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Die pariser Ruhröebatte.

Paris . 2S. Mai�(WTB.) Die Kammer setzte heut« die B«- ratung der Kredite für die Ruhrbesetzung fort, nachdem gestern durch den energischen Widerspruch des Abg. Andre Tardieu auf den Versuch, die Debatte gestern zu beenden, verzichtet worden war. Zunächst ergriff der Abg. Herriot das Wort. Im selben Augen- blick betritt Abg. Cachin den Sitzungssaal. Die Kommunisten rufen Amnestie! und begrüßen ihren Führer. Die Royalisten rufen Nieder mit dem Senat!" Abg. cherriot sagt: Deutsch- land sei während des Krieges nicht besetzt gewesen und die Wiierten hätten ihm einen großmütigen wafsenstillsland zuerkannt. Trotzdem habe es nichts unternommen, um sich von seiner Schuld zu befrein. Es habe die notwendigen Steuern nicht einge- nommen, es habe sogar die Steuerhinterziehung er- mutigt.(Cachin ruft:.Wie bei uns!") Herriot fährt fort: In dem Augenblick, in dem die Ruhrbesetzung von der Regierung in Aussicht genommen worden sei, hätten mehrere bedeutende Persönlichkeiten die Ansicht geäußert, man solle am Rhein bleiben und gewljs« Maßnahmen ergreisen. Die Zollbarriere, die Briand 1921 errichtet, habe befriedigende Ergebnisie gezeitigt. Auf der Pariser Konferenz sei England einer Beschlagnahme von Pfändern keineswegs abge- neigt gewesen. Es handle sich nicht um die Frage, ob die Ruhr- besetzung Einnahmen ergebe, sondern darum, daß das Reparation?- Problem gelöst werden müsse. Wenn die Regierung dadurch einen Fehler begangen habe, daß sie das Ruhrgebiet besetzt habe, dann sei dieses Vorgehen in keiner Weif« mit den von Deutschland während des Krieges begangenen Verbrechen vergleichbar. Nach den Er- klärungen Poincares in der Finanzkommission habe die Regierung die Möglichkeit der Räumung nicht nach Maßgabe der Bezahlung der von Deutschland geforderten Annuitäten ins Auge gefaßt, was der setzigen Generation gestatten würde, die Räumung als möglich zu betrachten, sondern nach Maßgabe dessen, ob Deutschland sichtbore Zeichen eines guten Willens gebe und sich durch ein« international« Anleihe seiner Verpflichtungen zu entledigen trachte. Er nehme diese Erklärung als eine klare Andeutung mit Freuden aus. P o i n c a r e unterbricht: Sie geben meine Erklärung nicht genau wieder. Ich erinnere aber daran, daß die französisch« Regie- rung sich immer im Rahmen des Geistes und Luchstabens des Ver-

träges gehalten hat. Wr sind in dos Ruhrgebiet auf Grund einer Entscheidung der Reparotionskommission einmarschiert und am die Reparationszahlungen sicherzustellen. Unsere Okkupation trägt also den Charakter einer Pfondnohme. Der nächste Redner ist der elsässische Abg. Obertirch, der erklärt, man müsie so lange im Ruhrgebiet bleiben, bi» der große Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland gelöst fei. Wenn Frankreich das nicht wolle, werde es der Besiegte sein, und Deutschland werde den Sieg davontragen. Abg. Cassaignoc-Goyon glaubt nicht daran, daß es zwei verschiedene Deutschland gebe. Es gebe nur ein Deutschland , dem man kein Vertraneu schenken könne. (Abg. Marc Sangier ruft: Wenn man fortwährend hier- von spricht, verhindern Sie es tatsächlich, daß zwei v e r s ch i e- den« Deutschland sich herausbilden.) Cassaignac fährt fort: Es gibt vielleicht in Deutschland eine pazifistische Minderheit, die aber sehr schwach ist. Der Redner billigt die Maßnahmen der Regierung und erklärt, die Ruhrbesetzung sei das sicherst« Druckmittel. Der elsässische Abg. B r o g l i o erklärt, mit R o s e n b« r g im Mim- sterium des Aeußern würde man niemals zu einer friedlichen Lösung kommen, denn Rosenberg sei die Seele des schlechten Geistes, der im deutschen Kabinett Herrsche. Nach einer Rede des rechtsstehenden Abg. S a c o t t i, die den Widerspruch der Radikalen hervorruft, wird die Aussprache über die Ruhrkredite auf kommenden Dienstag vertagt. Enthaftnng und Ausweisung Hölleins? Pari», 2S. Mai.(WTB.) Iustizminister Colrat beriet heute vormittag mit Poincar« über die Folgen des gestrigen Leschlusie» des Senats. Inzwischen wird beschlossen werden, die noch in chaft befindlichen Kommunisten, also auch den deutschen Reichstagsabg. Höllrtu in Freiheit zn setzen. Nach chavas wird Höllein als deutscher Staatsangehöriger ein« be- sondere polizeiliche Behandlung erfahren. Einige AbendblAter glauben, daß er ausgewiesen werden wird.

