Me.221+ 38. Jahegang Ausgabe B Nr. 109
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Donnerstag, den 12. Mai 1921
Jacque Bainville fagt in der Liberté", die Annahme im Reichstage sei nur erfolgt, um ein größeres llebel zu vermeiden, mit Hintergedanken, um 3eit zu gewinnen. Er frage, was Frankreich dabei gewonnen habe. Darüber wolle er in 6 Wochen sprechen.
Paris , 12. Mai. ( EE.) Der Chefredakteur der„ Chicago | die vorgesehenen Reparationen zu bezahlen, denn es habe noch eine Tribune", Henry Wales, schreibt heute, daß eine neue Sihung des einzige innere Anleihe aufgelegt. Obersten Rates wahrscheinlich noch vor dem 1. Juni stattfinden werde. Intransigeant sagt: Man müsse sich bemühen, Deutschland Daran werden sowohl die Bereinigten Staaten als auch nicht nach dem zu beurteilen, was es tue, sondern nach dem, was es Deutschland teilnehmen. Dabei follen hauptsächlich die tun werde. Zahlungsmodalitäten erörtert werden, die Räumung von Duisburg und die Regelung der oberschlesischen Frage. Die Konferenz wird entweder in Italien oder in Belgien flattfinden. Man spricht von Ostende oder Strefa. Harding hat seinem Wunsche Ausdrud gegeben, daß die Konferenz möglichst in 3talien stattfinden solle, da es ihm sonst unmöglich wäre, teilzunehmen und er doch dort mit Briand und Lloyd George zusammenParis, 12. Mai. ( EP.) Nach Mitteilungen der Blätter sollen die in der Umgebung von Düsseldorf zusammengezogenen sechs französischen Divisionen hinter den Rhein zurückgezogen werden, sobald Deutschland 150 Millionen in Gold als Teilzahlung auf die abzuliefernde Goldmilliarde bezahlt hat.
zutreffen wünsche.
Englische Anerkennung.
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Sozialistische Regierung?
Die Unabhängigen haben am kritischen Dienstag ihren Eintritt in eine Regierung, die mit bürgerlichen Parteien zu fammen gebildet wird, abgelehnt, aber ihre Bereitschaft ausgesprochen, mit der alten Sozialdemokratischen Partei zusammen eine Regierung zu bilden.
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Der Wert dieses Bekenntnisses zur 3usammengehörigkeit und die Anerkennung der Tatsache, daß die Sozialdemokratie doch etwas anderes sei als die bürger lichen Parteien, sollen nicht unterschätzt werden. Nach einer Periode so heftiger Kämpfe innerhalb der Arbeiterbewegung haben sie ihre weit in die Zukunft hinausreichende Bedeutung. Marcel Sembat schreibt im Populaire": Briand habe Braktisch konnte jedoch der Vorschlag der Unabhängigen mobilifiert, um den Chauvinisten zu gefallen: hoffentlich werde er sich unter den gegenwärtigen Umständen nicht in Betracht komnicht durch die Notwendigkeit sie zufriedenstellen, zu gefährlichen Maß- men. Das gemeinsame Ziel- rechtzeitige Annahme des Ultinahmen treiben lassen. Alle überlegenden Leute seien davon über- matums, um den französischen Vormarsch aufzuhalten zeugt, daß der einzig vernünftige Weg der fei, ein b- fonnte nur erreicht werden, wenn innerhalb weniger tommen mit den Deutschen zu suchen; sie seien glücklich, daß der Stunden die Bildung einer Annahmeregierung gelang. nicht wieder gutzumachende Fehler der Besetzung des Ruhrgebietes Der Vorschlag der Unabhängigen forderte Berhandlungen verhindert worden fei. Wolle man nun etwa die Gelegenheit zu mit den Vorständen des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts bundes und der Afa, die zu führen bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ganz unmöglich war. Mit diesen Berhandlungen allein war es aber noch nicht getan. Sollte die Annahmeerklärung Gültigkeit haben, so mußte sie von einer Regierung abgegeben werden, die eine Reichstagsmehrheit hinter sich hatte. Sozialdemokraten und Unabhängige bilden aber nur eine Minderheit. Verhandlungen über den Butritt einer bürgerlichen Partei wären zeitraubend und ausfichtslos gewesen.
neuen Fehlern suchen?
