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Nr. 120.
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Redaktion: S. 68, Lindenstraße 69. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 1983.
Nochmal Fünfhundert.
Als sich zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts die junkerlichen Strauchdiebe und Krippenreiter der Mark Brandenburg zusammenrotteten, um dem von Nürnberg her ins Land verpflanzten Hohenzollern ein paar Nasenftüber mit der eisernen Faust zu versetzen, fanden sich die „ edelſten“ und„ erlauchtesten" Namen zusammen, deren Träger noch heute in Preußen vornean sind: neben den Quitows die v. Rohr, v. Möllendorf, b. Sad und v. Wartenberg. Auch aus der Altmark fam Zuzug: ein Mathias v. Jagow, zwei Brüder v. AI vens leben und ein Werner von der Schulenburg . Ein Ahne dieses lettgenannten altmärkischen Raubriters, auch ein Werner von der Schulenburg , singt jetzt in der " Zukunft" die Hohenzollern wie folgt an:
Nunsizt Ihr fünfhundert Jahr in der Mart. Schließlich ist das fein lauer Quart.
Ihr habt was getan. Kein Ungeheuer
War unter Euch, freilich auch wenig Feuer
Nur ein, Genie, ein Kerl, der wiegt:
Der alte Friz, der die Welt besiegt.
Ihr habt nicht immer gerecht gehandelt,
Habt sogar den preußischen Adel verschandelt.
Ihr ließt ihn bluten; und dann, zum Schluß,
Ließt Ihr ihn liegen.„ Der Adel muß."
Ihr kamt als Fremke und seid es geblieben.
Ein bißchen Frorde nach unserem Belieben
Habt Ihr uns nic so recht verziehn.
Ihr versteht das nicht. Richt Friesad, Varzin, Nicht das, was in uns rumort und brennt, Was anders will als der pp. Regent. Wir sind nun mal von anderem Blute. Ins ist noch etwas wilder zumute
Als Euch mit fränkischen, feinen Sitten,
Von Friedrich den Ersten bis Friedrich dem Dritter Wir fühlen's noch immer, als einen Schaden: Warum ist kein Anisow von Gottes Gnaden? Warum? Warum? Na, und so weiter... Wir waren doch Eure besten Streiter..
Ihr behandelt uns schlecht. Das ist mal so. Ihr seid unsere Gegner. Das macht uns froh. Seut habt Ihr uns mal wieder bergessen. Mögt lieber bei Industriellen essen.
Nur ruhig Blut! Es kommen noch Zeiten,
Wo wir Euch wieder Attacken reiten,
Wo wir Euch aus dem Wurstkessel holen.
Dann jammeln wir also feurige Kohlen?
Nee. Man kann einfach nicht mehr voneinander.
1
Montag, den 4. Mai 1914.
Expedition: S. 68, Lindenstraße 69.
Serninredher: Amt Moritblak. Nr. 1984.
Ungnade des Königs feineswegs einschüchtern, als sie den Polizei zu finden hofften. Weshalb Kochannn als erstes Opfer Mittellandkanal bewilligen sollten. Noch immer gilt für jie: ausersehen wurde, erklärt sich dadurch, daß er, der vor einiger Zeit der König absolut, wenn er unsern Willen tut! Den König aus der sibirischen Verbannung entflohen ist, eine Broschüre in betrachtet die Junkersippe nur als ein Werkzeug in ihrer tschechischer Sprache veröffentlichte, in der die Greuel in den russiHand, und zwar um so faltblütiger, als für diese erdhaften schen Gefängnissen und Verbannungsorten auf Grund seiner und kernfesten Burschen von den Klitschen Hinterpommerns eigenen Beobachtungen in ihrem wahren Lichte geschildert werden. und der Uckermark das Gottesgnadentum nur ein Phrase für Als einer der Prager Vertreter des„ Krakauer Hilfsverbandes für Kriegervereinsreden ist. Von Gottes Gnaden! Was von Gottes Gnaden? Ihren ersten Klassengenossen, der ihren die politischen Gefangenen Rußlands " wirkte er energisch für die lasseninteressen zu dienen hat, sehen die Junker im moralische und materielle Unterstützung seiner früheren LeidensMonarchen, und im Grund die Verse Schulenburg genossen, und eben diese Tätigkeit war es, die ihm den Haß des machen kein Hehl daraus! hätten sie heute noch lieber die russischen Konsulats und der russischen Regierung zuzog. Auch die von den übelsten Slawophilentendenzen erfüllten tschechischen BeQuißows als die Hohenzollern an der Spize. Ein politischer Fehler wäre darum die Annahme, das hörden blickten scheelen Auges auf die Tätigkeit des russischen Junkertum lebte nur von und in der Hofgunst. Die oft- Schriftstellers, dessen von den edelsten humanitären Grundfäßen elbischen Granden lassen sich zwar Cäsars lächelndes Wohl geleitete Propaganda gegen die zarische Gefängnisschmach sie als wollen um so lieber gefallen, als es sich für sie meist in Beleidigung„ Mütterchen Rußlands" betrachteten. So erklärt es. metallisch flingenden Vorteil umsetzt. Aber Hoflakaien sind.
