Nr. 75 43. Jahrg. Ausgabe A nr. 38
Bezugsvreis:
Böchentlich 70 Bfennia. monatlid B. Reichsmart zahlbar. Doraus
Unter Rreusband für Deutschland , Danzia. Saar - und Memelaebiet, Desterreich. Litauen . Luxemburg 4,50 Reichsmart. für das übrige Ausland 5,50 Reichsmart pro Monat.
Der„ Borwärts mit der Sonntags beilage Bolt und Reit" mit Sieb. luna und Kleingarten fowie der Beilage Unterhaltung und Biffen und Frauenbeilaae Frauenftimme erfcheint wochentäalich zweimal Sonntags und Montags einmal
Sonntagsansgabe
Vorwärts
Berliner Volksblatt
15 Pfennig
Anzeigenpreise:
Die einfaltige Nonpareille seile 80 Bfennia. Reflameaeile
5.- Reichsmart. Kleine Anzeigen bas fettaebrudte Wort 25 Pfennig ( auläffia zwei fettaedruckte Worte), jebes weitere Wort 12 Bfennig. Stellenaefuche das erfte Wort 15 Bfennig, tedes weitere Wort 10 Bfennig. Worte über 15 Buch ftaben zählen für amet Borte. Arbeitsmarkt Reile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Beile 40 Pfennia.
Anariaen für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr nachmittags im Sauptgeschäft. Berlin SW 68, Linden Atrake 8, abaegeben werden. Geöffnet von 8% Ubr früh bis 5 Uhr nachm.
Sonntag, den 14. Februar 1926
Vor dem Sturz Briands?
Mehrheit für neue Steuern fraglich!
Paris , 13. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die Entwicklung| bleiben wird, wenn es sich darum handelt, die nicht gerade zur der Finanzdebatte in der Kammer hat eine sehr verworrene Lage Bopularität bei der Wählerschaft beitragende Berantwortung für die geschaffen. Die Opposition triumphiert, daß es Briand Bewilligung von fünf oder sechs Milliarden neuer Steuern zu über am Freitag gelungen ist, durch die Stellung der Bertrauensfrage nehmen! das Kartell zu spalten. Aber diese Freude erscheint reichlich ver früht, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es sich am Freitag lediglich um eine Frage der Tattit gehandelt hat. Dazu kommt die durch die Erfahrung der letzten Wochen vielfach bestätigte Tat sache, daß es bei der starken Parteizersplitterung in dieser Rammer sehr viel leichter ist, für ein rein negatives Votum, wie die am Freitag beschlossene Zurüdstellung eines Artitels, eine Mehrheit zu erhalten, als für die Bewilligung neuer Steuern.
Für die sozialistische Fraktion ist die Situation durchaus flar. Sie hat bereits zu Beginn der Debatte durch Gen. Leon Blum erklären lassen, daß sie für die in dem Kommissionsprojekt enthaltenen mehr als zwei Milliarden neuer indirefter Steuern nur dann stimmen wird, wenn die Kammer sich vorher die von der Kommission beantragte Erhöhung der Einnahmen aus den direkten Steuern zu eigen gemacht hat. Da die Rammer sich dieser Forderung nicht anschloß, hat die weitere Diskussion der Kommissionsvorlage für die Die Kammer hat am Sonnabend die Diskussion der im ersten Sozialisten jedes Intereffe verloren. Mit ihnen wird zweifellos der Teil der Kommissionsvorlage enthaltenen Vorschläge zur Erweitaus größte Teil der Radikalsozialisten und der republikanischen höhung einer ganzen Reihe indiretter Steuern Sozialisten gegen die Erhöhung der indirekten Steuern stimmen. begonnen. Von den wenigen Artikeln, die sie bisher diskutierte, find Es ist sehr wenig wahrscheinlich, daß die Parteien des bisherigen die meisten an die Kommission zurückverwiesen worden, und erst die Opposition Briand zu Liebe in die Bresche springen werden. Unter nächsten 48 Stunden werden darüber entscheiden, ob die Mehrheit, diesen Umständen dürften die Tage des Rabinetts Briand die am Freitag das Kabinett Briand gerettet hat, diesem auch treu gezählt sein.
Das Volksbegehren. Einzeichnungsfrist wahrscheinlich 4. bis 17. März. Das Reichskabinett wird in nächster Woche über den Termin für die Einzeichnung zum Boltsbegehren über die Fürstenenteignung Beschluß fassen.
