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Nr. 108. 31. Iahrgllvg. 1. Irilijt des.Hmilck" ßrilinH Dieustag, 21. April 19{4. Gewerkschaftliches. Scharfmachereien gegen öie Maifeier. Der Arbeitgeber-Schutzverband deutscher Schlossereien und verwandter Gewerbe, Berlin   LW, Gitschiner Str. 2, erließ unter dem 16. April 1911 folgendes Rundschreiben: An die verehrlicken Orts- und Be�irksverbände! Da der 1. Mai wieder bevorsteht, gestatten wir uns. unsere verehrlichen Ortsverbände darauf hinzuweisen, daß wir als Mit- glieder der Vereinigung der Deutschen   Arbeitgeber-Verbände ver- pflichtet sind, die Maifeier abzulehnen! Danach bitten wir sie, in Ihren Mitgliederkreisen event. durch eine Versammlung darauf hinzuwirken, daß die Maifeier nickt gestattet wird und daß das den Gesellen und Arbeitern ausdrücklich bekanntgegeben wird, unter Ankündigung einer Eni- lassung auf drei Tage für den Fall, daß Gesellen trotzdem am 1. Mai der Arbeit fern- bleiben! Wir bitten Sie des ferneren, die extra feiernden Ge- seilen und Arbeiter auf drei Tage auszu- sperren und uns dann unverzüglich mitzuteilen, um wieviel es sich bandelt. Wir machen darauf aufmerlsam, daß die Maifeier als Kampf- mittel dienen soll gegen denKapitalismus  ", d. h. gegen das selbständige Unternehmertum und unsere wirtschaftliche Ordnung. Wenn aber von Arbeitgeberseite diesen Maßnahmen energisch Einhalt geboten wird, so hat sich gerade in dieser Frage noch immer ein voller Erfolg gezeigt, und zwar besonders deshalb. weil die Gewerkschaftskassen durch die Unterstützung, die sie infolge unserer AuSsperrungSmaßnahmen zahlen müssen, zu sehr belastet werden. Wir rechnen darauf, daß diesmal in unserem Verbände die Ablehnung derMaifeier" energisch und konsequent durch- geführt wird. Hochachtungsvoll Arbeitgeber-Schutzverband deutscher Schlossereien und verwandter Gewerbe. Der Geschäftsführer: Dr. H. Harnehl." Die Angabe über den Zweck der Maifeier ist in dem Schreiben etwas sehr dürftig ausgefallen, aber vielleicht wirkt es in dieser Form gerade auf die Schlossermeister am besten. Daß die kleinen Scharfmacher es doch immer den großen gleichtun wollen, oder sie gar in der Scharfmacherei über- trumpfen. Die bald Üöjährige Maifeier sollte doch auch den verehrlichen Schlossermeistern gelehrt haben, daß gerade sie nicht die Auserwählten sein können, ihr den Garaus zu machen.__ Serlin und Umgegend. Der Abwehrkampf der Kraftdroschkenführer. Am Montag vormittag waren die im Kampf stehenden Chauffeure wieder vollzählig im Gewerkschaftshaus versammelt. Wie die Streik- leitung mitteilte, hat sich die Situation seit der letzten Versammlung nicht verändert; sie ist nach wie vor für die Streikenden günstig. Es ist kein Anlaß vorhanden, an der bisherigen Taktik irgend etwa? zu ändern. Da bis jetzt noch nicht bekannt geworden ist. daß von den m Aussicht gestellten Unterstützungen der Großbetriebe den be- streikten Kleinunternehmern etwas zugeflosien ist, so muß an- genommen werden, daß sie auch nichts erhalten, also vergebens auf Unterstützung gehofft haben. In der ziemlich ausgedehnten Diskussion kam ohne Ausnahme der feste Wille zum Ausdruck, den Kampf unerschülterlich durchzu- führen. Unter anderem wurde betont, daß man in unbeteiligten Kreisen mitunter die Meinung höre, eS handle sich bei diesem Kampf nur um eine Bagatelle. DaS sei aber Ha Irrtum, denn wenn es den Unternehmern gelänge, die jetzt geplanten Abzüge durchzuführen, dann sei zu befürchten, daß sie auch eine Herabsetzung dcS ProzentanteilS der Chauffeure an den