Schluß mit üen Naßregelungen! Noch immer sind die aus dem vorjährigen Streik der Eisenbahner resultierenden Maßregelungen nicht be- endet. Noch immer schweben Disziplinarverfahren gegen eine große Anzahl von führenden Vertretern der Reichsgewcrkschaft der Eisenbahner. Und wenn sich auch der Präsident des Reichsgerichts und des Reichsdisziplinarhofes, der frühere Reichsaußenminister Dr. Simons, sehr eindeutig für Ein- stellung sämtlicher Disziplinarverfahren angesichts der vorbild- lichen Haltung der Eisenbahner im Ruhrkampf ausgesprochen hat, so hat die Eisenbahnverwaltung doch ihre eigenen Grund- sötze. Wie sie die Dinge behandelt, schildert eine Zuschrift, die uns der zweite Vorsitzende der Reichsgewerkschaft, L. T h i e m e. sendet. Es heißt in ihr nach einem Hinweis auf den Ruhrkampf: Es ist nötig, einmal auf den Februarstreik der Eisenbahn- bcamten im Jahre 1922 hinzuweisen, ohne die Frag« zu diskutieren, ob er berechtigt war oder nicht. Aber ist es tragbar, daß selbst jetzt noch eine Anzahl derjenigen gemaßregelt sind, die damals i m g u t e n Glauben an ihre Berechtigung zum Streit in den Ausstand traten? So ist beispelswoise das Disziplinaroersahren des Lei- ters der Abwehrattion der Eisenbahnbeamten im Direk- tionsbezirt Essen heute noch nicht erledigt, das heißt er ist immer noch nicht wieder endgültig in seinen Dienst eingestellt. Die Ruhrbeamtenschaft sah sich im März oeranlaßt, durch eine Abordnung an die Reichsregierung heranzutreten und unter Hinweis auf die glänzend« Haltung der Eisenbahnbeamten im Industriegebiet eine Amnestie für ihre gemaßregelten Kalle- gen zu beantragen. An dieser Auesprache nahmen von der Reichs- regierung teil der Reichskanzler Cuno, Reichsjustizm, nister Heinz« und Reichsverkehrsminister Groener. Der Reichskanzler konnte sich nicht entschließen, dem Antrag auf Einleitung einer A m- n e st i e Folge zu geben. Er betonte ober ausdrücklich daß die Regierung der Meinung sei, daß sie auf dem von ihr vorgeschlagenen Wege dasselbe erreichen könnte, was die Eisenbahnbamten mit der Amnestie wollten und zwar noch bedeutend schneller. Dieser Standpunkt wurde auch vom Reichsverkehrsnunister geteilt. Ja, der Minister ging soweit, zu erklären, daß selbst der« i n e be- reits endgültig entlassene Beamte wieder eingestellt werden könnte, wenn er«in Gnadengesuch vorlegen würde. Die Ruhrbsamten gaben sich mit diesen Zusicherungen zufrieden in der festen Zuver- ficht, daß das von der Regierung gegebene Versprechen restlos erfüllt wird. Die Zuschriften, die in großer Füll« bei der Reichsgewerklchast eingelaufen sind und die meist Bezug nehmen auf die Kund- gebung des Reichspräsidenten an die deutschen Eisen- bahner im besetzten Gebiet und die Kundgebungen der Reichsregie- rung, lasten erkennen, daß die Eisenbahnbeamtenschast sich wieder getäuscht fühlt und daß sie allmählich jeden Glauben an die Versprechen unserer Regierung verliert. Unter dem 24. April wurde der Reichsgewerkschast vom Reichs- verkehrsminister Groener schriftlich mitgeteilt, daß die Regie- rung in der oben angeführten Besprechung mit der Kommission der Ruhrbeanrtcn nicht versprochen habe, daß mit Begnadigungen dasselbe erreicht werden sollt« wie durch ein« Amnestie. Ja. der eine Beamte hat zwar das Gnadengesuch eingereicht, aber einge- stellt wurde er trotz der Groenerschen Erklärung nicht! Sämtliche Mitglieder der Reichsgewerkschast, die Zeugen dieser Unterredung waren, sind dagegen bereit, ihre Behauptung eidlich zu erhärten. Der Maßregel ungsseldzug gegen die Eisenbahner soll also fortgesetzt werten. Die Bureaukratie der Reichseisenbahn- Verwaltung will augenscheinlich ihre Bergeltungspolitik weiter treiben. Ein an hervorragender Stelle im Abwehrkanrpf stehender Beamter schreibt seiner Gewerkschaft wörtlich: «Ich bin vorläufig wieder eingestellt worden. Mir wird auch zurzeit das größte Entgegenkommen erwiesen, aber man teilt m r gleichzeitig mit, daß ich eingestellt sei unbeschadet der Weiter- führung meines DIsziplinarversahrens. Soll ich jetzt i m Kämpfe ausgenutzt werden und dann, wenn die Sache erledigt ist, mit meiner Familie doch noch einen Tritt b e. kommen? Ich bitte, darüber die Reichsreaierung zu befragen und mir klar«, eindeutige Antwort zu geben. Die Reichsregierung hat nicht mit Worten geantwortet. Aber es scheint uns, daß es endlich Zeit wäre, dem Rate des Reichsgerichtspräsidenten zu folgen und klar und unzweideutig den ganzen Wust der Disziplinarverfahren zu streichen. Warum will Herr Groener das nicht?