Wie der Reichsinnenminister Rülz dem Genoffen els mitteilt, wird er dem Kabinett vorschlagen, die 3eit vom 4. bis 17. März für die Auslegung der Eintragungs. listen zu bestimmen. Man erwartet, daß das Kabinett diesem Vorschlag zustimmen wird.
Streit um das Reichsschulgeset. Zentrumsantrag und Temokraten.
Die Reichstagsfraktion des Zentrums hat einen Antrag auf beschleunigte Borlegung des Schulgefeges eingebracht. Der Zentrumsantrag bezieht sich auf die Erklärung der Reidsregierung, in der es heißt, daß die Regierung eine Lösung anstreben mürbe unter Wahrung der in der Verfassung gewährleisteten Gewissens. freiheit und unter Berücksichtigung der Elternrechte. Das ist ja auch der Standpunkt, den der Reichsminister des Innern Dr. Külz für sich persönlich stets betont hat.
Dazu bemerkt nun der„ Demokratische Zeitungsdienst": Man versteht nun den Sinn des Zentrumsantrages nicht recht. Das 3entrum ist in der Reichsregierung vertreten und braucht dort nur seine Wünsche geltend zu machen. Es tann ja nicht daran gezweifelt werden, daß seine Bünsche dann, wenn sie
aus Gründen der praktischen Politit heraus er. füllbar sind, auch erfüllt werden. Was soll nun aber ein Antrag diesen Antrag mit Hilfe der Deutschnationalen angenommen zu wissen?
im Reichstag? Legt die Zentrumspartei besonderen Wert darauf,
Daß in der Schulfrage auch dann, wenn die Gewissensfreiheit gewährleistet und die Elternrechte berücksichtigt werden, zwischen den Regierungsparteien noch Meinungsverschiedenheiten herrschen, das ist ja zur Genüge bekannt. Wenn man eine schnelle Erledigung des Schulgesetes wünscht, so erscheint es viel zwedmäßiger, daß versucht wird, erst einmal innerhalb der Regierungsparteien eine Einigung herbeizuführen. Die Stellung be fonderer Anträge fann unter Umständen nur dazu führen, vorhandene Gegensäge noch zu vertiefen. Freude barüber tönnen lediglich die Deutsch nationalen empfin. den, weil sie hoffen, daß die Debatte über das Reichsschulgesetz Schwierigkeiten zwischen den Regierungsparteien und Schwierig teiten für die Regierung selbst bereiten würde,
-
Der Untersuchungsausschuß machtlos. Kein Vorladungsrecht. Keine Zwangsmöglichkeit. Budapest , 13. Februar. ( BTB.) Die gestrige unerwartete Weigerung des ehemaligen Landespolizeichefs und der Angestellten des Kartographischen Instituts, vor dem parlamentarischen Unter suchungsausschuß zu erscheinen, der nach ihrer Ansicht keine Behörde jei und daher fein Recht habe, sie zu verhören, hat in politischen Rreifen großes Aufsehen hervorgerufen. Der Untersuchungsausschuß, der gestern vergeblich auf die Vorführung der drei Häft linge gewartet hatte, blieb bis zum späten Abend zur Erörterung des Zwischenfalles zusammen.
In der heutigen Vormittagsfizung des Ausschusses gab ein Teil ber oppositionellen Ausschußmitglieber ihrer Entrüftung Aus
druck über das Berhalten der Angeklagten, durch das die Souveräni tát der Nationalversammlung, als deren integrierenden Teil der Un. terfuchungsausschuß au gelten hat, schwer verletzt worden wäre, ba bie Angeflagten noch immer als staatliche Angestellte zu betrachten bebingt iher Vorführung zu veranlaffen. Schließlich gelangte der eten, und erklärte, man müsse den Juftizminister zwingen, unAusschuß zur Entscheidung, daß neue Borführungen nicht stattfinden fönnten, da der Ausschuß ein Borladungsrecht habe, daher auch feine 3mangsmaßnahmen gegenüber den Borgeladenen vor. nehmen lassen tönne.
In politischen Kreisen verlautete, der Ausschuß werde in für. zester Zeit seine Beratungen beenden, ja vielleicht nur noch eine einzige Sigung abhalten, in ber hauptsächlich die Rolle des Grafen Teleti und des rassenschüßlerischen Julius Gömbös in der Fäl schungsaffäre zu flären sein wird. Dunn solle durch ein Redaktionstomitee der Ausschußbericht für das Plenum der Nationalversamm lung fertiggestellt werden.
