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Nr. 34.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerande: Viertel jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pig frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Bofi- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Preuz band: Deutschland u. Defterreich: Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Boit Beitungs- Breisliste für 1894 unter Nr. 6919.

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11. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Betitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins- und Beriammlungs Anzeigen 20 fg Inserate für die nächite Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Grpedition ift an Wochen= tagen bis 7 Ubr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Bor mittags geöffnet. Fernspredjer: Amt I. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin !

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Sonnabend, den 10. Februar 1894. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Die Lage der Arbeiter technischen Hilfsmitteln ausgestatteten größeren Dampf- der Mühle, Bestellung des Gartens und Feldes herangezogen.

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mühle. Außerdem aber werden in Windmühlen aus Etwas summarischer wird dagegen in 193 oder 19 pCt. der in Getreidemühlen. schließlich gelernte Arbeiter beschäftigt durch befragten Mühlen verfahren, die beim Herannahen der schnittlich ein Geselle per Betrieb Die in Wassermühlen windstillen Zeit ihre Gesellen einfach entlassen. Ebenso wie die bekannte Enquete Bebel's über die dagegen bereits 16 pCt. ungelernter Arbeiter im ganzen Gesellen können sich dann eine ausgiebige Sommer­Arbeitszeit in Bäckereien den Anstoß zu der ersten Unter- ca. 2,2 Arbeiter per Betrieb, und in Dampfmühlen frische angedeihen lassen auf der Landstraße suchung der Kommission für Arbeiterstatistik gegeben hatte, bereits 48 pCt. ungelernter Arbeiter im ganzen zirka versteht sich, denn in den meisten Fällen haben die gab die kleine Broschüre des Redakteurs des Fachblattes 7,6 Arbeiter per Betrieb. Die Anzahl der Arbeiter in den Mühlenknappen beim Meister Roft- und Wohnung der Müller und verwandter Berufsgenossen, A. Käppler einzelnen Betrieben läßt einen Rückschlag auf die Aus- über das" Wie" erfahren wir leider nichts aus der amt­in Altenburg , über die Arbeitsverhältnisse der nuhung der einzelnen Arbeitskraft zu, während anderer- lichen Enquete, können uns aber eine anschauliche Vor­Müller Deutschlands " den unmittelbaren Anlaß seits die starke Konkurrenz der ungelernten Arbeiter die stellung machen, wenn wir erfahren, daß der anrechnungs­einer amtlichen Enquete über die Arbeitszeit wirthschaftliche Lage der gelernten Müller zur Genüge fähige Lohn nach den Angaben der Unfall- Berufsgenossen­im Mühlengewerbe.*) Um die Lage der im Mühlen- charakterisirt. schaft 596 M. einschließlich der Naturalbezüge beträgt. Davon gewerbe beschäftigten Arbeiter genau beurtheilen zu Die gewöhnliche Arbeitszeit in Windmühlen be- tann natürlich kein Müller für die arbeitslose Zeit fönnen, wäre zwar neben der Kenntniß der Arbeitszeit vor trägt nun, wenn nicht Tag und Nacht gemahlen wird, sparen.... und ist auf den Bettel angewiesen, wenn allem auch die Kenntniß der Lohn- und Wohnungsvers in 740 Betrieben( 74,4 pCt.) 12 Stunden und weniger; er entlassen wird. Während der Arbeitsperioden wird er hältnisse nothwendig gewesen, und was Genosse Käppler in 141 Betrieben( 14,2 pCt.) 12-14 Stunden in 71( 7,1 pct.) in einer Weise überanstrengt, daß seine durchschnittliche mit wesentlich bescheidenen Mitteln ermöglicht hatte, hätte 14-16 Stunden und in 21( 2,1 pet.) mehr als 16 Stunden. Lebensdauer nur 33 Jahre dauert. Er ist bei mangelhafter auch für die Kommission für Arbeiterstatistit" nicht außer Aber in 702 oder 70,6 pt. der befragten Windmühlen Ernährung gezwungen, sich während seiner ganzen Arbeits­halb des Bereiches des Möglichen gelegen, stand kommt auch Nachtbetrieb vor. Davon hatten zeit in einer stauberfüllten Atmosphäre aufzuhalten, und dieser doch der ganze Verwaltungsapparat in den 599 Mühlen während 1-60 Tagen Tag und Nacht- schläft des Nachts häufig noch in der Mühle selbst. Dabei durchforschten Bezirken zur Verfügung, während betrieb, 64 Mühlen während 61 bis mehr als besteht seine Arbeit in dem Heranschleppen der Getreide Käppeler nur auf die Arbeiterorganisation der 120 Tagen. Während dieser Zeit forcirter Arbeit säcke zum Rumpf ", dem Aufschütten der Körner und im Müller allein angewiesen war. Aber der Kommission tommt für die Mehrzahl der Gefellen eine Arbeitszeit von Absacken", natürlich auch im Fortschaffen der vollgefüllten für Arbeiterstatistik sind bekanntlich für jede Initiative die mehr als 16 Stunden heraus. 