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hatte, durch welche manfelbstSndiger Gewerbetreibender" wird, nicht als Arbeitgeber der Kläger angesehen. Das Gericht hielt ihn fürzwischengeschoben". Laatz klagte nun jetzt als Aus- touleurer, als Vorarbeiter vonHeidemann und Genossen", unter der Begründung, wie die Töpfer in der Zeit vom 14. bis 28. Oktober 1393 am Arbeiten verhindert gewesen seien, so sei auch er es gewesen. Weigert, welcher den Beklagten Röhn vertrat, suchte in längeren juristischen Ausführungen nachzuweisen, daß Röhn kein Bauschwindler sei, der anderevorschiebe". Zur Begründung dessen führte er dieselben Thatsachen an. wie ,n den früheren Prozeflen. Als Einwand gegen die Klage brachte er unter anderem auch vor, daß Laatz in einer Quittung über 42 Mark. welche er am S. Dezember erhielt, als einer Schluß- und Restzahlung quittirt habe. Demnach hätte derselbe keinerlei Ansprüche mehr an seinen Austraggeber. Eingewandt hatte Weigert ferner, das Gericht sei unzuständig. Herr Röhn sei Rentier und habe nur als Hypothekengläubiger Interesse an dem fraglichen Hause, sonst nicht. Das Gericht erklärte sich für zuständig, aus den Gründen, die in den im Prozeß Heidemann und Genossen gefällten Urthcilen enthalten sind.(Es war also der Ueberzeugung, Bauunternehmer Thrun undTöpfermeister" Laatz seien nicht die eigentlichen Arbeitgeber der damaligen Kläger, letzterer nicht einwandssreier Gewerbetreibender gewesen.) Der Kläger wurde kostenpflichtig abgewiesen, und zwar auf grund der Quittung über dieSchluß"- undRest- zahlung". Begründend führte der Vorsitzende aus. daß nach einer Bestimmung im Allgemeinen Landrecht(Erster Theil, Titel 18, Paragraph IIS) weitere Ansprüche für die Zukunft nicht erhoben werden können, wenn Quittungen dieser Art vor- Händen sind. DasEngagement auf Probe" vor dem Gewerbe- geeicht. Zu den beliebtesten Einwänden von beklagten Unter- nehmern, die wegen Nichtinnehaltung der gesetzlichen Kündigungs- rist vor das Gewerbegericht zitirt werden, gehört der, Kläger oder Klägerin sei nurauf Probe" engagirt worden und könnte deshalb nicht auf eine Kündigungsfrist Anspruch erheben. Diesem Einwände brachten die Richter von Beginn der Thätigkeit des Gerichts an die größte Aufmerksamkeit entgegen; sie legten großen Werth auf eine möglichst genaue Feststellung des vorliegenden Thalbestandes, um zu ersehen, ob hinter derProbearbeit" irgend einKniff" des Arbeitgebers verborgen lag oder ob sie den realen Zweck hatte, die Befähigung der angenommenen Arbeiter bezw. Arbeiterinnen für die in Frage kommenden Arbeiten zu erproben. Es wurde nämlich öflcr erwiesen, daß die betreffen- den Arbeitgeber mit dem Auf-Probe-Arbeiten nur bezweckten, eine möglichst billige Arbeitskraft oder eine solche zum Aushelfen zu bekommen, oder auf sonst irgend eine Weise davon zu pro- sttiren. Wo nach Ueberzeugung des Gerichts nicht wirkliche Probearbeit vorlag, erfolgte natürlich, wenn sonst kein stichhaltiger Grund zur Entlastung ohne Kündigung erwiesen wurde, die Verurtheilung der Be­ klagten . Ueber die Berechtigung desEngagements auf Probe" als solches waren die Vorsitzenden wie in allen prinzipiell zur Entscheidung gekommenen Fragen verschiedener Meinung, das bewiesen die verschieden gearteten Urtheile verschiedener Kammern. Da