zur Förderung des Schulwesens nicht sehen; ich möchte aber mit allem Nachdruck den Staatssekretär bitlen, im nächsten Jahre in die Etats aller Schutzgebiete erhebliche Beträge zur Hebung des Schulwesens der Eingeborenen durch RegirnmgSschulen einzustellen. Bei den Missionsschulen fehlt die notwendige Einheit- lickkeit, und die Streitigkeiten der verschiedenen Missionen können dem Schulwesen nicht förderlich sein.(Zustimmung bei den Sozial« demokraten.) Herr K e i n a t h hat die frühere Stellung seiner Freunde zur Haussklaverei desavouiert. Es berührt recht eigentüm« lich, daß er in diesem Zusammenhang von einer Beunruhigung der Eingeborenen und einer Ausstandsgefahr spricht. Natürlich wird die Aufhebung der Sklaverei in daS wirtschaftliche Leben einer großen Zahl von Leuten schwer eingreifen. Deshalb hat der Reichstag ja für die Verwaltung eine zehnjährige UcbergangSfrist geschaffen. Die Verwaltung kann aber Jahre ins Land gehenlassen, ohne irgend etwaö zu tun, damit der Forderung des Reichstages Genüge getan werde. Als ich vor einigen Tagen über den Menschenraub in Afrika sprach, war mir bekannt, daß be- stimmte Vorschriften bestehen. Als vor 23 Jahren eine Anzahl von Millionen gefordert wurde, um in Ostafriia vorzugehen, geschah es mit der Begründung, man wolle dem Sklavenhandel zu Leibe gehen. Nach 25 Jahren aber besteht die Sklaverei noch, und man erklärte sogar, man könne sie nicht einmal bis zum Jahre 1920 beseitigen. Diese amtliche Erklärung, daß man bis 1920 und darüber hinaus Menschen wie ein Stück Vieh behandeln wolle, empört mich aufs äußerste, ich empfinde sie als deutsche Schande. Was über die Unmöglichkeit der Aufhebung der Sklaverei gesagt wird, ist nicht stichhallig. Infolge der Entwickelung in Ostafriia steigt der Wert der menschlichen Arbeitskraft und die Folge ist, daß die Sklaven nur noch teurer werden. Man sagt, ein Sklave kann sich für 13 bis 20 Rupien loskaufen. Dabei werden 120 und mehr Rupien für einen Sklaven bezahlt und sie werden, wie schon gesagt, mir der steigenden Entwickelung des Landes noch teurer werden. Für meine Fraktion ist die Frage der Hinausschiebung der Abschaffung der Haussilaverei über 1920 hinaus vollständig undisku- tabel; der Reichstag sollt« unzweideutig zum Ausdruck bringen, es sei dringend geboten, Geld zur Verfügung zu stellen, damit dieser Schandsleck von der deutschen Kultur so bald wie möglich weggewischt werde.(Lebhafter Beifall bei den Sozial- demokraten.) Der Etat wird bewilligt. Eine Resolution der Kömmission, wonach beim Bau der Eisen« bahn im Gebiete von Ruanda und U r u n d i keinerlei staatlicher Arbeitszwang ausgeübt, für Arbeitschutzbestimmungen gesorgt und eine Besiedelung von Ruanda und Urundi durch Weiße aus- geschlossen werden soll, wird angenommen. Es folgt die Beratung des Etats für das südwest- afrikanische Schutzgebiet in Verbindung mit dem Nach- tragsetat betreffend die Diamantenregie. Abg. Hoch(Soz.): Die Beratung des Etats in der Kommission hat zu so heftigen Angriffen auf die Kolonialverwaltung geführt, daß ich erwartet halte, der Staatssekretär würde die erste Gelegenheit benutzen, um auf diese Angriffe zu antworten. Er hätte uns dann erspart, auf die Einzelheiten näher einzugehen. Der Verkauf der Diamanten, die in Deutsch-Südwestafrika gesunden werden, war bekanntlich durch kaiserliche Verordnung dahin geregelt, daß die Förderer verpflichtet waren, auf den eigenen Verkauf der Diamanten zu verzichten und sie einer Verraufsgesellschaft, der sogenannten Diamantenregie auszuhändigen, die den Berkauf unter Aufsicht des Reichs vorzunehmen hatte. Im Laufe der Zeit war verschiedentlich der Vorwurf erhoben worden, daß bei dieser Art des Verkaufs die Interessen der Förderer und des Reichs sehr geschädigt werden. Schließlich sah auch die Verwaltung den berechtigten Kern dieser Vorwürfe ein und hat ein anderes Ver« fahren eingeschlagen, das der Reichstag gefordert hat. Während früher die Diamanten durch einen Vertrag ausschließlich an eine Gesellschaft dreier Großkapitalisten in Antwerpen ausgeliefert wurden, wurde im vorigen Jahre zum ersten Male die Vergebung der Diamanten öffentlich ausgeschrieben. Aber die Hoffnung, daß nun der Verkauf so geregelt werde, wie eS dem guten Recht der beteiligten Kreise entspreche, hat sich nicht