43 pCt. müssen 16 bis Gäce; also in der denkbar schwersten Arbeit; fortwährend Hände gebunden, indem sie bei ihrer Geburt von Bundes 18 Stunden arbeiten, in diesem Falle wird die Mühle dann hat er zu heben und zu lasten, Treppe auf Treppe ab. rath und Reichstag in edlem Verein zum Rastraten gemacht 6 Stunden angehalten. Der Geselle mahlt in der Regel Nur in den neueren Mühlen geschieht die Beförderung des worden ist, dessen schwächlicher Stimme mau taum bei der bis 12 oder 2 Uhr Nachts und hat dann bis 6 bezw. 8 Uhr Getreides und des Mehls mit Hilfe von Fahrstühlen( in Berathung Beachtung schenkt.- Die vorliegenden ExMorgens eine färgliche Nachtruhe. In 4,6 pt. der Be- 219 der befragten Betriebe oder 22 pet.) In einer nur hebungen aber auch schon mit ihren nachten Daten über die triebe dauert die Arbeitszeit 18-22 Stunden, in 16,4 pCt. ganz verschwindenden Zahl aber ist der Betrieb ein ganz Arbeitszeit liefern Material genug, um sich ein Bild von aber 22-24 Stunden!! Gs sind dies die Mühlen, in denen automatischer. Bei den Bockmühlen muß dazu noch der der überaus traurigen Lage der Mühlenarbeiter machen zu der Geselle bei längere Zeit andauerndem Winde entweder gar Knappe gespannt auf den Wechsel der Richtung und nicht oder nur von der zweiten oder dritten Nacht an ab- der Stärke des Windes achten. Die Mühle geht Die Erhebungen erstrecken sich, soweit korrekt beant gelöst wird. Die Arbeitszeit richtet sich eben nach den nur dann, wenn die Flügel der Richtung des wortete Fragebogen eingegangen waren, auf 3341 Mühlen, Windverhältnissen und dem Umfange der Arbeit. Zu jeder Windes genau entgegenstehen; aber der Wind hält in denen 7635 Arbeiter beschäftigt sind, da diese Mühlen Tag und Nachtzeit muß der Geselle dem Müllermeister gewöhnlich nur kurze Zeit in derselben Richtung an, nach der Durchführung der Erhebungen etwas weniger als zur Verfügung stehen, eine geregelte Arbeitszeit, die Grund- springt er um, oder weicht er nur um wenige Grade aus 10 pCt. aller Wind-, Wasser- und Dampfmühlen ausbedingung für körperliches und geistiges Wohlbefinden, seiner ersten Richtung ab, so muß die Mühle mit dem machen, so kann man die Zahl der deutschen Mühlen - fehlt also ganz und gar. Aber auch die Erholungs- Sterz" nachgedreht werden. Nur bei den Holländermühlen arbeiter auf etwa 93 000 schätzen. Davon sind ca. 15 900 Sonntage fallen dem Müllerknappen nur, wenn zufällig geschieht das Richten mit Hilfe von Stellvorrichtungen oder in Windmühlen, 61 000 in Waffermühlen und 15 700 in am Sonntage der Wind nicht bläst. Nur 21 pet. der mit Hilfe der automatisch wirkenden Windrose. Holländer­Dampfmühlen beschäftigt. Die Unterscheidung zwischen Mühlen gewähren mehr als 50 Mal im Jahre 24 Stunden mühlen mit Windrose waren aber nur 13 pCt. vorhanden.­den verschiedenen Mühlengattungen ist nothwendig ge- Sonntagsruhe. In 275 oder 27 pet. der Windmühlen Weht der Wind stärker, so arbeitet die Mühle natürlich rascher, wesen, da die Art und Schwere der Mühlenarbeit aber haben die Gesellen nicht einmal die Hälfte der Sonn- häufig funktioniren dann sogar zwei Mahlgänge, so daß wesentlich von der technischen Ausbildung des Be- und Festtage Ruhe, und wenn sie einmal frei haben, so das Aufschütten und Absacken in kürzeren Intervallen erfolgen triebes abhängig ist. Zehn Stunden ununterbrochene sind es in einer erklecklichen Zahl von Fällen nur achtzehn muß. Die Arbeitslast vervielfacht sich dann in einem Maße, Arbeit in einer Windmühle stellen ungleich größere An daß eine Person nicht einmal zur Bedienung einer Wind­forderungen an die physische Kraft und die Aufmerksamkeit mühle ausreicht. Und zu dieser schweren, abspannenden des Arbeiters als 16 Stunden Arbeit in einer mit allen Arbeit, zu diesem ungeregelten Betriebe noch die Segnungen der Landstraße als reguläre Zugabe!

