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politische Uebersicht. Ende der Kleinbahudebatte. Eidlich ist die Sekundärbahnvorlage in: Abgeordneten. Hause in erster Lesung durchberaten und der Budgetkommission überwiesen worden. Tie Treiklassenmänncr. die unter Hintansetzung ihrer persönlichen Interessen die weite Reise nach Berlin   gemacht und sich fiir das Wahl ihrer Wahlkreise aufgeopsert haben, können sich wieder beruhigt ihren häus- lichen Geschäften widmen, sie haben ihre Pflicht erfüllt, und ihre Wiederwahl ist. wenn das Wahlrecht nicht geändert wird, gesichert. Tie Kreisblätter werden ihre Reden im Wortlaut, vielleicht auch ihre Photographien veröffentlickien und den er- staunten Kreisangehörigen zeigen, wie gut sie im Parlament vertreten sind. Der einzige Redner, der keine Kirchwms- Politik trieb, war Genosse H a e n i s ch. der für verschiedene Gegenden bessere Bahnverbindungen forderte und treffend ausführte, daß die Sozialdemokraten sich nicht als Vertreter einzelner Kreise, sondern des ganzen Volkes fühlen und das Wettrennen um die Gunst der Wähler nicht mitzumachen ge- nötigt sind. Ter Kommissar des Ministers sagte wohlwollende Erwägung aller geäußerten Wünsche zu. In der Absicht der Mehrheit lag es. außerdem noch den Nachtragsetat, der 3 Millionen als erste Rate zur Erwerbung des Grundstücks Königgrätzer Straße 121 und Prinz-Albrecht- Straße 7 für einen Garten des Abgeordnetenhauses und einen Bauplatz für das Finanzministerium fordert, sang- und klanglos der Budgetkommission zu überweisen. Da aber die Sozialdemokraten diesen Plan durchkreuzten und eine Debatte verlangten, setzte man den Punkt kurzerhand von der Tages- ordnung ab. Die sozialdemokratische Fraktion ist in der Budgetkommission nicht vertreten, sie kann deshalb einer dcbattelosen Ueberweisung nicht zustimmen. Am Montag beginnt die zweite Lesung des Kultusetats. Zuwachssteuer. Der Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Z 1 des Reichs. gesetzes über Aenderungen im Finanzwesen ist dem preußischen Slbgoordnetenhause zugegangen. Hiernach soll das Recht zum Erlaß von WertzutvachSsteuerordnungcn den Kreisen, den Stadtgcmeinden und denjenigen Landgemeinden gegeben werden, die mehr als 5000 Einwohner haben oder in denen eine Wertzuwachssteuer schon vor dem 1. Januar 1911 in Kraft war. Bekanntlich hatten die Gemeinden und Kreise bis zum Erlaß des ReichszuwachSsteuer- gesetzes das Recht zur Erhebung einer Wertzuwachssteuer beim Uebergang von Grundstücken. Durch K 72 des Zutoachsstcuer» gesetzeS find die Steuerordnungen mit wenigen Ausnahmen grund- sätzlich beseitigt worden. Ter Zweck dieses Gesetzes war in erster Linie, dem Reiche eine Einnahme zuzuführen. Durch den§ 1 Abs. 3 de? Gesetzes über Aenderungen im Finanzwesen ist es diese? Zweckes entkleidet worden, seine gänzliche Aufhebung schien nur deshalb bedenklich, weil es die eine Hälfte deS Ertrages zum kleineren Teile den Bundesstaaten, zum sehr viel größeren den Gemeinden und Gemeindeverbänden überwiesen hatte, und weil das Reich den Gemeinden ihre Einnahmen nicht nehmen konnte, ohne die Finanzvcrhältnifie zahlreicher Kommunen schwer zu er- schüttern. ließ daher daS ZuwachSsteuergesctz noch in Kraft und setzte nur den Reichsanteil außer Hebung. Nachdem nunmehr das Reichsgesetz über Aenderungen im Finanzwesen dem Landes- recht die Befugnis zur Regelung dieses Gebietes wiedergegeben hat, soll den preußischen Gemeinden nicht etwa eine neue Steuerquelle erschlossen, sondern nur die