Nr. 108. 31. Iahrgllvg.1. Irilijt des.Hmilck" ßrilinHDieustag, 21. April 19{4.Gewerkschaftliches.Scharfmachereien gegen öie Maifeier.Der Arbeitgeber-Schutzverband deutscher Schlossereien undverwandter Gewerbe, Berlin LW, Gitschiner Str. 2, erließunter dem 16. April 1911 folgendes Rundschreiben:„An die verehrlicken Orts- und Be�irksverbände!Da der 1. Mai wieder bevorsteht, gestatten wir uns. unsereverehrlichen Ortsverbände darauf hinzuweisen, daß wir als Mit-glieder der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeber-Verbände ver-pflichtet sind, die Maifeier abzulehnen!Danach bitten wir sie, in Ihren Mitgliederkreisen event. durcheine Versammlung darauf hinzuwirken, daß die Maifeier nicktgestattet wird und daß das den Gesellen und Arbeitern ausdrücklichbekanntgegeben wird, unter Ankündigung einer Eni-lassung auf drei Tage für den Fall, daßGesellen trotzdem am 1. Mai der Arbeit fern-bleiben!Wir bitten Sie des ferneren, die extra feiernden Ge-seilen und Arbeiter auf drei Tage auszu-sperren und uns dann unverzüglich mitzuteilen, um wieviel essich bandelt.Wir machen darauf aufmerlsam, daß die Maifeier als Kampf-mittel dienen soll gegen den„Kapitalismus", d. h. gegen dasselbständige Unternehmertum und unsere wirtschaftliche Ordnung.Wenn aber von Arbeitgeberseite diesen Maßnahmen energischEinhalt geboten wird, so hat sich gerade in dieser Frage nochimmer ein voller Erfolg gezeigt, und zwar besonders deshalb.weil die Gewerkschaftskassen durch die Unterstützung, die sie infolgeunserer AuSsperrungSmaßnahmen zahlen müssen, zu sehr belastetwerden.Wir rechnen darauf, daß diesmal in unserem Verbände dieAblehnung der„Maifeier" energisch und konsequent durch-geführt wird.HochachtungsvollArbeitgeber-Schutzverband deutscher Schlossereien und verwandterGewerbe. Der Geschäftsführer: Dr. H. Harnehl."Die Angabe über den Zweck der Maifeier ist in demSchreiben etwas sehr dürftig ausgefallen, aber vielleicht wirktes in dieser Form gerade auf die Schlossermeister am besten.Daß die kleinen Scharfmacher es doch immer den großengleichtun wollen, oder sie gar in der Scharfmacherei über-trumpfen. Die bald Üöjährige Maifeier sollte doch auch denverehrlichen Schlossermeistern gelehrt haben, daß gerade sienicht die Auserwählten sein können, ihr den Garaus zumachen.__Serlin und Umgegend.Der Abwehrkampf der Kraftdroschkenführer.Am Montag vormittag waren die im Kampf stehenden Chauffeurewieder vollzählig im Gewerkschaftshaus versammelt. Wie die Streik-leitung mitteilte, hat sich die Situation seit der letzten Versammlungnicht verändert; sie ist nach wie vor für die Streikenden günstig.Es ist kein Anlaß vorhanden, an der bisherigen Taktik irgend etwa?zu ändern. Da bis jetzt noch nicht bekannt geworden ist. daß vonden m Aussicht gestellten Unterstützungen der Großbetriebe den be-streikten Kleinunternehmern etwas zugeflosien ist, so muß an-genommen werden, daß sie auch nichts erhalten, also vergebens aufUnterstützung gehofft haben.In der ziemlich ausgedehnten Diskussion kam ohne Ausnahmeder feste Wille zum Ausdruck, den Kampf unerschülterlich durchzu-führen. Unter anderem wurde betont, daß man in unbeteiligtenKreisen mitunter die Meinung höre, eS handle sich beidiesem Kampf nur um eine Bagatelle. DaS sei aberHa Irrtum, denn wenn es den Unternehmern gelänge, diejetzt geplanten Abzüge durchzuführen, dann sei zu befürchten, daßsie auch eine Herabsetzung dcS ProzentanteilS der Chauffeure anden Einnahmen durchzudrücken