Bainville schreibt in der„ Action française", daß die Annahme des Ultimatums unter Bedingungen erfolgte, die teine Garantien gäben. Man werde das bald bemerken.
Condon, 11. Mai. ( WTB.) Zu der Annahme der Bedingungen der Alliierten durch Deutschland schreibt ,, Westminster Gazette", die Lage sei jetzt sehr geflärt. Die Deutschen hätten das Brüffel, 12. Mai. ( TU.) Der Bericht über die Annahme des Bernünftigste und sozusagen Einzige getan, was fie tun ultimatums hat in politischen und selbst in sozialistischen durften. Die Besetzung des Ruhrgebiets würde für Deutsch - Kreisen Genugtuung hervorgerufen. Le peuple" fagt, land eine Ratastrophe bedeutet haben. Die Bedingungen der wenn Deutschland ben guten Willen beweist und es sich über furs Miierten hätten Deutschland eine Gesamtverpflichtung auf oder lang herausstellt, daß es die ökonomischen Bedin erlegt, die sich weit in die Zukunft erstrecke und deren Höhe wahr- gungen nicht ausführen tann, ohne Selbstmord zu begehen. scheinlich weit außerhalb der Zahlungsfähigkeit Deutschlands liege, dann wird von den Regierungen der Entente ficher auch der Wirklichwie der Zeitraum, in dem die Zahlungen geleistet werden müßten, feit Rechnung getragen werden.
außerhalb des Horizonts liege, bis zu dem die jetzigen Politiker„ Boltsgazette" sagt, nach der Unterzeichnung müßten Versehen könnten. Ein großer Teil des Planes sei jedoch bedingt durch handlungen stattfinden, die zu normalen Verhältnissen führen müßten die Entwicklung der Zahlungsfähigkeit Deutschlands , und die found internationale Anleihen möglich machen. Nation belge" fortigen Zahlungen würden wohl für Deutschland nicht sieht in der Kapitulation der Deutschen vor allem eine Niederlage des unmöglich sein. Ball Mall and Globe" erklärt, das deutsche Nein habe fozialistischen Ministers Vandervelde und einen Triumph Jaspars.
fid unter fester Behandlung in das deutsche Ja verwandelt. Das deutsche Volk werde im großen und ganzen angesichts der Geschichte der letzten Krise einsehen, daß der Wille und die Macht der Alliierten
eine Wirklichkeit seien.
Star" schreibt, wenn Absichten auf das Ruhr gebiet bestanden hätten, so müßten sie jetzt, wo Deutschland die Bedingungen der Alliierten angenommen habe, aufgegeben werden. Der Friedensvertrag, der Deutschland so riesige Lasten auferlege, schaffe, wie Reichskanzler Wirth mit Recht gesagt habe, auch heilige Pflichten für die alliierten Regierungen. Eine der ersten und dringendsten dieser Pflichten sei, dafür zu sorgen, daß Deutschland in der oberschlesischen Frage fair play zuteil werde. Die Gerechtigkeit, das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung Oberschlesiens und schließlich das Interesse der Alliierten forderten, daß dem Angriff der Polen entgegengetreten werde. Wenn Deutsch land zahlen solle, so müsse es jetzt in Frieden gelassen werden, um im Schweiße seines Angesichts seine nationale und wirtschaftliche Neugestaltung durchzuführen.
Selbst das Northcliffe- Blatt„ Evening News" nennt die Worte, mit denen Wirth im Reichstag die Notwendigkeit der Annahme des Ultimatums der Alliierten begründete, fair.
London , 12. Mai. ( EE.)„ Daily Telegraph " meldet aus New Dort, daß die Washingtoner Regierungsfreife ihrer tiefen Genugtuung Ausdruck geben, daß Deutschland die Forderungen der Entente annahm. Senator Lodge, der Präsident der Kommission für auswärtige Angelegenheiten, erklärte, daß damit ein wichtiger Schritt zur Regelung der Angelegenheiten der ganzen Welt erfolgt sei. In gewissen Kreisen glaubt man, daß die Annahme des Ultimatums durch Deutschland die Abstimmung über die Resolution Knor zur Folge haben werde.