Möglichkeit gegeben werden, eine be- stehende Steuer neu zu regeln. Die Verbände, welche zur Ver- anlagung der Reichssteuer berechtigt waren, sollten auch zu ortS- statutarischer Regelung, und zwar ebensowohl zur Veränderung wie zur Aufhebung der Steuer berechtigt sein. Ebenso wie das Reich, soll auch der Staat aus den Erträgen der Zuwachssteuer vollständig ausgeschaltet werden, die Steuer soll eine rein« Kom- munalsteuer sein. Die Regierung ersucht, den Entwurf, der noch von Herrn v. Dallwitz gegengezeichnet ist,sobald als tunlich' der Beschlußfassung des Abgeordnetenhauses zu unterbreiten. Liberale Illusionen. Die Ersetzung deS Herrn v. Dallwitz durch Herrn v. Loebell hat die Liberalen, nicht nur d>e Nationalliberalen, sondern auch die Herren Freisinnigen in einen wahren HoffnungStaumel versetzt. Schon sehen fie die preußische Wahlrechtssrage in der schönsten Werse gelöst, ja sogar eine neue glorreiche Blockära herausdämmern. Den braven Fortschrittlern hängt der Himmel so voller Geigen, daß jüngst dieBossische Zeitung' allen Ernste« daS Zentrum über die neue Situation zu trösten suchte. Denn wenn jetzt auch mit Herrn v. Loebell die preußische Politik einen Ruck nach links bekommen habe, brauche das arme Zentrum doch nicht gleich eine völlige Ausschaltung zu befürchten, denn auch der erste liberal-konservative Blockkanzler habe ja gar nicht die Abficht gehabt, da» Zentrum dauernd auszuschalten. Es ist zu komisch schon wenn ein Konservativer preußischer Polizeiminister wird, der nicht ganz so ultrareaktionär ist, wie sein Vorgänger, träumen unsere Linksliberalen von neuer Blockpaarung und dem Anbruch herrlicher liberaler Zeiten! Das ist denn doch auch derBerliner VolkS-Zeitung" zu dumm. Sie spottet über da«große Trara', mit dem voneinigen optimistischen Blättern' das Nahen der preußischen Wahlreform an- gekündigt werde. Auch über die anderen schönen liberalen Konjekturen spottet das Blatt, das schließlich sehr skeptisch die Frage aufwirft, ob denn just Herr v. Loebell nach seinen politischen Ante- zedentien der geeignete Mann sei.das überaus schwierige Werk der preußischen Wahlreform zu meistern'. In der Tat kann es nichts Sonderbarere? geben, als den liberalen Jubel über die nunmehr außer Frage stehende Wahlreform in Preußen. Als ob die Regierung, sei eS mit, sei eS ohne Dallwitz oder auch Bethmann Hollweg  , nicht ohnehin gezwungen gewesen wäre, in der lausenden Legislaturperiode eine Wablreform herbei- zuführen! Daß eine neue Borlage kam, war sicher e« fragte sich nur, wie diese Vorlage und das zu schaffende neue Wahlgesetz aussehen würde. Und da bietet der Name und die politische Vergangenheit v. LoebellS doch wahrhaftig keine Garantie für dir Inangriffnahme einer Reform, die auch nur den bescheidensten Ansprüchen eine? wirklichen FortschrittlerS entsprechen könnte. Der Freisinn hat eben seit den Tagen der Blockpolitik nicht das geringste gelernt. Die glorreichen Errungenschaften der Blockära haben sich zwar längst als wertloser Plunder herausgestellt aber unser Fortschritt wäre sofort wieder bereit, gegen die armseligsten, trügerischsten Scheinkonzessionen alle liberalen Grundsätze kampflos preiszugeben. Eine Wahlreform erwartet dieser Freisinn nicht vom energischen Kampfe der entrechteten VolkSmaiien, sondern von der Gunst der.liberal' angehauchten Staatsmänner, von der gnädigen Geberlaune der Herren Loebell und Bethmann Hollweg  . Unser deutscher   LmlsliberaliSmuS kommt als Bundesgenosse für eine demokratische