tönnen.

Erhebungen über die Arbeitszeit im Mühlengewerbe. Veranstaltet im Sommer 1893, Bearbeitet im faiserl. Statistischen Amt. Berlin , Carl Heymann's Verlag 1894.

Feuilletonu.

Nachdruck verboten.]

Helene.

( Alle Rechte vorbehalten

Roman in zwei Bänden von Minna Kautsky . II.

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Stunden und noch weniger! Dazu aber muß der Bearbeiter noch die Bemerkung machen, daß die Auskunft der Gesellen nicht ganz so günstig lautete, als die der Gewerbe- Juhaber. Damit aber die Müllergesellen sich zum Ersatz für diese über mäßig anstrengende Arbeit auch erholen können, werden die Gesellen in windstillen Tagen zu Nebenarbeiten: Reparatur

Ernst und die Sanftmuth der Schwestern überwand diefen Widerwillen, und Schwäche und Bedürftigkeit machten sie alle zu Kindern. Die rohesten Burschen waren zahm ge­worden und fromm.

Und alle blickten ebenso verwundert als ehrfürchtig nach diesen Frauen, die in ihrer Jugend und Wohlgestalt von Lager zu Lager gingen, einzig mit ihrer Pflege be­schäftigt, nur bemüht, ihre Wünsche zu errathen und ihre Leiden.

Das konnten gar keine Weiber sein, meinten sie, das waren Heilige, das waren Engel.

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mühlen . Bei 1075 oder 50,4 pet. Der befragten 2132 Etwas günstiger liegen die Verhältnisse bei den Wasser=

und zu beruhigen. Sie malten sich's aus, wie der Pope den Brief den Weibern vorlesen und diese die Nachrichten im Dorfe herumtragen und sich darüber ausschwägen würden nach Herzenslust. Und sie füßten die Briefe und die Hände des guten Fräuleins, wie sie Tania zum Unterschiede von den übrigen Schwestern nannten. Aber sie war nicht nur gut, auch tapfer war fie. Diese kleine Person schien jeder An­strengung gewachsen zu sein, und ihre Ruhe und Zuversicht wirkte auf alle ermuthigend und belebend.

Mancher Bursche, der sich vor der Amputation fürchtete, wollte nur dann seine Zustimmung geben, wenn das gute Fräulein" an seiner Seite blieb.

