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die englischen Parteitage. (Von unserem Korrespondenten.) London  , 19. April 1911. Alles deutete darauf bin, dah sich der Parteitag der I. L. P, aus der die Partei ihr 21 jähriges Beilehen seiertc, zu einem groben Fest gestalten würde, das die Verhandlungen der Delegierlen in den Schauen stellen würde. Es ist anders gekommen, lvie viele glaubten Nicht die Festlichkeiten und die Festreden kennzeichneten diese Konferenz, sondern die höchst wichtigen und anregenden Debatten und Beschlüsse, die jedenfalls die Entwickelung der I. L. P. und wohrscheinlick, auch den Charakler der ganzen sozialistischen   Be- wegnng GrobbritannienS stark beeinflussen werden. Die Debatten über Parteitaktik lieben einen von wenigen geahnten Umschwung in den Anschauungen unserer der I. L. P. angeschlossenen Genossen erkennen. Ein neueö Kapitel in der Parreigeschichle fängt an, und die theoretischen und taktischen Auseinandersetzungen, die den Ver» Handlungen folgen müssen und werden, werden nur dazu beitragen können, die Lebens- und Wervekraft der Partei zu erhöhen. ES sind keine leicht zu fassenden und zu überiehenden Zusammen- - hänge, die zu begreifen sind, wenn man die Lage und die Taktik der britischen Arbeiterpartei und die Stellung der I. L. P. in ihr verstehen will. Im Nähme» eines Artikels lassen sich die wichtigsten Punkte nur andeuten. Und die Schwierigkeit einer Erklärung wird noch dadurch sehr vergröbert, daß sich zwischen den Hindernissen, die sich in Grobbrilannien dem Wachstum einer sozialdemokratischen Partei entgegenstellen, und denen, die wir in den meisten anderen Ländern antreffen, so wenige Parallelen ziehen lassen. Die Debatten über Parteitaktik, die dem Partei- tag der I. L. P. den Stempel aufdrückten, entsprangen dem Be- dürfnis der Mitglieder der I. L. P., sich über die verwoirene politische Lage einmal gründlich auszusprechen und inö Klare zu kommen. Die liberal Regierung hatte die Arbeiterpartei in eine äugerst schwierige Posiuoir hineinmanövriert, wobei ihr der Mechanismus des ParlamentsgesetzeS, der die gesunde Entwickelung der Dinge aufhält und ein treffliches Mittel ist, den politischen Fortschritt zu verlangsamen, lehr zustatten kam. In vieler Augen erschien die Arbeiterpartei, mit der sich die I. L. P. vermählt, nur noch als ein Teil der liberalen Partei. Man sah Mitglieder der parlamentarischen Fraktion, die nur ein lauwarmes Interesse für die Anträge und Resolutionen ihrer eigenen Partei bekundeten, ivährend sie mit Feuer und Flamme für die vom Parlaments- geietz gedeckten liberalen Refornien eintraten, vielfach offenbar von der Ansicht geleitet, dast die Wegräumung dieser Streitpunkte die Bahn für soziale Resormen frei machen würde. Man sah auch Arbeiterparteiler gegen ihre eigenen Anträge stimmen, nur damit die Kreise der Regierung mcht gestört würden. Bon einem Parlamentarier wird sogar behauptet, dab sich die Arbeiterpartei mit der Regierung im geheimen verabredet habe, eine Abslimmunji über einen Antrag der Arbeilersraktion nicht vorzunehmen, weil für die Regierung die Gefahr bestand, dah er angenommen werden würde. linier Hinweisen aus die allgemeine politische Lage lassen sich zweifelsohne plausibel klingende Argumente für diese Taklik an- führen. Aber wie soll der einfache Mann diese von den Intrigen der bürgerlichen Parteien diktierte Taktik verstehen? Welche Ant» wort