Politik überhaupt nicht mehr in Betracht. Weder im Reiche noch in Preußen. Er kapituliert kläglich vor allen An« maßungen des Absolutismus und Militarismus und legt die Ent- scheidung über die preußischen VolkSrechte vertrauensvoll in die Hände konservativer Ministerl_ Der Exgonverneur v. Rechenberg alS Reichstags« abgeordneter. Bei der ReichStagSnachwahl im S. Königsberger Reichstags- Wahlkreis BraunSberg-Heilsberg ist, wie wir bereits gestern unter Letzte Nachrichten' meldeten, der frühere Gouverneur von Deutsch- Ostafrika, Freiherr v. Rechenberg, als Vertreter deS Zentrums in den Reichstag gewählt worden. BraunSberg-tzeilSberg ist ein ganz sicherer ZentrumSkrers. Bei der Hauptwahl im Jahre 1912 konnte sich das Zentrum sogar den LuxuS einer Doppelkandidatur leisten. ES erhielt damals Dr. Preuh 13 98S Stimmen, ein zweiter Zentrumskandidat 1261 Stimmen, während auf den sozialdemo- kratischen nur rund 496 und auf einen freisinnigen 173 Stimmen entfielen. Bei der jetzigen, durch den Tod de» Dr. Preuß not- wendig gewordenen Nachwahl hat nun Freiherr   v. Rechenberg nur 000 Stimmen erhalten, auf den sozialdemokratischen Kandidaten kamen etwas über 200 Stimmen. Ter Reichstag zählt nun wieder einen früheren Gouverneur aus den Kolonien zu seinen Mitgliedern. Bisher war der durch. gefallene Reichsparteiler General Liebert der einzigeKolonial- Praktiker', der allerdings als solcher im Reichstag wenig Seide ge- spönnen hat. Das Zentrum hat sich schon immer bemüht, einen Kolonialbeamten in die Fraktion zu bekommen; es verhandete seinerzeit ernsthaft mit dem früheren Gouverneur Leutwein   wegen sciner Kandidatur in einem badischen Wahlkreis, die Verhandlun- gen zerschlugen sich aber, da die Liberalen, deren Hilfe zu einer Eine Campagne in Zrankreich. Sei öen Sauern ües GarS. Es war Nacht, als wir von der Fahrt durch den Wahlkreis La Palisse in V i ch y, seiner größten Gemeinde, ankamen. Der berühmte Weltkurort, der sich übrigens weder in seiner landschast- lichen Lage, noch in der Großartigkeit der Anlagen mit seinem Konkurrenten Karlsbad   messen kann, macht jetzt außerhalb der Saison den Eindruck einer Kokette, die noch nicht ihre Morgen- toilette gemacht hat. Einige Schminktöpfe sind schon geöffnet eS wird gebaut, renoviert, angestrichen. Doch zeigt der Ort, der etwa 15 000 Einwohner hat, auch jetzt eine, von der Schläfrigkeu anderer Provinzstädte abstechende Lebhaftigkeit des Verkehrs. Von den berühmten Quellen sind mehrere nur während einiger Morgen- stunden dem Publikum geöffnet. Die Füllung der Flaschen für den Versand geht ohne Unterbrechung vor sich. Der Versand des als Tafelgetränk berühmten Wasser der Quelle der Cölestiner hat die natürliche Ergiebigkeit dieser Quelle schon um das Dreifache überschritten. Wie daS möglich ist, wissen die Ouellgötier und die Ehemie. In politischer Hinsicht bietet die Stadt, wie so manche vom Fremdenverkehr lebenden Orte, ein unerfreuliches Bild. Die Gesellschaft der Brunnenpacht hat die Gemeinde völlig korrumpiert. Einer ihrer leitenden Personen war übrigens der erschossene C a l- mette, der von der reaktionären Presse als Hüter sämtlicher Heiligtümer des christlich-bürgerlichen HerzenS hingestellt worden ist. DaS hauptsächlichste Heiligtum der Pachtgesellschaft sind aber die Spielsäle des Kasinos. Es ist ein öffentliches Geheimnis, daß bei der Erneuerung der Konzession unterschiedliche Senatoren eine ausgiebige, wenn auch diskret klingende Anerkennung erhalten haben. Tie Ungcsundheit der