erfüllt. Der Kampf zwischen Förderern und Regie ist noch verschärft worden. DaS neue Verfahren hat aber jedenfalls bewiesen, daß der Vorwurf der Diamautenförderer berechtigt war, daß seit Bestehen der Regie die Diamanten viel zu billig abgegeben worden sind und so die Förderer wie das Reich um viele Millionen geschädigt wurden zu- gunstcn der drei Kapitalisten in Antwerpen . Einzig verantwortlich dafür ist die Unfähigkeit der Kolonialverwaltung. Sie hatte die Befugnis bekommen, die Gesellschaft zu bestimmen, die den Verkauf der Diamanten übernahm, und ihre Geschäftsführung zu überwachen. Bei der vorjährigen Ausschreibung ist nun ein bedeutend höherer Preis erzielt worden, womit bewiesen ist, daß früher das Reich und die Förderer schwer geschadigt worden sind. Die Ausschreibung hat ferner bewiesen, daß es unmöglich so weiter geht, daß von Jahr zu Jahr die Bedingungen für den Absatz von Diamanten neu geregelt werden, daß vielmehr hier eine Regelung für längere Zeit getroffen werden muß.(Sehr richtig! bei den Soz.) Im übrigen hat die öffentliche Ausschreibung nur einen Sinn, wenn sie wirklich öffentlich ist. Die Erfahrungen bei der letzten Aus- schreibung haben aber bewiesen, daß diese Voraussetzung nicht vor- liegt. Das Antwerpener Syndikat war bereits so stark geworden, daß mit Ausnahme des Syndikats, daS in London seinen Sitz hat und früher ausschließlich den Diamantenhandel beherrschte, kein ernsthafter Bieter in Betracht kam. Daher muß in Zukunft ein anderes Verfahren eingeschlagen werden. DaS ist auch auS einem anderen Grunde unvermeidlich geworden. Die von dem frühern Staatssekretär als besonders klug gepriesene Maßnahme!, daß eine Gesellschaft dem Reich und den Förderern das ganze Risiko ab­nehmen und die Verpflichtung übernehmen sollte,� die ganze Diamantensörderung zu einem einmal festgesetzten Preise zu über- nehmen, hat sich als undurchführbar erwiesen. Die Regie hat sich genötigt gesehen, den Herren in Amsterdam die Erleichterung zu gewähren, nicht die ganzen Diamanten abnehmen zu müssen. DaS Risiko muß also anders verteilt werden. Daran ist natürlich nicht zu denken, daß der jetzige Diamantenpreis etwa wieder herunter« geschraubt würde: er entspricht durchaus den Marktverhältnissen. Erfolgt nun eine Regelung für längere Zeit, so dürfen die Interessenten bei der Regelung des Verkaufs nicht ausgeschaltet werden. Das war ja der größte Fehler bei dem ursprünglichen Verfahren, daß die Herren von den Großbanken glaubten, alles allein machen zu können. Bei dieser schwierigen Frage, wo jeder Fehler von größter finanzieller Be- deutung ist, müssen Fachleute gehört werden, es müssen also in die Regie hineinkommen in erster Linie die Diamantenförderer. Ferner müssen in der Regie vertreten sein die Diamanten- Händler, die Schleifereibesitzer und vor allem die Dia m antenarbeite r. Es muß dafür gesorgt werden, daß die Diamantenarbeiter vor Lohndrückerei geschüfe) sind, es muß den auf diesem Gebiet bestehenden Tarifen Geltung verschafft werden, und dazu ist es nötig, daß im AufsichtSrat der Regie auch Vertreter der deutschen Diamanten- a r'b e i t e r sitzen. Eine der wichtigsten Slreitfragen ging dahin, ob es richtig ist, eine gewisse Grenze festzulegen, über die hinaus nicht gefördert werden dürfe. Prinzipiell haben sich die Förderer nicht dagegen erklärt, haben aber mit Recht verlangt, daß der Vorteil dabei nicht allein den drei Großkapitalisten in Antwerpen zugute kommen soll. Die Art, wie die Kolonialverwaltung in dieser Angelegenheit vorgegangen ist, war geeignet, die größte Er- b i t t e r u n g bei den Förderern zu erregen, die die Förderer auch zu unberechtigten Vorwürfen geführt bat. Bei der letzten Ver- gebung der Diamanten war als Bedingung ausdrücklich festgelegt worden, daß die ganze Menge der produzierten Diamanten ab- genommen werden müsse. Aber kaum war der Vertrag mit dem Antwerpener Syndikat fertig, so wurde diesem gestattet, nur einen Teil abzunehmen. Als Entschuldigung wurde angeführt, wir könnten unseren Abnehmern nicht Bedingungen auferlegen, die äugen- scheinlich nicht zu erfüllen sind. Aber diese Darstellung ist durchaus irrig und direkt darauf berechnet, den Reichstag zu täuschen. Dem Antwerpener Syndikat wurde das Zugeständnis von vom- herein gemacht, und dadurch wurde die