soll ihm der sozialistische Redner geben, wenn er in einer Volksversamm'.aug gefragt wird, weshalb die Arbeiterfraktion so und nicht so gestimmt hat? In einer festgefügten Partei mögen gelegentliche Seilensprünge nicht viel Schaden anrichten, aber in einer jungen unter äuberst schwierigen Verbältnissen arbeitenden Partei. die den Volksmassen noch das Bewuhtsein von der Selbständigkeit und Eigenheil der proletarischen Partei beibringen muh. wirken ste sehr verwirrend und deprimierend. Auf der I. L. P., die fast allein die geistigen Kämpfe der Arbeirerpartei führen muh. ruhte nun die ganze Last der Verteidigung gegen die Kritik, der die Arbeiterpartei unaufhörlich ausgesetzt war. Viele Genossen gaben die Sache auf und schlössen sich den Kritikern an. Andere kriti- sierten und suchten nach Mitteln, um eine Gesundung der Ber- Hältnisse herbeizuführen. Aber das war nicht leicht. Wäre die britiiche Arbeiterpartei eine sozialistische Partei, so hätte eS genügt, die Parlamentarier auk- zufordern, ihre Politik nach den Grundsätzen der Partei einzurichten. Die Arbeiterpartei ist jedoch nur ein Kompromiß zwischen einer sozialistischen   Minderbeil und einer Mehrheit von Gewerkschaftern, von denen viele noch bis über die Ohren im Liberalismus stecken. Einige dieser Gewerkichafter gehören sozialistischen Organisationen an. denen sie als Parlamentsmitglieder jedoch nicht verantwortlich Drum schleppt selbst auf denMönch" und.Eiger" Er weiß, was sich fürBildung" schickt! Herr Schulze denLokal-Anzeiger" Und liest ihn, bis er eingenickt. So wird man freundlich damit fühlen, Daß auch S. M. dort auf Korfu  , Bei deutscher Dichter Geistcsspielen' Erst ganz geuietzt der Ferienruh. Er priifte sorgsam der Poeten Zur Zeit gerad' berühmten Häuf' Und bat dann freundlich anzutreten Major a. D, Herrn Josef Laufs. Gewib. man sagt bei der Erscheinung, Daß diesem der. dem der gefällt. Doch daß man meist nicht einer Meinung Das eben ist der Laufs der Welt. Knax. Notizen. Vorträge.. Mein e Rei se d urch Japan  " lautet daS Thema de» Vortrages, den Charloiie Willimek am Mittwoch. den 22. April, abends S'/z Uhr im.Verein von Freunden der Treptow-Slernwarte" unter Vorführung farbiger Lichtbilder halten wird. Kongresse. In Wiesbaden   wurde am Montag der »I. deutsche Kongreß für innere Medizin eröstne». In seiner EwteitungSrede betonte der Borsitzende Prof. Romberg, daß der skongreh zu seiner bisherigen Aufgabe, der Uebermittelung der neuesten Forschungsresultate, nun auch die Behandlung aktueller Themata der inneren Medizin von mehr prattiicher Bedeutung bringe. In Hamburg   begann der erste internationale Kongreß für' experimentelle Phonetik �Erforschung der Laute) seine Tagung. Die Leihbibliothek im Kraftwagen. Die Automobilkirche, die sich in den Vereinigten Staaten   bewährt haben soll, hat jetzt ein Gegenstück gefunden. Eine unternehmende Dame hat den Plan einer Wanderbibliothek gefabt, und zwar benutzt sie zur Beförderung ihrer ungefähr 3000 Bände starken Bücherei einen Krastwagen. Mit ihrem Gefährt begibt sie sich von Wohnung zu Wohnung und leiht gegen eins Gebühr von 5 Pfennig ihre Bände aus. llngefähr acht Tage bleibt sie an demselben Platz und hat. wie ste erklärt, sehr gute Einnahmen. Ein Konzert-Großunternehmer. Die Konzert- und Theateragenturen ern, angellen bisher der echtkapitalistischen Großzügigkeit. Zwar halten manche findige Köpfe allerlei Prozeduren aus den