versuchen würden. Dem müsse mitaller Energie vorgebeugt werden.Einstimmig wurde eine Resolution angenommen, welche besagt,daß die Streikenden im Kampfe aushallen werden, auch wenn ersich längere Zeit hinziehen sollte und daß der Kampf erst dann ab-gebrochen werden kann, wenn die Unternehmer den Transport-arbeilerverband anerkennen und keinen Pfennig von dem bisherigenLohn abziehen.Die nächste Versammlung findet am Mittwochvormittag statt.Zentralverbanb der Steinarbeiker.Gesperrt sind folgende G r ab st e i n g e sch ä f t e: Stahl u.Herzog, Neukölln, Hermaimstr. 196; Breitkreuz, Neukölln, Her-mannstr. 73 und lZü; Wolf, Kottbuser Tamm 77; Ncumänn,Friedrichsfeldc, Am Zentralfriedhof; Schröder u. Laurin, Friedrichs-felde. Am Zentralfriedhof; Krause, Berlin, Ackerstr. 38; Rüseler,Berlin, Am Bahnhof Gesundbrunnen; Bräuer, Berlin, Badstr. 9;Poppe, Pankow, Wollankstraße; Heimlich, Nordend; Vogt, Hohen-schönhausen; Spielvogel, Purps Nachf., Landsberger Allee 151;Woitschesti, Landsberger Allee 17; Macher, Westend, Neuer Fürsten-brunner Weg;J2ange, Schöneberg, Marstraße; Lübsen, Wilmers-dort, Berliner Straße; Zenker, Berlin, Bergmannstr. 53; Schneider,Berlin. Bergmannstr. 59; Janetzke, Bergmannstr. 79; Bader,Liesenstr. 19._ Tic Ortsvcrwaltung.deutsches Reich.Material für öie Terrorismusjchreier.Der„Oberst. VolkSzeitnng" ist ein vertrauliches Rundschreibenauf den Tisch geflogen, daS der Borsitzende des Verbandes siid-deutscher Textilarbeitgeber an seine Mitglieder versandt hat und daseinen interessanten Einblick in die geheime Werkstatt der Scharf-macherterroristen gewährt. Die BerbandSsirma Adolf RoeSle inHof a. d. S. hatte den ihr„mißliebig" gewordenen Weber ChristianSchmidt entlasten, sich aber nicht damit begnügt, sondern andereFirmen vor ihm gewarnt. Als Schmidt bei einer anderen Firmaum Beschäftigung nachsuchte, wurde ihm solche auch zugesagt und erins Hauptkontor gesandt, um seine Jnvalidenkarte abzugeben.Dort aber erhielt er vom Portier den Bescheid, der Direktorhabe erklärt, daß er Schmidt nicht einstellen könne, weiler von der Firma RoeSle„gemeldet" worden sei. Von eineranderen Firma wurde Sch. hierauf eingestellt und an freie Stühlegestellt, aber nach einigen Stunden sagte man ihm, seine Einstellungsei auf einen Irrtum zurückzuführen, und er wurde unter Abfindungmit 2 M. wieder entlassen. Er schloß daraus auf das Bestehenschwarzer Listen und klagte gegen die Firma RoeSle wegen Existenz-loSmachung. Die Firma wandte sich darauf an den Arbeitgeber-verband, der den Fall zum Anlaß nahm, in dem oben erwähntenRundschreiben eine ausführliche„Rechtsbelehrung' an seineMitglieder ergehen zu lassen. ES wird Eingangs darauf hin-gewissen, daß die Herausgabe schwarzer Listen an sich nicht gegenein Gesetz, auch nicht gegen die guten Sitten verstößt, nur in derArt. wie dabei verfahren wird, könne unter Umständen eineunrechtmäßige Handlung im Sinne des§ 826 des B. G. B. liegen.Der Verband gibt keine schwarzen Listen, sondern nur„Warnungen"vor Einstellung gewisser Personen heraus, zu deren Be-obachtung eine satzungsgemäße Verbindlichkeit nicht besteht.Nur im Streikfall sind die Mitglieder satzungsgemäß ver-pflichtet, Streikende nicht einzustellen. Es folgen dannAnweisungen, wie � man sich zu verhalten hat, um inSchadenersatzprozesien wegen der Warnungen nicht zu unter-liegen. ES sind tatsächliche Unterlagen dafür beizubringen, ob derBetreffende in einer die Ordnung im Betrieb gefährdenden Weise alsHetzer