kam die auch imVorwärts" abgedruckte E» t- scheidung des Berliner Landgerichts!, daß ein Probe- Engagement überhaupt nicht statthast sei, mit der Be- gründung, wolle der Arbeitgeber aus Probe arbeiten lassen, dann brauche er ja blos die Kündigungsfrist auszuschließen. Thue er das, so stehe ihm ja jederzeit frei, sich von einem unbrauchbaren Arbeiter zu befreien. Mehrere Assessoren des Gewerbegerichts machten diese Anschauung zu der ihrigen und brachten, sich auf die Landgerichtsentscheidung stützend, in ihren Kammern Urtheile zu stände, die dem Sinne derselben entsprachen. So z. B. Asseffor Dr. Meyer in Kainmer VII. Andere waren damit nicht einverstanden, legten aber Werth auf die Dauer der Probezeit; ein zu lange? Arbeiten auf Probe betrachteten sie als festes Engagement, das nur mit Jnuehaltung der Kündigungsfrist eine rcchtsgiltige Lösung erfahren könne immer vorausgesetzt selbstverständlich, daß die Kündigungsfrist nicht aus- drücklich aufgeschloffen sei. In der Begründung einer Ver- urtheilung hob ein Vorsitzender als mitbestimmend für dieselbe hervor, daß keine bestimmte Probezeit zwischen den Parteien verabredet wurde. Jetztwird nun auchinder Frage der Probezeit eine einheitliche Recht- sprechung von den Vorsitzenden angestrebt. Und zwar ließ sich darüber der Assessor Weltz gelegentlich der Verhandlung eines Prozesses zwischen dem Fraiser Holz- man» und dem Fraisereibesitzer Wuth folgendermaßen vernehmen: Die Vorsitzenden hätten unter sich berathcn, wie man sich zur Probe- Annahme stellen solle. Sie hätten sich ge- einigt, das Engagement auf Probe als be- rechtigt anzuerkennen. Nur wäre vielleicht daraus zu halten, daß die über eine bestimmte Frist hinausgehendeBeschäftigung nicht mehr als Probe-Arbeit angesehen werde. Eine Probe- beschäftigung auf b Tage etwa sei entschieden als statthaft zu betrachten, während eine Ver- längerung um Wochen zu verwerfen sei. Das Berliner Landgericht stehe mit seiner Entscheidung bezüglich Es war dies für mehrere unter uns eine Ueberraschung, weil doch der Stifter dieses merkwürdigen Bundes ein so blut- junger Genosse in der Bewegung war, und trotzdem er an- scheinend eine Art halbverdauter Bourgeoisiekultur genossen hatte, doch im Grunde, in politischen und ökonomischen Sachen, ein absoluter Ignorant war. Nach zwei oder drei Zusammenkünften hatten alle Eingeladenen vollauf genug von seinem Bund, und das Ding kam nicht zu stände. Im November 1883 kam ich nach London zurück und wir beschloffen, den Neuß sehr scharf im Auge zu behalten. Von jetzt ab wurde ich zum Scheine fein guter Freund. Ich hörte von ihm, daß er von dem Vermögen seiner Frau lebe; er sagte mir sogar, wie viele Pfund Sterling er wöchentlich ausgeben könne, und es ist Thatsache, daß er ivirklich über ziemlich große Geldmittel verfügte; ich habe Gelegenheit gehabt, dieses öfter in seiner Wohnung zu beobachten. Tagegen erzählte er den englischen Genossen stets, er sei, um sein Leben zu fristen, vollständig auf Uebersetzungsarbeiten angewiesen und diese literarischen Arbeiten müsse er'im britischen Museum ausfuhren. Dies ist aber wieder unwahr, denn im britischen Museum, wo ich jede Woche vier bis fünf halbe oder ganze Tage zubringe, habe ich ihn nur«in einziges M a l angetroffen, und dies eine Mal bestand seine