Der.Miesbacher Anzeiger" verboten. Außer dem Organ der Nationalsozialisten, demVölkischen Beobachter*, ist auch derMies- b acher Anzeiger" verboten worden, und zwar auf drei Tage wegen eines am Mittwoch erschienenen Artikels gegen den Obmeichsanwolt, der als.Leipziger Wüterich" hingestellt wurde.

tzilferuf üer freien Gewerkschastem Dortmund , 25. Mai. (Mtb.) Die freien Gewerkschaften rich­teten nachstehendes Telegramm an die sozialistische Arbeiter- internationale in Hamburg :.Ruhrbesetzung verschärft wirtschaftliche Notlage und begünstigt Revolten. Blutige Kämpfe an mehreren Orten. Chaos unvermeidlich, wenn nicht alsbald Intervention." TemonstrationSstrrik i« Mannheim . Mannheim . 25. Mai. (Mtb.) Die gesamten Belegschaften der Mannheimer großindustriellen Werke wie Lanz, Benz u. C o Brown Bovery u. Co. usw. haben heute mittag 12 Uhr die Arbett niedergelegt und sich in Arbeitskleidung zum Marktplatz begeben, um dort zu demonstrieren. Man nimmt an, daß es sich bei der Demonstration darum hondett, angesichts der gegenwärtigen Tarifverhandlungen einen Druck dahin auszuüben, daß der Schlich- tungsausschuß möglichst rasch zusammentritt.