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sie nicht, und die ekelhafte Sumpfpflanze des Byzantinismus sich, daß diese Behörden, auf Grund der lügnerischen Aussagen wuchert gemeiniglich anderswo als auf den Stammfißen der eines russischen Polizeispiels, der russischen Galgenjustiz wieder Geschlechter, die einst mit den Quikoms gegen die ein neues Opfer zuführen wollen. Das unerhört standalöse Benehmen der Prager Behörden hat Hohenzollern in den Strauß ritten. Ein Zentrumsmann war jener Reichstagspräsident, der bei einem Geburts. heftige Empörung wachgerufen. Der sozialdemokratische Abgeord tagsglückwunsch vor dem allergnädigsten Herrn" in aller- nete Genosse Winter hat bereits den Justizminister in dieser tieffter Devotion" arb", und auch das sogenannte fort- Angelegenheit interpelliert, und der Genosse Nemec hat in den schrittliche Bürgert.. ist in der edlen Kunst des Bauch- Delegationen" eine Anfrage über das schmähliche Verhalten der rutschens sehr bewandert. Das mag in der Stammkneipe noch Behörden eingebracht. Auch außerhalb Oesterreichs muß die liebeso dröhnend mit der Faust auf den Tisch schlagen, das mag dienerische Haltung der österreichischen Regierung gegenüber den seinen Männerstolz vor Königsthronen noch so dräuend be- zaristischen Henkerswünschen die schärfste Verurteilung wachrufen. tonen, das mag schließlich auch für Herrn Naumann schwärmen und Herrn Wiemer wählen so bald sich nur die Schnurrbartipike eines Hohenzollern von fern zeigt, fenfen sich die Nacken wie Schilfrohr. über das der Wind fährt. Mit diesen Mameluden läßt sich darum auch keine Politik treiben. Sie wollen ja gern freigesinnte deutsche „ Deutsche Anfang April stellte der nationalliberale Männer fein, aber es mit: Majestät verderben um Simmels Willen! Als es mit Bismard zum Kradh fam. Kurier" die Behauptung auf, daß am 23. November 1912 und fürchtete Wilhelm II. einen Augenblic allen Ernites, der am 29. November 1913 im Preußischen Abgeordnetenhause derbe Junker werde ihm ein Tintenfaß. an den Kopi geheime Konferenzen stattgefunden hätten, auf denen schleudern; ein bürgerlicher Minister aber hat sicher nie bor in Anwesenheit fast sämtlicher preußischer Minister und ver dem allergnädigsten Herrn" anders gestanden als in der schiedener konservativ- agrarischer Parteiführer über die gelbe unterwürfigen Saltung des ergebenen Dieners. Und mit Arbeiterbewegung verhandelt worden sei. Die Stonwelchem Gemisch von Grauen und. Neid mag das byzantinische ſervativen hätten dort mit einem diesen Kreisen eigentümBürgertum auf die elegante Nachlässigkeit bliden, mit der des Junkertums berufener Dichter in der Zukunft", statt fich für die Kündigung auszusprechen, dem fremden" Geschlecht der Hohenzollern noch weitere fünfhundert Jahre gönnerhaft zubilligt.
Da freilich nicht die Junker allein über Herrschaftsdauer eines Fürstenhauses zu bestimmen vermögen, hat die Verlängerung des Kündigungstermins um fünfhundert Jahre nicht unbedingt bindende Wirkung.
Gelbe Korruption.
lichen kategorischen Imperativ" von der Regierung eine finansielle Unterstübung der wirtschaftsfriedlichen" Bewegung gefordert und", so schloß die Mitteilung, die Regierung gewährt infolgedessen der Bewegung, namhafte finanzielle Förderung".