aufgetreten ist und daß er Zeitungsartikel gegen die Firmaunter Entstellung der Tatsachen geschrieben oder inspiriert hat. Einzweiter Weg wäre, die Streitsumme zu bezahlen für den Fall, daß! die Führung des Prozesses mit Rücksicht auf die sich daran knüpfen-den Erörterungen in der Oeffentlichkeit oder mit Rücksicht auf diegeschäftlichen oder lokalen Verhältnisse unangenehm oder, schädlicherscheinen kann. Diesen Weg hat im vorliegenden Fall die Firmaeingeschlagen. Der Arbeitgeberverband bezeichnet diesen Vor-gang als einen Beweis dafür, welche große Unannehmlichkeiten einerBerbandSsirma ohne alle ihre Schuld dadurch erwachsen können,wenn die hinausgegebenen Warnungen nicht mit der er-forderlichen Vorsicht behandelt werden. Da jede Firmades Verbandes in die gleiche Lage kommen könne, hätten alle dasgleiche Interesse an der geeigneten Geheimhaltung und vor-sichtigen Behandlung der Warnungen, s!) Die Mit-glieder werden daher dringend ersucht, in ihren Betrieben Maßnahmenzu treffen, daß dieExistemz der Warnungen geheimbleibt und daß von ihnen nur solche im Betrieb tätige Per-sonen erfahren, die absolut zuverlässig sind und zum vorsichtigenVerhalten Dritten gegenüber angewiesen sind. Es wird auch aufdie Gefahr verwiesen, daß durch die öffentlichen Erörterungen, diesich an Prozesse lvegen schwarzer Listen knüpfen, di» Gesetzgebungvon den politischen Parteien zum Verbot solcher Listen gedrängtwird. Hierzu keinen Anlaß zu geben, hätten die Arbeitgeber allet?Grund.Das Rundschreiben bedarf keiner weiteren Beleuchtung, esspricht für sich selbst und nimmt wieder einmal den Schreiernüber den ArbetterterrorismuS die heuchlerische Maske vom Gesich:!Die Lohildewcgung im Braugewerbe Harburgs ist jetzt mit guteinErfolge beendet. An Lohnerhöhungen während der vierjährigenTarifdauer wurden 1—5 M. pro Person und Woche erreicht, dieTourengelder und Ueberstundensätze wurden erhöht. Die Arbeitszeitwurde für das Winterhalbjahr von 9 auf 8>/z Stunden verkürz:.nach dem zweiten Tarifjohr auf 8>/., Stunden, für das Maschinen�personal auf 8 Stunden festgesetzt.'Erfolgt zum Ablauf der vierjährigen Tarifdauer die Kündigung des Tarifs nicht, so tritt für dasfünfte Tarifjahr eine allgemeine Lohnzulage von i M. wöchentlichein und die Arbeitszeit wird für das Winterhalbjahr auf 8 Stundentäglich verkürzt.Achtung, Fliesenleger! Trotz des im vorigen Jahre zum Ab-schluß gebrachten Tarifvertrages für das Fliesenlegergewerbc zuNürnberg-Fürth, versuchten die Unternchmer, sich über die tarifliche»Bestimmungen hinwegzusetzen. Die ständige Erbtiterung, die dadurchunter den in diesem Berufe tätigen Arbeiter hervorgerufen wird, gabdes öfteren Veranlassung, die Arbeitgeber auf die Anerkenmuig undEinhaltung der tariflichen Bestimmungen hinzuweisen. Da nun biszur Zeit von den Unternehmern die volle Anerkennung des Tarifsnoch nicht zu erzwingen war. sah sich die Sektion der Fliesenlegerveranlaßt, über die Firmen Lottes, Späth, Schmid undBankel(Vertreter Schneider) die Sperre zu verhängen. Bor Zuzugwird gewarnt. Deutscher Bauarbeiterverband.Zweigverein Nürnberg-Fürlb. Sektion der Fliesenleger.Ter Untrrnehmerverband für das Wagendaugrwcrbc in Münchenhat den bestehenden Tarifvertrag gekündigt. Die Kündigung, diedem Gewerbegericht zuging, enthielt zugleich die Mitteilung, daß derUnlernehmerverband die Absicht habe, das Tarifverhältnis nichtmehr zu erneuern. Die Unternehmer suchen in ganz DeutschlandArbeiter. Vorsicht bei Arbeitsangeboten ist also