Nr. 100. 31. Iahrgavy.4. Ktilm des Jstmörts" Kerl« MdsMZsnMg, 12. April 1014.titerarische Rundschau.der politische Streit.Der politische Streik von H. Laufenberg. Verlag vonI. H. W. Dietz, Stuttgart. VIl. 260 Seiten. Preis broschiert2 M.. gebunden 2,60 M.In einer Zeit, in der die Massenstreikfrage nicht unmittelbarim Vordergrunde der ParteidiSkusfion steht, erscheinen zwei grösserewissenschaftliche Werke, die das so bedeutsame Problem des poli-tischen Streiks behandeln. Denn wenige Tage, nachdem dasLaufenbergsche Buch in unserem Stuttgarter Parteiverlage heraus-gekommen war, erschien im Verlage der Buchhandlung Vorwärtsein Werk von Karl K a u t s k y über den politischen Massenstreik,daS an dieser Stelle noch besonders besprochen werden soll. Obc« vom buchhändlerischen Standpunkte aus und im Interesse einerweitgehenden Verbreitung dieser Werke angebracht war, beide fürein Arbeiterbudget immerhin teuren Bücher fast gleichzeitig her-auszugeben, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls bedeuten beideeine Bereicherung unserer Parteiliteratur und können viel Klarheitüber GegcnwartSarbeit und Zukunftskämpfe der deutschen Arbeiter-klaffe geben. Ten» keine Frage bedarf dieser Klärung wohl mehrals gerade die Frage des politischen Massenstreik»(Laufenberg gibtder Bezeichnung.politischer Streik" den Vorzug), über dessen Not-wendigkeit und Kommen in der organisierten Arbeiterschaft kaumnoch Zweifel bestehen, während über das„Wann" und„Wie" dieMeinungen noch weit auseinandergehen.Laufenberg behandelt das Massenstreikproblem mit wissen-schastlicher Gründlichkeit. Während das bekannte, im Jahre 1905erschienene Buch der Genossin Roland-Holst entstanden ist unter demBanne der leidenschaftlichen Erregung, von der daS internationaleProletariat durch daS gewaltige Schauspiel und Beispiel der russi-scheu Revolution ergriffen wurde, untersucht Laufenberg ruhig undobjektiv alle historischen, ökonomischen und politischen Seiten beiletzten und wuchtigsten Kampfmittels im proletarischen Klassen-kämpf.Der Wert deS Laufenbergschen Buches liegt zum ersten darin,dass es eine zusammenfassende geschichtliche Darstellung deS politi-schen Streik» gibt. ES geht auS von der Ehartistenbewegung inEngland, wo in den dreihiger Jahren de» vorigen Jahrhunderts da»Proletariat auS der Periode verzweifelter Revolten gegen die kapi-talistische Ausbeutung zu politischer Betätigung übergegangen war.Im August de» Jahre» 1842, im„heiligen Monat", sucht daSenglische Proletariat zum erstenmal den Kampf um ökonomischeBesserstellung mit dem Kampf um politische Macht zu verbinden.Dieser erste politische Streik— er wurde ohne einheitliche Leitungund ohne Organisation geführt— brach zwar zusammen, erfolglosaber war er nicht.Laufenberg untersucht sodann die grossen ökonomischen Streik»mit politischen Nebenwirkungen, die überall da einsetzen, wo daSGrosskapital die ökonomische Führung übernommen hat. Danebenbehandelt er die WahlrechtSstreikS in Belgien und in Schweden.Da» interessanteste Kapitel seiner Geschichte de» politischen Streik»ist aber die Schilderung der Anwendung diese» Kampfmittels inder russischen Revolution. Zum erstenmal wird hier in knapper,objektiver und unparteiischer Weise ein Bild jener auf- und nieder.wogenden Bewegung gezeichnet, über die in den Köpfen der meistendeutschen Arbeiter nur unklare Vorstellungen von demonstrierendenArbeitermassen, bombenwerfenden