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Die Haltung Mexikos  . Mexiko  , 20. April. Der Minister des Aeußem Rains erklärt, es sei unmöglich, die Forderungen der Vereinigten Staaten   auf bedingungslosen F l a g g e n s a l u t zu erfüllen, weil die Flagge nicht beleidigt worden sei, da sie nicht von der Barkasse geweht habe, deren Mannschaft verhaftet worden sei. weil ferner die amerikanischen   Matrosen noch vor Ein- leitung einer Untersuchung wieder freigelassen und der für die Verhaftungen verantworliche Offizier selbst festgenommen worden sei. Der Minister fügt hinzu. Mexiko   habe nach- gegeben, soweit es seine Würde gestatte. In den Zeitungen hat der Minister des Aeußern eine Bekanntmachung erlassen, worin er die Mexikaner vor amerikofeindlichen Demonstrationen warnt. Nach einem Telegramm aus Fuarez haben die Re- bellen Befehl gegeben, sofort den Angriff auf T a m p i c o zu erneuern. Dieser Befehl wurde mit'dem Wunsch erklärt. daß die Amerikaner, wenn sie Präsident Wilsons An- ordnungen durchführen, die ihnen freundlich gesinnten Rebellen an Stelle der Bundestruppen in Tampico   vor» finden sollen. Die neutralen Rebellen. New Kork, 20. April. Man erwartet, daß auf gewisse Zu- sicherungen von Washington hin Carranza und Villa eine strikt neutrale Haltung annehmen und sich auf den Schutz aller konstitutionellen Interessen sowie des RebellengebietS und ihrer Häfen beschränken werden. Indessen herrschen Zweifel, ob die Nebellenführer ihre Leute von Gewalttaten gegen Amerikaner ab- halten können. Huerta soll schon einen Emiiiär nach Thihuabua entsandt haben, wo er angeblich eine Konferenz mit Carranza und Ltilla haben wird. Wiederbeginn der Lanötagsarbeiten. Am heutigen Dienstag tritt der preußische Landtag wieder zu sammen, um sich nach Verabschiedung dcS Etats und Erledi gung einiger Vorlagen in erster Lesung um Pfingsten herum auf den Herbst zu vertagen. Viel positive Arbeit haben die Dreillassenmänner in dieser Session bisher noch nicht geleistet, sogar der Etat ist noch ziemlich im Rückstände. Adgesehen von einer Reihe kleinerer Etats hat der Kultusetat noch nicht die zweite Lesung passiert, von der dritten Etatsberatung im Abgeordnetenhausc und der Durchpcitschung deS Etats im Herrenhause gar nicht zu reden. Von den wichtigeren Vor lagew ist der Wohnungsgesetzelstwurf in der Kommission in zweiter Lesung durchberaten worden, der Entwurf zur Ab änderung des Kommunalabgabengesetzes sowie der Entwur eines Grundtcilungsgesetzes sind Kommisstonen über- wiesen worden, die mit der Arbeit kaum begonnen haben. Eine Reihe anderer Vorlagen. darunter der Gesetzentwurf zur Abänderung der Besoldungsordnung, die sstovelle zum Landesverwaltungsgesetz, die Sekundärbahn Vorlage, der Entwurf eines FischcreigesetzeS und der Gesetz entwurf zur Ergänzung deS Gesetzes über die Errichtung von Rentenbariken harren noch der ersten Beratung im Plenum des Abgeordnetenhauses. Die Zahl der Initiativ antrüge, die überhaupt' noch nicht beraten sind, beträgt 40; unter ihnen finden sich die fortschrittlichen und national liberalen Wahlrechtsmiträge, Anträge auf Einführung der geheimen Stimmabgaben bei den Stadtverordnetenwahlen, der konservative Antrag auf Abänderung der Geschäftsordnung, der nationalliberale Antrag auf Befreiung der Dissidentenkinder