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Kr. 80. Sl. Iahrgavg. 2. KcilM des.Fmiilts" Krlim Sonntag . 22. Mar; 1914. Nontag. den 23. Marz:?rauen--Cefeabend in Groß'Min. Kunst undpolitische Parteisache/ In der Freitagnummer desBerliner Tageblattes" findet sich ein« Erklärung des Herrn Friedrich K a h tz l e r, in der er seine Absage, an einer Märzfeier des Wilmersdorfer Wahlvereins mit- zmvirken, zu begründen sucht. Herr Kahtzler schreibt: Gegenüber den verschiedenartigen Veröffentlichungen über die Gründe, die mich veranlatzt haben sollen, einem hiesigen so- zialdemokratischen Verein meine Mitwirkung als Vorleser zu versagen, sehe ich mich zum Zwecke der Richtigstellung veranlaht, folgendes zu erklären: Ich habe wiederholt vor Arbeitervereinen gelesen in dem selbstverständlichen Bewußtsein, ausschließlich künstlerischen Zwecken zu dienen. So las ich zum Beispiel aus Liliencron , Fontane , Dehmel, wobei ich mir mein Programm stets selbst wählte. Van revolutionärer Färbung war keine Rede. Ebensowenig habe ich diesen Veranstaltungen irgendwelchen politischen Charakter anmerken können; im Gegenteil ist mir die aufnahmefreudige, jedem engen Parteiwesen fremde Art des Ar- beiterpublikums stets eine frohe Genugtuung gewesen. Die letzte an mich ergangene Aufforderung trug auf dem Kopf des Briefes die BezeichnungDer Bezirks-Bildungsausschuß Groß-Berlin", eine klare Bestätigung meiner Auffassung vom Wesen dieser Veranstaltungen. Infolgedessen und auf Grund meiner früheren Erfahrungen kam es mir nicht zum Bewußtsein, daß es sich diesmal um eine politische Feier handeln sollte. Ich stutzte, als mir in einem späteren Briefe, fder de» StempelSozialdemokratischer Wahlverein Wilmersdorf " trug) bestimmte Gedichte als wünschenswert vorgeschlagen wurden. Als ich dann in der Zeitung meinen Namen mit einer politischen Parteisache in Verbindung gebracht sah, kam für mich eine Mit- Wirkung nicht mehr in Frage, und ich zog meine prinzi- pi«ll gegebene Zusage sofort zurück. Denn ich stehe auf dem Standpunkt, daß meine Kunst unter keinen Umständen irgendeinem politischen Parteiinteresse dienen darf. Ob sich da, gegen mein Publikum aus Sozialdemokraten, Konservativen oder Liberalen zusammensetzt, ist mir vollkommen gleichgültig." Demgegenüber stellt der Vorstand des Wilmersdorfer Wahl- Vereins folgendes fest: DieDeutsche Tageszeitung", die sich durch De - nunziationcn jeder Art gerade in letzter Zeit besonders eifrig hervortut, wagt es ohne den Schatten eines Beweises zu be­haupten, daß wir Herrn Friedrich Kayßler gegenüber den wirklichen Charakter unserer Märzfeier ver- schwiegen haben und auch Herr Kayßler selbst deutet in seiner Erklärung imBerk. Tagebl." wie auch vorher diesen Vorwurf an. Demgegenüber müssen wir betonen, daß Herr Kayßler von vornherein wußte, daß er bei unserer Märzfeier revolutionäre Dichtungen zum Vortrag bringen sollte, wie er erst einen Monat zuvor in Berlin bei einem von der S o z.i a l- demokratie veranstalteten Dehmel-Abend mitgewirkt hat. Auf dem Kopf des gedruckten Programms fand sich damals klar und deutlich die BezeichnungSozialdemo- kratischer Wahlverein für den 4. ReichStagslvählkreis", und ebenso deutlich hat derSozialdemokratische Wahlverein Wilmersdorf" als solcher Herrn Kayßler den Vorschlag gemacht, Dichtungen von Freiligrath , Heine, Herwegh , Mackay und Starm, also von Männern, deren Bedeutung in der Literaturgeschichte ohne Rücksicht auf irgendwelchepolitische Parteisache" feststeht, zu rezitieren. Trotz diese? Wunsches wurde dem Künstler auS- drücklich überlassen, das künstlerische Programm zur Märzfeier nach seinem Ermessen festzulegen. An einem dahingehenden Brief, der über die Arider Veranstaltung und der Veranstalter seihst keinen Zweifel