benachbarten Gebieten des angestammten Pferdehandels oder des Altwarenvertriebs mit Erfolg eingeführt. Aber immerhin blieb daS Geschäft, soweit es nicht überhaupt alt- modisch-solide betrieben wurde, auf der polnischen Slufe bestehen, Emil Gulmann, hieb der Apostel, der die Konzerlbranche groß- kapitalistisch, modern-spekulativ. omerikanisch-reklamehaft zu organi- sieren begann. Schade, daß die Sache nicht glückte: Herr Guimann hat sich von den Geschäften zurückziehen müssen. Aber ein anderer wird das Geschäft doch einmal machen und den Konzert- und Kunst- betrieb endgüliig kapitalistisch ausbauen. Bielleicht geben dann sogar den Künstlern die Augen auf und sie sehen, wie Kunst ge- «acht und ausgebeutet wird. sind; andere find Liberale, deren Wahl teilweise von ber liberalen Wahlorganisation betrieben wird und die entweder von Arbeiterpolitik nur eine unklare Vorstellung haben, oder die Arbeiter- Partei nur als einen propagandistischen Flügel der liberalen Partei betrachten, wie es etwa die bürgerlichen Radikalen find. Die An- sichten der letzteren sind ganz logisch; sie erstreben nicht den Sozia- lismus, sondern wollen den Arbeitern das Leben in der kapitalistischen  Geiellschast nur etwas erträglicher und angenehmer machen. Wenn ihre politische Stellung nicht ebenso logisch ist. so sind fie nicht schuld daran; denn sie sind von der Mehrheit der Mitglieder ihrer Gewerk- schast gezwungen worden, sich der Arbeiterpartei anzuschließen. Man laiin sich vorstellen, wie schwer es dem Führer einer aus solch ver- ichiedenen Elemenien bestehenden Partei sein muß seine Truppen in der heuligen politischen Situation Großbritanniens   zusammen- zuhalten. DaS Bindemitiel der Arbeiterpartei soll die Unabhängig- keir allen andere» Parteien gegenüber sein. Die I, L. P. hat stets eifersüchtig darüber gewacht, daß die Parlamentarier diese Unabhängigkeit achten, und in den letzten Monaten ist eS ihr gelungen, durchzusetzen, daß zwei Bergarbeitervertreter, die ganz offen die Verfassung der Partei mißachteten, aus der Fraktion aus- geschlossen wurden. Dock, außer dieser formalen Unabhängigkeit hat eine bedeutende Minderheit in der I. L. P. seit langem die taktische Unabhängigkeit der Arbeiterpartei angestrebt. Diese Minderheit ist nun aus dem Bradforder Parleitag zu einer großen Mehrheit geworden. Der Ruf nach prinzipieller Politik, der in der viel umstrittenen Bradforder Resolution ertönt, tritt mit einem Angriff auf die Kabinettsherrschast und daS Zweiparteiensystem auf. Wenn die Arbeiterpartei wachsen und gedeihen will, sagen die Bradforder, dann müssen wir diese« System zertrümmern und nicht versuchen, unsere Taktik ihm anzupaffen. In dem herrschenden politischen System Großbritanniens  ist für eine unabhängige dritte Partei kein Platz vorhanden; sie muß sich Platz schaffen.' Das kann sie aber nur. wenn sie prinzipiell stimmt. Liegt zum Beispiel ein der Regierung nicht annehmbarer Antrag vor. de» Eisenbahnern einen gesetzlich gewährleisteten Mindest- lohn zu verschaffen, so dürfen uns keine Drohungen der liberalen Minister, abzudanken und das Parlament aufzulösen, falls der Antrag angenommen würde, davon abhalten, für ihn zu stimmen. Nicht die Bequemlichkeit der Regierung und ihre Politik, sondern unsere Grundsätze müffen für unser Verhalten entscheidend sein. Das Gegenstück zur Bradforder Resolution ist die schon leit einiger Zeit von der Arbeiterpartei befolgte