vom Religionsunterricht und Anträge betreffend den Gebrauch fremder Sprachen in öffentlichen Versammlungen. Andere Initiativanträge konnten nur deshalb beraten werden, well die Antragsteller es vorzogen, sie als Etatsresolutionen behandeln zu lassen oder weil sie mit Regierungsentwürfen gemeinsam zur Debatte gestellt wurden. Es ist das ein Verfahren, das sich auf die Dauer kaum aufrecht erhalten läßt, ein Not- behelf, zu dem man schreiten mußte, um überhaupt eine Be Handlung zu ermöglichen. Daß die Gründlichkeit der Be- ratungen darunter leidet, ist leicht ersichtlich. Das Abgeordnetenhaus ist nicht daran schuld, daß es mit seinen Arbeuen so weit im Rückstände ist. Im Gegenteil, eS hat dig Sitzungen sogar ungewöhnlich lange ausgedehnt und vor und nach den Plenarsitzungen unzählige Kommissionssitzungen abgehalten. Das Zeugnis des Fleißes kann man dem Drei- klassenparlament oder besser gesagt den wenigen Abgeordneten, bis eS mit ihrem Amt ernst nehmen die weitaus meisten Pflegen bekanntlich durch Abwesenheit zu glänzen nicht versagen. Wir wünschten nur, daß die Qualität der Leistungen der Quantität entspräche. Auch daß die Sozial demokraten die Debatten ungebührlich lange aufgehalten haben, kann im Ernst niemand behaupten. Gewiß haben die Vertreter des Proletariats da, wo sie eS für erforderlich hielten. in die Verhandlungen eingegriffen, gewiß haben sie sich zu fast allen Vorlagen und Anträgen geäußert und vor allem haben sie es bei der Etatsberatung an der Kritik der in Preußen herrschenden Zustände und, wo� es nötig, auch an der Kritik einzelner, das System verkörpernder Personen nicht fehlen lassen, aber überflüssig waren die sozial demokratischen Reden nicht. Im Gegenteil, sie waren sogar sehr nötig. um den herrschenden Klassen das Gewissen zu schärfen und dem Volke die Augen zu öffnen. Daß die sozialdemokratischen Reden der Regierung und ihren Sachwaltern unangenehm waren, geben wir ohne weiteres zu. Das sollten sie auch sein. Aber das berechtigt noch nicht, in der Oeffentlichkeit geflissentlich die Meinung zu verbreiten, als ob es an den Sozialdemokraten liegt, wenn die Arbeiten des Landtages nicht gefördert werden und daß es daher eine Pflicht der Selbsterhaltung ist, wenn man im Interesse der Wahrung des Ansehens des Parlamentarismus die unbequemen Kritiker mundtot macht. Versucht hat man es ja oft genug, aber eS ist den Herrschaften noch immer recht schlecht be- kommen. Nein, Schuld an der Verzögerung der Geschäfte trägt einzig und allein die Regierung, die den Landtag regelmäßig zu einem möglichst späten Termin einzuberufen pflegt und dann Hetzarbeit von ihm verlangt. Wiederholt hat das Ab- geordnetenhauS einstimmig die Einberufung im Herbst gc- fordert. Die Regierung hat sich nicht daran gekehrt, natürlich nicht auL Unhöflichkeit gegen das Dreiklassenparlament, sondern weil eS angeblich nicht möglich ist, den Etatsentwurf zeitiger festzustellen. In Wirklichkeit sollen die Herren Geheimräte nicht um den Genuß ihrer Sommerferien gebracht werden. Auf sie nimmt man Rücksicht, nicht aber auf die Abgeordneten und noch viel weniger auf das Volk, das doch wohl in erster Linie die strikte Beobachtung der Verfassung verlangen kann. Ist es aber ein mit der Verfassung in Einklang stehender Zu- stand, wenn jahrein jahraus zu