die üeutschen Leistungen. Offiziös wird gemeldet: In ihrem letzten Halbjahrsbericht hat die Reparattonskommisston die deutschen Reparationsleistungen bis zum 31. Dezember 1922 mit rund 8 Milliarden Goldmark angegeben. In dieser Summe sind nur die Leistungen enthalten, die Deutschland auf Reparationskonto gutgeschrieben werden. Für diese Leistungen hat die Reparationskommission zum Teil Summen ein- gesetzt, die weit unter ihrem wirklichen Werte liegen, so vor allem für die abgelieferten deuffchen Handelsschiffe. Denn schon die auf Reparattonskonto anrechnungsfähigen deutschen Leistungen stellen einen viel höheren Wert als die von der Reparattonskommisston an- gegebenen 8 Milliarden dar. Daneben aber hat Deutschland auf Grund des Vertrages von Versailles zahlreiche weitere Leistungen bewirkt. So wird z. B. das der Liquidation unterliegende deutsch « Privateigentum im Ausland«, das allein einen Wert von 11749 Millionen Goldmark darstellt, in der Aufftestung der Reparattons- kommisston überhaupt nicht berücksichttgt. Soll die deutsche Gesamt­leistung festgestellt werden, so müssen auch die Leistungen, die nicht auf Reparationskonto angerechnet werden, mit aufgeführt werden. Eine solche Zusammenstellung der deutschen Gesamtleistungen ist in der vor einigen Monaten veröffentlichten Schrift des Stattstischen 'Reichsamtes enthalten. In ihr sind die anrechnungsfähigen deuffchen Leistungen an die Gegenseite feit dem Waffenstillstand bis zum 31. De- zember 1922 mit rund 42,78 Milliarden, die Gesamtleistun- gen Deutschlands mit weit über 50 Milliarden Goldmark ohne Be- rückstchttgung des Reichs- und Staatseigentums in Cffaß-Lothringen und den deuffchen Kolonien sowie des rein militärischen Rücklasies in sämtlichen Räumungsgebieten angegeben. Werden auch dies« Zahlen in Anrechnung gestellt, so belaufen sich die Gesamtteistungen Deuffch- lande aus dem Vertrage von Dersailles auf weit über 100 Milliarden.

Ungarisches Koalitionsrecht. Di«königliche" Regierung des Völkerbundmitglieds Ungarn hat noch auf der jüngsten Togunq des Internationalen Arbeitsamt« er- klären lasten, Ungarn wolle allen Forderungen, die aus der Zuge- hörtgkeit zu diesem Amt erwachsen, gerecht werden. Ei« hat einen Gesetzentwurf mit 54 Paragraphen eingebracht, de? das bisher w Ungarn nicht gesetzlich begründete Koalition brecht festlegen mld das Vereinsrecht verbessern soll. Was dies« Regierung heute noch der Arbeiterklasse zu bieten wagt, mögen folgende Proben au» diesem Gesetzentwurf zeigen: Während bisher zur Genehmigung von Der- etnsstatuten die Unterschrift des Ministers des Innern genügte. sollen in Zukunft auch die Restortminister mitzusprechen haben. Die Gewerkschaften sollen sich nicht nu? mit Polittk, sondern auch mit der Stellenvermittlung nicht beschäftigen dürfen. Das Mit- gliederverzeichnis ist der hohen Obrigkeit vorzulegen. Mitglied kann nur werden, der das 18. Lebensjahr vollendet«, Stimmrecht(im Verein!) hat bloß, der das 24. Jahr erreichte und ungarischer Staatsongehöriger ist. Jedem Mitglied steht de? Rekursweg offen zum Minister. Also nicht der Ausschuß, nicht die Geneealvsrsammlung ist. das zuständige Forum, sondern de? Minister. Wenn die Einnahmen des Vereins die Aus- gaben nicht decken, soll der Verein verpflichtet sein, gegen sich die Verhängung des Konkurses zu verlangen! Und ein solches Machwerk soll internattonalen Arbeiterschutz. Verpflichtungen entsprechen!

Dem Warschauer Bombenattental auf die Universität erlegen ist Pros. Orzecki, der bei der Explosion schwer verletzt worden war. Die Regierung hat 20 Millionen Mark ausgesetzt für alle die- jenigen, die zur Ergreifung der Verbrecher Angaben machen können.