Wahltaklik, die darauf hinzielt, das Zweiparteiensystem in den Wahl- kreisen zu sprengen. In viele» Wahlkreisen hat man in der letzten Zeit trotz der WehtlaAen der Liberalen, die die Arbeiterpartei be- Ichuldigten, die Geschäfte der Reaktion zu besorgen, Arbeiter« kaudidalen aufgestelll, um die Regierung zu zwingen, ein System einzuführen, das die Wahl von MinderheilSkandidalen verhindern soll. Letzthin ist viel von einem Wahlbündnis mit den Libe» raten geredet worden. ES wird sogar bestimmt versichert, daß ein Plan fix und fertig vorgelegen habe, nach dem die Liberalen der Arbeiterpartei eine Anzahl Sitze einräumten unter der Bedingung, daß die Arbeiterpartei die Liberalen in anderen Wahlkreisen unbehelligt ließe. Wenn dieser Plan je bestanden, so kann er nach dem Bradforder Kongreß, auf dem sich die Dele- gierten in schälsster Weise gegen jedes Bündnis oder Einverständnis mit den Liberalen aussprachen, als tot und begraben erklärt werden. Die Bradforder Taklik ist nur die Ergänzung der von der Arbeiter- Partei schon jetzt verfolgten Wabllaklik; sie verlangt nur, daß man im Parlament das lue, waS man in den Wahlkreisen schon tut; sie erklärt, daß man wichtige Positionen nur durch den Kampf nehmen kann. Vorläufig ist eS nur die Taktik der I. L. P., deren Aufgabe es sein wird, ihr in den Reihen der Arbeiterpartei Anerkennung zu verschaffen.' Die Schwenkung nach links, die die I. L. P. vollzogen hat, fand auch einen überaus glücklichen Ausdruck in der Wahl des neuen Vorsitzenden. Keir Hardie  , der das Amt im vorigen Jahre wieder einmal annahm, weil die Partei in daS Jahr ihrer Groß» jährigkeit eintrat, dankte ab und machte dem Genosien I o w e t t Platz. Jowett ist der parlamemarifche Vertreter für Bradford  -West und der Urheber der Bradforder   Taktik. Er steht bei den Genosien der B. S. P. in hohem Ansehen, so daß die sozialistische Einigung was die I. L. P. anlangt, unter den denkbar günstigsten Verhäitniffen staufinden kann. Auch der Parteitag der B. S. P. verdient internationale Aufmerksamkeit, Politische und parlamentarisch-toktische Fragen spielten auf ihm keine große Rolle. In einer Partei, der es nicht vergönnt gewesen ist, die Voltsmasie anzuziehen und im Parlament Fuß zu fassen, müssen solche Fragen stelS emen unwirklichen aka- demischen Anstrich hoben. Sie ist wie ein General, der in Gedanken eine Schlacht schlägt. Das Gefübl der Isolierung hat bei den leitenden Personen nicht wenig dazu beigetragen, daß sie sich mit dem Gedanken der sozialistischen   Einigung aus Grund des AnschluffeS an die Arbeiterpartei befreundeten. Von ihrem Eintreten für die sozialistische Einigung, die der. wichtigste Gegenstand der Beratungen des Londoner Kongresses war, wird das Resultat der Urabstimmung über den EinigungSplan. die jetzt vorgenommen werden wird, abhängen. Wenn auch in London   wie in Bradford bei der DiS- kuision der Frage der alte Hader sich manchmal wieder züm Worte meldete, io konnte er doch nicht daS Gefübl der Versöhnlichkeit beeinträchtigen, das beute die Mehrheit der Genosien beider Richtungen beieelt und das durch die gegenseitige Emsendung brüderlicher Delegierter greifbaren Ausdruck fand. Wenn nicht alle Anzeichen täuschen, nkird die rote Jmernalionale bald um eine geeinigte Partei reicher sein und der Sozialismus wird mit erneutem Mute und ver- doppelter und verdreifachter Kraft in Großbritannien   seiner Arbeit nachgehen