Banktonto: Bank ber Arbeiter, Angestellten und Beamten. Ballftr. 65: Diskonto- Gefellschaft. Depofitentaffe Linbenste. 8.
Der Streit um den Rat.
In der Rechtspresse lesen wir vom Genfer Betrug und vom Tode bes, Geistes von Locarno ". Diese Hodesanzeige ist mit feinem Trauerrand versehen, viel eher ist die Neigung vorhanden, sie auf einem Extrablatt der Freude mitzuteilen. Wenn die deutsche Regierung mit ihrer Außenpolitik nur wirklich einmal ganz gründlich hereinfiele, so würde man ein Bankett veranstalten, und wenn sich wieklich herausstellen follte, daß der Frieden eine Utopie ift, so würden auf allen nationalen" Höhen Freudenfeuer angezündet werden.
Weil dem Guten alles zum Besten dienen muß, sucht die Rechtspresse in dem Streit, ber um die ständigen Ratsie entstanden ist, einen Beweis für die Richtigkeit ihrer Auffassung, daß der Eintritt Deutschlands in den Bölkerbund tönnte aber vielleicht umgekehrt schlußfolgern. Man könnte mit den„ völkischen Belangen“ nicht zu vereinbaren ist. Man sagen: Gerade dieser Streit beweist, daß die Positionen im Bölferbund reale Machtpositionen sind, denn nur um die fämpft man.
Während unsere Nationalisten es immer schon gewußt haben, daß sich Deutschland durch den Eintritt in den Bölfer bund in die hoffnungslose Knechtschaft des Feindbundes" begibt, haben die nicht minder hellsichtigen französischen Nationalisten erkannt, daß Deutschland durch seinen Eintritt in den Böllerbund eine beherrschende Stellung in Europa zu ge winnen droht, und darum wollen sie gegen den deutschen Einfluß ein Gegengewicht schaffen durch die gleichzeitige Einbeziehung auch noch einer anderen Macht in die Reihe der ständigen Ratsmitglieder. Anwärter dazu sind genug vor handen. Denn daß der Sitz im Rat nüglich ist für den, der ihn hat, das hat man außerhalb des Kreises unserer Rechts preffe in Europa so ziemlich begriffen.
So beweist der Streit um den Rat nicht, daß die auswärtige Politit Deutschlands , die zur Anmeldung in Genf ge führt hat, falsch war. Es beweist sich eher, daß sie richtig ist.
Deutschland ist für den Fall seines Eintritts in den Bölkerbund ein ständiger Sizim Rat zugesagt worden. Nie war in den Verhandlungen, die darüber geführt wurden, auch mur mit einem Wort davon die Rede gewesen, daß gleichzeitig weitere Aenderungen vorgenommen werden sollten. Darum ist die Gewährung des ständigen Sizes an Deutschland ohne weitere Aenderung ein Gebot der Loyalität.
Das ist der Standpunkt, der in Deutschland von allen Parteien geteilt wird: von den einen in der Hoffnung, Deutsch
Der Antlagesenat hat heute das Haftentlassungsgesuch des Direttors Sörtsen und des Angestellten des Kartographischen Instituts, aala, das aus Gesundheitsrücksichten erfolgte, a blend werde damit nicht durchbringen, von den anderen in der schlägig beschieden.
Polnische Staatsrettung. Deutschenverhaftungen in Polnisch- Oftoberschlesien. Bei Haussuchungen im Deutschen Boltsbund in Polnisch Oberschlesien wurden insgesamt 28 Personen in Kattomiz und Königshütte verhaftet, darunter u. a. Schulrat Dudek, der die Minderheitsschulfrage im Deutschen Volksbund bearbeitete, und ein Grubenarbeiter von der Bleischarlengrube. Die Untersuchungen und Revisionen in den Räumen des Volfsbundes in Kattomiz und Königshütte werden unter starkem Aufgebot von Kriminalbeamten
fortgesetzt.