Verhältnisse in der Stadt der Gesund- brunnen macht sich biS in die Sektion der geeinigten Partei geltend. in der MißHelligkeiten oft die EntWickelung hemmen. Bei den Gegnern gebietet die Skrupellosigkeit. Genosse Dumas hat hier bor kurzem zwei Stunden lang vergeblich gegen eine kleine, aber brutale Truppe von Versammlungssprengern gekämpft. Sein öffent- licher Protest gegen die Radaubrüder ist noch auf den Anschlag- säulen zu lesen. *» m Die Stadt Ni m e s hat sich in den vier Jahren, seit ich auf dem Kongreß der geeinigtcn Partei hier war. nicht geändert. Nur wütet diesmal kein eisiger Mistral in den Straßen. Ein wunder- voll sanfter Frühling spielt um die wuchtige Schönheit der römischen Arena. Aber noch immer sind die zwei Cafes am groß gedachten Esplanadenplatz da: das Cafe Tortoni, wo die Royalisten und Kleri- kalen, und nebenan das Grand Cafö, wo die Protestanten, die Re° publikaner und die Sozialisten verkehren. Die Musik, die am Abend, zumAperitif' und nach der Dinerzeit aufspielt am Montag, dem Börsentag, auch vormfttagS. ist bei den Katholiken um ein weniges besser. Die Gesellschaft bei Tortoni viele pensionierte Offiziere und Stockbourgeois ist steifer alS beim Rivalen. Dafür sieht man im Grand Cafe beim Spätabendkonzert allzu viel Eltern mit kleinen Kindern, was wiederum die Weisheit derFortgeschrit- tenen' nicht ehrt. Die konfessionellen Unterschiede und Gegensätze leben in NimeS  und im ganzen Departement fort, als ein immerhin sich ab­schwächender Nachklang der alten Religionskämpfe. Mischehen sind besonders bei den Bauern äußerst selten. Immerhin bekommen die Klasseninteressen in der Politik schon manchmal den Vorrang vor der religiösen Ideologie. Protestantische Großbürger geben klerikalen Royalisten ihre Stimmen. Ab und zu wandeln vor den CafeS   Herren mit wichtigen Ge- sichtern, in ernstem Gespräch mit ihren Begleitern, vorüber. Das sind Kandidaten. Da der Korso überaus klein und der Kandidaten sehr viele sind, könnte man glauben, daß halb NimeS kandidiert. Aber es gib! in NImes außer Kandidaten auch Stierkämpfer. Doch wird ihre Saison erst beginnen, wenn der politische Stierkampf vorbei ist. Tie Politik beherrscht derzeit alle». Und hier ist schon der Süden, mit seiner Leidenschaft in Gebärde und Wort und mit seinen erhitzten politischen Bandenkriegen. Im ersten Wahlkreis von NimeS  , zu dem das Stadtgebiet und ein ländlicher Kanton gehört, wurde das letztemal einunabhängiger' Sozialist gewählt oder richtiger für gewählt erklärt, denn ein.republikanischer' Gemeindebeamter hat notorischerweise Stimmzettel gestohlen, die auf den Namen de« Royalisten lauteten. Diesmal kandidiert neben dem bisherigen�Abgeordneten ein Royalist, ein Radikalsozialist, ein Briandist, ein Sozialist, einArbeiterkandidat'. Außerdem haben die Anarchisten pro form, einen Kandidaten angemeldet, um ihre Aufforderungen-zur Stimmenthaltung neben den Wahlplakaten an- schlagen zu können. Bekanntlich läßt daS neue Gesetz Anschläge nur auf den von der Gemeinde für jeden Kandibalen reservierten, gleich- bemessenen Plätzen zu In derHumanitö' hat Genosse A l l a r d da», auch von der sozialistischen   Fraktion angenommene Gesetz nach- traglich angegriffen, da eS die Agitation in der Zusendung von ir.ugb.