können._ Mus öer Partei. Maifeierumzüge verböte». Wie in früheren Jahren, so wurde auch in diesem Jahr in Wilhelmshaven   und zum ersten Mal im benachbarten R ü st r i n g e n der Maifestumzug aus den bekannten Gründen Gefährdling der Sicherheit verboten. Die WilhelmShavener  Polizei beillrchtet außerdem, die elektrische Straßenbahn, die seit einem Jahr die Siraßen Wilhelmshavens und Rüstringens unsicher macht, werde den Festtcilnebmern gefährlich werden. Wie fürsorglich! In der oldenburgischen Gemeinde Rüstringen   hat man sich nun auch in der Maifeiersrage dem preußischen Polizeigeist unterworfen. Parieijubiläum in Halle. Die Parteiorganisation des Or/eS, der den ersten Parteitag der deulschen Sozialdemokratie nach, dem Fall des Sozialistengesetzes beherbergte, Halle   a. S.. konnte am 19. April auf ihr fünfund- zwanzigjähriges Bestehen zutückblicken. Der Verein wurde mit 65 Mit- gliedern gegründet noch einem Referat des Genossen Frohme, als Verein zur Erzielung volkslümlicher Wahlen". Gegenwärtig zählt der Verein 8430 Mitglieder, darunter 1138 weibliche. Vom Ge- nosien Reiwand, einem der Mitbegründer des Vereins, jetzt Partei- sekretär, ist anläßlich des Jubiläums eine Geschichte der Parteibewegung in Halle verfaßt worden, die aus 236 Seite» großen Formats eingehend die Kämpfe eine« Vierteljahr- Hunderts schildert und die Schwierigkeiten, die der Parteibewegung gerade in Halle durch eine rücksichtslose Polizei auch nach dem Fall des Sozialistengesetzes noch bereitet worden. Jntereisierten Pailei- genossen wird das Buch gegen Einsendung von 1 M.(einschließlich Porto  ) durch das Parteisekrelarlat. Harz 42/44, gern zugesandt, Das Jubiläum der Parteigründung wurde am Sonnabeiid unter überaus starker Beteiligung der Parteigenossen durch eine groß- zügige F.'stveranstallung feierlich begangen. Genosse Krüger- Barmen, der Vorsitzende de» Vereins zur Gründungszeit, hielt die Festrede._ Aus den Organisationen. Im sozialdemokratischen Verein für Altona   wurde in der letzten Mitgliederversammlung vom Borsitzenden, Gen. Sieverts Bericht erstattet. Von Interesse waren die Stadtverord- netenwahlen. Um den Vormarsch der Sozialdemokratie aus- zuhalten und um die von allen Spießern so sehr gefürchtete sozialdemokratische Majorität im Stadtparlament zu verhindern, wurden Bezirkswahlen eingeführt. Dabei wurde die Einteilung der Bezirke so vorgenommen, daß die Sozialdemokratie möglichst schlecht wegkam. Trotzdem gelaug es unseren Genossen, 5 Mandate zu erobern; allerdings war die Zahl der Stadtverord- neten von 35 auf 42 erhöht worden, so dah das�Stärkeverhältnis ziemlich dasselbe blieb. Die sozialdemokratische Stadtverordneten- fraktion zählt jetzt 17 Mitglieder, denen 25 Bürgerliche gegenüber- stehen. Die Zahl der Mitglieder betrug am Schlüsse des alten Ge- schäftsjahres 7083(5812 männliche, 1271 weibliche Mitglieder). Tie Rote Woche" hat einen Gewinn von rund 1000 Mitgliedern ge- bracht, was um so mehr ins Gewicht fällt, als das Gebiet des Vereins keinerlei Ausdehnungsmöglichkeit besitzt und somit der natürliche Zuwachs infolge Zuzug fehlt. Der erste Mai soll nach einem Beschlüsse der Versammlung durch Arbeitsruhe gefeiert werden. Der Festzug ist, wie schon mitgeteilt, von der Polizei genehmigt worden. Die Aufstellung ge- schieht diesmal im Gegensatz zu früher im Innern der Altstadt. « Am 2. Osterfeiertag fand in Fr ehh an eine Konferenz für den Wahlkreis