ganze literarische Beschäftigung darin, in Most'sFreie Gesellschaft" und Bebel'sFrau" zu blättern. Er gab an, sich für einen Bortrag überDie Frau in der Zukunft" vorbereiten zu wollen. Später fing er an, Konzert» zu arrangiren, um Wagner'sche Musik zu popularisiren. Den englischen Ge- nossen sagte er, diese Konzerte bildeten für ihn eine ansehnliche Erwerbsquelle, mir gegenüber aber erzählte er wieder, er müsse an jedem Konzerte drei bis vier Pfund Sterling, also 68 bis 88 M., zusetzen. Und das letztere ist wohl auch der Fall ge- wesen, denn ich weiß, daß jedesmal zwei Drittel der Zuhörer mit Freikarten versehen waren. Kurz, über seine Existenz- mittel hat er nie anderes als Lug und Trug erzählt. Nach und nach bekam ich auch zu wissen, daß Reust für findet bei den Reisen hoher und höchster Personen als eine Art rerlönlicher Sicherheuspolizei Verwendung eine Aufgabe, die am';o genuß - wie verdienftreich sein mag, da ja Fürstenreisen aktlvncrnbe des 19. Jahrhunderts zu den alltäglichen Elaals- zählen. der Probe-Arbeit vereinzelt da; mehrere größere Land- gerichre hätten sich auch mit derselben zu beschäftigen gehabt und anders entschieden, so, wie es jetzt die Vorsitzenden des Gewerbegerichts beabsichtigten. Dafür habe fich außer- dem ein sehr beachlenswerlher Aufsatz in denBlättern für soziale Praxis" ausgesprochen. Das Urtheil im genannten Prozeß lautete denn auch au- Abweisung der Klage, da der Werkführer des Beklagten des schworen hatte, der Kläger seiauf Probe",versuchsweise" an- genommen worden. Assessor Weltz fügte dem Urtheil begründend hinzu:Es lag im Ermeffen des Meisters, zu entscheiden, ob ihni die'Arbeit des Klägers genügte oder nicht. Da der Meister seiner Aussage gemäß nicht damil zufrieden war, mußte der Ge- selle bei seinem Einverständniß mir der versuchsweisen Beschäfli- gung es sich gefallen lassen, entlassen zu werden." Tie grundsätzliche Behandlung des Probeengagements durch die Assessoren des Gewerbegerichts mit ihrer Verwerfung des angeführten Urtheils des Berliner Landgerichts verdient beleuchtet zu werden. Würde ein Engagement auf Probe ständig vom Gericht als unzulässig erachtet, so würden die Arbeitgeber, welche des an- genommenen Gehilfen Tatiglichkeir für ihren Betrieb erst er- proben wollen, einfach von dem ihnen zustehenden gesetzlichen Recht des Kündigungsausschluffes, vielleicht nur für eine be­stimmte Zeit, Gebrauch mache». Eine Bcnacktheiligung der Ar- geber bestände auf keinen Fall, die Gewerbe-Ordnnng schützt sie davor. DasProbearbeiten" ist übrigens auch nichts weiter, als ein Kündigungsausschluß, insofern nicht verabredungsgemäß eine b e st i m m t e Frist inne gehalten werden soll. Das geschieht aber in den weitaus mei st en Fällen nicht. Wie wird denn meistens die Bedingung der Probezeit gestellt?Sie müssen erst auf Probe arbeiten."Wenn mir Ihre Arbeit ge- fällt, können Sie bei mir bleiben."Vorläufig sind Sie auf Probe hier" so oder ähnlich, oft durch noch viel unklarere Aeußerungen werden die Bedingungen dem Arbeilsbedürltigen aufoktroyirt, vom Abschluß eines Ver- träges zwischen einem Darbenden und einem mit wirthschastlicher Macht Ausgestatteten kann wohl nur ironisch gesprochen werden.Auf Probe" kann in solchem Fall nur bedeuten: Wenn ich herausgefunden habe, daß Sie mir nicht