STm Schluß des Jahres waren Lohnbewegungen mit 4798 beteiligtenMitgliedern noch nicht entschieden.Im Berichtsjahre fand die Generalversammlung der gewerbschastlichen Landesorganisationen statt. Auf dieser Generalversamm-lung handelte es sich im wesentlichen um die Entscheidung, ob dieAufgaben der gewerlschaftlichen Landeszentrale die gleichen wiebisher bleiben sollten oder ob eine Aenderung in der Richtung aufDezentralisation stattfinden solle. Eine gewisse Strömung wünschteden Einfluß der Landeszentrale auf die lokalen Bewegungen aus-geschaltet, aber die Generalversammlung verwahrte sich einmütiggegen diese Dezentralisationstendenz, die zum Teil syndikalistischenCharakter trug._Maiirerausspcrrung iu Marseille. Es wird berichtet: Auf denBeschluß der Maurer, nacheinander alle Unternehmungen von Mar-seille zu boykottieren, hat der Arbeitgeberverband mit einer all».gemeinen Aussperrung geantwortet. Alle Werften sind geschlossen.die denkmalsanpinselungvor Gericht.Bier Jahre acht Monate Gefängnis für eine Tat,deren Spuren zu beseitigen einen Kostenaufwand von75 Mark erforderte.Ein empörend hartes Urteit fällte gestern nach einer Beratungvon knapp 20 Minuten die fünfte Strafkammer des Berliner Land-gerichts III in Sachen der„Charlottenburger Denkmalsschänder".Die unüberlegte Tat der Beklagten hat eine Bestrafung gefunden,die durch die Beweisaufnahme nicht im geringsten gerechtfertigt er-scheint.Angeklagt waren der Fabrikarbeiter Rudolf Linke, derSchlosser Hugo Göpfert, der Maschinenarbeiter GeorgK u h l s, sowie der Gastwirt Rau wegen Vergehens gegen denZ 394 des Strafgesetzbuchs, das dadurch begangen sein soll, daß an14 Stellen des Kaiser-Friedrich-Denkmals auf dem Luisenplatz inCharlottepburg die Worte„Rote Woche" mit roter Farbe in derNacht vom 19. zum 11. März angeschrieben wurden.Angeklagt waren Linke, Göpfert, Kuhls der vorsätzlichenBeschädigung eines öffentlichen Denkmals, Rau der A n st i f-tung und Beihilfe. Alle vier Angeklagten wurden aus derUntersuchungshast vorgeführt, in der sie seit 8. Mai saßen. DenVorsitz in der Verhandlung hatte Landgerichtsdirektor Seelert, dieAnklage tiertrat Staatsanwaltschaftsasseffor Fuhrmann, Verteidigerwaren für Linke Rechtsanwalt Frey, für Göpfert und Kuhls Justiz-rat Sonnenfeld, für Rau Geh. Justizrat Leonh. Friedmann undRechtsanwalt Herbert Fuchs.TieVernehmung der Angeklagtenergab allerlei Widersprüche zu den Protokollen des Verhörs, diesie vor der Kriminalpolizei und dem Untersuchungsrichter zu bestehengehabt hatten.Der Angeklagte Linke, der die Bepinselung des Denkmals aus-geführt hatte, hielt sein Geständnis in der Hauptsache aufrecht. Aberauch er, der die Mitangeklagten nach Kräften zu belasten suchte,wehrte sich gegen manches, was die Protokolle als seine Aussageangaben. Linke hatte am 10. März in dem Schanklokal von Rauin der Sickingenstraße sich dadurch nützlich gemacht, daß er für eingeplantes Fest eines Skatklubs ein Plakat anfertigte. Dabei benutzteer zur Herstellung eines roten Rande? eine Farbe, die Rau zudiesem Zweck durch ihn besorgen ließ. An demselben Tage fandwegen der Roten Woche ein Extrazahlabend deS sozialdemokratischenWahlvercins statt. In Raus Schankwirtschaft, die Zahlabendlokalwar, verweilte Linke, der nicht dem Wahlverein angehörte, nochwährend der Sitzung. Nach ihrer Beendigung sollen einige Teil-nehmer, darunter Göpfert und Kuhls, ihn ausgefordert haben, mitihnen nach dem Luisenplatz in Charlottenburg zu gehen. Auch Rauhabe ihn dazu ermuntert, und Linke sei