Terroristen, schiessenden Sol-doten und hauenden Kosaken bestehen. Laufenberg wendet sich da-gegen, die Erfahrungen und Lehren de» russischen revolutionärenStreik» al» allgemeingültig und für alle Länder zutreffend hin-zustellen.Sehr ausführlich stellt dann Laufenberg die Erörterungen dar,die im letzten Jahrzehnt die Frage de» politischen Streiks inDeutschland erfahren hat. Ueber den Kölner GewerkschaftSkongressund die Parteitage von Jena und Mannheim kommen die zum Teilsich scharf bekämpfenden Meinungen über da» so wichtige und folgen-schwere Kampfmittel allmählich auf den gemeinsamen Boden einertheoretischen Verständigung zwischen Partei und Gewerkschaft. Inder Praxi» liegen die Dinge allerding» so, dass in der deutschen Ar-beiterbewegung sich noch immer eine Verschiedenartigkeit der Be-Wertung de» politischen Streik» bemerkbar macht. Reben eifrigenBefürwortern de» Streik» gibt e» andere, die schon die Rennungde» Worte« nervo» und um unsere Gegenwartsarbeit besorgt macht.Beiden, den Uebereifrigen wie den Ueberängstlichen, wird ein Stu-dium de« Laufenbergschen und de» KautSkyschen Buche» nur er-sprichlich sein.Im dritten Abschnitt seine» Werke« geht Genosse Laufenbergauf die WahlrechtSkämpfe ein, die in Ungarn, in Oesterreich und inden deutschen Sinzelstaaten, vor allem in Preussen, die Arbeiterklasse zu verstärkter politischer Tätigkeit aufgerüttelt haben.Im Anschluh daran behandelt er die deutsche Verfassung».krise, wie sie besonder« im November 1908 in Erscheinung trat, al»sich da« persönliche Regiment und die Ohnmacht de» deutschen Par-lamentariSmu» in Reinkultur zeigten. Nach Laufenberg» Meinungdürste der politische Streik für WahlrechtSstagen der Einzelstaatenkaum ander» denn al» Demonstration in Frage kommen.Im vierten Kapitel untersucht Genosse Laufenberg die poli-tischen Streik», die nach der russischen Revolution aufgetreten sind.So in Italien, Frankreich. Bulgarien, Ungarn. Schweden. Zürich,England, Russland und Belgien. In vielen Füllen handelt e» sichdabei um ökonomische Streik» mit mehr oder weniger politischemEinschlag, so dass man über die Wertung dieser Kämpfe al» poli-tische Streik» verschiedener Meinung sein kann. Auch die grossenStreikbewegungen in Deutschland seit dem Jahre 1906, die vonLaufenberg herangezogen werden, sind im wesentlichen ökonomischeKämpfe zwischen bestimmten Kapitalisten- und Ärbeitergruppen.Das politische Moment kommt hierbei immer erst in zweiter unddritter Linie in Frage. Für da» Studium de» Streik» grosser Ar-beitermassen ist die Betrachtung solcher Bewegungen immerhin er-sprietzlich. doch wäre es sehr bedenklich, au« solchen Kämpfen, dieverhältnismässig engbegrenzte ökonomische und berufliche oder ge-werkschaftliche Vorau«setzungen haben, Schlussfolgerungen auf denpolitischen Streik, der sich gegen da« ganze GesellschastSkapital undden Klassenstaat richtet, zu ziehen.Ausgehend von dem Grundsatz, dass der politisch« Streik da»' Kennzeichen der imperialistischen Periode de» Kapital» ist,behandelt Genosse Laufenberg sodann die Expansion des Kapital»mit seinmi Monopoltendenzen, seiner Schutzzoll- und Rüstung»-Politik. All tv» steht im schärfsten Gegensatz zu den demokratischenForderungen der Arbeiterklasse und führt zu einer Sammel-bewegung de» Bürgertum». Ei ist sehr wertvoll, dass dies« Welt-wirtschaftlichen und weltpolitischen Zusammenhänge in Beziehungauf