lieh, hat Herr Kayhler in keiner Weise Anstoß genomnien. Erst als am Sonnabend, den 14. d. M., das A g r a r i e r b l a t t in seiner bekannten Art seine und seiner kunstverständigen Freunde, die bekanntlich die wabr«Herzensbildung" in Erbpacht haben,Befremden und Bedauern" aussprach, hat der Künstler telephonisch am Sonntagmittag seine Zusage zurückgezogen. Dies« für den Künstler wie für uns peinlich« Tatsache muh fest- gestellt werden. Wir können die Angelegenheit damit für erledigt ansehen, zumal wir trotz der Kürze der Zeit noch in einem an- deren angesehenen Rezitator Ersatz gefunden haben." Parteiangelegenheiten. Theatervorstellung. > Das Prinzip. Lustspiel in drei Akten von Hermann Vahr. Sonntag, den 2 9. März, nachmittags 3 Uhr. im Deutschen Künstlertheator, Nürnberger Straße. Das feinsinnige Stück gehört zu den besten Erzeugnisien der neueren Lustspielliteratnr. Dr. Esch, der im Mittelpunkt der Handlung steht, erzieht feine Kinder nach dem Grund- satze:«Laßt den Menschen ihren Willen". Als jedoch die Kinder, älter geworden, anfangen, die ihnen dadurch an- erzogene Lebensauffassung in der Praxis des Lebens anzu indes bei aller Heiterkeit nicht de» nachdenklichen Hinter grundes entbehren. Karten zum Preise von 1,lO Mark ein­schließlich der G a r d e r o b e ng oh ü hr sind in folgenden Verkaufs st ellen zu haben; Zigarren- geschäft Hoxsch. Engelufer 15;.Vortvärts"-Spedition, Peters­burger Platz 4; Bureau des sechsten Wahlkreises, Gericht- straße 71(von 91 und von 57 Uhr); Zigarrenaeschäft Schröder. Hagelbergerstr. 53/54. Theaterzettel und Einführung in das Stück im Theater gratis. Der Bczirks-BildungSansschnß Groß-Berlw. Vierter Wahlkreis. Am Montag, den 23. März, abends 8'/, Uhr. finden im Petersburger und Köpenicker Viertel gemeinsame Leseabendr statt. Für das Petersburger Viertel in der Riebeck- Brauerei, Frankfurter Allee 53,.Vortrog der Genossin Martha Demmning. Für das Köpenicker Viertel im Lokal Südost, Waldemaistr. 7b. Vortrag mit Lichtbild wn:.Wanderungen durch die Mark Brandenburg." Sechster Wahlkreis. Die Versammlungen der jugendlichen Mitglieder von 18 St Jahren finden diesmal am Mittwoch, den Sb. März. abends S Uhr. in folgenden Lokalen statt: Berolina-Festsäle, Schönhauser Allee 28; Kacze, r o w s k i, Ravenöstr. 6; Franke, Badstr . Ig, und Schröder» Stromstr. 36. Referenten sind die Genossen Erwin Reumailn, Wil » Helm Paetzel, Simon Katzenstein und Emil Eichhorn . Die Vorträge finden ihre Fortsetzung in den im vorigen Monat begonnenen Erörterungen über unsere Gegen- wartsfyrderungen und ist jeder der Borträge in sich ab- geschlossen. Die Genossen werden gebeten, die jugendlichen Mit- g l j« d e r auf diese Versammlungen a u s m e r k j a m zu machen. Neukölln. Am 24. und 3l. März, 7. und 16. April, abends 8 Uhr, findet in Bartschs Festsälen, Hermannstr. 49, der VorlragS- kursusDie großen Utopisten und die Entstehung des Wissenschaft- lichen Sozialismus" statt. Vortragender' ist Genosse Dr. Hermann Tunckcr. Eintrillskarten zu 30 Pf. für alle vier Abende sind noch an den bekannten Stellen und am Saaleingang zu haben. Auch für die heutige TbeatervorstellungDer Kaufmann von. Venedig", Lustspiel von W. Shakespeare , sind noch Billetts vorhanden. Lichtenberg . Dienstag. den 24. März er., abends 8'/, Uhr. Viertelsversammlungen. Tagesordnung: 1. Vortrag. 2. Bericht und Neuwahl der Viertelsleitung. II. Viertel imSchwarzen Adler", Frankfurter Chanssee: Vortrag:Der Klassenkampf der Arbeiter". Referent: Reichstags- abgeordneter Genosse Käppler. III. Viertel imCafs Bellevue", Hauptstraße. Vortrag: Aus Nebels Leben". Referent: Schriftsteller Genosse Max Schütte. IV. Viertel imBllrger-Kasino", Lückstr. 