über gciammert, daß sich die Regierung nicht neutral der-balte, wenn ein Unternehmer zur„Selbsthilfe" greife, umdie Organisation in seinem Betriebe totzuschlagen. Takommen die Kathedersozialisten, da kommt die öffentlicheMeinung in Gestalt einer demokratischen Presse, da kommendie„geschäftigen unparteiischen Vermittler in Gestalt einesMagistrats- oder Gewerbegerichtsvorsitzendcn", da erscheintder Gesandte der Gewerbeinspektion, um für die Regierung„Informationen" zu erbitten. Nach außen und offiziellbleiben die Regierungen wohl neutral, aber ihre Vorliebe fürden Kathedcrsozialismus, von dem sie sich Material zutragenlassen„zum Ausarbeiten unternehmerfeindlicher Gesetze undVerordnungen", sei jedoch ein krasser Bruch der den Unter-uehmern schuldigen Neutralität.Aber dessen ungeachtet sollen die Unternehmer weiterhindie Selbsthilfe üben und ausbauen und sich den Appell desMinisters zunutze machen. Tie Unternehmer sollen„von nun an mit doppelter Energie für die Befreiung ihrerwirtschaftsfriedlichcn Arbeiter vom roten Terror dadurch offeneintreten, daß sie jede» ihnen als Bertraucnsmann bekanntensrcigewcrkschaftlich organisierten Arbeiter aufs schärfste über-wachen und beim kleinsten Anlast schleunigst an die Luft setzen..... Hinaus aus dem Hause mit diesen Friedensstörern, fort vonder Arbeit mit diesen Hetzern!"Tor Scharfmacher, der seinen Gesinnungsgenossen denRat gibt, die Aufforderung des Polizeiministers so wörtlichzu befolgen, meint es gewiß ganz gut. Es gibt auch seitherschon Unternehmer, die nach diesem Rezept arbeiten. Terallgemeinen Anwendung dieses terroristischen Mittels zur Be-kämpfung der Gewerkschaften stehen jedoch einige nicht un-weseiitliche Bedenken entgegen. Vor allen Diirgen der Um-stand, daß es der böseil Gewerkschaftler so viele sind. Garmancher Unternehmer könnte, lvenn er sich seiner geWerk-schaftlich organisierten Arbeiter entledigen loollte, gar leichtin die Lage kommen, seinen Betrieb ganz schließen zu müssen.Tie Eisenbartkur zur Vernichtung der Gewerkschaften,lvelchc die„Post", der Anleitung des Herrn v. Dallwitz sol-gend, den Untexnehmern empfiehlt, ist übrigens nicht neu.<ric ist schon eiimial gegenüber der Sozialdemokratie an-gewendet worden. Gleich nach dem Erlaß des Sozialisten-gesetzes begann die Hetze gegen die sozialdemokratisch ge-sinnten Arbeiter, die nicht nur von der Polizei in nieder-trächtiger Weise verfolgt, sondern ihrer Gesinnung wegenauch in großer Zahl von fanatischen Unternehmern brotlosgemacht wurden. Wenn die Herrschaften wissen wollen, wasdamit erreicht wurde— die Statistik der Reichstagswahlengibt auf diese Frage eine deutliche Antwort. Für Herrnv. Tallwitz und seine Nachbeter in der„Post" ist es jaschlimm, sich sagen lassen zu müssen, daß wederPolizei-u o ch U n t e r n e h m e r t e r r o r i s m u s a u s r e i ch t, d i eArbeiterorganisationen totzuschlagen. Siemögen sich aber mit dem Bewußtsein trösten, daß sich an derklassenbewußten Arbeiterbewegung schon größere Geister alssie die Zähne ausgebissen haben.Aber Tank Herrn v. Dallwitz und der„Post", daß sie sooffen für eine Knechtung der Arbeiter eintreten und damitfür eine Aufrüttelung der Massen agitieren. Auch den un-freiwilligen Agitatoren gebührt Dank.Ms dem schweöischen Wahlkampfe.fVon unserem nach Schweden entsandtenKorrespondente