den politischen Streik einmal klar dargelegt werden, so manche»oberflächliche, au» engbegrenztem Gesichtskreis kommend« Urteilüber die sofortige oder in nebelgrauer Zukunft liegende An-Wendungsmöglichkeit des politischen Streiks kann dadurch korrigiertwerden. Dabei rückt Genosse Laufenberg auch die Bedeutung desdeutschen Parlamentarismus, vor allem in bezug auf die Steuer-Politik, in da» rechte Licht. Es ist ja so schwer, der Arbeiterschaftin Deutschland die Bedeutung der parlamentarischen Aktion an-gesicht» unserer halbkonstitutionellen Zustände klar zu machen. DieGefahr einer Ueber schätzung dieser Aktion schlägt nur zu leichtum in die einer Unter schätzung. Die Tatsache, dass parlamenta-rischer Kampf und politischer Streik sich nicht ausschliessen, ein-ander vielmehr ergänzen können und müssen, wird vom GenossenLaufenberg recht überzeugend dargelegt.Der Kampf gegen da» Koalitionsrecht ist der Boden, auf demsich alle bürgerlichen Schichten zusammenfinden. Haben die Gross-industrie, Junker und Finanz die Klein- und Mittelproduzentenzu sich herübergezogen, die zwischen Arbeiterklasse und bürgerlicherWelt gähnende Kluft tiefer aufgerissen, dann darf da» Grohkapitalhoffen, jener fleinkapitalistischen Schichten, die in Zoll- undSteuerfragen gern gegen seinen Stachel locken möchten, auch beiZollkämpfen sicher zu sein.„Die Sicherung eine» neuen Zollraube»aber gebietet, ein weitere» Wachstum der sozialdemokratischenR«ich»tag»fraktion zu unterbinden und die parlamentarische Ver-tretung der Scharfmacher zu stärken, drängt zum Umstürze de»Wahlrechts." Daher ist der Kampf um da» Koalitionsrecht diegegebene Fortsetzung de» Kampfe» um Erweiterung de» Wahl-rechts. Hier gehen also politischer und gewerkschaftlicher Kampfvöllig in einander über.„Das Unternehmertum setzt alles daran,in dem entscheidenden Vorgefecht die ganze bürgerliche Welt insTreffen zu bringen. Um so mtzhr wird die Arbeiterschaft den Stossnicht nur abwehrend führen für Erhaltung und Erweiterung desKoalitionlrechte», sondern sich auf den Angriff rüsten für diekommenden Zolltariflämpfe, ein Angriff, der ja letzten Endes nicht»andere» ist al» aufgezwungene Notwehr. Die Zolltarifkämpfeführen in» Zentrum der gegnerischen Stellung, auf eben denPunkt, wo die Gegensätze im bürgerlichen Lager selbst hart auf-einander stossen. Ist eine Wiederholung der parlamentarischenKämpfe von IVOS und 1903 vielleicht nicht möglich, oder entziehtes sich jeder vorgängigen Beurteilung, in welchem Umfang und inwelchen Formen die organisierte Masse oder der politisch denkendeTeil des Volke» selbsttätig in den Kampf eingreifen werden, soscheint doch da» eine gewiss: wie die Zolltarif- und Wahlkämpfe derJahre 1902 und 1903, wie die Wahlrechtsstürme der folgendenJahre wird der Kampf um da» Koalition«recht, werden die kommen-den Zolltariflämpfe eine bedeutsame Epoche bilden im Kampfe de»deutschen Proletariat» um politische Macht, eine Epoche, für dievielleicht im tieferen Sinne al» bisher der Wahrspruch oppositio-neller Parteien gilt: Bereit sein ist alle»!"In einem Schlusskapitel äussert sich Genosse Laufenberg überdie Methode de» politischen Streik», über organisierte und un-organisiert« Masse. Denn die unorganisiert« Masse kann beigrossen politischen Aktionen nicht ausser Ansatz bleiben. GenosseLaufenberg ist mit Recht der Anficht, dass sich die Gesamtheit de»Proletariat» in der kapitalistischen