Einnahmen durchzudrücken versuchen würden. Dem müsse mit aller Energie vorgebeugt werden. Einstimmig wurde eine Resolution angenommen, welche besagt, daß die Streikenden im Kampfe aushallen werden, auch wenn er sich längere Zeit hinziehen sollte und daß der Kampf erst dann ab- gebrochen werden kann, wenn die Unternehmer den Transport- arbeilerverband anerkennen und keinen Pfennig von dem bisherigen Lohn abziehen. Die nächste Versammlung findet am Mittwochvormittag statt. Zentralverbanb der Steinarbeiker. Gesperrt sind folgende G r ab st e i n g e sch ä f t e: Stahl u. Herzog, Neukölln, Hermaimstr. 196; Breitkreuz, Neukölln, Her- mannstr. 73 und lZü; Wolf, Kottbuser Tamm 77; Ncumänn, Friedrichsfeldc, Am Zentralfriedhof; Schröder u. Laurin, Friedrichs- felde. Am Zentralfriedhof; Krause, Berlin  , Ackerstr. 38; Rüseler, Berlin  , Am Bahnhof Gesundbrunnen  ; Bräuer, Berlin  , Badstr  . 9; Poppe, Pankow  , Wollankstraße; Heimlich, Nordend; Vogt, Hohen- schönhausen; Spielvogel, Purps Nachf., Landsberger Allee   151; Woitschesti, Landsberger Allee   17; Macher, Westend  , Neuer Fürsten  - brunner Weg;J2ange, Schöneberg  , Marstraße; Lübsen, Wilmers- dort, Berliner Straße; Zenker, Berlin  , Bergmannstr. 53; Schneider, Berlin  . Bergmannstr. 59; Janetzke, Bergmannstr. 79; Bader  , Liesenstr  . 19._ Tic Ortsvcrwaltung. deutsches Reich. Material für öie Terrorismusjchreier. DerOberst. VolkSzeitnng" ist ein vertrauliches Rundschreiben auf den Tisch geflogen, daS der Borsitzende des Verbandes siid- deutscher Textilarbeitgeber an seine Mitglieder versandt hat und das einen interessanten Einblick in die geheime Werkstatt der Scharf- macherterroristen gewährt. Die BerbandSsirma Adolf RoeSle in Hof a. d. S. hatte den ihrmißliebig" gewordenen Weber Christian Schmidt entlasten, sich aber nicht damit begnügt, sondern andere Firmen vor ihm gewarnt. Als Schmidt bei einer anderen Firma um Beschäftigung nachsuchte, wurde ihm solche auch zugesagt und er ins Hauptkontor gesandt, um seine Jnvalidenkarte abzugeben. Dort aber erhielt er vom Portier den Bescheid, der Direktor habe erklärt, daß er Schmidt nicht einstellen könne, weil er von der Firma RoeSlegemeldet" worden sei. Von einer anderen Firma wurde Sch. hierauf eingestellt und an freie Stühle gestellt, aber nach einigen Stunden sagte man ihm, seine Einstellung sei auf einen Irrtum zurückzuführen, und er wurde unter Abfindung mit 2 M. wieder entlassen. Er schloß daraus auf das Bestehen schwarzer Listen und klagte gegen die Firma RoeSle wegen Existenz- loSmachung. Die Firma wandte sich darauf an den Arbeitgeber- verband, der den Fall zum Anlaß nahm, in dem oben erwähnten Rundschreiben eine ausführlicheRechtsbelehrung' an seine Mitglieder ergehen zu lassen. ES wird Eingangs darauf hin- gewissen, daß die Herausgabe schwarzer Listen an sich nicht gegen ein Gesetz, auch nicht gegen die guten Sitten verstößt, nur in der Art. wie dabei verfahren wird, könne unter Umständen eine unrechtmäßige Handlung im Sinne des§ 826 des B. G. B. liegen. Der Verband gibt keine schwarzen Listen, sondern nurWarnungen" vor Einstellung gewisser Personen heraus, zu deren Be- obachtung eine satzungsgemäße Verbindlichkeit nicht besteht. Nur im Streikfall sind die Mitglieder satzungsgemäß ver- pflichtet, Streikende nicht einzustellen. Es folgen dann Anweisungen, wie man sich zu verhalten hat, um in Schadenersatzprozesien wegen der Warnungen nicht zu unter- liegen. ES sind tatsächliche Unterlagen dafür beizubringen, ob der Betreffende in einer die Ordnung im Betrieb