M i l i t sch-T re b n i tz statt. Anwesend waren 12 Delegierte, der Reichstagskandidat Genosse Rösler- Breslau und der Bezirkssekretär Genosse S ch o l i ch- Breslau. Der Geschäftsbericht weist eine Verdoppelung der Mit- gliederzahl im letzten Jahre auf. Es wurden am Schluß des Berichtsjahres 600 männliche und 37 weibliche Mitglieder ge- zählt.Volkswacht"-Abonnenten waren 206. An Agitations- Material wurden verteilt: 12 800 Landboten, 5000 Volkskalendcr und 2200 Flugblätter. Sozialdemokratische Gemeindevcrtreter sind 7 im Kreise vorhanden. Einnahmen und Ausgaben balanzieren mit 1514,80 M. Einem Referat überAgitation und O r- g a n i s a t i o n" des Bezirks-Parteisekretärs folgte eine lebhafte Aussprache, in der von allen Rednern in diesem Jahre eine durch- greifende Agitation in dem rein ländlichen Wahlkreise des unge- krönten Königs von Preußen gefordert wurde. Daß selbst die konservativen Führer um das Mandat ihres Häuptlings befürchten, beweist die jetzt erfolgte Anstellung eines zweiten konser- vativen Parteisekretärs für dessen Wahlkreis. Geklagt wurde von allen Delegierten über den unerhörten Terror von den Behörden, Agrariern und Unternehmern, der sich namentlich bei den Wahlen mit öffentlicher Stimmenabgabe zeigte. Als Reichstagskandidat wurde Genosse Gauleiter R ö ß l e r- Breslau einstimmig wiedergewählt. Die Kreisleitung bilden die Genossen M o h und H ü b n e r als Vorsitzende und Zimmer- l i n g und W o l k e n st e i n als Kassierer, sämtlich in Freyhan. Die nächste Wahlkreiskonferenz findet in M i l i t s ch statt. Ter Konferenz voran ging eine gutbesuchte öffentliche Volksversamm- lung, in der Genosse S ch o l i ch über»Die Sozialdemokratie und ihre Feinde" sprach. » Eine gut besuchte Generalversammlung des Sozkak- demokratischen Vereins für Dresden  -Altstabt nahm den Geschäftsbericht für das Jahr 1913 entgegen. Die Agitation gestaltete sich äußerst schwierig wegen der in Dresden  besonders stark austretenden Arbeitslosigkeit, weil der Kreis eng begrenzt ist und weil immer mehr Minderbemittelte durch das herrschende Wohnungselend und die Steigerung der Mieten ge-. zwungen werden, die innere Stadt zu Verlasien. Trotzdem konnte die Mitgliederzahl von 5961 auf 6331, alsoum3i0. gesteigert werden. Dagegen nahm die Abonnentenzahl de'.DreS- dener Volkszeitung die schon im Jabre 1912 um etwa 500 zurückging, um weitere 685 ab. Ein besonders erfreuliches Bild zeigte der mit 32 589 M. balanzierende Kassenbericht, weil die Mitgliederbeiträge mit 26 750 M. um über 1000 M. höher waren, als im Wohljahr 1911/1912. Dieses schöne Ergebnis ist die Frucht eines gut ausgebauten BezirkskassierersyitemS. FL' Volks- b i l d u n g wurden in verschiedenen Zweigen 1948 M. cuSgegeben. an den Parteivnrstand gingen 5350 M, Die Frauenbewegung erstarkt im Kreise immer mehr. Sie wurde durch öffentliche Ver- iammlungen, DiSkusfionSabende und eine energisch durchgeführte Hausagilation. die 130 neue Mitglieder brachte, lebbaft ge'ördert. Der Verein zählt jetzt 755 weibliche Mitglieder. In 14 öffentlichen Versammlungen wurden die auftauchenden politischen Fragen behandelt. Außerdem fanden 90 BezirSversammlungen statt. In der Debatte wurde die Agitationsmethode des Hauptvorstandes für die Rote Woche bemängelt, von anderer Seile aber auch deren Vorteile hervorgehoben. Ferner wurde verlangt, daß an Stelle der vielen kleinen Bezirksversammlungen mehr große