n.)Kramfors, 29. März.'Nachdem wir daS südschwedische Ackerbaugebiet und den Haupt-sitz der„Intelligenz". Stockholm, besucht hatten, führte uns derNachtzug über das gebirgige Mittelschweden nach dem hohen Norden.Je höher der Zug im Laufe der Nacht kam, je prächtiger war derWinter, und hier im großen Sägemühlenbezirk des Aadalen liegt nochVz Meter tief der Schnee mit tv bis 1ö Grad Kälte täglich. DieseGegend kennt nur einen Erwerbszweig größeren Stils: die Säge-inühlenindustrie. Die kleinen Flecken, die durch die Eisen-bahn miteinander verbunden werden, sind fast sämtlich in denletzten paar Jahrzehnten entstanden. Sie sind die beredten Zeugendes Unterganges der ehemaligen selbständigen Bauernbevölkerung indiesen Gebieten. Nur in diesem großen Landestcil lagen einst selb-ständige-Bauerngehöfte, Waldbauern würde man sie nennen können,die von Viehzucht auf primitiver Grundlage leben, denn Roggenund Weizen reifen hier nicht. Mit der„Entdeckung" dieser Waldreich-lümcr durch das Großkapital haben sie ihre Selbständigkeit verloren.Daran hat allerdings die Gesetzgebung nicht wenig schuld, die vonden Konservativen gemacht worden ist. Die Waldhändler, spätermeistens Aktiengesellschaften, kauften um billige« Geld den wertvollenWald, dessen wirklichen Wert draußen auf dem Weltmarkte dieBauern gar nicht kannten. So kam die Gesetzgebung, die inSchweden anscheinend grundsätzlich alle Dinge vom falschen Endeanpacken muß, und machte eine vernünftige Ausnutzung derWälder unmöglich. Die Waldkäufer, die wir nun Sägemühlen-,ndustrie nennen, wollten ja nur das Abholzungsrecht auf eine be-stimmte Zeit, in der Regel auf 50 Jahre kaufen. Die Gesetzgebunggriff ein und gestattete nur einen 20 jährigen Vertrag, später garnur einen fünfjährigen und schließlich verbot sie überhauptden Verkauf des Abholzungsrechts. Jetzt mußte derBauer, wenn er Geld haben wollte, den ganzen Hof verkaufen,und die Gesellschaften faßten die Sache auch ganz richtig von dieserSeit« an. Es hat nicht lange Jahrzehnte gedauert und dieirühcren selbständigen Waldbauern, die von ihrer Viehzucht eine,wenn auch bescheidene Existenz hatten, ihrer Selbständigkeit beraubtund nunmehr Pächter und Arbeiter des Industriekapitals waren.Das neueste Gesetz verbietet nun den Aktiengesellschaften den Erwerbdes bäuerlichen Bodens. Das soll ein soziales Gesetz sein, das so-gar ein sozialdemokratisches Parteimitglied, der Abgeordnete Lind-Hagen in Stockholm, besonders gefördert hat. Allein, einen Zweckhat diese Art Gesetzgebung gar nicht, denn jetzt kaufen nicht dieGesellschaften, sondern ihre Bulwane den Boden. Und die kapi-talistische Enteignung der Bauern schreitet nach wie vor fort, soweitüberhaupt noch etwas zum Enteignen vorhanden ist.Diese Kleinbauern sind heute größtenteils Abhängige des Säge-nmhlenindustriekapitals. Im Sommer finden sie. neben ihrer undihrer Familie bäuerlichen Beschäftigung, Lohnarbeit in den Säge-wühlen und in der Flößerei, und im Winter ebensolche beim Holz-sälleo oder, wenn sie Pferdebesitzer sind, beim Holzfahren. Da«gefällte Holz wird auS dein Walde an die Flüsie im Winter aufsA» herangeschleppt und im Frühling zu Flößen vereinigt den resp.Fluß hinuntergeflößt. Hier in der Nähe der Küste wird es an denSägemühlen aufgefangen, zu Brettern usw. geschnitten, teilweisewird das Holz auch an