Die Kattowizer Zeitung" berichtet, daß als Begründung der Bolizeimaßnahmen die Auffindung von Beweismitteln staats. feindlicher Tätigkeit angegeben werde. Polnische Zeitungen in Ostoberschlesien benußen diese Gelegenheit, um sich in den heftigsten Auslaffungen gegen das Deutschtum in Polen , den Volks. bund und nicht zuletzt gegen das deutsche Konsulat in Rattomiß zu ergehen. So schreibt u. a. der„ Goniec Slaffi: Es wurde festgestellt, daß der Volksbund Kontakt mit dem deutschen Konsulat, dem Nest des Preußentums hat. Das Deutsche Reich muß die Spionage des deutschen Konsulates verantworten. Der Bertreter des Reichs fann nicht Spion in Polen sein. In dem Bertreter des Reichs kann nicht Spion in Polen sein. In dem Augenblid, wo er es ist, hat er sofort die Grenze zu verlassen und fein Staat muß Polen Genugtuung geben."
Warschau , 13. Februar.( DE.) Die Besprechung der Interpellation der Sozialisten wegen der Unruhen in Ralisch und des Vorgehens der Polizei mit Feuerwaffen führte im Sejm zu lang andauernden Lärmizenen, so daß die Sigung unterbrochen werden mußte. Der Minister des Innern erklärte, daß die Maffen von Aufwieglern aufgehegt worden wären und daß das Jeuergefecht durch Selbstentladung eines Polizeigewehrs entstanden sei. Diese Erklärung führte zu weiteren lärmenden Demonstrationen. Gegen heftigen Proteft der Linken beschloß der Sejm , die Erklärungen des Ministers ohne Diskussion zur Renntnis zu nehmen.
Der Streit im Dombrowageblet( Steinfohle) richtet sich gegen die Aufhebung des Achtstundentages. Die Gruben sind teilweise noch im Betrieb. In zahlreichen Versammlungen wird für einen Generalftreit Stimmung gemacht.
-
-
ficheren Erwartung, daß es sich durchsehen werde, nicht einer einzelnen Macht zuliebe oder zuleide, sondern aus Gründen ber internationalen Moral. Es braucht nicht erst gesagt zu werden, daß diejenigen, die den Miserfolg Deutsch lands wünschen, die Deutschnationalen sind, denen es darauf ankommt, die Bölkerbundspolitik der deutschen Regierung und den Völkerbund selbst zu diskreditieren. Der Versuch, zugleich mit Deutschland auch eine andere Macht man spricht in erster Reihe von Polen in die Bahl der ständigen Ratsmitglieder einzuschieben, schafft unüberwindliche Schwierigkeiten. Wenn nur ein einziges Mitglied des Rats dem Plan, noch ein zweites ständiges Mitglied zu ernennen, widerspricht, so ist dieser Plan gescheitert. Wir haben allen Grund zu der Annahme, daß dieser Widerspruch erfolgen wird, und zwar sowohl von Schweden wie auch von anderer Seite. Was bann? Könnte Deutschland dann der ständige Ratssig verweigert werden? Das wäre ein schwerer Verstoß gegen Treu und Glauben, wir nehmen an, daß niemand an ihn denkt.
Ueber weitere Aenderungen in der Zusammensetzung des Rats fann erst geredet werden, wenn Deutschland ihm ange hört. Und da meinen wir, daß Deutschland nicht mit der Abficht in den Rat gehen kann, anderen von vornherein den Weg bahin zu verlegen. Solche Fragen müssen dann ohne den Geist der Rivalität, der eigentlich nach den Verträgen von Locarno schon überlebt sein sollte, nach rein sachlichen Gesichtspunkten entschieden werden.
Der Geist der Rivalität, der Geift der Gruppenbildung ist ein Feind des echten Bölterbundgeistes und ein Feind des Geistes von Locarno . Es ist hier schon oft gesagt worden, daß nach dem Infrafttreten der neuen Verträge der Fortbestand der Befaßung im deutschen Westen ein Widersinn ist. Das gleiche gilt von allen Bündnissen oder Gruppierungen, die ihre Spike gegen Deutschland richten. Wenn Deutschland feierlich nicht nur auf jede Angriffshandlung gegen Frankreich verzichtet, sondern selber die Garantie für die Sicherheit der französischen Ostgrenze über. nimmt, und wenn dieser echte Friedensvertrag von zwei euro päischen Großmächten, England und Italien , garantiert wird, so verliert jedes Mehr an Sicherheit", das Frankreich sucht, jeden Schein von Berechtigung.
Entweder man glaubt nicht an die Sicherheit, die durch bie neuen Sicherheitsverträge geboten wird, dann hätte man