konveniren, dann entlasse ich Sie, ergo: ich kann Sie jeder- zeit eullaffen. Soll ein derartiger Verlrag aber r e ch t s g i l t i g sein, dann muß dem Engagirten das Recht, während der Probe- zeit, an jeden, Tage die Arbeit liegen lassen zu können, zu- gestanden werden. Denn der§ 122 der Gewerbe-Ordnung sagt: Werden andere Kündigungsfristen als die gesetzliche verabredet, dann müssen sie für beide Theile(Arbeitgeber und Arbeitnehmer) gleich sein. Blieben diejenigen Probe-Engagements, bei deren Abschluß eine bestimmte Frist festgesetzt wird. Die Vereinbarung einer solchen enthält gewissermaßen einfestes" Engagement für die Zeit ihrer Tauer, das keiner der Kontrahenten vor seiner Beendigung zu lösen befugt ist, wenn nicht Entschädignngs- anspräche daraus erwachsen sollen. Diese Engagements haben, wenn sie den reellen Zweck der Probe-Arbeit in sich schließen, nur als Vorstufe eines auf längere Daner zu schließende» Ar- beitsverhältnisses Sinn sonststeckt was dahinter". Solch festes Engagement oder Vertragsverhältniß und sei es nur auf 14 Tage, und nenne es sichaus Probe", oder habe den Zweck der Probearbeit ist gesetzlich zulässig. Seine Giltigkeit wird vielleicht unter diesen oder jenen Umständen au- gefochten werden können, an sich ist es aber vor dem Gesetze gerechtfertigt. Hingegen alle Aus-Probc-Annahinen ohne ver- abredete, innezuhaltende Frist sind unseres Erachtens hinfällig. Durch ihre Nichtigerklärung würde das Gericht einer großen Menge von Beklagten die oft sehr faulen Einwände nehmen, eine ganze Anzahl Termine mit der Beweiserhebung über jene paren, und trotzdem nicht die Möglichkeit den Unternehmern entziehen, neuengagirte Leute, die ihnen nicht passen, ohne Kün- digungloszuwerden". Ten Arbeitern aber ist nur zu rathen, aus Probe" so wenig wie denkbar sich ausnutzen zu lassen und nicht mitProbelöhnen" zufrieden zu sein. Wo die 42 sGemeindevorftäude der Umgegend von Dresden das Material zu ihrer famosen Petition an den Landlag hergenommen, wer bei derZügellosigkeir", wer bei dentumultuarischen Szenen" die Helden gewesen sind, zeigt recht beutlich folgende Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht zu Dresden . Auf der Anklagebank erscheinen der Bildhauer Georg Petzold, der Reisende in einem Jngenieurbureau Otto Gebauer und der Geschäftsinhaber Johannes Franz Körtzinger. Dasgebildete" Trio hatte einen ganzen Schwärm gute Bekannte mitgebracht. Diese nach Gigerlmanier ausgeputzte Suite findet kaum Platz im Zuschauerraum, so zahlreich ,sl sie. Tie drei An- zeklagten haben im August v. I. sich zunächst im Schillcrgarten In Blasewitz betrunken und schon im Lokal selbst zum Aergerniß der anwesenden Gäste ihre Rüpeleien vollführt. Gegen 2 Uhr Morgens verließen sie das Lokal und jetzt galt es, die Bewohner der umliegenden Häuser durch Brüllen und Schreien im Schlafe zu stören. Ter Nachtwächter, der dazu kam, hatte Respekt vor der eleganten Kleidung der drei Radaubrüder; er verwies le zur Ruhe und forderte sie höflich auf, nach Hause >u gehen. Er war aber an die Unrechten gekommen; nachdem äe ihn eine Weile verhöhnt und beschimpft hatten und er schließ- eine Korrespondenz eine ganze Anzahl der verschiedensten Adressen benutzte. In dieSocialist League" ließ er sich zwei Abonnements auf denSozialdemokrat", sowie