dann, weil er angetrunkenwar, mitgegangen. Rau habe ihm auch einen Rest jener Farbemitgegeben sowie Spiritus, um das Farbpulver aufzulösen. Vonder Absicht, auf das Denkmal die Worte„Rote Woche" zu malen,sei schon in dem Lokal die Rede gewesen. Er selber habe dann dieBemalung ausgeführt, während Göpfert den Farbennapf hielt. DieEinzelheiten seien ihm erst am anderen Tage recht klar geworden,als sie in dem Lokal besprochen wurden.Der Angeklagte Göpfert, der früher dem Wahlverein angehörte,aber seit Herbst keine Beiträge mehr gezahlt hat und seine Mit»gliedschaft hat verfallen lassen, gab an, daß er an dem Denkmal nurbei der Einrührung der Farbe den Napf gehalten habe. Von derAbsicht der Denkmalsbemalung habe er in dem Lokal noch nichtsgewußt. Linke unterbrach ihn hier, indem er unaufgefordert er-klärte, sämtliche Anwesenden hätten das gewußt. Diese Behauptungwiederholte er auch bei Vernehmung der anderen Angeklagten, denener immer wieder essrig ins Wort fiel.Der Angeklagte Kuhls war damals stellvertretender Bezirks-führer. Er hörte, daß an jenem Abend vom Kaiser-Friedrich-Denk-mal geredet wurde, wußte aber nicht, um was es sich handelte.Angenommen habe er, daß man dorthin gehen wollte, um zu kontrol-lieren, ob auch in der Umgebung deS Luisenplatzes rote Zettelangeklebt worden seien. Er sei mitgegangen, sei aber unterwegsausgetreten, und nachher habe man ihm erst gesagt, was inzwischengeschehen war. Die ihm vorgehaltene Angabe der Protokolle, daß erzugegeben habe, Wache gestanden zu haben, sei unrichtig. Er seidurch die plötzliche Verhaftung in schwere Sorge um seine Familieversetzt worden, da habe er infolge von Mißverständnissen manches,was ihm auf den Kopf zugesagt wurde, irrtümlich bestätigt. DerAngeklagte Rau bestritt, gewußt zu haben, daß die Bemalungs-absicht dem Denkmal galt. Den Linke, der im Herbst zum Militärmüsse, habe er sogar gewarnt, mitzugeben und sich an irgendetwaszu beteiligen.In derBeweiserhebungtrat als Hauptzeuge ein Buchhalter Ernst Westerweller auf, durchden die Staatsanwaltschaft die angeblich engen Beziehungen jenerDenkmalsbemalung zur sozialdemokratischen Partei nachweisenwollte. Westerweller hat am Abend des 19. März bei Rau ge-kneipt und hierbei aus Linkes Mund die Aeußerung gehört, daß ernach dem Luisenplatz gehen wolle. Vorsitzender: Fügte er nichtnoch etwas hinzu? Zeuge: Das weiß ich nicht. Vors.: Bei Ihrerersten Vernehmung haben Sie es gewußt. Sagte er nicht:„Mar-gen bin ich vielleicht schon in Moabit?" Zeuge: Ganz recht! DerZeuge gibt weiter an. aus dem Gang zum Denkmal sei an demAbend gar kein Hehl gemacht worden. Als er nachher die Sache inden Zeitungen las, habe er sich den Zusammenhang gedacht. EinigeTage darauf habe dann Linke, als er mit ihm an dem Denkmalvorüberging, ihm die Stelle gezeigt, wo Göpfert mit dem Farben-napf gestanden habe. Linke und auch Göpfert hätten ihm spätergesagt:„Wer was aussagt, wird unschädlich gemacht." Weiter habeGöpfert einige Wochen darauf ihm erklärt:„Wenn es heraus-kommt, nimmt einer die Sache auf sich; für den liegt das Geldbereit, damit er ms Ausland fliehen kann,-- Vors.: Von wemwar das Geld? Zeuge: Von der sozialdemokratischen Partei. Vors.:Wurde das gesagt? Zeuge: Rein— aber das nehme ich an.Gegen die Darstellung dieses Zeugen wenden sich Göpfert undmit großer Bestimmtheit auch Linke.— Vors.: Haben Sie gesagt:„Wer was aussagt, wird unschädlich gemacht"?— Angekl. Göpfert:Nein!— Vors.: Linke, Sie?— Angekl. Linke: Nein!!—Angekl. Göpfert: Ich habe mit Westerweller über die ganze Sachegar nicht gesprochen.