Beginn des Etatsjahres der Etat noch nicht verabschiedet ist? Das ist in Preußen ständiger Brauch geworden, aber nicht erst seit dem Einzug von Sozial- demokraten in das Dreiklassenparlament. Nein, auch schon vorher gehörte die rechtzeitige Verabschiedung deS Etats zu den Ausnahmen. Eine weitere Folge der späten Einberufung des Land- tages ist darin zu erblicken, daß Initiativanträge und Petitionen fast völlig unter den Tisch fallen. Die Regierung achtet daö Parlament nicht als den gleichberechtigten Faktor in der Gesetzgebung, und die Wünsche des Volkes, die in Petitionen zum Ausdruck kommen, sind ihr erst recht gleich- gültig. Das sind Zustände, wie wir sie außer in Preußen nirgends finden, Zustände, die dringend der Befestigung bedürfen Hierzu aber gibt es nur einen Weg. und das ist die früh zeitige Einberufung deS Landtags. Weigert sich die Regierung auch ferner, diesen Weg zu beschreiten, dann trägt sie und sie einzig und allein die Verantwortung für dies verfassungs widrige Regiment in Preußen. preußkflhe Zabriklnfpektion 1 91 3 I. Jeder neue Gewerbeinspecktionsbericht liefert eine Menge Tatsachenbeweise für die Rückständigkeit des Arbesterschutzes in Preußen-Teutschland. Nun ist der Bericht der preußischen Beamten über das Jahr 1913 erschienen. Man weiß, den königlich preußischen Fabrstinspektoren ist es verboten,soziale Flausen" zu haben, sie müssen sich darauf beichränken, einfach Tatsachen aufzuzählen. Aber die Verhinderung kritischer Dar stellung rücksländiger Arbeitsverhältnisse kann doch nicht ver hindern, daß die Berichte als Belege der sozialen Unkultur wuchtige Anklagen gegen die herrschende Gesellschaft erheben. Seit einigen Jahren werden in jedem Bericht einzelne Fragen etwas eingehender behandelt. Diesmal hatten die Beamten den folgenden Gegenständen größere Aufmerksamkeit geschenkteGeldstrafen auf Grund der Arbeitsordnungen" Arbeitszeit und Ueberzettarbeit in der Großindustrie".Sitz gelegenheiten für Arbeiterinnen",Arbeitszeit der jugeud lichen Arbeiter in den Bäckereien".Fußböden der Arbeits räume".Gesundheitsverhältnisse der Arbeiter in den Ver- goldereien und in den Steinbrüchen mst mechanisch betriebenen Gesteinsbohrmaschinen" sowieWohnungen der Arbester". Tie Wichtigkest einzelner dieser Fragen bedingt es. sie einer besonderen Betrachtung zu unterziehen. Im nachfolgen den sollen sie nur in einigen ihrer stärksten Merkmale ge würdigt werden. Zunächst ist zu bemerken, daß die Revisionstätigkeit der Fabrstinspektoren noch längst nicht alle revisionspflichtigen Betriebe unifaßt. Seit 1903 hat sich der Stab der Beamten von 245 auf 332 verstärkt, die Zahl der Betriebe ist gestiegen von 103 423 auf 175 436 und die der darin beschäftigten Per- sonen von 2 516 783 auf 3 579 771. Im Vergleich mst dem Vorjahre ist im Jahre 1913 ein etwas kleinerer Teil der Be triebe und beschäftigten Personen von den Revisionen erfaßt worden. In der Gegenüberstellung mit den Ergebnissen des Jahres 1903 zeigt sich eine Revisionen.