Gesellschaft überhaupt nichtorganisieren lässt. Aber„die Organisation hat die Aufgabe, dieunorganisierte Masse zu leiten und ihrer Bewegung die Richtungzu geben, ihren poliftschen Instinkt in bewuhte Handlungen um-zusetzen und auf bestimmte Ziele zu lenken." Genosse Laufenbergwendet sich gegen die Auffassung, dass der politische Streik inDeutschland der letzte, entscheidende Kampf um die politisch« Machtsei. Gegen seine Argumente, die ihn diese Auffassung ablehnenlassen, ist manche» einzuwenden. Er selbst muss ja an einer anderenStelle seine» Buche» zugeben, dass Regierung und Grosskapital inDeutschland einem etwaigen politischen Streik von vornherein mitUeberlegung, mit festen Plänen und gerüstet gegenüberstehen. Mutzda unser„Bereitsein" nicht auch mit allen Kampfesmöglich-keiten rechnen? Genosse Laufenberg vertritt die Ansicht, dass dieKonzentrafton de» politischen Streik» auf die 48 grössten Orte undIndustriezentren schon den Erfolg verbürge.„Die Stillegung derGrohindustrie und der ausschlaggebenden Verkehr»- und Handell-zentren würden genügen." Und eine weitere SchluhfolgerungLaufenberg» ist:„Kommen in Deutschland politisch« Streiks nurin Frage al» Abwehrmittel in Lagen, wo Leben»interessen derGesellschaft auf dem Spiele stehen und alle anderen Nittel ver-sagen, so darf e» die herrschenden Schichten, sofern sie fortfahren,da» Koalitionsrecht der Arbeiterschaft zu verkümmern und zu zer-trümmern und damit schliesslich jeden Lohnkampf nach russischemMuster auf den Boden de» politischen Streik» zu drängen, nichtüberraschen, wenn in Deutschland die Strategie de» ökonomischenStreik» in ein« Strategie de» politischen Streik» umschlägt."Von diesen Gesichtspunkten au« untersucht dann GenosseLaufenberg zum Schluh die Verfassung der deutschen Gewerk-schaften. Er wünscht die Ausgestaltung der Zentralverbände inder Richtung, dass„diejenigen Elemente in ihrem Einflutz gestärktwerden, denen bei einem politischen Streik die Entscheidung zu-fällt, die die entscheidenden Schläge zu führen haben."E» ist unmöglich, in einem engen Rahmen da» an Materialund neuen Gedanken überreiche Werk Laufenberg» erschöpfend zubehandeln. Jedenfalls wird über manche Einzelfrage noch ein-gehender gesprochen werden müssen. Zur Klärung der Meinungenüber die wichtig« Massen ftreikftage kann da» Buch aber sehr vielbeitragen, vor allem bei denen, die berufen sind, in einem solchenKampfe da» feste Rückgrat zu bilden, an dem die unorganisiert«Masse Halt findet. Die Bücher von Laufenberg und KautSkykönnen sehr diel dazu beitragen, dass die toten Buchstaben derarg bekritelten Massenstreikresolufton de» letzten Jenaer Partei-tage» fruchtbringendes Leben erhalten, dass tatkräftiger und shste-matischer al» bisher an die Organisation»-, Agitafton». undBildungsarbeit herangetreten wird, um die notwendigen Borau»-setzungen eine» politischen Massenstreik» vorzubereiten. Da» schnellereoder langsamere Eintreten eines solchen Massenkampfes hängteinzig und allein von der Bereitschaft der organisierten undvon der leidenschaftlichen Anteilnahme an Lebensfragen der Gesell-schaft bei den unorganisierten Massen c». Verdoppeln wirunsere Anstrengungen, unsere Organisationen, da» Rückgrat einerMassenbewegung, auszubauen, machen wir unsere Genossen immermehr fähig, in den ihnen zugänglichen Kreisen auf noch Fern-stehende aufflärend und auffüttelnd zu wirken, dann wird undmutz au» der einen oder anderen Lebensfrage de» Proletariat»heraus trotz aller Machtmittel der Gegner der Tag kommen, ästdem die Arbeitermassen wissen werden, wa» sie zu tun haben.Für diese VorbereitungSarbeit bieten die neuen Bücher werwollaHilfsmittel. E. D.