— R.-A. Sonnenfeld möchte feststellen,von wem die Anzeige ausgegangen ist?Zeuge Westerweller erklärt: von mir nicht.— R.-A. Sonnen-feld: Von Ihrer Frau?— Zeuge: Nein.— R.-A. Sonnen-fe ld: Sie sagen das unter Ihrem Eid!— Zeuge: Ja, daskann ich.— R.-A. Sonnenfeld: Die Anzeige soll veranlaßtworden sein durch Herrn Westerweller oder durch seine Frau wegenprivater unangenehmer Beziehungen, die ich nicht aufdecken möchte.Zeuge Metalldreher Rosenberg ist mit nach dem Luisenplatzgegangen. Man habe sehen wollen, wie in Charlottenburg für die„Rote Woche" gearbeitet worden, d. h. Zettel angeklebt wo�>enseien. Hätte er von der Absicht einer Bemalung des Denkmals ge-wüßt, so wäre das nicht passiert. Geschehen sei es, während er an derSchloßlinde zurückblieb, um auszutreten.— Dem Zeugen Strahen-bahnschaffner Stanke hat Linke an jenem Abend in Raus Lokal ge-sagt, er gehe noch nicht nach Hause, er habe noch etwas vor.Als Sachverständige äußern sich die Magistratsbauräte Walterund Winterstein aus Charlottenburg und Dr. Brunning vom Ber-liner Polizeipräsidium über die Art der Besudelung, über die Ein-Wirkung auf den Stein und über das Verfahren der Beseitigung.Die Inschriften seien offenbar hastig und daher sehr ungeschicktaufgemalt worden. Die Beseitigung sei gelungen, Spuren könneman nicht mehr bemerken. Die Straßenreinigung habe es zunächstmit Salzsäure versucht, der Zeuge selbst hatte mit Chlorkalk undSoda drei Tage lang arbeiten lassen und eine fast vollständigeBleichung erreicht. Den letzten noch übrig gebliebenen kleinenSchein hat schließlich die Sonne entfernt. Jetzt ist gar nichts mehrzu sehen, auch dem polierten Steine ist ein Schaden nicht zu-gefügt worden. Für Bleichmittel und Löhne sind 73 M. aus-gegeben worden.Plädoyers.Das Ergebnis der Beweiserhebung faßte StaatsanwaltsassessorFuhrmann dahin zusammen, daß alle vier Angeklagten überführtseien. In dieser frevelhaften Besudelung des Kaiser-Friedrich-Denkmals sei nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts eine Denk-malsbeschädigung zu erblicken. Abgesehen von der eingetretenenVerringerung deS Wertes der Steinmasse bedeute die Besudelungauch deshalb eine belangreiche Veränderung des Denkmals, weildie Inschriften das Auge jedes Kunstfreundes verletzen und andiesem Denkmal eines Fürsten jeden national gesinnten Mann be-leidigen mußten. Traurig sei, daß die Angeklagten trotz ihrerfrüheren Angaben sich jetzt herauszureden versuchten und sich mitTrunkenheit entschuldigen wollten. Man könne den Angaben Linkesfolgen, daß es in Rau's Lokal an jenem Abend ein offenes Ge-heimnis war, um was es sich handelte. Warum sollte Kuhls, derdie Sitzung leitete, nichts davon gewußt haben? Auch Rau seischuldig, zwar nicht der Anstiftung, aber der Beihilfe. Man habees hier nicht mit einem Dummenjüngenstreich zu tun. Wohlüber-legt und zielbewußt und getrieben von sozialdemokratischem Partei-fanatiSmus seien die Täter vorgegangen. Die Strafe dürfe nichtgering sein. Die Tat habe der Propaganda für die sozialdemokratische Partei dienen sollen. Man habe sich aber nicht damit begnügt, Zettel an die Häuser zu kleben. Ein Denkmal habe man sichausgesucht, das zu den schönsten gehört, ein Standbild, das demAndenken eines vielgeliebten Fürsten gewidmet ist und von der treu-deutschen monarchischen Gesinnung der Stifter zeugt. Das sei eineVerhöhnung dieses Fürsten und ein Affront für alle gutgesinntenKreise. Diese verwerfliche Tat, die allgemeine Empörung hervorgerufen