- von 49,2 auf FO.i ianz geringe Erweiterung der , Proz. der Betriebe und von 80,3 auf 84,4 Proz. der Beschäftigten. Daß die Hälfte aller Betriebe von der Beaufsichtigung verschont bleibt, ist jedenfalls ein sehr großes Manko. Nach dem Urteil fast aller Aufsichtsbeamten war der U m fang der Gütererzeugung im Berichtsjahre schwächer als im Jahre vorher. Aus diesem Grunde sind auch wohl weniger Ueberschreitungen gesetzlicher Maximal arbeitszesten und Arbesten an Sonntagen gestattet worden. Aus der anderen Seite muß aber von einer Zunahme der Uebertretungen von Arbeiterschutzbestim m u n g e n berichtet werden. Die Bestimmungen, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen haben die Unternehmer in erheblich größerer Zahl übertreten als im Jahre 1912. Trotzdem sind weniger Personen in Strafen verfallen. 1912 waren es 727, im letzten Jahre nur 659. Uebertretungen der zum Schutze Jugendlicher erlassenen Bestimmungen wurden im letzten Jahre m 6017 Anlagen ermittelt, oder 1o9 mehr als im Jahre 1912, trotzdem sank auch hier die Zahl der bestraften Personen von 1288 auf 1199. In dem Maße, wie die Rechtsprechung gegen Arbeiter härter und schroffer wird, scheint sie gegen gesetzesverletzende Unternehmer an Milde und Nachsicht zu gewinnen. Zu solchem Urteil reizt die Höhe der Strafen, die das Unter- nehmertum traf. Wegen Ueberschreitung der für Backe r e i e n festgesetzten Arbeitszeit wurden Unternehmer im Re- gierungsbezirk Königsberg   zu Geldstrafen von 3 bis 20 Mk. verurteilt. Mißachtung der Bestimmungen betr. Beschäfti- gung von A r b e i t e r i n n e n wird in manchen Fällen schon mit 1 M. gesühnt. 3 bis 18 M. waren die Strafen, die wegen verbotener Sonntagsbeschäftigung verhängt wur- ien. Zwischen 1 bis 20 M. bewegten sich die Strafen, die eine Uebertretung des Kinderschutzgesetzeö als Ursache hatten. Die gleichen Strafen trafen wegen derselben Vergehen viele Bäckermeister in den Regierungsbezirken Gumbinnen  und Allenstein  . Zahlreich sind tue Verstöße gegen das Kinder- 'chutzgesetz und die Schutzbestimmungen betr. Beschäftigung Jugendlicher im Bezirk Potsdam. Wie gefahrlos das für Unternehmer ist, berichtet der Beamte in einem besonderen Falle. Er schreibt:Obgleich der Unternehmer auf dem Fa- brikarundstück wohnt, wurde trotz ausdrücklichen Hinweises auf den§ 151 der GO. nur der Meister, und zwar mit 10 M. bestraft." In bezug auf Uebertretungen des Kinderschutz' gesetzes wird weiter mitgeteilt:Von den eingeleiteten«traf- verfahren führten 230 zu einer Verurteilung in Höhe von bis 10 M., einige auch zu einer höheren Strafe." Aus dem Regierungsbezirk Frankfurt   a. Ö. wird berichtet:Eine An- klage wegen Beschäftigung von Schulkindern in einer Zi- garrenfabrik endete mit Freisprechung, weil sowohl der ange- klagte Arbeitgeber wie auch der als unbeeidigter Zeuge ver- nommene gesetzwidrig beschäftigt gewesene Schüler in der Hauptverhandlung den Tatbestand bestrttten. den sie im Er- mittelungsverfahren bereits zugegeben hatten. In 29 Fällen sind strafen von 1 bis 18 M. verhängt worden." Der Beamte von Stettin   und Stralsund   meldet, daß dort die Uebertretung des Kinderschutzgesetzes gewöhnlich 5 bis 0 M. kostete. Ein Bäckermeister, der Jugendliche in gesetz- widriger Weise beschäftigt hatte und die Knaben obendrein zu falschen Aussagen vor Gericht verleitete, mußte dafür ganze 25 M. auf den Mar der Gerechtigkeit opfern. Das sind so einige Proben aus der unendlichen Fülle mstder Strafen wegen grober Mißachtung des Arbeiterschutzes. Fast könnte man glauben, den Unternehmern sollte durch der- gleichen Urteile zu Gemüte geführt