ättern und Zeitungen konzentriere, die ärmeren Parteien mehr benachteilige, als ehedem der Kampf der Kampf der Plakate. soviel ich bisher feststellen konnte, sind indes die meisten Genossen mit der neuen Ordnung ganz zufrieden. Die sozialistische Kandi- Wahl notwendig gewesen wäre, nicht mitmachten. Von der Wahl Rechenbcrgs- verspricht sich das Zentrum offenbar in Kolonial- fragen mancherlei Hilfe gegen die Regierung und ihm unbequeme Personen. Die Enthüllungsaktion gegen den früheren Schutz- truppenkommandeur in Oftafrika, v. Schleinitz, setzte denn auch be- reits vor der Wahl Rechenbergs in derGermania  ' ein. Nach dieser Richtung scheint daS Zentrum also auf seine Rechnung zu kommen. vielleicht aber stellt das kuhhandelnde Zentrum in allgemeinen Kolonialfragen Rechenberg ebenso rasch kalt, wie den Zentrums- general Häusler, der ihm in Militärfragen mehr als einmal un- bequem wurde. Ter stjall Schleinitz  . Wir brachten kürzlich eine Mitteilung derGermania  ' zum Abdruck, nach welcher der frühere Schutztruppenkommandeur von Ostafrika  , Freiherr v. Schleinitz  , einen seiner Offiziere bei dessen Versetzung die Instruktion gegeben haben soll:iSe kommen jetzt nach N. auf Posten; wenn Sie nicht binnen Jahresfrist einen Aufstand in Ihrem Bezirk haben, kann ich nicht welter mit Ihnen kapitulieren.' Durch diese Anzettelung von Unruhen," so führte das Zentrums- blatt weiter aus.sollte eine Verstärkung der Schutztruppen herbei- geführt, zunächst aber eine Verminderung derselben unter allen Umständen verhindert werden.' DieTägliche Rundschau" hat sich bei Freihcrrn v. Schleinitz erkundigt, der die Notiz derGermania  ", für eine dreiste Er- s i n d u n g erklärte. Zu den übrigen Angriffen derGermania  ", die sich insbesondere auf die bekanmen Grausamkeiten in Urundi durch Eingeborene beziehen, sagte Herr v. Schleinitz   wörtlich folgendes: Im Sommer 1908 wurde mit Genehmigung des damaligen Gouverneurs Freiherrn   v. Rechenberg eine Expedition nach Urundi unternommen. Es waren Unruhen ausgebrochen, und Hauptmann v. Grawert erhielt den Befehl, die Ruhe wiederherzu- stellen und die Rädelsführer gefangen zu nehmen. Nach zwei- monatiger Dauer wurde die Erpedition als erfolglos abgebrochen, da v. Grawert schwer erkrankte, v. Grawert beauftragte nun 10 Eingeborene unter einem schwarzen Chargierten, die Rädels- führer lebend oder tot zu fangen, damit die Ruhe dauernd wieber- hergestellt werde. Zu dieser Maßnahme war v. Grawert ge- zwungen, da nur eingeborene Krieger, die die Eigenart der Ein- wohner genau kennen, in der Lage waren, die Aufrührer zu fangen, die sich beim Herannahen von Weißen sofort unauffindbar versteckten oder versteckt gehalten wurden. Auch diese Unter- expedition fand die volle Billigung des Gouver- neurS Freiherrn v. Rechenberg. Die Unterschrist Rechenbergs unter der Zustimmungserklärung ist von vielen Offizieren gesehen worden. UebrigenS schärfte v. Grawert den Leuten nachdrücklichst ein, jede Grausamkeit zu unterlassen, ins- besondere gegen Frauen und Kinder nichts Gewalttätiges zu unternehmen. Er wies auch auf die hohen Strafen bin, mit denen Grausamkeiten geahndet werden. Leider sind trotzdem Grausamkeiten vorgekommen, dt« aber auch strenge gesühnt wurden.' Julius Bachem als Sammlungstrompeter. Der Hauptsührer der deutschen   ZentrumSpartei  , Dr. Julius Bachem- Köln setzt im Scherlschen.Tag' seine Bemühungen, die Nationalliberalen für einen Block der Rechten zu gewinnen, unermüdlich fort. Er befaßt fich mit den Erörterungen über die vom Hauptvorstande der nationalliberalen Partei angeregteKon- zentrierung', die auf die Auslösung deS Verbände» der Jung­liberalen hinausläuft. Gegenüber diesen Auseinandersetzungen innerhalb einer anderen Partei will Herr