gefährdenden Weise als Hetzer aufgetreten ist und daß er Zeitungsartikel gegen die Firma unter Entstellung der Tatsachen geschrieben oder inspiriert hat. Ein zweiter Weg wäre, die Streitsumme zu bezahlen für den Fall, daß ! die Führung des Prozesses mit Rücksicht auf die sich daran knüpfen- den Erörterungen in der Oeffentlichkeit oder mit Rücksicht auf die geschäftlichen oder lokalen Verhältnisse unangenehm oder, schädlich erscheinen kann. Diesen Weg hat im vorliegenden Fall die Firma eingeschlagen. Der Arbeitgeberverband bezeichnet diesen Vor- gang als einen Beweis dafür, welche große Unannehmlichkeiten einer BerbandSsirma ohne alle ihre Schuld dadurch erwachsen können, wenn die hinausgegebenen Warnungen nicht mit der er- forderlichen Vorsicht behandelt werden. Da jede Firma des Verbandes in die gleiche Lage kommen könne, hätten alle das gleiche Interesse an der geeigneten Geheimhaltung und vor- sichtigen Behandlung der Warnungen, s!) Die Mit- glieder werden daher dringend ersucht, in ihren Betrieben Maßnahmen zu treffen, daß dieExistemz der Warnungen geheim bleibt und daß von ihnen nur solche im Betrieb tätige Per- sonen erfahren, die absolut zuverlässig sind und zum vorsichtigen Verhalten Dritten gegenüber angewiesen sind. Es wird auch auf die Gefahr verwiesen, daß durch die öffentlichen Erörterungen, die sich an Prozesse lvegen schwarzer Listen knüpfen, di» Gesetzgebung von den politischen Parteien zum Verbot solcher Listen gedrängt wird. Hierzu keinen Anlaß zu geben, hätten die Arbeitgeber allet? Grund. Das Rundschreiben bedarf keiner weiteren Beleuchtung, es spricht für sich selbst und nimmt wieder einmal den Schreiern über den ArbetterterrorismuS die heuchlerische Maske vom Gesich:! Die Lohildewcgung im Braugewerbe Harburgs ist jetzt mit gutein Erfolge beendet. An Lohnerhöhungen während der vierjährigen Tarifdauer wurden 15 M. pro Person und Woche erreicht, die Tourengelder und Ueberstundensätze wurden erhöht. Die Arbeitszeit wurde für das Winterhalbjahr von 9 auf 8>/z Stunden verkürz:. nach dem zweiten Tarifjohr auf 8>/., Stunden, für das Maschinen� personal auf 8 Stunden festgesetzt.'Erfolgt zum Ablauf der vier jährigen Tarifdauer die Kündigung des Tarifs nicht, so tritt für das fünfte Tarifjahr eine allgemeine Lohnzulage von i M. wöchentlich ein und die Arbeitszeit wird für das Winterhalbjahr auf 8 Stunden täglich verkürzt. Achtung, Fliesenleger! Trotz des im vorigen Jahre zum Ab- schluß gebrachten Tarifvertrages für das Fliesenlegergewerbc zu Nürnberg  -Fürth  , versuchten die Unternchmer, sich über die tarifliche» Bestimmungen hinwegzusetzen. Die ständige Erbtiterung, die dadurch unter den in diesem Berufe tätigen Arbeiter hervorgerufen wird, gab des öfteren Veranlassung, die Arbeitgeber auf die Anerkenmuig und Einhaltung der tariflichen Bestimmungen hinzuweisen. Da nun bis zur Zeit von den Unternehmern die volle Anerkennung des Tarifs noch nicht zu erzwingen war. sah sich die Sektion der Fliesenleger veranlaßt, über die Firmen Lottes, Späth, Schmid und Bankel(Vertreter Schneider) die Sperre zu verhängen. Bor Zuzug wird gewarnt. Deutscher   Bauarbeiterverband. Zweigverein Nürnberg-Fürlb. Sektion der Fliesenleger. Ter Untrrnehmerverband für das Wagendaugrwcrbc in München  hat den bestehenden Tarifvertrag gekündigt. Die Kündigung, die dem Gewerbegericht zuging, enthielt zugleich die Mitteilung, daß der Unlernehmerverband die Absicht habe, das Tarifverhältnis nicht mehr zu erneuern. Die Unternehmer suchen in ganz Deutschland  Arbeiter. Vorsicht bei