sehr zu beachten.Ein Streik der Speditionsfuhrleutc i» Mannheim niachte sich imGüterverkehr sogleich sehr empfindlich bemertbar. Die Unternehmererklärten sich daher bald bereit, über die schwebenden Differenzen zuverhandeln. Darauf wurde der Streik, an dem etwa 299 Kutscherbeteiligt w ren, am Sonnabend zunächst beendet. Zugestanden habendie Fuhrwerksbesitzer eine Lohnerhöhung von 1,59 M. wöchentlich.und weitere 59 Ps. für einen noch festzusetzenden späteren TerminDie Eisenbahn-Betriebsinspekttoii machte bekannt, daß sie wegen de?Ausstandes der Fuhrleute die Zufuhr der Frachtstückgüter selber über-nommen habe. Eine gleiche Belannlmachung hatte auch die DirektionMainz für die mit der preußisch-hessischen Bahn in Mannheim an-kommenden Güter erlassen. Tatsächlich haben am Sonnabend auchschon Bahnarbeiter einige Fuhren besorgt.Paul hepses letzte Komödie.Die unzerstörbare Fruchtbarkeit Paul HeyseS hat auch den Todüberwunden. Räch seinem leiblichen Ense, über dem blumen-prangenden Grabe, ist feine einzige Komödie großen Stils enl-standen. Der Leichnam lebte und sanimelte leine Freunde undGönner als handelnde Personen einer prächtigen Burleske.Schon vor feinem Begräbnis begann die Komödie. ES ergabsich, daß der Liebling der Götter und Gottesgnädlinge verfügt halte.daß er ohne geistlichen Beistand der Erde übergeben würde. Daswar ein harter Schlag für diese kirchlich neugeborene Welt. DieMitglieder des Hauses Wittelsbach, das den Geliebten mit Ordenund Adel honoriert hatte, verzichteten erschreckt auf persönlicheMitwirkung an dem sündhaften Leichenbegängnis des MünchenerEhrenbürgers.Dann aber brach Gräßlicheres hervor. Dieser brave Staats-bürger Paul Heyie, der Getreue der Tafelrunde des seligen KönigsMar, ist ein Förderer allen Umsturzes gewesen; sein berühmter undunverdächtiger Name wurde unter dem Sozialistengesetz als Teck-adresie für die Verbreitung verbotener Literatur, durch Vermittelungdes jungen Schoenlank, benutzt. Daß Freund Schlüter, der diesesozialistengesetzliche Erinnerung erzählte, einem Irrtum verfalle» seinkönnte, ist ausgeichloffen, denn Schlüter mußte als Leiter der ZüricherBuchhandlung die Deckadleffen kennen.So gar ungeheuerlich wäre nun solcher Liebesdienst PaulHehi'es nicht. Jeder anständige Mensch niußie den durch das infameAusnahmegesetz Entrechteten, wenn es in feiner Macht stand, helfen.Und im Grunde sollten solche Dienste bei einem Schriftsteller ganzselbstverständlich sein, dessen sittliche Berufspflicht es war, gegen diegewaltsame Unterdrückung literarischer Erzeugnisse si» aufzulehnen.Eine ähnliche Bemerkung hätte man in der liberalen Presse lesensollen, wenn sie es für notwendig hielt, das Verhalten Paul Heyseszu erklären.Die bürgerliche Gesellschaft reagierte aber ganz anders auf dieentsetzliche Enthüllung. Sie skandalierte über die Verdächtigung destoten Dichters, und was ihm zur Ehre gereichte, erschien ihr alsboshafte Verleumdung. Das war unerträglich: eben erst hatte manwonneichauernd über den HuldigungSkranz de« deutschen Kaisers be-richtet, und nun sollte diese Ehrung eme» Unwürdigen getroffenhaben' der sich am Schriitenschmuggel unter dem Ausnahmegesetzbeteiligt? Man lief zur Witwe und diese warf nicht etwa die Auf-dringlichen mit dem Bescheid hinaus, daß ihr Manu, als ein liberolerCharaklcr selbstverständlich ein Gegner seder Geioalttat gegengeistige Bewegungen gewesen sei, sondern sie verucherte, es sei keinwahres Wort an der Ge'chichte.'hr Paul habe sich