Das neue englische Kabinett. Lord Cecil Geheimsiegelbewahrer. London , 25. Mai. (WTB.) Reuter. Premlerminffter Bold- win hat fein Kabinett vervollständigt, das mit dem Donar Laws fast identisch ist. Baldwin bleibt vorläufig Schatzkanzler. Lord Robert Cecil wird Geheimflegelbewahrer, Johnson hicks Finanzfekrelär des Schatzamts, und der frühere Sekretär Bonar Law », Davidson, Kanzler de» Herzogtums Lancasler .

Reichsüienst geht vor! Toll Wiedfeldt zu Krupp zurück? Seit Tagen laufen Gerüchte, die Firma Krupp habe die Reichs- regierung ersucht, den deutschen Botschafter in Amerika , Dr. Wied- feldt, für die Leitung der Krupp-Werk« freizugeben. Wiedfeldt war stüher dort Direktor, und die Leiter der Werke sind von den Franzosen gefangengesetzt. Jetzt werden jene Gerüchte von dem schwerindustriell inspirierten TU.-Bureau in folgender Form be- stättgt: Das Ansuchen der Firma Krupp , den gegenwärtigen deutschen Boffchafter in Washington , Dr. Wiedfeldt, für die Leitung der Krupp- Werke steizugeben, wird von der Regierung eingehend ge- prüft. Man ist innerhalb der Regierung der Auffassung, daß man sich der grundsätzlichen Begründung nicht entziehen kann, daß aber mit Rücksicht auf die allgemeine politische Lage und auf die Schwierigkeit, den gegenwärtigen Boffchafter in Washington zu ersetzen, vorerst dem Ansuchen keine Folge geleistet werden kann." Die Frage, ob Wiedfeldt der geeignete Mann für Washington ist, kann ganz beiseite gelassen werden. Jedenfalls wird er von der Regierung dafür gehalten. Ein Reichbeamter kann aber für Dienste der Privatwirffchaft, deren Wichtigkeit damit nicht unterschätzt wer- den soll, nicht abkömmlich sein. Reichsdienst geht unter allen Um­ständen vor. Es wäre bedauerlich, wenn diese vom staallichen Standpunkt aus ganz selbswerständliche Auffassung in dem Enffcheid der Reichsregimmg nicht zum Ausdruck kommen sollte.

völkerbunöftaat oüer ßranzosenkolonie* Der Frankenzwangukas jenes französischen Gou- verneurs, dem immer noch einige ehrenhaft« Dertreter anderer Staaten das Opfer bringen, sich zum Hohn ihrer Machtlosigkeit als Regierungskommission des Dölkerbundes" um ihn herumzustellen. ist nur ein besonders unverschämter Akt in dem Drama der Rechts- bräche, besten Ausgang eine Mehrheit für die Annexion durch Frank- reich bei der Volksabstimmung zeigen soll. Ein schon längst praktt- zierte» Mittel ist die Entfremdung der Kinder vom Deutschtum durch wirffchafttiche Erpressung an ihren Eltern, die Kinder in französische Schulen zu schicken. Dazu folgende Meldung: Saarbrücken , 25. Mai. (Mtb.) In der Hauptversammlung des katholischen Lehrerverbandes wies der Vorsitzende, Landesrars- Mitglied Rektor Martin, auf eine Aeußerung des französischen Abg. F e rr y hin, der nach einer Studienreise ins Saargpbiet mit. Genugtuung feststellte, daß es die Regierungskommission erreicht Hab«, daß äuch ander« Kinder als die des Grubenpersonals die französischen Schulen besuchen. Ferry habe seinen sranzösi. schen Zuhörern erklärt, sie müßten sich klar sein über den Ei n f l u ß, den ein wohldurchdachter französischer Unterricht auf die Jugend dos Saargebiets ausüben kann. In 12 Jahren, wenn die Abstimmung stattfindet, würden die Kinder, die jetzt 9 Jahre alt sind, das Alt«» haben, um an der Abstimmung teilzunehmen. In französischen Schulen ausgebildet, würden sie sich wahrscheinlich für den Anschluß an Frankreich aussprechen. Ferry sprach die Hoffnung aus, daß die nötigen Gelder in Zukunft vorhanden sein mögen, um die Schule reichlich zu versorgen, da sie ein ausgezeichnetes Mittel fei, dem französischen Einfluß die Weg« zu ebnen. Kein Opfer dürfe gescheut werden, um zum Ziele zu gelangen. Di« Schülerzahl dieser stanzösi- schen Schulen(40005000 Kinder) befriedigt den Abgeordneten natürlich nicht, und er beklagt sich darüber, daß die Grubenverwaltung nicht den ganzen Druck auf das Grubenpersonal auszuüben scheine, den man hätte ausüben können. Auch der schulentlassenen Jugend will der Abgeordnete größer« Auf- merksamkeit zugewandt sehen.