Arbeitsangeboten ist also sehr zu beachten. Ein Streik der Speditionsfuhrleutc i» Mannheim   niachte sich im Güterverkehr sogleich sehr empfindlich bemertbar. Die Unternehmer erklärten sich daher bald bereit, über die schwebenden Differenzen zu verhandeln. Darauf wurde der Streik, an dem etwa 299 Kutscher  beteiligt w ren, am Sonnabend zunächst beendet. Zugestanden haben die Fuhrwerksbesitzer eine Lohnerhöhung von 1,59 M. wöchentlich. und weitere 59 Ps. für einen noch festzusetzenden späteren Termin Die Eisenbahn-Betriebsinspekttoii machte bekannt, daß sie wegen de? Ausstandes der Fuhrleute die Zufuhr der Frachtstückgüter selber über- nommen habe. Eine gleiche Belannlmachung hatte auch die Direktion Mainz   für die mit der preußisch-hessischen Bahn in Mannheim   an- kommenden Güter erlassen. Tatsächlich haben am Sonnabend auch schon Bahnarbeiter einige Fuhren besorgt. Paul hepses letzte Komödie. Die unzerstörbare Fruchtbarkeit Paul HeyseS hat auch den Tod überwunden. Räch seinem leiblichen Ense  , über dem blumen- prangenden Grabe, ist feine einzige Komödie großen Stils enl- standen. Der Leichnam lebte und sanimelte leine Freunde und Gönner als handelnde Personen einer prächtigen Burleske. Schon vor feinem Begräbnis begann die Komödie. ES ergab sich, daß der Liebling der Götter und Gottesgnädlinge verfügt halte. daß er ohne geistlichen Beistand der Erde übergeben würde. Das war ein harter Schlag für diese kirchlich neugeborene Welt. Die Mitglieder des Hauses Wittelsbach, das den Geliebten mit Orden und Adel honoriert hatte, verzichteten erschreckt auf persönliche Mitwirkung an dem sündhaften Leichenbegängnis des Münchener  Ehrenbürgers. Dann aber brach Gräßlicheres hervor. Dieser brave Staats- bürger Paul Heyie, der Getreue der Tafelrunde des seligen Königs Mar, ist ein Förderer allen Umsturzes gewesen; sein berühmter und unverdächtiger Name wurde unter dem Sozialistengesetz als Teck- adresie für die Verbreitung verbotener Literatur, durch Vermittelung des jungen Schoenlank, benutzt. Daß Freund Schlüter, der diese sozialistengesetzliche Erinnerung erzählte, einem Irrtum verfalle» sein könnte, ist ausgeichloffen, denn Schlüter mußte als Leiter der Züricher  Buchhandlung die Deckadleffen kennen. So gar ungeheuerlich wäre nun solcher Liebesdienst Paul Hehi'es nicht. Jeder anständige Mensch niußie den durch das infame Ausnahmegesetz Entrechteten, wenn es in feiner Macht stand, helfen. Und im Grunde sollten solche Dienste bei einem Schriftsteller ganz selbstverständlich sein, dessen sittliche Berufspflicht es war, gegen die gewaltsame Unterdrückung literarischer Erzeugnisse si» aufzulehnen. Eine ähnliche Bemerkung hätte man in der liberalen Presse lesen sollen, wenn sie es für notwendig hielt, das Verhalten Paul Heyses zu erklären. Die bürgerliche Gesellschaft reagierte aber ganz anders auf die entsetzliche Enthüllung. Sie skandalierte über die Verdächtigung des toten Dichters, und was ihm zur Ehre gereichte, erschien ihr als boshafte Verleumdung. Das war unerträglich: eben erst hatte man wonneichauernd über den HuldigungSkranz de« deutschen Kaisers be- richtet, und nun sollte diese Ehrung eme» Unwürdigen getroffen haben' der sich am Schriitenschmuggel unter dem Ausnahmegesetz beteiligt? Man lief zur Witwe und diese warf nicht etwa die Auf- dringlichen mit dem Bescheid hinaus, daß ihr Manu, als ein liberoler Charaklcr selbstverständlich ein Gegner seder Geioalttat gegen geistige Bewegungen gewesen sei, sondern sie verucherte, es sei kein wahres Wort an der Ge'chichte.'hr