Darüber hinaus fann feine Regierung ein Gesetz durchbringen, wenn sie feine Mehrheit hinter sich hat. In Sachfen fann die sozialistische Regierung nichts, selbst nicht die Bewilligung der Ministergehälter, durchsehen ohne die Unterstützung der Kommunisten gewiß kein idealer Bu stand. Im Reich würde auch der Zutritt der Kommunisten noch lange nicht zur Bildung einer Mehrheit ausreichen.
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Die sozialistische Regierung hätte also auch nach der Annahme des Ultimatums feinen Schritt tun können ohne die Hilfe einer bürgerlichen Partei. Um welchen Preis wäre diese Hilfe wohl zu haben gewesen? Eine Teilnahme dieser bürgerlichen Partei an der Regierung hätte nicht zugestanden werden können, denn das wäre dann ja wieder eine Koalition mit einer bürgerlichen Partei und feine rein sozialistische Regierung gewesen. Man hätte also der bürgerlichen Partei fagen müssen:„ Die Ministerposten besetzen wir, unter den Linden dürfen wir uns nicht grüßen, aber sonst wollen wir euch schon im stillen die notwendigen Zuge= ständnisse machen, damit ihr uns unterſtüßen könnt. Wir glauben nicht, daß die Unabhängigen beabsichtigten, mit einer bürgerlichen Partei auf dieser Grundlage zu unterhandeln. Wir würden es gewiß nicht tun, und eine bürgerliche Partei als Partner in diesem Spiel würde sich gewiß nicht finden.
In anderen Kreisen wird allerdings erklärt, daß die Abstimmung über diesen Antrag neuerdings vertagt werden solle, da man erst die Berichte der Vertreter Amerikas in den interalli ierten Rörperschaften abwarten wolle. Man nimmt auch in Amerika an, daß die Berliner Regierung einsehen werde, daß jeder Versuch, die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages zu umgehen, durch die Haltung Amerikas bekämpft werden würde. Dadurch sei ein sehr wichtiger Faktor für die Wiederherstel- täuschen, der nicht besteht und im Gegensatz zu Laffalles be lung des internationalen Friedens geschaffen,
Paris , 12. Mai. ( EE.) Der Berliner Korrespondent des Paris , 12. Mai. ( EE.) Der„ Matin" betont heute, daß man Journal" teilt mit, daß man allen Anlaß habe zu glauben, die Berbet dem in London geschlossenen neuen Abkommen zweifellos den treter Bayerns würden in dirette Berhandlungen mit Vorteil gehabt habe, nicht nur 2½ Proz. für die auszugebenden Frankreich eintreten. Es ist wahrscheinlich, daß Dr. He im selbst Schuldverschreibungen zu erhalten, sondern 5 Proz. plus 1 Proz. beauftragt werden wird, Frankreich den Wunsch der bayerischen ReAmortisation. Das bedeute also eine Erhöhung der vorgeschriebenen gierung befanntzugeben. Diese hat die Absicht, die Einwohnerwehr Gebühren um 3½ Proz. gegenüber dem Bersailler Friedensvertrag. unter die dauernde Kontrolle der Franzosen zu stellen Ferner bedeute es eine Verbesserung zugunsten Frankreichs , daß die und dafür gewiffe Garantien zu geben. Reparationskommission die Zahlungsfristen und modalitäten nicht mehr abändern fann. Da die deutschen Schuldverschreibungen im Einvernehmen mit allen Alliierten ausgegeben werden, so bilden sie internationale Schuldscheine, die überall in Zahlung genommen werden." Matin" verweist dann mit Genugtuung darauf, daß ein Soldat demobilisiert werden würde, ohne daß er durch einen anderen ersetzt werde, daß kein Geschüß ins Hinterland abgeschoben werden solle.
omme Libre" sagt: Am 1. Mai wird Deutschland nicht die Hand am Halsfragen haben, aber wir Franzosen haben von Lloyd George graziös einen Fußtrit irgendwohin bekommen.
Sforza tritt zurück.