Es dauerte eine geraume Zeit, bis diese Nachricht dementiert wurde, und auch dann ging das Dementi nicht etwa von der preußischen Regierung aus, die doch die nächſte dazu ge
wesen wäre, sondern von dem Vorsitzenden des Förderungsausschusses der nationalen und wirtschaftsfriedlichen Arbeiterbewegung, dem General z. D. von Loebe II, der der rechtsstehenden Presse folgende Berichtigung sandte:
„ Eine vom Deutschen Kurier" gebrachte Mitteilung, wonach mit den Vertretern der wirtschaftfriedlichen, nationalen Arbeiterbewegung im Abgeordnetenhaus, unter Teilnahme fast sämtlicher preußischer Ministerien geheime Konferenzen stattgefunden haben, und wonach die Regierung der wirtschaftsfriedlichen Arbeiterbewegung namhafte finanzielle Förderung gewäbre, ist nach jeder Richtung hin unzutreffend. Eine Konferenz hat überhaupt nicht stattgefunden."
Leben und Sterben: Hero- Leander . Steiner ist mehr, der sich über Euch wundert. Drum sagen wir ruhig: Nochmal Fünfhundert. Bravo! Und so ists recht! Das heißt einmal ohne Vifier in den Strauß reiten und das ist doch einmal etwas anderes als der übliche Phrasenweihrauch, mit dem sonst das Haus Wilhelm II. umgeben wird. Hier trumpft ein echter Junker auf, einer von der Sippe, und sagt frei von der Leber weg, was die ganze Sippe denkt: Hohenzollern ! Hütet Euch! Ihr kamt als Fremde und seid es geblieben! Wir, die Junker, sind die erbgesessenen Herren im Lande und wir Am 15. April wurde auf Veranlassung der russischen Regierung dulden Euch nur! Unserethalben nochmal fünfhundert Jahre! Aber hütet Euch wir können auch anders herum! Und der in Prag lebende russische Schriftsteller Kirill Kochann es flirrt, als ob eine Eisenfaust auf die Tischplatte schlägt. unter der Anklage verhaftet, daß er am 22. September 1912 einen Im Grunde genommen ist es nichts Neues, was der von Attentatsversuch gegen einen Polizeikommissar im Gouvernement Daß der Förderungsausschuß so lange gebraucht hatte, Gedacht haben die Bessarabien verübt habe. Diese Anschuldigung wird schon dadurch um diese Erklärung fertigzustellen, war in hohem Maße verder Schulenburg hier vorträgt. Nunter ſtets je und auch ausgesprochen haben sie's bisweilen. widerlegt, daß Kochanny am 22. September a's Storrespondent eines dächtig, doch da der„ Deutsche Kurier" zunächst schwieg, mußte Der draufgängerischste Heißsporn der konservativen Partei, deffaer Blattes an dem in Prag stattfindenden Radiologenkongreß man annehmen, daß sein Gewährsmann seine Behauptungen b. Kleist- Rezow, rühmte sich gelegentlich mit einem Unterton von Hohn in der Stimme, daß seine Vorfahren und teilnahm. Trotz dieses unanfechtbaren Alibis wird Kochanny in nicht aufrechterhalten könne oder wolle. Jezt aber, nach ein die Junker überhaupt in den Forsten der Mark schon Sauen Prag gefangen gehalten, und zwischen der russischen und der öfter- paar Wochen, meldet sich der Mitarbeiter des nationalliberalen gejagt hätten, als es noch feine ohenzollern im Lande reichischen Regierung findet wegen der administrativen Organs, der inzwischen verreist war, aufs neue zum Wort, gab. Und der Demokrat Franz Ziegler durfte schreiben: Auslieferung Kochannys an Rußland ein lebhafter diplomati er hält nicht nur alles früher Gesagte aufrecht, sondern er " Die märkischen Junker find eine ganz besondere Rasse; ich scher Schriftwechsel statt. Die russische Regierung hat ihren Begänzt feine Mitteilungen noch durch Ent. bin unter ihnen aufgewachsen, habe mit ihnen gejagt, gehebt, amten lawinsky mit der besonderen Mission nach Prag enthüllungen, die das allergrößte Aufsehen er regen müssen. geritten und habe hundertmal gehört: So lange wir die fandt, die Auslieferung Kochannys durchzusetzen, und die dortigen Er