gleicher Stelle zu Türen und Fenstern der-arbeitet und dann geht es auf den Weltmarkt hinaus.Im letzten Jahrzehnt hat auch die Z e l l u l o s e i n d u st r i emächtige Fortschritte gemacht. Auch die Nebenprodukte, die so langehier vernachlässigt wurden, beginnen wenigstens teilweise Beachtung zufinden. AuS den Sulsitabfällen der Zelluloseindustrie wird jetztSulfitspiritus hergestellt und man hofft gar, diesen für den Kraft-wagenverkehr zur Anwendung bringen zu können, für den er einweit billigeres Betriebsmittel als das Benzin darstellen würde, dasman vom Auslande einführen muß. Auch die Holzkohle bildet heuteein Nebenprodukt der Sägemühlenindustrie, die aus den Ab-fällen beim Kanten hergestellt wird, während bei der früherenprimitiven Produktionsweise diese Abfälle in den Wäldern verfaulten.So ist die Sägemühlenindustrie heute eine HauptindustrieSchwedens. Sie hat ihren Sitz an der Mündung der nordländischenFlüsse, von denen gerade der Angermanelf einer der bedeutendstenist. Er ist 60 Kilometer landeinwärts auch für die größten Schiffeschiffbar und hier befinden sich auch die Sägemühlen, während beiden anderen Flüssen die Industrie sich an der Mündung am Meereansiedeln muß. Der Produklionswert nur der Sägemühlen beträgtetwa Milliarde jährlich.In dieser Industrie sind rund 50 000 Arbeiter beschäftigt, dievor 1909 eine relativ gute gewerkschaftliche Organisation hatten,infolge der Verfolgungen der Arbeitgeber aber in den folgendenJahren zurückging. Jetzt ist aber schon seit einem Jahr eine großeRegsamkeit wieder bemerkbar, und insbesondere hat die durch dieKönigsrede und die konservativen Hetzereien hervorgerufene politischeKrise einen mächtigen Aufschwung gebracht. DieVersammlungen sind überfüllt, und die Kampfesstimmung gegen dieWiederkehr der Konservativen an die Regierung ist geradezu typischfür den Haß, den die reaktionäre Politik der Konservativen in diesenBauern« und Arbeiterschichten hervorgebracht hat. Die Stimmungfür die Landesverteidigung ist auch nicht gerade erhebend, eineFolge der Ausbeutungspolitik der Konservativen und des Groß-kapitalismus.Die Bauern in diesem Landesteil haben bisher zum größtenTeil liberal gewählt. Von den 41 Mandaten haben die Libe-ralen bisher 26, die Sozialdemokraten 10 und die Konservativen 5.Dem„Bauernzuge" zum König stellten diese Bauern ein starkesKontingent, aber konservativ stimmen— nein, das weisen sie impersönlichen Gespräch mit Entrüstung von sich. Es ist vielmehr an-zunehmen, daß viele ins sozialdemokratische Lager abmarschierenwerden und unsere in der Agitation tätigen Genossen erklären, daß sienoch nie solche Resonanz bei der Agitation in den Waldgegendengesunden haben wie diesmal. Diese Agitation ist außergewöhnlichmühevoll. Es gilt mit Schlitten oder auf Schneeschuhen meilenweitin die abgelegensten Gebirgsgegenden zu gehen, wo vielleicht auf je100 Kilometer ein paar Bauernhäuschen anzutreffen sind. Man hatbei uns draußen in der.Kulturwelt" keine Ahnung davon, welcheopferreiche Arbeit diese Proletarier der Waldindustrie für die Propa-gierung des Sozialismus wie der gewerkschaftlichen Organisationleisten, mit großem Idealismus leisten. Den Sieg hätten sie inreichstem Maße verdient.Zu bemerken wäre noch, daß hier die Abstinenzbewegung in dersozialdemokratischen Arbeiterschaft und bei den Kleinbauern