*«»Die Aktiengesellschaften in der deutschen Porzellan- und Stein».gutindustrir. Herausgegeben vom Vorstand de» Verbände» derPorzellan- und verwandten Arbeiter und Arbeiterinnen. Char-lottenburg 1914. Kommissionsverlag von I. H. W. Dietz Nach f. inStuttgart. 138 Seiten. Preis broschiert 3 M., gebunden 4 M.Forderungen auf Verbesserung der Arbeitsbedingungen wer-den regelmässig von den Unternehmern mit der Begründung zu«rückgetviesen, dass die Lage der Industrie bzw. de» einzelnen Unter«nehmen» die Erfüllung nicht zulasse. Es ist daher für die Arbeiter»schaft von Bedeutung, die durchschnittliche Rentabilität de» Ge-werbczweiges bzw. der Einzclunternehmungen festzustellen. So-weit die Unternehmen Aktiengesellschaften sind, bietet die durch Ge»setz vorgeschriebene alljährliche öffentliche Rechnungslegung dafüreinige Anhaltspunkte. Der Feststellung der Gewinne— soweitda» möglich ist— kommt ohne Zweifel ein gewisser Wert zu;die Arbeiter werden dadurch in die Lage versetzt, Vergleiche zwischenihrem eigenen Lohneinkommen und den Profiten der Unternehmerund Kapitalisten annäherungsweise ziehen zu können..Diese Aufgabe hatte offenbar der Vorstand de» Porzellan-arbeiterverbande» im Auge, vi» er die obengenannt« Studie ver-öffentlichte.(Der oder die Bearbeiter sind nicht genannt.) Leiderhat sich der Vorstand aber dazu verführen lassen, über daS Möglichehinauszugehen und allgemeine Gesetzmässigkeiten aufftellen zuwollen, die mit den zur Verfügung stehenden Mtteln nicht zufinden sind. Nach einigen einleitenden Abschnitten über den wirt-schaftlichen Tvpu» von Aktiengesellschaften und die Sntwickelungder Aktiengesellschaften in der Porzellanindustrie beschäftigt sich derHauptteil der Arbeit mit der Rentabilität von Aktien,unternehmen. E» hätte genügt, die veröffentlichten Betrieb»-bzw. Rein-(Mehr) Gewinne mit den ausgewiesenen Rückstellungenund Abschreibungen zu kombinieren und ferner darauf zu ver-weisen, dass die Bilanzaufstellung sehr im Belieben der Unter-nehmungSleitungen liegt(sogar Verluste können errechnet werden,ohne dass da» Unternehmen sie wirklich erlitten hat), dass grosseSummen oft al» stille Reserven verschwinden und in späterenJahren wieder herangezogen werden, ohne dass die Bilanz da»immer ersehen liehe. Statt dessen berechnet die Schrift auf zahl-reichen Tabellen mühsam allerlei Rentabilitätsziffern, die zwarden Anschein erwecken, als geben sie ein genaue» Bild, die abertatsächlich auch nur mehr oder weniger willkürliche Annäherung»-werte bieten. Geradezu irreführen muss der Satz im Text aufSeite 49:„die wirkliche Rentabilität wirb in den Spalten 12biZ14 der Tabelle 2« nachgewiesen", wenn die Arbeit auch an anderenStellen(so in der Ucberschrift zur genannten Tabelle) selbst daraufhinweist, e» handele sich nur um die von den Gesellschaften au»-gewiesenen Gewinne. Die Art der Berechnung führt z. B. zu fol»genden Differenzen: Die Gruppe der Steingutindustrie erscheintmit einer niedrigeren Rentabilität(= Mehrgewinn in Prozentde» dividenbenberechtigten Aktienkapital» bzw. de» Eigenkapitals)!al» die Gruppe der Porzellanindustrie. Diese Differenz beruht abernicht auf