Bachem, wie er versichert, .Zurückhaltung' beobachten.' Er meint: Für die Draußenstehenden haben jene Auseinandersetzungen ja auch nur Interesse insoweit, als fie eine Rückwirkung auf da» Verhältnis zu den anderen Parteien ausüben, als sie insbesondere erkennen lassen, ob eine Politik der Sammlung der Nationalliberalen, der Konservativen und de« Zentrums gegenüber dem andrängenden Radikalismus in Zukunft mehr Ausficht haben als bisher.' In dieser Hinsicht gefallen Herrn Bachem die Darlegungen Dr. F r i e d b e r g S, derin der Partei nicht dem linlen Flügel angebört', gar nicht. Friedberg   habe in derNaiionalliberalen Korrespondenz' begonnen,mit der ZenlrumSscheu zu operieren" er tue so, al« hafte einer Partei, die mit dem Zentrum zusammen- arbeilet, so etwa» wie ein Makel an. Da» sei verletzend. Aber datur hat übrigens gar keine Aussicht auf Erfolg, obwohl die Ge- meindeverwaltung in den Händen der Parte» ist. Dies war aber Kandidaten zu verdanken die Politik im französischen   Süden ist eben reich an Seltsamkeiten. Die Stadt Nimes   hat etwa 80 000 Einwohner, davon ein Viertel Protestanten. Die Arbeiter bilden einen nicht unansehnlichen Teil der Bevölkerung, indes sind die bedeutenderen Industrien, die ehe- dem hier bestanden Schuhbanderzeugung und Schuhfabrikation «ingegangen. Ein großer Teil der Arbeiter arbeitet in den um- liegenden Weinbergen, Da» Departement Gard   vergibt im ganzen 7 Mandate. Davon sind zwei Nimes II und Uze« in den Händen der Partei» genossen Hubert Rouger   und Compere- Morel. Tie Partei» söderatron, die zu den stärksten und rührigsten der Partei gehört sie ist vom Stamm des alten Auesdistischen Parti Ouvrier führt diesmal den Kampf mit aller Kraft. In den beiden Wahlkreisen von Alois sind die Genossen Valette, Bürgermeister von NimeS  , und Lutten Roland aufgestellt. Alois, das ein nicht unansehn« liches Kohlenrevier hat, ist die einzige Region de« Departements, die einen größeren Verhältnissatz industrieller Arbeiterschaft Hut. Dort ist auch ein starker Großgrundbesitz. NimeS   ll und UzS» sind vollständig agrarische Kreise. Ihr wirtschaftlicher Charakter ist indes verschieden. In Nimes II   ist der Weinbau fast ausschließlich die Erwerbsquelle der Einwohnerschaft, in UzeS   ist ein« gemischte land» wirtschaftliche Produftion die Regel. *« * 28it haben zunächst den Genossen Rouger auf einer Fahrt begleitet. Sein Wahlkreis umfaßt 57 Gemeinden. Die Eigentum»» Verhältnisse find verschieden. Doch spielt der große Grundbesitz nur eine geringe Rolle. Tagegen ist neben dem Kleinbesitz, der von der Familie bewirtschaftet wird, ein etwas größerer Typus vorhanden. die Aufnahme einiger weniger Arbeiter zu bestimmten Zeiten not- wendig macht. Tie Löhne sind nicht schlecht, e» herrscht Arbeiter- mangel. Tie Lage der Besitzer ist infolge der Preissteigerung de» Weines derzeit recht günstig. Der Hektoliler, der in der Zeit der großen Krise um 6 und 7 Frank verkauft werden mußte, bringt letzt 30 Frank ein. ES gibt viele Winzer, die um 300 Hektoliter herum produzieren. Der Klassengegensatz kann also in dieser Gegend den Bauern nicht unmittelbar zum Bewußtsein kommen. Ein eigentliches Elend, wie es die gerverblichen Arbeiter, die landwirtschaftlichen Taglöhner oder Zwergbauern in ungünstigeren Erdstrichen kennen, ist nicht vorhanden. Tie Gefahren für die wirtschaftliche Existenz drohen vom Wetter und von der Marktlage und diese ist. wie wir sehen. im Augenblick sehr gut. Die Ernährung ist auSgiebig und überau»