habe, sei höchst gemeingefährlich. Wohin sollte es führen,wenn solche Denkmalsschändungen sich wiederholten? Da müsseaußerordentlich scharf vorgegangen werden, damit die Strafe abschreckend wirke. Von einer Beantragung der Höchststrafe von dreiJahren Gefängnis wolle die Staatsanwaltschaft absehen, weil einerheblicher und dauernder Schaden nicht entstanden sei. Mit Rückficht auf das öffentliche Interesse erscheine aber die Bemessung derStrafe wenigstens auf 2 Jahre Gefängnis für jeden Angeklagtengeboten, sowie wegen der ehrlosen Gesinnung die Aberkennung derEhrenrechte auf Z Jahre.Diese Strafanträge wurden von den im Zuhörerraum anwesen-den weiblichen Angehörigen der Angeklagten mit lauten SchmerzenS-ausbrächen beantwortet.Von denVerteidigernergriff zunächst Geh. Justizrat Friedmann das Wort. Der recht ten-denziösen Auffassung des Anklagevertreters wolle er eine objektiveBetrachtung der Angeklagten und ihrer Tat entgegenstellen. Aus derVerhandlung seien erfreulicherweise alle politischen Motive, alle Unter-stellungen, daß die Tendenz gewesen sei, das Denkmal zu schänden,ausgeschaltet worden. Nur um eine Sachbeschädigung handle es sich,um die Beschädigung eines Denkmals, nicht um eineSchändung. Nicht das Gering st e habe sich ergebenfür die Annahme, daß dabei die Empfindungen derAngeklagten in politischer Tendenz sich den Ge-fühlen der nationalgesinnten Kreise entgegen-setzen und das Andenken des Kaisers Friedrich der-letzen und verhöhnen wollten. Man solle sich nur nicht vonvornherein von dem Gedanken leiten lassen, daß hier, weil Sozial-demokraten und ein Monarchendenkmal in Frage kämen, Partei-politischer Fanatismus mitgewirkt haben müsse. Für Rau be-antragte der Verteidiger die Freisprechung, weil nicht einmalBeihilfe, die ja ein wissentliches Handeln erfordere, erwiesen sei. Be-lastet werde er nur durch Linke, dessen Verteidigungstendenz daraufgerichtet sei, die anderen ordentlich hineinzupacken, um sich selber demRichter zu empfehlen. Die Höhe der vom Staatsanwalt beantragtenStrafen sei um so weniger gerechffertigt, weil es den Tätern nichtum eine Beschädigung deS Denkmals, sondern nur um eine Auffällig»machung ihrer Inschrift„Rote Woche" zu tun war. Werde dasPolitische ausgeschieden, so bleibe nur etwas übrig, loaS man objektiveine Lumperei nennen könne. Würden so hohe Strafen verhängt,dann müsse man annehmen, daß auf die Urteilsfindung eingewirkthabe, was aus der Verhandlung ausgeschieden war, nämlich diepolitische Tendenz.Rechtsanwalt Frey machte für Linke geltend, daß er gar nichtsHcrostratischcs an sich habe. Was er getan, sei ein Dummerjungen-streich. Man solle nicht glauben, daß Dummejungenstreiche nur beiStudenten möglich seien. Vor Jahrzehnten sei in Heidelberg demDenkmal eines durch Napoleon gefürsteten Wrede von Studenten einNachttopf auf den Kopf gestülpt worden, und man habe das nur mitetlichen Wochen Karzer geahndet. Von einer politischen Demonstrationgegen Kaiser Friedrich könne keine Rede sein, gerade er sei beim Volksehr beliebt gewesen, und kein Demonstrant würde diesen Monarchensich aussuchen. Für Linke, der aus Unüberlegtheit gehandelt habe, seiMilde geboten.Um milde Beurteilung bat Jusiizrat Sogsrnfeld auch fürGöpfert sowie für Kuhls, falls man diesen nicht fteispr-'ch-nwolle, weil nicht erwiesen sei, daß er Wache gestanden habe. Durchso harte Strafen könne man doch nicht eine Beschädigung, sondernhöchstens die böswillige Vernichtung eines Denkmals ahnden wollen�Das Motiv sei nicht gewesen, in