Agitalioiiövcrsammlungen mit auswärtigen Rednern abgehalten werden sollten. «°>nuel Klatschko gestorben. Ein alter russischer Revolutionär ist Freitag in Wien   gestorben. Klatschko gehörte wohl zu der ältesten lebenden Generation der russischen   Revolutionäre. Im Jahre 1849 in Wilna   geboren, geriet er als junger Student in Moskau   in den Kreis der Tschaykowzr. So nannte man damals die von Tschahkowski begründeten geheimen Verbindungen russischer Studenten, in deren Köpfen sich Ideen Bakunins   und Lawrows, Marxens und Lassalles zu leidenschaftlicher Begeisterung für den Befreiungskamps des russischen   Volkes vermählten. AiS die jungen Studenten ihre Agitativn nicht ohne Erfolgins Voll", in die Bauernschaft zu tragen versuchten, griff die zarische Regie- rung ,m Jahre 1874 mit eiserner Faust ein. Hunderte wurden verhastet, Hunderte zu schweren Strafen verurteilt. Hunderte von den Schergen des Zarismus ins Ausland vertrieben. Damals mußte auch Klatschko die Heimat verlassen. Er hat dann ein inhalts- reiches Leben in England, in Frankreich  , einige Zeit auch als land- wirtschaftlicher Arbeiter in einer kommunistischen   Gemeinde in Amerika   geführt. Aber der russischen   Revolution blieb er treu. Nach seinem Ursprung, seiner Ueberlieserung stand er dem russischen  Baubrnkommunismus nahe, jener Richtung der revolutionären Bewegung Rußlands  , die von Bakunin   zu den modernen Sozia- listenrevolutionären führt. Seine gründliche marxistische Bildung aber führte ihn zu der proletarischen Bewegung, zu der russischen  Sozialdemokratie. So war er ein Mittler zwischen den beiden großen Richiutigen der russischen Revolution, stets bereit, beiden zu helfen, beide in stiller, nie versagender Hilfsbereitschaft z» unter- stützen. So fest und unerschütterlich seine eigene Uebeczeugung war, so stand ihm doch die große gemeinsame Sache der russischen Revolution hoch über alle Besonderheit der Partei, der Richtung, der Sekte. So war er recht eigentlich ein Vertrauensmann aller Richtungen des russischen   Sozialismus. Als dann das große, lang ersehnte Ereignis, als die russische   Revolution kam, hat Klatschko im Berein mit österreichischen Genossen den Htlfsdienst für die Flüchtlinge der Revolution organisiert. Jedes Opfer des großen Freiheitskampfes war seines Rates, seiner freigebigen Hilfe sicher. In rührender Treue hing er in der Zeit der großen Siege wie in den Tagen der Niederlage an der Partei. Seit Monaten quälte ihn schweres Leiden; als aber vor wenigen Tagen ein russischer Ge- nosse den greisen Revolutionär besuchte, erinnerte sich der schier schon«terbende noch, daß er seinen Beitrag an die ruftische Partei seit einigen Monaten schuldig war, und reichte dem Gaste noch seine Steuer für die Sache, der er ein Leben lang gedient. Mit unseren russischen Genossen gedenken auch wir in wehmütiger Dankbarkeit des alten treuen Freundes. Richtigstellung: Das in Rr. 106 desVorwärts" abgedruckte kurze Reiumee über meinen Vortrags im Kommunistischen Arbeiter- bildungSverein in London   läßt mich sagen:Ein Krieg mit Rußland  könne unmöglich die gleiche Abscheu erwecken, wie der mir den west- lichen Kulturstaaten." Ich habe einen solchen Satz weder dem Wort- laut, noch dem Sinne nach gesagt. Ich habe vielmehr keinen Zweifel darüber gelassen, daß jeder Krieg von dem klassenbewußten Proletariat aller Kulturstaaten als ein Verbrechen betrachtet würde. Hermann Mülls».