öffentliche Ausschreibung zu einer Komödie. Das Kolonialamt hätte, sobald eS von diesem illoyalen Vorgehen erfuhr, mit einem Donnerwetter dazwischen- fahren müssen. Dadurch, daß uns in der Budgetkommission keine Mitteilung darüber gemacht worden ist, daß von der unbedingten Abnahme keine Rede sein könne, fühle ich mich direkt getäuscht. Eineö Urteils über das Borgehen der Verwaltung will ich mich trotzdem vorläusig enthalten und die Erklärung der Regierung abwarten. Die Förderer wollten aber nun nicht darauf eingehen, daß dem Amsterdamer Syndikat in dieser Weise ein Millionengeschenk gemacht wurde, sondern bestanden auf den Vertrag. Die Kolonialverwaltung hat daraufhin erklärt, die Regie über- nehme den ZinSverlust, der durch die Zurückhaltung von Diamanten in der Regie herbeigeführt werde. Die Förderer seien dadurch nicht geschädigt. Zu diesem Zweck wurde der sogenannte Dispositions- fonds benutzt. In diesem Fonds steht aber kein Wort davon, daß er angesammelt wird, um den Herren in Amsterdam Geschenke zu machen, denn darauf kam es docv hinaus, wenn die Regie den Zinsverlust übernahm, den sie auf Grund deS Vertrages zu tragen hatten. Einen weiteren Angriff muß ich erwähnen, weil der Staats- sekretär es nicht für nötig gehalten hat, sich gegen diesen ehren- rührigen Vorwurf zu wehren. Es wird nämlich behauptet, daß die Leitung der Regie in einem zu intimen Verhältnis zu dem Amsterdamer Syndikat steht, und daß das dazu geführt habe, daß dem Syndikat die Diamanten jahrelang zu einem un- verantwortlich billigen Preise abgegeben worden sewn. Das ist doch ein so schwerer Vorwurf, daß er offenbar unberechtigt sei« muß, aber man kann von der Verwaltung verlangen, daß sie ihn nicht ruhig hinausgehen läßt, ohne Einspruch dagegen zu erheben. Nach all den gemachten Erfahrungen hätte die Kolonialverwaltung sich nicht dazu hergeben sollen, nach der Pfeife der Großbanken zu tanzen. Gegen die Förderer ist sie schonungslos vorgegangen. Der einzige Mann, der im Kolonialamt dem Großkapital emgegengetteten fft und die Wünsche der Förderer und Schleifer berücksichtigt hat, hat gehen müssen oder ist von selbst gegangen. Die Herren, die an seine Stelle getreten sind, sind gewiß unter den schwierigsten Verhältnissen tätig, aber jedenfalls hat sich im abgelaufenen Jahre die Kolonialverwaltung nicht mit Ruhm bedeckt. Sie ist von dem Wege, der im vorigen Jahre eingeschlagen worden ist. immer mehr abgekommen und ist bemüht gewesen, immer mehr ein- seitig die Interessen der Großbanken zu wahren. Wir hoffen, daß sie im Jahre mehr dem Wohl der Gesamtheit entsprechend handeln wird.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär Dr. Solf: Ich nehme an, daß wenn der Vorredner da? Stenogramm meiner Rede liest, er nachher zu mir kommen und sich ent» schuldigen wird. Im vorigen Jahre habe ich ihm über alle?, was er vorgebracht hat. Rede gestanden, habe ihm sogar gedankt für gewisse erwägungswerte Anregungen im Interesse der Schleifer. Auf die heulige Rede werde ich ihm im einzelnen nicht er- wider», da sie B e l ei d i g un g en, ja sogar V e r l e um d u ngen gegen mich enthielt.(Große Unruhe bei den Sozialdem.) Er hat behauptet, daß betrügerische Manipulationen in der mir unterstellten Regie vorgekommen sind, trotzdem ich in der Budgctkommission ent- gegengesetzle Erklärungen abgegeben habe. Darauf bezieht sich das harte Wort, daS ich gebraucht habe. Ich kann davon nicht« zurück- nehmen, che nicht der Herr Abgeordnete die Beleidigungen zurück- nimmt, die er mir entgegengeschleudert hat.(Bravo ! rechts.) Ich erkenne an, daß er sich in das schwierige Diamautengeschäft ein- gearbeitet hat, aber in das der Schleifer, nicht der Förderer. Die Beziehungen, die das Kolonialaml mit dem Herrn Äbgeord- neten gehabt hat, insbesondere im Interesse der Schleifer, waren doch so, daß ich eS für unmöglich gehalten hätte, daß er heute so gegen mich und die Kolonialverwaltung auftritt. Auf den Diamantenhandel kann ich heute nicht aus- führlich eingehen, da wir gerade vor dem Abschluß eines sehr wichtigen Geschäfts sind, an dem auch der Fiskus bedeutenden Anteil hat. In der Budgetkommission habe ich dargelegt, worum eS sich handelt. Ferner kommt in Betracht, daß nach dem monate« langen Kampf mit den Förderem jetzt eine Belohnung erfolgt ist.