werden: Arbeiterscbutz- gesetze können ohne große Gefahren übertreten werden. Daß sie so wirken, daß sie zu Uebertretungen direkt veranlassen, das konstatiert ein Aufsichtsbeamter von Münster   also: Die milde Beurteilung einer umfangreichen Beschäftigung schulpflichtiger Kinder in einigen Webereien eines entlegenen Ortes hatte die Wirkung, daß»n einem nur 10 Kilometer davon entfernten Fabrikort ebenfalls die Beschäftigung schulpflichtiger Äinder eingeführt wurde..." Unsere streikbrecherische Mordbuben und Arbetterschutz- gesetze übertretende Unternehmer freisprechende Rechtsprechung macht sich zweifellos ganz außerordeittlich um die Aufklärung über den Klassencharakter der Gesellschaft verdient. Tic Gier nach billigen Arbeitskräften, die in der ungesetz­liche!: Ausbeutung kindlicher, jugendlicher und weiblicher Arbeitskraft zum Ausdruck kommt, ver» anloßte auch eine unverhältnismäßig starke Zunahme dieser Arbeitskräfte. In den revisionspflichtigen Betrieben wurden nämlich beschäftigt: 1903 1913 Kinder unter 14 Jahren... tugendlia-e von 14 16 Jahren rbeitennnen über 16 Jahre all Arbeiter........ Zunahme Prozent 78 67 69 39 2003 3 584 167 400 280 148 429 782 687 734 1917 598 2 662 152 Tie Zahlen liefern eine treffliche Charakteristik der kapita» listischen-Ordnung. In manchen Industrien und Bezirken hat die Zahl der erwachsenen männlichen Arbeiter abgenommen. Jugendliche und Arbeiterinnen wurden dagegen mehr einge- stellt. Ob das Kapital die Trägerinnen zukünftigen Lebens in schwerer, gesundheitmordender Arbeit zugrunde richtet, ob es junge Me'nschenknospen zerstört, zarte Blüten vernichtet. Kinderleben verwüstet, das kümmert es nicht. In unstillbarem Gewinnhunger, in ungezügelter Raffgier reißt das Kapital die billigen und willigen Arbeitskräfte in die Erwerbsfron, spottet aller Humanitätsduselei, verzehrt Kinder- und Frauen- fleisch. Wie Kinder werden auch FrauenundjungeMäd» ch e n vielfach mit durchaus ungeeigneten und verbotenen Ar- betten belastet. Aus Potsdam   wird berichtet, daß Ar» beiterinnen bei dem Gewinnen und Verladen von Kies beschäf- tigt wurden. Eisengießereien sind dazu übergegangen, daS Kermnachen von weiblichen Arbeitskräften ausführen zu lassen. In Metallverarbeitungsanlagen nehmen Arbeiterinnen mehr und mehr die Plätze an Bohr- und Drehbänken ein. Der amtliche Berichterstatter bemerkt dazu:Die Leistungen sollen bei erheblich geringerer Entlohnung die gleichen sein." Bei der Erörterung der Frage betreffend Beschaffung von Sitzgelegenheit zählt der Beamte von Frankfurt   a. O. eine Reihe Beschäftigungen auf, die stehend verrichtet wurden, z. B. das Schleifen von Glas an wagerecht laufenden Steinen, das Abschneiden von Steinen am Preßtisch, das Herstellen von eisernen Schrauben auf Maschinen, Möbelpolieren, Zu- sammensetzen von Furnieren usw. Das alles sind Arbeiten für Frauen und Mädchen! Viele Berichterstatter teilen mit, daß die Arbeiterinnen sehr oft auf Sitzgelegenheiten ver» zichten weil sie in Akkord arbeiten und keine Verdienst» beschränkung durch Rücksicht auf ihre Gesundheit erleiden wollen. DieHöhe" des Lohnes gestattet solchen Luxus nicht. Im Bezirk Oppeln   wurden Arbeiterinnen beim Abbau einer Schlackenhalde beschäftigt. Der auf das Ungesetzliche dieser Beschäftigung aufmerksam gemachte Betriebsführer gab die Antwort, das kümmere ihn wenig. In einer Großbrauerei hatten 22 Arbeiterinnen in einem Monat 959 Ueberstunden, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstießen, geleistet: auf eine der Arbeiterinnen entfielen allein 6 2 Ueberstunden. Das sind so einige Proben aus den zahlreichen Fällen frivoler Ausbeutung der weiblichen Arbeitskraft. eine politische Uebersicht. 