Paris , 12. Mai. ( EE.) Seccolo" meldet: Graf Sforza teilte Giolitti, nachdem er ihm über das Ergebnis der Londoner Konferenz Bericht erstattet hatte. mit, daß er sein Amt nieberlegen müsse. Giolitti bat Sforza, diese Absicht bis zur Eröffnung der Rammer aufzufchieben. Graf Sforza dürfte wahrscheinlich nach seinem Rücktritt als Außenminister der Nachfolger des italienischen Botschafters in Paris Grafen Bonin Longare werden.
Die Streiflage in England.
Gustav Hervé sagt in der Bictoire": Wenn, was nach allem zu erhoffen fei, das neue deutsche Ministerium seine ersten Ver- London, 12. Mai. ( EP.) Die Lage des Bergarbeiterfonflifts Sprechungen halte, dann wäre es ehrenhaft und gefchickt von ist durch die neue Krise im Transportbetriebe höchst ernst Frankreich die drei Rohlenhäfen, die man als Sanktionen geworden. Das Bollzugskomitee des Transportarbeiterverbandes feit zwei Monaten befeßt halte, 3u räumen, ohne daß man von hat die Verschärfung des Embargo auf dem Rohlentransoprt beben Alliierten zur Räumung aufgefordert werde. schlossen. Eine gleiche Maßnahme steht seitens des Bollzugs Journal des Débats" schreibt: Man müsse stritte auf fomitees des Eisenbahnverbandes bevor. Die Hafen Erfüllung der Bedingungen bestehen und zu Handlungen schreiten, arbeiter in Hull haben die Löschung der Kohlen eingestellt. b. h. zur Befeßung des Ruhrgebietes, sobald das Reich sich unter Ein Teil der Arbeiter hat sich dem Einfluß seiner Führer entzogen irgendeinem Borwande seinen Verpflichtungen entziehen wolle. Das und handelt auf eigene Faust. Inzwischen breitet sich der Streit Berliner Kabinett fönne nicht die materielle Unmöglichkeit vorschüßen, I auch auf die elettrischen Hilfsbetriebe aus,
Eine Regierung, die nur aus Sozialisten besteht, aber ohne bürgerliche Hilfe nicht regieren fann, wäre eben feine rein sozialistische" Regierung. Sie würde einen Zustand vorrühmter Lehre etwas aussprechen, was nicht ist. Sie würde aber allein die Verantwortung tragen, auch die Verantwor tung für ihre tatsächliche Machtlosigkeit, für ihre schamhaft verftedte Abhängigkeit von den Bürgerlichen . Das heißt, fie würde für das, was getan werden muß, wie für das, mas nicht getan werden kann, die Prügel einzustecken haben. Und das wäre auch der verdiente Lohn für die Anmaßung einer bloßen Sche in macht.
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Statt eine sogenannte„ rein sozialistische Regierung" zu bilden, die von der Gnade einer bürgerlichen Bartei abhängig wäre vorausgesetzt, daß sie diese Gnade überhaupt fände- ist es sicher viel richtiger, den Anhängern der sozialistischen Parteien zu sagen, daß die bestehenden Machtver hältnisse die Bildung einer rein sozialistischen Regierung ebensowenig gestatten, wie die längere Dauer einer rein bürgerlichen Regierung. Die Teilnahme der Sozialdemokratie an Regierungen, die mit bürgerlichen Parteien zusammen gebildet werden, ist daher eine gewiß wenig erfreuliche, aber nicht zu umgehende Notwendigkeit.
Sozialdemokratie einen jahrelangen erbitterten Kampf geführt. Die Unabhängigen haben gegen die Koalitionspolitik der Heute sind sie selber froh darüber, daß die alte, von ihnen so scharf befehdete Koalition wiederhergestellt ist, ohne deren Wiederherstellung, so gewiß zweimal zwei vier ist, die Fran zosen heute im Ruhrrevier wären.
Koalitionen haben indes den Vorzug, daß sie nicht für die Ewigkeit bestimmt sind. Das Ziel, einmal die Alleinherrschaft einer einigen starten Sozialdemokratischen Partei im Reiche herbeizuführen, besteht auch für uns. Aber dieses Ziel ist weder durch taktische Künstelei, noch durch Vergewaltigung der Tatsachen zu erreichen, sondern nur dadurch, daß man die Dinge ausreifen läßt.
Im Augenblick fehlen für eine rein sozialistische Regierung alle Boraussetzungen. Es fehlt die starke Boltsmehrheit,