70. Vortrag:»Die Krise und die Arbeitslosen". Referent: Genosse Klingler. V. Viertel imKronprinzen-Garten", Franks. Chaussee 128: Vortrag:Die Presse im Dienste der Reaktion". Referent: Reichs- tagsabgeordncter Genosse Büchner . VI. Viertel im Lokal von Miclke, Möllendorpstr. 14. Vor- trag:»Immer feste drauf!" Referent: Schriftsteller Genosse Emil Unger. Wilmersdorf . Am Montag, den 23. März, abends 8)4 Uhr, bei Schilling, Lauenburger Straße 20: Konstituierend« Versamm- lung der Jugendsektion des Wahlvereins. Tagesordnung: 1. Vor- trag überJugend und Partei". Referent: Genosse Renner, 2. Freie Aussprache. 3. Wahl des Vorstandes. Die Jugendlichen im Alter von 18 bis 21 Jahren werden gebeten, zahlreich zu er- scheinen. Zehlendorf (Wannfeebahn). Am Dienstag, den 24. März, abends 8l/a Uhr, bei W. Mief, Karlstr. 12: Wahlvereinsversammlung. Vortrag »Die Reaktion von 1843 bis 1214". Tempclhof-Maricndorf. Die Jugendsestion hält am Montag, den 23. März, abends 8)4 Uhr, im Lokale von Benscheck, Marien- darf, Chausseestraße 27, ihre nächste Zusammenkunft in Form eines Diskutievabcnds ab. Thema: Militarismus. Gaste willkommen. Tcmpelhof. Heute Sonntag, vormittags 8 Uhr, suchet von den bekannten Stellen aus eine Flugblatt-Verbreitung zur Gemeindewahl statt. Die Parteigenossen, die sich an den Wahlarbeiten beteiligen, wollen sich an einer der folgenden Stellen einfinden: Restaurant Stnhlmann, Dorfstr. ö0: Martin Müller, Ringbahnstr. 42; Re- staurant Laagow, Friedrick-Karl-Str. 7: Restaurant Zimmet, Moltkestr. IT; Restaurant Schreiter, GottUeb Dunkelstr. l>g. Das Wahlresultat wird heute nachmittags tz)4 Uhr imWil , Helmsgarten" bekanntgegeben. Rudow . DienSlag, 24. März, abends 3 Uhr, im Lokale von Palm: Mitgliederversammlung deS Wohlvereins. Lankwitz . Heute Sonntag, mittags 2 Uhr, findet im Lokal von Giegl, Kailer-Wilhelm-Straße, Ecke Seydlitz straße, eine öffentlich« Gemeindewählerversammlung statt, in der Genosse Redalteur Karl Mermuth über das Thema; Sozialdemokratische Gen, ein depolitik sprechen wird. ES ist notwendig, daß alle Genossen und Genossinnen lebhost für die Versammlung ogrtiere». Grünau . Mittwoch, de» 25., abends 9 Uhr, in dergrünen Ecke", Köpenickerstr . 83: Generalversammlung. Tagesordnung: Bericht des Vorstandes und der Funktionär«. Neuwahl des gesamten Vorstandes. Was lehrt uns die Gemerndewahl. Vereinsangelegen- heiten und Verschiedenes. Rosenthal. Diensiag. 24. März, abend» S>/, Uhr, im Lokale von Gust. Milbrodt, Walderseeslr. S; Ordentliche Generolvcrsamm- lnng. Tagesordnung: Bericht des Vorstandes über das abgelaufene Geschäftsjahr, Neuwahl des Vorstandes, der Funktionäre und Funklionärinnen. Stellungnahme zur Gemeinvevertreterwahl. Parteiangelegenheiten. Tegel . Montag abend 7 Uhr: wichtige Flugblattverhreitung hon den bekannten Stellen aus. DienSlag abend 8 Uhr: große öffentliche Versammlung in TrappS Festsälen. Referent Reichstagsabgeordneter Genosse P« u S. öerliner Nachrichten- berliner Bibliotheken.. Die moderne Großstadt bietet jedem nach Bildung und Wissen Strebenden eine Fülle von Möglichkeiten. Theater und Konzerte. Museen und Vorträge seien nur unter den de- deutendsten ständigen Einrichtungen genannt, die mit' wenig Mühe und mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwande jedermann zugänglich sind. An der Spitze aller Bildungs- einrichtungen stehen aber zweifellos die zahlreichen Biblio» theken, die besonders in Berlin vorhanden sind. Die Bibliothek ist zu allen Zeiten diejenige Bildungsinstitution gewesen. welche die größte Anziehung und Wirkung auf die Geister ausübte. Sobald die Menschen der Schrift mächtig waren, ihre Gedanken auf irgendein« Art vergegenständlichen konnten (auf Stein, Bronze, Holz oder Papier ), seitdem haben sie be- gönnen, die Dokumente ihre? Geistes aufzubewahren, zu ordnen, zu