parteipolitischem Fanatismus einMonarchendenkmal zu schänden. Da hätte man ganz andere Worteals die„Rote Woche" angeschrieben. Im übrigen werde gerade demKaiser Friedrich noch heute viel Sympathie in den Reihen der Sozial-demokraten entgegengebracht. Nach seinem Tode habe das„BerlinerVolksblatt", der heutige„Vorwärts", in einem Artikel auf die teil-nehmenden Empfindungen auch der Arbeiterkreise hingewiesen. Nichteine Demonstration, nicht eine Verhöhnung dieses Fürsten habe dieDenkmalsbemalung sein wollen, sondern nur eine Reklame für dieRote Woche. Ehrlose Gesinnung könne man nicht annehmen. Ab-erkennung der Ehrenrechte werde in weiten Kreisen, und zwar nichtbloß bei der Sozialdemokratie, so verstanden werden, als habe mauhiermit die Angeklagten, gerade weil sie Sozialdemokraten sind,herabsetzen wollen. Durch die Sprüche der Justiz dürfe nicht derEindruck hervorgerufen werden, daß sie von politischen Erwägungendiktiert seien. Das hier beantragte Strafmaß, das mit der M-schreckungstheorie begründet werde, stehe in keinem Verhältnis zu dermilden Bestrafung des Eisenbahnunfugs derBonnerStudenten.R.-A. Herbert Fuchs sprach für Rau noch zu dem Strafmaß.Höchstens sei auf eine Geldstrafe zu erkennen.Eine Replik des Staatsanwaltsassessors Fuhrmann unter-strich noch einmal, daß die Angeklagten von politischen Motiven ge-leitet worden seien. Die unehrenhafte Gesinnung ergebe sich ausder Gemcingefährlichkeit der Tat. Zu der Behauptung, daß derPlan in der Zahlabendsitzung entstanden sei. stellte Justizrat Son-nenfelb fest, daß keiner der Zeugen und keiner der Angeklagtenetwas Derartiges gesogt hatte.Mit der Urteilsfindung wurde da? Gericht in 29 Minutenfertig. Tos � �"Urteil.lautete: gegen Linke, Göpfert, Kuhls je IX Jahre Gefängnis, gegenRau wegen Beihilfe 1 Jahr Gefängnis. Jedem Angeklagten wurde1 Monat Untersuchungshaft angerechnet. Zur Begründung führteder Vorsitzende unter anderem aus: Sicher sei, daß außer Göpfertauch Kuhls und Rau um den Plan gewußt hätten, den Linke aus-führen sollte. Die Tat habe Entrüstung in ganz Deutschland her-vorgerufen. Es sei eine Roheit, Denkmäler zu beschädigen, dieunter öffentlichem Schutz stehen. Als bodenlose Frechheit müsse manes bezeichnen, daß die Angeklagten zu ihrer Reklame für die sozial-demokratische Partei sich ein Kaiserdenkmal aussuchten. Anzu-nehmen sei, daß es sich nicht um einen Dummenjungenstreich, son-dern um einen wohlerwogenen, auf Parteifanatismus beruhendenPlan erwachsener Männerl Andererseits sei zu berücksichtigen,daß es sich um ungebildete Leute handle, die durch Hetzereien der-führt worden seien, im Interesse ihrer Partei zu handeln meintenund auch an der Partei einen Rückhalt zu haben glaubten. Dassei gewissermaßen strafmildernd; man könne Mitleid mit ihnenhaben, wenn man sie für Verführte halte. Ihre Tat fei wenigerehrlos als frech, deshalb sei nicht auf Ehrverlust erkannt worden.Die Strafe müsse aber streng sein. Das Gericht habe die Pflicht»durch das Urteil abschreckend zu wirken, damit andere lernen: Fin-ger weg von Denkmälern, die unter öffentlichem SHutz stehen, be-sonders aber von einem Kaiserdenkmal!Die gestellten Haftentlassungsanträge wurden abgekehuk, Eeiübei der Höhe der Strafe Fluchtverdacht vorliege. Infolgedessenentschlossen sich sämtliche Angeklagten zum Verzicht Utf weitereRechtsmittel., � v../Allgemeiner /wwaltsangeftelltentag.Leipzig. 