großeAnhängerschaft hat, und daß alle agitatorisch tätigen Genossen absti-nent find. Das hat insofern politische Bedeutung, als die Kreise derAbstinenzbewegung Gegner der Konservativen sind. Auf Siege indieser Gegend können diese nicht hoffen.Liberaler Verlust in Stockholm.Stockholm, 1. April. Die Reichstagswahlen imzweiten Stockholmer Wahlkreise haben folgendes Resultat ge-habt: Die Partei der Verteidigungsfreunde erhielt10 505 Stimmen, die Liberalen(Anhänger Staaffs) 4595 Stimmen,die Sozialdemokraten 7763 Stimmen. Bei den vorigenWahlen im gleichen Kreise erhielten die Moderaten 5297, die Libe-ralen 5123 und die Sozialdemokraten 7408 Stimmen. Die V e r-teidigungsfreunde gewinnen hiermit einen Platz vonden Liberalen und einen Platz von den Sozialdemokralen. Denliberalen Platz hatte der frühere Staatsminister S t a a f s inne.politische Ueberflcht.Die Einigung mit Hindernissen.Daß die Auflösung der altnationalliberalen und jungliberalenOrganisationen in ihrem Endeffekt nichts gewesen wäre, als dievöllige Ausschaltung des jungliberalen Einflusses, bestätigt auchdie„Konservative Korrespondenz". Den Beschluß der Auflösungder beiden Organisationen bezeichnet sie nämlich als einen„h o ch-wichtigen Beschluß im Interesse einer klaren und e n t-s ch i e d e n e n Politik". Freilich zweifelt sie noch daran, ob derBeschluß sich so ohne weiteres durchführen lassen wird; doch hofftsie, daß der Geschäftsführende Ausschuß die nötige Energie auf-bringen werde,„um den Beschluß zur Durchführung zu dringenund die in einer Partei unbedingt notwendige Disziplin wiederherzustellen".Die nationalliberale„Königsberger AllgemeineZeitung" ist gleichfalls der Hoffnung, daß der Beschluß seineVerwirklichung finden werde, weil„den Jungliberalen im tiefstenGrunde ihres Herzens die Selbstaufopferung auf den Altar derPartei willkommener sein muß, als ein langsames Dahin-siechen, das bereits begonnen hatte". Skeptischer ist derAltnationalliberale Reichsverband selbst, der in der neuesten Num-mer seiner Korrespondenz auf die„großen Schwierigkeiten" hin-weist, die einer Durchführung des Zentralvorstandsbeschlusscs ent-gegenstehen, und die Frage aufwirft, ob die Zeit dazu schon ge-kommen- sei. Die badischen Jungliberalen erklärenvollends mit Entschiedenheit, daß sie an die Auflösung des badischenjungliberalen Vereins gar nicht dächten, und daß ihre Organisationselbst dann weiter bestehen würde, wenn der Jungliberale Reichs-verband suspendiert werden würde.Der„Mannheimer Generalanzeiger", das Organdes Herrn Bassermann, sucht die gegenseitigen Erklärungen derbeiden Richtungen dadurch zu mildern, daß er den Antrag desZentralvorstandes nicht als Ultimatum, sondern lediglich alseinen Versuch bezeichnet, aus den bisherigen Unbequemlichkeitenherauszukommen. Deshalb möge man sich wenigstens nicht sträu-ben, den Weg der Verhandlungen zu beschreiten. Man könnesich doch wenigstens„einmal zusammen an den Tischsetzen" und den Antrag auf die Möglichkeit einer Durchführunghin prüfen.Schließlich ist es wirklich politisch von keiner allzu großenWichtigkeit, ob die jungliberale Organisation aufgelöst wird odernicht.'Die Altnationalliberalen beherrschen ja doch die Partei undkönnen sich mit der Tatsache begnügen, daß sowohl die Reichs- wiedie preußische Landtagsfraktion ganz in'dem reaktionären