z w e i Abonnements aus die amerikanische Ausgabe der Freiheit" kommen; in seine Wohnung bestellte er ein drittes Exemplar derFreiheit"« und zwar die Londoner Ausgabe.b) In einem Wiener Kaffeehaus in der Oxford Street bezog er ein Abonnement auf ein Berliner Blalt, in Holborn Viadukt 3, unzählige Briese, wovon die meisten stets eingeschrieben waren, u. f. w. Ich will hier auch gleich«och hinzufügen, daß, seitdem Reust aus den englischen und deutschen Vereinen aus- geschlossen wurde, er brieflich in der Londoner Expedition der Freiheit" auf zwei verschiedene Namen noch auf' drei weitere Exemplare desselben Blattes abonnirt hat, und daß seine Abonnements in derselben Zeit und in der- selben Anzahl zunehmen, als die Abonnenients eines anderen Deutschen . der seit längerer Zeit der Polizeidienste verdächtig erschien, in der Ex- pedition derFreiheit" abgenommen haben. Vielleicht nur«in mysteriöser Zufall i Mittlerweile war ein Genosse von London abgereist, um sich aus einem gefährliche» Pollen niederzulassen. Reust, von Natur aus ein ganz' frecher Mensch, schnüffelte so lange überall herum, bis er die Adresse des Genossen X... herausgetistelt hatte. Als ich merkte, daß er schon Alles wisse, sagte ich ihm. X. wohne wirklich da, werde aber in Bälde nach Deutschland reisen. was indeß nicht der Fall war. Als Reust dies erfuhr, belästigte er Genosse Trunk, bis dieser ihm eines Tages auf sein ewiges Fragen antwortele:Ja, X. ist weg!" Sofort eilte Reust nach meiner Wohnung und wollte wissen, wohin Freund X. sei.Nach Berlin, " meinte ich.er geht aber erst nach Augsburg . Nürnberg . Plauen . Leipzig und erst Donnerstag wird er in Berlin ankommen." Am darauf- ») Damit die Berliner Polizei für ihre verschiedentlichen Zwecke stets rechtzeitig und genügend Exemplare der im Ausland er- scheinenden, aus grund des Sozialistengesetzes verbotenen Zeitungen und Broschüren erhielt, mußten die Spitzel und zonstigen Zuhälter der Polizei im In- und Auslande stets unter möglichst unversänglicheu Adressen eine Anzahl dieser Blätter abonniren und dan» sosort nach Empfang nach Berliu weiter spediren. lich zu ihrer Arretur schreiten wollte, stürmten sie mit dem Rufe: Jetzt wollen wir'mal die Polizei verhau'»", auf den Nacht- wächter ein und bearbeiteten ihn mit Stößen und Faustschlägen. Auf das Nothsignal des bedrohten Beamten kam noch ein Nacht- wächter und drei Zivilpersonen herbeigeeilt, welche sich lange Zeit mit jenen sauberen Herren herumbalgen mußten, ehe es gelang, sie zur Wache zu bringen. Auf dem Wege zur�Wache leisteten sie außerdem noch erheblichen Widerstand, wobei sich die Beamten Bezeichnungen wieverfluchte Spitzbuben" gefallen lassen mußten. Das Schöffengericht sprach Körtzinger frei und verurtheilte Petzold zu 68 M. und Gebauer zu 38 M. Geldstrafe. Wahrscheinlich hat der Gemeindevorstand zu Blasewitz . wenn er die oben erwähnte Petition mit unterschrieben hat, solche Vor- gänge im Auge gehabt, wie sie hier dem Gericht zur Beurthei- lung vorlagen, und die zweite Kammer des sächsisch?» Landtags wird jetzt wissen, wo dasStrolchenthum" zu suchen ist. Der frühere ReichStagS-Zlbgeordnete, Chef-Redak­teur derV o l k s- Z e i t u n g", Karl V o l l r a t h, hatte sich heute vor der neunten Strafkammer des Landgerichts I wegen Beleidigung