7. Juni.Die Privatangestellten werden in immer schärferen Gegensatz zNden Unternehmern getrieben. Das Erfreuliche an dieser Erscheinungist, daß die Angestellten langsam beginnen, diesen Gegensatz einzu-seben. Die Kundgebung, die von allen Verbänden der Anwalts-angestellten gemeinsam einberufen, am Sonntag in Leipzig Stellungzu dem ablehnenden Beschluß der Vertreterversammlung der deut-schen Rechtsanwälte nahm, die Arbeitsverhältnisse der Anwaltsange-stellten durch einen Rcichstarifvcrtrag zu regeln, ist von diesem Stand-punkt aus nicht ohne Bedeutung. Zum erstenmal befinden sich alleOrganisationen der Anwalt-Zangestelltcn in einer geschlossenenKampfesfront gegenüber den Anwälten. Hat auch der Harmonie-gedanke noch Anhänger unter den Anwaltsangestellten, so fanden dochalle Redner auf dieser Tagung scharfe Worte gegen die Anwälte,deren soziale Riickständigkeit einer Regelung des Arbeitsverhältnissesmit den Organisationen der Angestellten widerstrebt.Von den eingeladenen Reichs- und Landtagsabgeordneten warnur der Genosse Fr. Geyer, der Vertreter des Wahlkreises Leipzig-Land, erschienen. Der nationalliberale Herr I u n ck, der als Rechts-anwalt besonderes Interesse für diese bedeutungsvolle Kundgebunghätte nehmen müssen, war der Einladung nicht gefolgt.Als erster Redner sprach Dr. Jahn aus Leipzig vom VerbandDeutscher Bureaubeamten überdie Ablehnung des Reichstarifs.Er entwarf ein überaus trauriges Bild von der Lage der Anwalts-angestellten. Sie wird gekennzeichnet dadurch, daß lange Arbeitszeit,vielfache Sonntagsarbeit, unbezahlte Ueberstunden und vor allemelende Lohnvcrhältnisse die Angestellten bedrücken. Der Versuch, dieLage der Anlvaltsangestellten durch einen Tarifvertrag mitdem Deutschen Anwalts verein zu heben, sei gescheitert,obwohl kein Zweifel bestehen könne, daß die Möglichkeit für einenReichstarif vorhanden sei. Die Anwälte aber wollten nicht mit den„tiefstehenden" Angestellten verhandeln. Ihre sachlichen Argumente,die Verschiedenheit der Verhältnisse und die angeblich schlechte Lageder Anwälte, sind nicht der wahre Grund. Man will mit den Organi-sationen nicht verhandeln, und eine Resolution beschloß man nur—-wie man ausdrücklich erklärte—, damit es den Anschein habe, alswenn etwas geschehe.Der zweite Redner, Bureauvorsteher Marxen aus Kiel, vomVerband Deutscher Rechtsanwaltsbeamten, behandelte das Thema:Was ist nun zu tun?Er glaubte dem Sozialen Ausschuß des AnwaltsvereinS den Dankfiir leine— erfolglos verlaufene!— Arbeit aussprechen zu müssen.Auch erklärte er, es falte den Anwaltsangestellten ab-solut nicht ein, sich auf den Standpunkt der Gleich-berechtigung zu stellen! Trotzdem mußte auch er die brüskeAblehnung der Forderungen der Angestellten durch die Anwälte fest-stellen. Er trat für örtliche Verhandlungen mit den Anwalts-kammern ein und forderte zur Stärkung der Organisation auf.Zu Punkt 1 und 2 der Tagesordnung nahm die Versammlungeinmütig eine Resolution an. in der erklärt wird, daß das ablehnendeVerhalten des Vertretcrtages des Deutschen Anwaltsvereins gegen-über dem Gedanken eines Rcichstarifabkommcns mit den Organi-sationen der Angestellten in keiner Weise sachlich begründet ist. Diabeteiligten Verbände werden beaustragt, die nach dem in Weimar ge-faßten Beschlüsse von den Anwaltsorganisationcn etwa einzuleitendenSchritte nicht erst abzuwarten, sondern ihrerseits an sie heranzutreten,um zu versuchen, zu einer örtlichen Regelung der Ar-beits- und Gehaltsvcrhältnisse zu gelangen, und da-durch zugleich Vorarbeit für einen künstigen Reichstarif zuleisten.-» sprach Reichstagsabgeordnete: Giebel vomVerband der Bureammgestellten über die