taffächlich begründeten Unterschieden, sondern darauf.dass da» Aktien- bzw. Tigenkopital bei der Gruppe der Steingut-industrie einen grösseren Anteil am gesamten werbenden Kapital(~ Eigenkapital plu» Obligationen. Hypotheken und sonstigen lang,frisftgen Krediten) hat, als bei der anderen Gruppe. Da die Ge-Winne stet» in Beziehung zum Nennioert de» Kapital» gesetztwerden, verteilt sich der gleiche Mehrgewinn bei der Gruppe derSteingutindustrie auf da» relativ grössere Aktienkapital zu einerNeineren Prozentrate al» bei der Porzellangruppe mit relativniedrigerem Aktienkapital. Mit der tatsächlichen Rentabilitäthaben diese Differenzen nicht da» mindeste zu tun. Bezieht mannämlich den Mehrgewinn auf da» gesamte werbende Kapital, sonähert sich die Rentabilität der Gruppe der Porzellanindustrie derZiffer für die Gruppe der Steingutindustrie. Die Pseudogenauig-keit hat den Bearbeiter sogar zu der unnötigen Mühe verführt.all« Rentabilitätsziffern bi» auf zwei Dezimalstellen zu berechnen!Die angewandten Rechnungsmethoden müssen natürlich zu nochgrösseren Irrtümern führen, sobald versucht wird, die Verteilungde» ProduflionSertrage» zwischen Kapital und der Arbeit zu be-stimmen. Hier hat die Betrachtung, wie sich da» Kapital vomStandpunkt de» Aktionär» verzinst(rentiert) überhaupt keine Be»deutung. Der Profit(die Rentabilität) kann nicht in Beziehunggesetzt werden zum Aktienkapital(selbst unter Hinzurechnung vonReserven usw.), sondern nur zum gesamten industriellen Kapital.da» in dieser Gesellschaft arbeitet. Nun drückt eine sogenannteKapitallverwässerung(z. B. Verdoppelung de» Aktien-kapital» durch Ausgabe von GratiSakften au» einem nichtauSgo-wiefenen Reservefonds) sofort scheinbar die Rentabilität«ine»Unternehmen» herab, obgleich da» industrielle Kapital sich umkeinen Pfennig erhöht hat. Die Berechnung der Profitrate und.wa» gänzlich unmöglich, der Mehrwertrate von 33 Aktiengesellschaften für die Jahre 1907 bi» 1911 sind daher erst recht ohnejeden Wert. Ein Studium der grundlegenden UntersuchungenHilferding» im zweiten Abschnitt de»..Finanzkapital»" überdie Mobilisierung de» Kapital» hätte den Bearbeiter vor solchenprinzipiellen Irrtümern bewahren können.Neben den Bedenken theoretisch-ökonomischer Art stellen sichbei der Lektüre der Arbeit nicht wenig« schwere statistischer Na-wr ein. Nur ein Beispiel: Von 14 Aktiengesellschaften ist die Höh«de» Kapital» und die Zahl der Beschäftigten bekannt. Da diese14 Gesellschaften zufällig zwei Drittel de» gesamten Kapital» von33 Gesellschaften befitzen, errechnet der Bearbeiter die Zahl der inden 33 Gesellschaften Tätigen durch Multiplikation mit dem Zwei-einhalbfachen der beschäftigten Zahl jener 14 Gesellschaften! Dieso gewonnene Zahl der Beschäftigten wird dann mit einem eben-fall» auf nicht einwandfreie Weife errechneten Lohneinkommenkombiniert und schliesslich werden auf Grund dieser Lohnsummeder gesamt« Produktionsertrag, der Anteil de» Lohn» am Produk-tionSertrag. die Profit- und Mehrwertrate(stet» genau bi» aufzwei Dezimalstellen!) errechnet.Auf dem von vornherein aussichtslosen Weg« zur Feststellungder Rentabilität bringt die Arbeit immerhin einige interessanteund auch wertvolle Einzelheiten, während eine Reihe lötbarerFragen merkwürdigerweise nicht berührt werden. G» bleibt bedauerlich, dass die grosse Mühe, die auf die Arbeit verwandt wordenist, erfolglos geblieben ist. Ernst Meyer.