niemals„umsolche Dinge" oelümmert. Dem Vertreter eines liberalen MünchnerBlattes hat sie' sogar erklärt, sie sei„aufs tiefste über diese Ver-öffentlichungen empört." Allerdings hat sie zugegeben, daß BrunoSchoenlank persönliche und briefliche Beziehungen zu Paul Heysegehabt habe. Aber höchstens könne er einen einzigen Brief ausLiebenswürdigkett, ahnungslos, um was es sich handelte, weiterbefördert haben. Und dann sprach die Witwe diesen Nachruf auf ihren Gatten, der wohl nur in dem unsterblichendeutschen Schilda, sonst aber in keinem Lande der Erde fürrühmlich gehalten werden dürste:...........„Ich habe bereits an den Verwalter de« lrterarttchen Nachlassesmeines Manne«. Herrn Dr. Petzet, geschrieben, er solle die Tage-bücher. in denen mein Mann jeden Beiuch. ieden Brief vermerkte.kurz, genau über jeden Tag Buch geführt hat. einer Durchficht unter-ziehen. Ich werde die gesamte Korrespondenz von 1879 bis 1899,die ja für diese Sache in Betracht kommt, revidieren, und werdedann an der Hand dieser Erhebungen beweisen, daß an den Mit-tcilnngen Schlüters nichts Zutreffendes ist. Wenn man jetzt versucht,das Andenken meines Mannes dadurch bei sernen Gegnern in einfalsches Licht zu stellen, indem man ihn als gebeimen Umstürzlerund als sozialistischen Mithelfer bezeichnet, so ist daS ein wenigrühmliches Beginnen. Mein Mann hat sich niemals mit Politikbeschäftigt, er hat selbst oft genuß betont, daß er sich in Politiknicht einmische, da er von Politik mchtS verstehe."So viel Mühe, um den Nachweis zu führen, daß niemals Heysegewagt hätte, ein Mann zu sein! Und zudem eine überflüssigeArbell ohne jede Beweiskraft. Denn so leichtsinnig wird Paul Heysejedenfalls nicht gewesen sein, in den nicht ungefährlichxn Polizei«zelten deS Sozialistengesetzes sorgfältig zu buchen, wann er sich einestrafbare Handlung zu schulden kommen ließ.Die Gegner Paul Heyse«. die durch diese wissenschaftliche Unter-suchung verhindert werden sollen, den Dichter in ein falsche« Licht zustellen, sind die klerikalen Kinder dieser und jener Welt. Der„Bahr,Kurier" hatte nämlich triumphierend geschrieben:„Es ist begreiflich, daß diese Enthüllungen daS größte Aufsehenzu erregen geeignet sind. Könige und Fürsten und Mächtige iinReiche der Wissenschast. der Kunst und Polirik haben bei dem Ab-leben des Dichters dem Toten den Tribut höchster Anerkennung undVerehrung gezollt, und nunmehr stellt sich herauK. daß dieser langeZeit ein heimlicher Förderer und Gönner der sozialdemokratischenUmsturzbewegung gewesen ist, und zwar zu einer Zeit, wo darausdie Strafe des Geieyes stand."Und dieses Organ einer Partei, die einst genau wie dieSozialisten aus die Ausnahmegesetze der Kulturkampfzeit pfiff, fügtdie geschäftliche Nutzanwendung Hinzu:„Ein Beweis, welche un-sicheren Kantonisten diese liberalen Kreise sind, die nach außen umHofgunst weiben und sich in ihr wohl fühlen und behaglich sonnen,heimlich aber mit den Thronumstürzlern paktieren und ihnen bewußtoder unbewußt Hehlerdienste leisten." Das schwarze Blatt tut denLiberalen in doppelter Hinsicht unrecht. Niemand hat behauptet,daß die Sozialisten mit Paul Heyse irgend welche politische Ge-meinschaft gehabt hätlon. Dann aber sind die Liberalen überhauptnicht so, sondern vielmehr ganz anders, nämlich so:Ich glaub' an das allmächt'ge Gold und seinenGeliebten Sohn, den man den Gulden nennt;All Wechsel, Amtsgehatt und den Dreieincn,Hcil'gen Konto-Korrent.Ich glaub' an Kabiuettsbesehl, Reskriptlind an