Loucheurs Appell an deutschlanü. Pari», 25. Mai. (EE.) Im American Club von Paris hiell L o u ch« u r gestern eine Rede, in der er erklärt«, daß m i t einigem guten Willen der Reichsregierung«in Ein ver- n e s�m en in der Reparätionsfrag« zustande kommen könnte. Schwieriger wäre die Lösung des Sicherheitenproblems. Frankreichs Sicherheiten lägen am Rhein . Man wolle kein deutsches .Gebiet annektieren, um nicht denselben Fehler zu begehen, den Bis- marck 1871 machte. Frankreich wünsche Reparationen ui-> Sicherheiten. Wenn die Deutschen guten Willen und Energie Hütten, könnt« das Reparationsproblem in einem Monat gelöst werden. Aber die Methode in Deutschland müsse geändert werden. Man dürfe in Deutschland nicht immer wieder politische Gruppen antreffen, die«inander den Vorwurf machen, daß sie zu große Zugeständisse machten. Deutschland ruinier« sich, weil«s seine Schulden nicht bezahle. Es wäre das Gescheiteste, wenn Deutschland erklärte, Maßnahmen ergreifen zu wollen, um seinen Verbindlich- ketten nachzukommen. Loucheur schloß: Ich erwarte, daß sich in Deutschland endlich ein Mann erhebt, der einsieht, daß die beste Art, für sein Land zu arbesten, darin besteht, Deutschland in der Welt den moralischen Kredit zu verschaffen, auf den es sicherlich Anspruch hat.

Der Streit um Kroll. Die Presjestelie des preußischen Kulludministerium« teilt mit: Am 24. Mai hat aus Veraittassung des Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung eine Besprechung stattgehabt» die sich unter Teilnahm« von Vertretern der zuständigen M i- nisterien, d« Staatstheater, der Volksbühne und der Großen Volksoper A. G. mit den Wünschen beschäfttgte, die die Volksoper in einer Eingabe an den Kultusminister vor einigen Tagen ausgesprochen hat, und die die Ueberlassung des von der Volksbühne umgebauten Theaters am Königsplatz (Kroll) an sie zum Ziele haben. Di« Vertreter der Votksoper erklärten, daß für st« nur eine Verhandlung in Betracht käme, die eine Lösung des seit längerer Zeit zwischen der preußischen Staats- regierung und der Bolksbühne bestehenden Vertrages, der Dor- stellungen der Staatstheater bei Kroll vorsieht, und die Ueberlassung des Krolltheaters an die Volksoper zur Boraussetzung hätte. Die Bolksbühne hielt mit all« Entschiedenheit an dem ihr aus dem Ver- trage zustehenden Rechte fest und»klärte, daß sie diese Rechte bis zu den äußersten Konsequenzen verfolgen werde, um die Aufrecht- »Haltung und Erfüllung des Vertrages in allen Punkten durchzu- fetzen.- Die Vertreter der Regierung legten dar, daß die ge- planten Erweiterungen eine unbedingte Not- wendigkeit feien, um den Betrieb der Staatsoper überhaupt aufrechtzuerhalten. Sowohl künstlerische als auch finanzielle und soziale Gesichtspunkte feien für die Ent- schließungen der Regiening maßgebend gewesen. Da die Volts- oper jeden anderen Dorschlag, ihr in anderer Form bei der Durchführung ihres Unternehmens behilflich zu fein, ablehnte und bei de? ursprünglichen Forderung, ihr Kroll zu überlasten, be- s harrte,»»liefen die D«handlungen ohne Ergebnis.