Fahr-Wasser segelt, das die Vertreter der Schlotbarone ihr als Kur?ausgedrängt haben.Zentrumsherrschaft.Herr Roeren, der als Parlamentarier so lange im Zentrumeine bevorzugte Stellung innehatte, in neuerer Zeit aber als„Quertreiber" in Acht und Bann getan ist, feierte in diesen Tagenseinen 70. Geburstag. Unier den Gratulationen befanden sich aucheine besonders herzliche des Papstes und des Erzbischofs vonKöln. Das hindert aber die Zentrumspresse nicht, die neuesteSchrift Roerens:„Veränderte Lage des Zentrumsstreites" totzu-schweigen. In einem Rundschreiben des Augustinusvercins andie katholischen Blätter wird gefordert,„im Interesse der e n d-I i ch e n Ruhe die neue Schrift des Geheimrats Roeren nichtzu besprechen und möglichst überhaupt nicht zu er-wähne n, selbst wenn die gegnerische Presse sich mit derselben,wie zu erwarten steht, beschäftigen sollte".Die Korrespondenz des Grafen Oppersdorfs bemerkt dazu:Gewiß hat es' seit Jahrhunderten in zivilisierten Ländern keinenTyrannen st aat gegeben, der eine solche Schreckens-Herrschaft ausübte, wie es gegenwärtig die Kölner Gewalthaberim Zentrum tun. Und der Augustinusverein spielt dabei eine Rolle,die jeder Freiheit der Meinung und des Wortes Hohn spricht.Wann kommt ein Augustinus, der im Augustinusverein nach demRechten sieht?Gegen die neue Lex Heinze.In der„Deutschen Junsten-Zeitung"(Nummer 7 voml. April) wird die neue Lex Heinze unter dem Titel„DasSchaufenstcrgcsetz" besprochen. Regierungsrat Dr. Lindenau-Berlin beschäftigt sich als Jurist mit der möglichen Wirkungder Vorlage. Er ist kein Gegner eines wirksamen„Jugend-schutzes". Er wünscht auch gesetzgeberisches Vorgehen gegendie Schundliteratur wie gegen den unkünstlerischen Schund inder bildlichen Darstellung, der geeignet ist, bei jugendlichenPersonen in sittlicher Beziehung Schaden zu verursachen.Dr. Lindenau denkt sich eine wirksame Abhilfe dergestalt,„daß Herstellung und Vertrieb von Schmutz und Schundin Wort und Bild untersagt und die Grenzlinie dagezogen werde, wo das Interesse von Kunst und Wisien-schaft mitzusprechen beginnt". Gegen die jetzige Vorlagewendet er ein, daß die Beurteilung der schwierigen Fragefast ausschließlich der Polizei überwiesen»verde.Nach dem Juristen kommt in der„Deutschen Jitristen-Zeitung" der Künstler zum Wort: Professor Max Lieber-m a n n, Senator der Königlichen Akademie der Künste inBerlin. Er spricht sich erfreulicherweise viel klarer und be-stimmtcr gegen den Versuch aus, unter dem Vorwand desJügendschutzes mit Hilfe einer neuen Lex Heinze Kunst,Wissenschaft und Literatur der Polizei und den Gerichten zuüberanftvorten. Für ihn gibt es keine Konzcssionen,sondern nur runde Ablehnung dieses Knebelungs-Versuches:„Der Entwurf scheint mir eine erneute und,»venu möglickj,verschlecbterte Auflage der Lex Heinze. Hoffentlich hat er auchdasselbe Schicksal.Der Kunst liegt ebensoviel wie der Moral daran. Schmutz undSchund von der Bildfläche verschwinden zu sehen. Aber mir scheintdie Polizei die wenigst geeignete Behörde, um zu entscheiden, wasin Literatur Kunst und Schmutz sei. Auch ist der in der Begrün«dung wieder auftauchende Kautschukbegriff des AergerniSnehmenShöchst bedenklich, weil er rückständigen Kunstanschauungen zumDeckmantel dient.Der Entwurf, wenn er— was der liebe Gott verhüten möge— Gesetz würde, täte