durch die Presse in drei Fällen zu verantworten. Den Vorsitz führte Landgerichtsdirektor Hoppe, die Anklage- behörde vertrat Staatsanwalt Strehler. die Vertheidigung führte Rechtsanwalt Träger. In dem ersten Falle sollten der Erste Staatsanwalt Maizier zu Magdeburg und der dortige Ge- säugnißinspektor die Beleidigten sein. In der Nummer der Volks-Zeitung" vom 9. August 1892 erschien eine aus Magde- bürg datirte Notiz, worin mitgetheilt wurde, daß der Erste Staatsanwalt Maizier mit außerordentlicher Härte gegen den Tischlergesellen Franz Königftedt vorgegangen sei, der damals eine Gefängnißstrafe wegen Majestätsbeleidigung zu verbüßen hatte. Es sei entdeckt worden, daß Königstedt mit einem Militärposten Durchsteckereien getrieben, indem der letztere behilflich gewesen, daß der Gefangene Packeis mit Nahrungs­mitteln an einer Leine bis an sein Zellenfenster hinaufgezogen hatte. Während der Posten dieserhalb zu neun Monaten Festung verurtheilt worden sei, habe der Erste Staatsanwalt die Fesselung des Königstedt angeordnet und der Gefängnißinspektor Kreisel diesen Befehl in der Weise zur Aussührung gebracht, daß er den Königstedt mit schwereren Ketten an den Fußboden befestigen ließ, als sie bei dem Raubmörder Erbe zur Anwendung ge- kommen seien. Das Fußgelenk des Königstedt sei von dem Eisen blutig gescheuert worden. Ter Erste Staatsanwalt habe diese Maßregeln getroffen, ohne davon dem Untersuchungsrichter Anzeige zu machen, oder die geschäftlichen Vorschriften zu beob- achten. Wie der Angeklagte zugab, beruht ein großer Theil dieser Mittheilungen auf Unwahrheit. Er sei von dem Bericht- erstaltcr getäuscht worden, dessen Mittheilung um so glaub- würdiger erschien» da derselbe die betreffenden Verfügungen des Ersten Staatsanwalts dem Anscheine nach im Wortlaute wiedergegeben hatte. Bei diesem Geständniß des Angeschul- digten erübrigte sich die Vernehmung der aus Magdeburg ge- ladenen Zeugen. Der zweite Theil der Anklage betraf einen im Oktober 1392 in derVolks-Zeitung" erschienenen Artikel mit der Ueberschrift: Aus dem Reiche des Herrn v. Stephan." Dieser� Artikel, der deinVorwärts" entnommen war, schilderte Vorgänge, �die sich angeblich auf dem Postamte zu Slawentzitz in Oberschlesien zu- gelragen haben sollten. Der dorlige Postvorsteher Mildner sei eines'Tages von seinem Untergebenen, dem Postgehilfen Jüttner, dabei betroffen worden, als derselbe einen an den lehleren ge- richteten Brief öffnete, von dem Inhalte Kenntniß nahm und den Brief dann wieder verschloß. Jüttner habe seinem Vor- gesetzten dafür eine kräftige Ohrfeige versetzt. Es sei das Ver- hallen des Vorstehers darauf zurückzuführen, daß seitens der Behörde die geheime Versüguug erlassen sei. die Korrespondenz der jungen Beamten zu überwachen. In betreff des geschilderten Vorfalls fei eine Untersuchung von dem Postinspektor zu Oppeln vorgenommen worden, die damit geendet habe, daß der Vorsteher penstonirt und der Gehilfe versetzt worden sei. In dem Artikel ließ man durchblicken, daß der Vorsteher geschont worden sei, weil er seinen Vorgesetzten Wild geschickt habe. Durch die Beweisaufnahme wurde festgestellt, daß der Artikel fast durchweg auf Unwahrheit beruhte. Der Zeuge Jüttner mußte zugeben, daß er aus eitler Großsprecherei mehreren Kollegen er- zählt