systematisieren. Die moderne Bibliothek hat also eine jahrtausendelange Entwickelungsgeschichte. Und es ist deshalb kein Zufall, wenn die Bibliotheken heute allerseits besonders planmäßig ausgebaut werden. An der Spitze aller Berliner Bibliotheken steht die König - liche Bibliothek, eine sogenannte Gelehrtenbibliothek. Sie zählt rund 1 Million Bände und zirka 30 000 Handschriften und ist ihrem Umfange nach die fiinftgrößte Bibliothek der Welt. Leider ist diese wertvolle Büchersammlung für die große Masse der Bevölkerung durch eine höchst reaktionäre Benutzungsordnung und Bibstotheksteuer so gut wie gesperrt. Aber nicht völlig! Der große Lesesaal ist immerhin zugäng- lich; es bedarf dazu nur eine Lesesaalkarte, die am Schalter bereitwilligst jeder Person ausgefertigt wird, die sich ge­nügend legltimieren kann. Es steht dem Besitzer der Lesesaal- karte nicht nur die 20 000 Bände zählende Handbibliothek zur Verfügung, sondern auch jedes Buch der Hauptbibliothek kann für den Lesesaal bestellt werden, wo es dann so lange zur Verfügung bereitgehalten wird, als der Leser es wünscht; natürlich können mehrere Bücher zugleich bestellt werden. Sämtliche Bücher sind in einem Hauptkatalog, nach Autoren geordnet, verzeichnet; die zahlreichen und ansehnlichen Katalogbände beanspruchen zu ihrer ordnungsmäßigen Auf­stellung einen kleinen Saal. Wer also einmal eine seltene Schrift zu lesen lvünscht und über die nötige Muße verfügt, der benutze getrost den königlich preußischen Bücherschatz. Die Bibliothek ist von früh 9 Uhr bis abends 9 Uhr geöffnet; Ausleihe und 5wtalogsoal nur bis 0 Uhr. An zweiter Stelle sei die Berliner Stadtbibliothek ge- nannt; sie umfaßt zirka 120 000 Bände; auch hier ist die Be- Nutzung nicht obligatorisch, sondern jede Person, die auszu­leihen wünscht, muß eine bestimmte Garantie zu leisten im- stände sein; wer nicht durch seine soziale Stellung unbedingte Sicherheit zu bieten vermag, der bedarf eines Bürgen durch eine angesehene Persönlichkeit, eines Stadtverordneten usw. Der Lesesaal ist ohne weiteres für jeden zugänglich und es können gleichfalls die Bücher der Hauptbibliothck dahin be­stellt werden. Besonders die schöne Literatur ist in der Stadt- bibliothek zahlreich und durch seltene Werke vertreten. Aber auch die übrigen Gebiete sind durch vorzügliche Literatur ver- treten, so daß der Wissensdurstige nur wählen darf. Nur der Lesesaal der Stadtbibliothek ist räumtich und auZ> in anderer Hinsicht nicht immer geeignet, den Ausenthalt angenehm zu machen; es dient dazu ein geräumiges, Halbdunkeles Zimmer im ehemaligen Markthallengebäude, Zimmerstraßc 90/91. Hoffentlich werden diese unhaltbaren Zustände bald aus der Welt geschafft. Die Stadtbibliothek ist von früh 10 Uhr bis aöends 10 Uhr geöffnet. Im Anschluß hieran erwähnen wir die zahlreichen städti- scheu Volksbibliotheken, dick in allen Stadtteilen vertreten sind. Sie führen in erster Linie schöne Literatur und daneben populäre naturwissenschaftliche und geschichtliche Literatur. Die städtischen Volksbibliotheken werden außerordentlich in Anspruch genommen; während der letzten Jahre schwankt die jährliche Ausleiheziffer zwischen 4 bis 5 Millionen Bänden. deren Höhe einigermaßen verständlich wird, lvenn man sich vergegenwärtigt, daß es bis zu 95 Proz. reine Unterhaltungs- literarur ist. Immerhin erscheinen uns diese Volksbibliotheken wirksame Dämme gegen die Schundliteratur zu sein. Die Bibliothek der Berliner Kaufmannschaft(30 000 Bände) enthält vorwiegend volkswirtschaftliche Literatur, und sie ist in dieser ihrer Eigenart besonders wertvoll. Ter große helle Lesesaal(Börsengebäude, Wolfgangstraße) ist öffentlich, dagegen ist das Ausleiherecht auch nicht obligatorisch. Hier ist die Bürgschaft irgendeiner