den Thron, der mir ein Ansehn gibt.Ich glaub' an Mauth, Akzise, Zoll und Steuern,An den Kataster auch und seine Sippe.Ich glaube, daß mein Kreuz nie wundzuscheuern,Ich glaub' an Stall und Krippelind bete zu den Heil'gen spät und ftüheDes Tages, wo ich mein Gehalt beziehe.So hoff' ich, soll mir'S mit der Zeit gelingen,Ganz sacht die höchste» Ehren zu erwerben.Vielleicht selbst in den Adelsklub zu dringenUnd endlich sanft zu sterbenMs Steuerrat, ein„von" vor meinem NamenUnd mit dem Ritterkreuz im Knopfloch. Amen.DaS wird dann der passende Schluß der postHumen Komödiesein, daß der Familicnbiograph Heyses auch gleich den Auftrag niU-erhält, urlundlich nachzuweisen, daß die vorstehenden Verse Ginstisnicht aus der Feder Paul Heyies geflossen seien, der auch niemals,wie schamlose Verleumder bisher mit Erfolg behauptet haben, nichtnur das zitierte Gedicht Giustis, sondern mit besonderer Vorliebeund großer Kunst zahlreich gerade die revolutionärsten zeitgenössischenDichter Italiens ins Deutsche übertragen und dadurch den Um-stürzlern aller göttlichen und weltlichen Autorität frech Borschubgeleistet habe. Vielmehr habe er sich um solche Dinge niemalsbekümmert...Röntgenstrahlung als Ersatz für Radium. Von den Berfa-Werken in Frankfurt a. M. sind seit längerer Zeit Versuche unter-nommen worden, die wirksame Strahlung de» Radiums„künstlichzu erzeugen". Der leitende Ingenieur F. Deffauer berichtete darübernach der„Frank. Ztg.":Die Möglichkeit für einen solchen Ersatz des Radiums ist da-durch gegeben, daß au und für sich die Radiumstrahlungmit der Röntgenstrahlung prinzipiell gleichartig, nur sehrviel durchdringungssähiger ist. Aus dieser größeren Durch-dringungssähigkeir der Strahlung beruht die günstigereHeilwirkung der Radiumstrahlung gegenüber der Röntgen-strahlung bei tiefliegenden Krankheiten, wie beim Krebs u. a. Da-gegen ist die Radiumstrahlung bei den geringen zur Verfügungstehenden Mengen sehr schwach. Eine Röntgenröhre liefert vieletausendmal mehr Strahlen als ein noch so großes Radiumpräparat.— Die Arbeiten waren schließlich von Erfolg gekrönt und esgelang, in Röntgenröhren durch besondere VersuchsanordnungenStrahlen zu erzeugen, die das menschliche Gewebe fastebenso durchdringen wie die Radiumstrahlen und die etwa zwanzig-mal so durchdringungsfähig sind wie die gewöhnliche Röntgenstrahlungund teilweise ganz nahe an die Durchdringungsfähigkeit des Radiumsherankommen. Eine Röntgenmaschine, die derartige Strahlen liefert,ersetzt Radium im Werte von mehreren Millionen Mark und ver-billigt die Strahlentherapie so, daß sie allgemein zur Anwendunggelangen kann, während jetzt ja die Radiumtherapie sehr wenigenKranken zugänglich ist. Desiauer ist aber trotz dieser Eni-deckung der Ansicht, daß das Radium und Mesothoriumnie aus dem Heilichatz der Medizin verschwinden werden, weil c«vermöge der Kleinheil der Präparate in Körperhöhlen innerlich zurAnwendung gelangen kann, während es seiner Ansicht nach bei deräußeren Aivendung gänzlich durch die neu entdeckte radiumähnlichcRöntgenstrahlung ersetzt wird.Tie wisicirschastliche Nachprüfung wird entscheiden, ob dasinteressierte Urteil des Ingenieurs berechtigt ist.Humor und Satire.Auf Korfu.Wer es vermag, erholt den KörperVon deS Berufes Last und Weh,Indem er teilweis ,up de Dörper'sich fortbegibt, teils an die See.Doch da« auch, was den Geist anrege,In Prosa und auch mal im Reim,Läßt man selbst in der Lungenpflege,Weil fich'S nicht ziemt, nicht gern daheim.