Alle Spitäler in der Nähe des Kriegsschauplages waren bald überfüllt und ihre Evaluation( Leerung) dringend geboten. Aus den Militär- Hospitälern mußten selbst Schwerverwundete weiter bis Frateschti und Jassy Helene galt ihnen als die Schönste und Geheimniß­transportirt werden, da das beständige Buströmen neuer vollste, fie erschien so fremdartig, sogar in ihrer Sprache. Sie sagte immer zu und hielt getreulich aus. Kranker und Verwundeter dazu zwang. Am liebsten aber hatten sie Tania. Die verstand sie Sie konnte Blut sehen; es war oft, als wolle sie sich Das Baracken- Hospital des Nothen Kreuzes in Bulgareni in Allem und konnte so gut und dreift mit ihnen reden und mit den schrecklichsten Dingen vertraut machen, um zu lernen, aber suchte, so weit es anging, seine Verwundeten zu be- scherzen. ihre Kaltblütigkeit zu bewahren und ihre Nerven in Ordnung halten und in Behandlung zu nehmen. Nie machte sie die Augeberin, und all' die Späßchen zu halten. Wir finden sie da verbunden und gut gebettet, mit und Neckereien, mit denen sich die Kranken, sobald sie nur Von sich sprach sie nie. Weder ihre Kranken, noch Speise und Trank versehen. Nach all' den Strapazen und etwas besser waren, zu erlustigen pflegten, übersah sie nach ihre Vorgesetzten hatten eine Ahnung von ihrem inneren dem hundertfältigen Elend, das sie erduldet hatten, war fichtsvoll oder sie lachte niit. Sie erkundigte sich nach Wesen. über diese armen Jungen ein wohliges Gefühl des Ge- ihren Angehörigen, sprach mit ihnen von ihren Müttern Mit ihrem schwächlichen, fast kindlichen Aeußeren, ihrem borgenseins gekommen, das sie selbst ihre Schmerzen geduldig und Schwestern, sogar von ihren Mädchen. Aber für die, filberhellen Lachen erschien sie durchaus harmlos; aber aus ertragen ließ. die Weib und Kinder hatten, die daheim in Sorgen lebten, ihren dunklen Augen sprach oft ein tiefes Weh, und die Ja, es gab viele unter ihnen, die meinten, so gut und that sie das Beste, indem sie sich erbötig zeigte, an sie zu Falte, die sich zwischen den starken Brauen gebildet hatte, behaglich hätten sie's ihr Lebtag nicht gehabt. schreiben. deutete auf barte, noch nicht überwundene Kämpfe. Sie hatten niemals vorher in einem Bette geschlafen, Sie las den Soldaten die Briefe vor, ehe sie sie der Tania Michailowna hatte in Petersburg studirt. Ganz niemals gezuckerten Thee getrunken, und niemals hatte sich Poft übergab, und da stand zu ihrer Verwunderung alles schüchtern hatte sie sich in ihren Professor verliebt, kaum, jemand darum gekümmert, ob ihnen' was weh that. genau darin, wie sie vor Plewna gekämpft und was sie ge- daß sie sich's selbst gestand. Aber bald brach wie ein Sonnen­Und nun genossen sie noch nie erlebte Begünstigungen; litten hatten, wo sie jetzt seien, und daß sie Hoffnung hätten, strahl in ihr junges Leben die Gewißheit, daß auch er sie die weißen, weichen Hände der Schwestern waren unab in Kürze aus dem Spital heraus zu kommen. Und weiter lieb hatte. lässig um sie bemüht, und ein Klagelaut, ein Wink ihrer erfuhr man daraus, wie sehnsüchtig sie ihrer Lieben Eugen Wassili Kolomin war jung, wohlgebildet und Augen genügte, um deren Besorgniß wachzurufen und sie daheim gedachten und daß sie sie mit der Seele grüßen, von seltenen Geistesgaben. Voll Feuer den neuen Ideen ihnen dienstbar zu machen. Das war alles so ungewohnt in der Hoffnung, recht bald in aller Leiblichkeit vor ihnen zugethan, hatte er sich der Bewegung angeschlossen, und und so wunderbar. zu stehen. fich zugeschworen, mitzuhelfen, um Volk und Vaterland Manche allerdings wollten sich anfänglich nicht gerne Die Burschen weinten dann vor Freude, weil das alles zu befreien. Seine Absicht, die Geliebte seiner Gedanken­den Frauen überlassen, und zeigten sich mürrisch, aber der so gar schen und rührend war, bestimmt, die Ihrigen zu trösten welt und seinen idealen Bestrebungen näher zu bringen,