Paul habe sich niemalsum solche Dinge" oelümmert. Dem Vertreter eines liberalen Münchner  Blattes hat sie' sogar erklärt, sie seiaufs tiefste über diese Ver- öffentlichungen empört." Allerdings hat sie zugegeben, daß Bruno Schoenlank   persönliche und briefliche Beziehungen zu Paul Heyse  gehabt habe. Aber höchstens könne er einen einzigen Brief aus Liebenswürdigkett, ahnungslos, um was es sich handelte, weiter befördert haben. Und dann sprach die Witwe diesen Nach­ruf auf ihren Gatten, der wohl nur in dem unsterblichen deutschen   Schilda  , sonst aber in keinem Lande der Erde für rühmlich gehalten werden dürste:........... Ich habe bereits an den Verwalter de« lrterarttchen Nachlasses meines Manne«. Herrn Dr. Petzet, geschrieben, er solle die Tage- bücher. in denen mein Mann jeden Beiuch. ieden Brief vermerkte. kurz, genau über jeden Tag Buch geführt hat. einer Durchficht unter- ziehen. Ich werde die gesamte Korrespondenz von 1879 bis 1899, die ja für diese Sache in Betracht kommt, revidieren, und werde dann an der Hand dieser Erhebungen beweisen, daß an den Mit- tcilnngen Schlüters nichts Zutreffendes ist. Wenn man jetzt versucht, das Andenken meines Mannes dadurch bei sernen Gegnern in ein falsches Licht zu stellen, indem man ihn als gebeimen Umstürzler und als sozialistischen Mithelfer bezeichnet, so ist daS ein wenig rühmliches Beginnen. Mein Mann hat sich niemals mit Politik beschäftigt, er hat selbst oft genuß betont, daß er sich in Politik nicht einmische, da er von Politik mchtS verstehe." So viel Mühe, um den Nachweis zu führen, daß niemals Heyse gewagt hätte, ein Mann zu sein! Und zudem eine überflüssige Arbell ohne jede Beweiskraft. Denn so leichtsinnig wird Paul Heyse  jedenfalls nicht gewesen sein, in den nicht ungefährlichxn Polizei« zelten deS Sozialistengesetzes sorgfältig zu buchen, wann er sich eine strafbare Handlung zu schulden kommen ließ. Die Gegner Paul Heyse  «. die durch diese wissenschaftliche Unter- suchung verhindert werden sollen, den Dichter in ein falsche« Licht zu stellen, sind die klerikalen Kinder dieser und jener Welt. DerBahr, Kurier" hatte nämlich triumphierend geschrieben: Es ist begreiflich, daß diese Enthüllungen daS größte Aufsehen zu erregen geeignet sind. Könige und Fürsten und Mächtige iin Reiche der Wissenschast. der Kunst und Polirik haben bei dem Ab- leben des Dichters dem Toten den Tribut höchster Anerkennung und Verehrung gezollt, und nunmehr stellt sich herauK. daß dieser lange Zeit ein heimlicher Förderer und Gönner der sozialdemokratischen Umsturzbewegung gewesen ist, und zwar zu einer Zeit, wo daraus die Strafe des Geieyes stand." Und dieses Organ einer Partei, die einst genau wie die Sozialisten aus die Ausnahmegesetze der Kulturkampfzeit pfiff, fügt die geschäftliche Nutzanwendung Hinzu:Ein Beweis, welche un- sicheren Kantonisten diese liberalen Kreise sind, die nach außen um Hofgunst weiben und sich in ihr wohl fühlen und behaglich sonnen, heimlich aber mit den Thronumstürzlern paktieren und ihnen bewußt oder unbewußt Hehlerdienste leisten." Das schwarze Blatt tut den Liberalen in doppelter Hinsicht unrecht. Niemand hat behauptet, daß die Sozialisten mit Paul Heyse   irgend welche politische Ge- meinschaft gehabt hätlon. Dann aber sind die Liberalen überhaupt nicht so, sondern vielmehr ganz anders, nämlich so: Ich glaub' an das allmächt'ge Gold und seinen Geliebten Sohn, den man den Gulden nennt; All Wechsel, Amtsgehatt und den Dreieincn, Hcil'gen Konto-Korrent. Ich glaub' an Kabiuettsbesehl, Reskript lind an