habe, daß er seinem Vorgesetzten eine Ohrfeige versetzt habe, weil seitens des Letzteren das Briefgeheimniß verletzt worden sei. Ter Zeuge Mildner erklärte, daß die ganze Geschichte er- sunden sei. Er habe nie einen Streit mit Jüttner gehabt, es habe keine Untersuchung gegen ihn stattgefunden und er sei heute noch im Dienste. Der Angeklagte erklärte, daß der Telegraphen-Asststent Schmidt ihm Monate vor dem Erscheinen des Artikels in der Redaktion genau dieselben Mittheilungen gemacht habe, die dem Artikel imVorwärts" zu Grunde lagen. Während er damals abgelehnt habe, die Sache zu veröffentlichen, habe er nach dem Erscheinen des Artikels die Ueberzeugung von der Wahrheit des Inhalts gewinnen müssen und denselben deshalb unter Quellenangabe nachgedruckt. Der dritte Artikel, welcher beleidigend sein soll, stammt aus der Cholerazeit und erschien in derVolks- Zeitung" am 22. September 1892. Der Artikel trug die Ueberschrift:Eine Quarantäne in Berlin " und kritisirte das Ueberwachungssystem auf dein Lehrter Bahnhose. Während die folgenden Dienstag wurden in Augsburg drei Anarchisten verhastet(und bald darauf wieder frei» gelassen), in Leipzig bei zwei anderen Haus- suchung abgehalten, und am Donnerstag Mittag kau« in Berlin ein Detektiv in die Wohnung des Korrespondenten des Genossen X. und knüpfte mit dessen Frau folgendes Gespräch an:Ist Z.... nicht hier?" Nein, er ist soeben nach der Arbeit gegangen."Ja, ist denn mein Freund T. noch nicht angekommen? Ich komme ebenfalls von London , und wir sollen uns hier treffen". Ich kenne keinen Freund X. aus London . Komme» Sie wieder, wenn mein Mann von der Arbeit zurück ist."Heule Abend wird X.... wohl da sein, ich komme wieder." Er ließ sich nicht mehr blicken. Aus der Straße aber be- gegnete er dem 18jährigen Knaben dieser Leute und frug auch diesen: Ist Onkel X... noch nicht bei Dir angekommen?"Ick wces nich," war die Antwort. Von der ganzen Angelegenheit wußte aber weder derBerliner Genosse, noch unser Freund X... ein Sterdenswört.chen. Nur Trunk und ich hatten dieseReise" veranstaltet. Nachdem wir über all' das unterrichtet waren, frug ich den Reust, ob er vielleicht irgend Jemand Mittheilungen gemacht habe; er betheuerte feierlich das Gegentheil, wurde aber dabei so blaß im Gesicht und stoiterte derartig, daß Jeder hätte sehen können, daß er ganz entschieden die Unwahrheit sprach. Ich that aber, als ob ich ihm Glauben schenkte. Im Monat Februar, nach der Trafalgar-Affäre15). wo alle eitungen mit den Londoner Unruhen sich beschäftigten und die ourgeoisie Europa's darüber einen heillosen Schrecken empfand. begegnete mir Reuß imKommunistischen Arbeiterverein" und erzählte mir von einem guten Fund, den er gemacht. Er hatte nämlich Bekanntschaft mit dem Direktor eines Ber - liner Blattes gemacht und dieser ihm angeboten, für seine Zeitung Artikel zu schreiben. Auf das Erwidern Reust', er sei Sozialist, soll dieser ihm gesagt habe», das sei gerade, was er haben möchte; Korrespondenzen über soziale Gegenstände. «) Nach Schluß einer Nrbeitslosen-Demonftration war es zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen und zur Plünderung einzelner Läden in Oxford - und Regents- Street den feinsten Geschäftsstraßen Londons , die etiva der Friedrich- und Leipziger- ftraße entsprechen.