nicht nur der Kunst, deren A und O dieDarstellung des Nackten ist. unendlichen Abbruch, sondern ebensoder Morali Denn im Volke den Gedanken zu züchten, daß daSNackte unsittlich sei, hieße geradezu die schlechten Instinkte an-reizen, nach den verbotenen und daher doppelt süßen Früchten zuhaschen. Im Gegenteile müßte man das Kind an den Anblick dernatürlichen Nacktheit gewöhnen, und sein gesunder Instinktwird in der Venus von Milo nichts Lüsternes gewahren. Wessenperverse Natur durch ihren Anblick sinnlich erregt wird, an dem istnichts mehr zu verderben.Gesetze dürfen nicht gemacht werden, um die krankhaft der«anlagte kleine Minderheit zu schützen, sondern sie sollen die tausend-fach größere Masse von Menschen mit gesunden Instinkten schützenim ihren Genüssen an Kunst und Literatur."Nationalliberale Flegelei.Eine nationalliberale Versammlung in Lorch(Württem-berg) dokumentierte ihre politische Verkommenheit und ihrepatriotische„Bildung" durch die Annahme dieser„Resolution":„Die nationalliberale Ortsgruppe Lorch, entrüstet über dieUntätigkeit der Behörden gegenüber dem skandalösenAuftreten der Rosa Luxemburg, welche in Versammlungendie aufwiegelnden Reden, wegen deren sie zu einem Jahr Ge-sängnis verurteilt worden ist, unentwegt wiederholt und sich überihre Verurteilung noch lustig macht, spricht die Erwartung auS,daß im Reichstag der Ii e i ch s k a n z l e r hierüber interpelliertoder in entsprechender Weise befragt werde. Es wird im deutschenVolke, soweit es nicht im sozialdemokratischen Fahrwaffer segelt.nicht verstanden, daß man dem frechen Gebaren diesesFrauenzimmers nicht ein Ende macht."Und Männer dieser Sorte tun sich noch auf ihr Deutsch-tum und ihren Liberalismus etwas zugute! Pfui Teufel!Ein Protest gegen den preustischen Finanzminister.Der preußische Finanzminister Dr. Lentze hat zur Begründungder Regierungsforderung, eine weitere Anzahl hauptamtliche Steuer-kommissare anzustellen, auf allenthalben herrschende Mißstände inder Steuerveranlagung hingewiesen und dabei auch die StadtNordhausen erwähnt, von der er behauptete, daß ein Steuer«kommiiiar mindestens sechs Jahre zu tun hätte, um Ordnung in dieNordhauier Steuergeschäfte zu bringen. Gegen diese freilich nichtsehr schmeichelhafte Behauptung hat die Stadtverordneten-Versammlung in Nordhausen eine Resolution angenommen, inder es heißt:.Da ocr Finanzminisier von irgend einer sachlicheirBegründung seiner scharfen Kritik an den Maßnahmen unserer ehren-amtlichen Selbstverwaltungsorgane glaubt abieven zu können, soerblickt die Stadtverordnetenversammlung in diesem Vorgehen eineunverdiente Bloßstellung und Beleidigung der ganzen Stadtver-Wallung und eine leichtherzig vorgenommene Schädigung deS Ansehens unserer Stadt." Auf diesen Ton waren auch die AuS«sührungen in der Stadtverordnetenversammlung, besonder« die de«Oberbürgermeisters, gestimmt, der versicherte, er werde im Preußi«l'chen Herrenhauie die Angriffe zurückweisen.Man begreift, daß der Nordhauscr Stadtverwaltung solche An»griffe unbequem sind, daß aber die Steuerveranlagung in Preußen,und zwar nicht nur in Nordhausen, sondern ganz allgemein imargen liegt, ist doch eine bekannte Tatsache, und die Meldung, diesoeben von Nordhausen aus in die Welt geht, daß die Einschätzungfür den Wehrbeitrag im Stadtkreis Nordhausen ein Rehr von