den Thron, der mir ein Ansehn gibt. Ich glaub' an Mauth  , Akzise, Zoll und Steuern, An den Kataster auch und seine Sippe. Ich glaube, daß mein Kreuz nie wundzuscheuern, Ich glaub' an Stall und Krippe lind bete zu den Heil'gen spät und ftühe Des Tages, wo ich mein Gehalt beziehe. So hoff' ich, soll mir'S mit der Zeit gelingen, Ganz sacht die höchste» Ehren zu erwerben. Vielleicht selbst in den Adelsklub zu dringen Und endlich sanft zu sterben Ms Steuerrat, einvon" vor meinem Namen Und mit dem Ritterkreuz im Knopfloch. Amen. DaS wird dann der passende Schluß der postHumen Komödie sein, daß der Familicnbiograph Heyses auch gleich den Auftrag niU- erhält, urlundlich nachzuweisen, daß die vorstehenden Verse Ginstis nicht aus der Feder Paul Heyies geflossen seien, der auch niemals, wie schamlose Verleumder bisher mit Erfolg behauptet haben, nicht nur das zitierte Gedicht Giustis, sondern mit besonderer Vorliebe und großer Kunst zahlreich gerade die revolutionärsten zeitgenössischen Dichter Italiens   ins Deutsche übertragen und dadurch den Um- stürzlern aller göttlichen und weltlichen Autorität frech Borschub geleistet habe. Vielmehr habe er sich um solche Dinge niemals bekümmert... Röntgenstrahlung als Ersatz für Radium. Von den Berfa  - Werken in Frankfurt   a. M. sind seit längerer Zeit Versuche unter- nommen worden, die wirksame Strahlung de» Radiums  künstlich zu erzeugen". Der leitende Ingenieur F. Deffauer berichtete darüber nach derFrank. Ztg.": Die Möglichkeit für einen solchen Ersatz des Radiums ist da- durch gegeben, daß au und für sich die Radiumstrahlung mit der Röntgenstrahlung prinzipiell gleichartig, nur sehr viel durchdringungssähiger ist. Aus dieser größeren Durch- dringungssähigkeir der Strahlung beruht die günstigere Heilwirkung der Radiumstrahlung gegenüber der Röntgen- strahlung bei tiefliegenden Krankheiten, wie beim Krebs u. a. Da- gegen ist die Radiumstrahlung bei den geringen zur Verfügung stehenden Mengen sehr schwach. Eine Röntgenröhre liefert viele tausendmal mehr Strahlen als ein noch so großes Radiumpräparat. Die Arbeiten waren schließlich von Erfolg gekrönt und es gelang, in Röntgenröhren durch besondere Versuchsanordnungen Strahlen zu erzeugen, die das menschliche Gewebe fast ebenso durchdringen wie die Radiumstrahlen und die etwa zwanzig- mal so durchdringungsfähig sind wie die gewöhnliche Röntgenstrahlung und teilweise ganz nahe an die Durchdringungsfähigkeit des Radiums herankommen. Eine Röntgenmaschine, die derartige Strahlen liefert, ersetzt Radium im Werte von mehreren Millionen Mark und ver- billigt die Strahlentherapie so, daß sie allgemein zur Anwendung gelangen kann, während jetzt ja die Radiumtherapie sehr wenigen Kranken zugänglich ist. Desiauer ist aber trotz dieser Eni- deckung der Ansicht, daß das Radium und Mesothorium nie aus dem Heilichatz der Medizin verschwinden werden, weil c« vermöge der Kleinheil der Präparate in Körperhöhlen innerlich zur Anwendung gelangen kann, während es seiner Ansicht nach bei der äußeren Aivendung gänzlich durch die neu entdeckte radiumähnlichc Röntgenstrahlung ersetzt wird. Tie wisicirschastliche Nachprüfung wird entscheiden, ob das interessierte Urteil des Ingenieurs berechtigt ist. Humor und Satire. Auf Korfu  . Wer es vermag, erholt den Körper Von deS Berufes Last und Weh, Indem er teilweis ,up de Dörper' sich fortbegibt, teils an die See. Doch da« auch, was den Geist anrege, In Prosa und auch mal im Reim, Läßt man selbst in der Lungenpflege, Weil fich'S nicht ziemt, nicht gern daheim.