einflußreick>en bürgerlichen Per- sönlichkcit notwendig. Die großen Bibliotheken, die Jiber wertvolle Bestände verfügen, scheuen sich mit Unrecht über- inäßig. ihre Schätze deni großen Publikum zugänglich jfijl machen. Ein Versuch würde die maßgebenden Persönlich- keilen bald eines besseren belehren, wie die bisherigen Er- fahrungen in dieser Hinsicht auch dafür sprechen. Ist es etwa zufällig, wenn aus dem Lesesaal der Königlichen Bibliothek im Jahre 1912 104 Bücher gestohlen wurden, während da- gegen aus dein Lesesaal der Heiniannschen Bibliothek in einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten nur 2 Bande ent« wendet wurden? Das sind doch Unterschiede, die nicht nur statistische, sondern auch moralische Bedeutung haben. Allgemeiner Beliebtheit erfreut sich die öffentliche Biblio- th«k, die Hugo Heimann der Berliner Bevölkerung zur Ver- siigung stellt. Ihr Wert und ihre Notlvendigkeit- steigt von Tag zu Tag. wie die Jnartspruchuahme deutlich zeigt. Diese Bibliothek nimmt zwischen der exklusiven Gelehrtenbibliothek und der üblichen Volksbibliothek eine glückliche Mittelstellung ein, insofern sie in gleichem Maße der Belehrung wie der Unterhaltung dient. Bei der Literaturauswahl sind Sachlich- keit und äußerste Objektivität die leitenden Gesichtspunkte ge- Wesen, so daß alle Parteien gleichmäßig zu Worte kommen. Di« Arbeiterschaft sollte diesem Ktilturinstitut ihre ganze Auf« merksamkeit zuwenden. Aehnliche Bestrebungen wie die Hetmannsche Bibliothek verfolgt die Bibliothek der Gesellschaft für Ethisch« Kultur. Zuletzt erwähnen wir die Arbeit«rbibliotheken, nicht, weil sie für die Arbeiterschaft nur etwa»ebeiisächliche Bedeutung haben, sondern um sie besonders hervorzuheben. Die moderne Arbeiterbibliothek ist ganz neuen Datums; sie ist ihrem inneren Wesen nach ein Produkt der kapitalistischen Entwicke» lung, der selbständigen proletarischen Bewegung. ES liegt ihr die gleiche Idee zugrunde, wie der Arbeiterbildung über- Haupt; Seine gesellschaftliche Stellung zwingt das Proletariat. eine bewußt« Klassenbildung zu pflegen, die vor allein dazu dient, den Befreiungskampf des Proletariats zu fördern, ziel- klarer zu gestalten. Deshalb sind auch die Arbeiterbibliotheken von wesentlich anderer Art, wie ähnliche bürgerliche Einrich­tungen. Sie pflegen in hervorragendem Maße die wissen­schaftliche sozialistische Literatur, weil die bürgerlichen Bibliotheken mit wenigen Ausnahmen dieses Gift von ihren Lesern ängstlich fernhalten. Aber es würde der Höhepunkt der Torheit und beschränkten Verbortheit sein, wollten nun die Arbeiterbibliotheken die gleiche Praxis üben und alle nicht sozialistische Literatur auf den Index setzen. Vielmehr habei: sie auf allen Wissensgebieten strengste Objektivität geübt und alle Werke vpn bildendem oder belehrendem Werte, soweit e» die beschränkten Mittel erlauben, für ihre Leser erworben. Der Umfang einer Arbeiterbibliothek ist abhängig von den Geldmitteln der betreffenden Organisation. Unter den Berliner.Arbeiterbibliotheken verdienen besondere Beachtung die Bibliotheken des Metallarbeiter-, Holzarbeiter�, Trans- portarbeiter- und Buchdrucker-Verbandes. Sie sind für die kleineren Organisationen von vorbildlicher Bedeutung, der- fügen über beträchtliche und durchweg gute Bestände, erfreuen sich einer fachmännischen Leitung, welche Errungenschast nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Besuch englischer Arbeiter in Berlin . Im Laufe des Monats Mai werden etwa 100 englische Arbeiter und Angestellte unter Führung deS National Council of Adult Schools(Hauptvorstand der Schulen für Erwachsene) die Stadt Berlin besuchen, um die Stadt und staatlichen Anstalten und wbustriellen Anlagen zu besichtige«. Aehnliche Besuche fanden wde«