bleibt dabei, daß die Konferenzen im November 1912 Hohenzollern im Lande haben, denn sie fißen hier dreihundert Behörden waren so entgegentommend, alle bei dem Verhafteten und im November 1913 im Abgeordnetenhause stattgefunden Jahr länger, und für sie ist dies Geschlecht eben nur vierten gefundenen Schriftstücke dem Abgesandten der russischen Regierung haben, und er stellt jogar fest, daß die Berichte über die Verauszuhändigen und ihn quasi mit der Leitung der ganzen in handlungen in Broschürenform erschienen seien, die allerdings Ranges." Ihr famt als Fremde und seid es geblieben! In der Tat lebt, wenn auch sie von den Wirkungen des gelegenheit zu betrauen. In welche Hände jetzt das Geschick des der Deffentlichkeit nicht zugänglich gemacht würden und die Kapitalismus angefault und zerfressen sind, in unseren verhafteten russischen Schriftstellers gelegt worden ist, geht schon man nicht einmal in den Büchereien der Parlamente einsehen Sunfern wine such etwas von dem wilden Blut der Quikows, die von der„ gottgewollten Obrigkeit" der daraus hervor, daß Slawinsky, um das Alibi des Verhafteten zu könnte. Es heißt dann weiter. Hohenzollern nun schon gar nichts wissen wollten. Seit entfräften, erklärt, er habe ſelber bei seiner Veſpiketung teilgenom dieses sengende, mordende und raubende, aber hochadelige Ge- men und sogar aus einem Revolver auf ihn geschossen. Gin findel jenem Markgrafen den drohenden Hinweis auf den ruſſiſcher Polizeiſpiel wagt es also, öffentlich als Partei gegen Strick an die Schlotür geschrieben, haben die Junker stets einen politischen Flüchtling aufzutreten, und der Respekt der Prager erfolgreich Widerstand geleistet gegen alle Versuche des Behörden gegen ihn ist so groß, daß sie seine Anweisungen wortlos Landesfürsten, sie zu ducken und zu gehorsamen Untertanen befolgen, anstatt den Polizeispiel, dem, wie allen seinen Zunstzu machen. Das geht bis auf diesen Tag so. Wie die junker kollegen in Anbetracht des notorischen Zusammenhanges zwischen fiche Fronde um von der Marmit vor hundert Jahren, den russischen politischen und militärischen Spikeln der Aufenthalt auf alle Königstreue pfeifend, es in der Auflehnung gegen in Oesterreich verboten ist, aus Prag auszuweisen. die Stein- Hardenbergiche Gesetzgebung bis zur
offenen Rebellion trieb, so beschloß Anno 1848 die Junker
Wie uns aus Prag mitgeteilt wird, wird die Verhaftung famarilla um die Gerlach 3, die Sache des Königtums Kochannys von den dort lebenden Ruſſen als Beginn eines plane auch gegen den König au vertreten, und die Dallwig und mäßigen Feldzuges gegen alle angesehen, die im„ freien" Dejterreich Genossen ließen sich abermals fünfzig Jabre später durch die eine Zufluchtsstätte vor den Verfolgungen der russischen politischen
„ Die Konferenzen trugen einen durchaus die Standesorgani= sationen( auch die christlich- nationalen Gewerkschaften) ablehnenden Charakter. Nur die Wirtschaftsfriedlichen", die sich durch einen ihrer Förderer an den Beratungen beteiligten, wurden bedingungslos empfohlen. Tatsache, ist ferner, daß wiederholt und nachdrücklich Staatsbeihilfen gefordert wurden. Es ist nach unserer Kenntnis der Dinge eigentlich unmöglich zu bestreiten, daß die sogenannte gelbe Bewe gung aus öffentlichen Mitteln gefördert wird. Natürlich erfolgt diese Förderung auf indirettem Wege in ver fchiedenster Form. So zum Beispiel erhält der Hauptausschu der Wirtschaftsfriedlichen" jährlich 15 000 Mart aus Mitteln der öffentlich- rechtlichen Versicherung, über deren Zusammenhang mit staatlichen Organisationen hier wohl näheres nicht ausgeführt zu werden braucht. Das ist eine recht beträchtliche Sumare, went man in Betracht zicht, daß der gesamte Etat des Hauptausschusses