45 OOO neue Soldaten! DerAlldeutsche Verband  " hielt am Sonntag in Stuttgart  Sitzung des Haiwtvorstandes ab. Dabei wurde selbst» verständlich wieder mächtig in chauvinistischer Eisenfresserei und Rüstungshetze gemacht. Die auswärtige politische Lage wurde als überaus be» denklich geschildert. Frankreich   lauert nur auf die Revanche. Mst größeren Hoffnungen denn je, denn:an Englands Stelle hat Rußland die vorder st e Kampfes- reihe gegen uns bezogen." Also Feinde ringsum l Aber gleichwohl: wir Deutschen   fürchten Gott   und sonst nichts auf der Welt. Wir verlangen unseren Anteil an der Land» raubpolitik. Wir verlangen ein großes deutsches Zentralafttka. Aber, so deklamierten die Herren weiser, wir brauchen auch eine starke und gesunde Türkei   und Einfluß in Vorderasien. 4nd um das trotz unserer internationalen Gegner durch» zusetzen, brauchen wir. so folgerte Herr Keim, noch die jähr- lichc Mehreinstellung von 45 000 Waffenfähigen. Sonderbar, daß es den alldeutschen Leutchen nicht doch etwas unheimlich wird. Mit allen Nachbarn hat es die all- deutsche   Krakeelerei verdorben. Aber nicht genug damit, daß nach alldeutscher Ansicht Frankreich  . England und Rußland  unsere Feinde sind, sucht man nach Kräften auch die übrigen Nachbarstaaten, wie Dänemark  , zu erbittern. Dazu kommen dann noch die innerenReichsfeinde", die Polen  , Dänen. Elsässer und Sozialdemokraten. Und gegen all diese Feinde hat man nur das eine Rezept: 45 000 neue Soldaten I Total meschugge!_ Wedels Abschied ans Strahbnrg. Dem bisherigen Staltdalter der Reichslande, Grasen Wedel  . wurde am Sonnlag aus Anlaß seines Abschiedes in Htraßburg ein großer Fackelzug dargebracht, an dem ungefähr 10 000 Personen teilnahmen. An diesen Fackelzug schloß sich um lO Uhr eine Sere­nade, die aus zwei Musilvorträgen und drei Geiangnummern be- tand, darunter doS.Elsaßlied" von Wiltberger-Kolmar. Dann hielt der Präsident deS eliaß-Iolhrngischen Sängerbundes, Rechtsanwalt Dr. Zenner. eine An'proche an da» Statthalterpaar, auf die der ehemalige Graf, jetzige Fürst Wedel  , in kurzer Red« antwortete. Tie Gegensätze im nationalliberale« Lager. Am Sonntag hielt der Geianuvorstand deS ReilbSverbande« der Bereine der nationalliberalen Jugend, wie wir scdon in unserer gestrigen Nummer berichtet haben, seine angekündigte.Tagung" ab. um zu dem Beschluß deS nationalliberalen ZenirolvorsiandeS Stellung zu nehmen, der die Auslösung der innerhalb der national« liberalen Partei bestehenden Sonderorgonisaiionen der.Alten" und Jungen" verlangt. Ueber den Verlauf und das Ergebnis der hinter veischlosienen Türen gefühlten Verhandlungen wird von offizieller Seite folgendes mitgeteilt: Man war einig im lebhaften Bedauern darüber, daß der Zenlralvorstond der Partei schon nach kurzem seit Jahren wieder- holt sich gegen den Reichsverband der Berein« der national» liberalen Jugend sich wendet, obwohl der Reichsverbcmd oft i$lM