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Rr. 572

B 283

44. Jahrgang

Höchentlich 70 Pfennig, monatlich 3 Reichsmart, im voraus zahlbar. Unter Strelfband im In- und Aus Land 5,50. Reichsmart pro Monat

Der Bormärts mit der illustrier ten Sonntagsbeilage Bolt und Zeit fowie den Beilagen Unterhaltung und Biffen. Aus ber Filmmelt Stadtbeilage", Franenstimme", " Der Rinderfreund"," Jugend- Bore märts". Blid in die Büchermwelt", Kulturarbeit" und Technif erfcheint wochentäglich zweimal Sonntags und Montags einmal

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Sonnabend 3. Dezember 1927

10 Pfennig

Die eint peliige Nonpareillezetle 80 Pfennig. Reflamezeile 5- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( gulässig gwel fettgebrudte Borte), jebes weitere Wort­12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Pfennig, jebes weitere Bort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmartt Selle 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft. Linden ftraße 3, wochentägl von 8 bis 17 Uhe..

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Genfer Berhandlungsmanöver Einigung im Eisenbahnerstreik.

Der Kampf um die nächste Zagung.

V. Sch. Genf  , 3. Dezember. Die Schlußfizung der Abrüftungskommiffion brachte den er marieben Großtampf um die Einberufungstermine der nächsten Tagung des Sicherheitskomitees und der Abrüftungs kommission. Benesch als Berichterstatter des Sicherheitsfomitees schlug den 20. Februar als Datum für das Zusammentreten des Esicherheitskomitees vor, ohne zugleich einen bestimmten Vorschlag für die Abrüftungstommiffion zu unterbreiten..

Hier erfolgte min der Vorstoß der Russen, die wieder vollzählig erschienen waren. Litmino w unterbreitete eine Resolution, die besagt, daß die Arbeit des Sicherheitskomitees zu fompliziert und an fuch zu langsam sei, daß die Siderheitsgarantie in der Abrüftung felbft liege und daß infolgedessen eine fdinelle Einberufung der 5. Tagung der Abrüstungstommission unabhängig vom Sider heitstomitee möglich und notwendig sei. Litwinow   schlug als Termin

ben 10. Januar vor.

Graf Bernstorff erklärte fich mit dem Vorschlag der Ruffen an sich einverstanden, ohne sich jedoch mit dem Teil ihrer Resolution folidarisch zu erffären, der den Bert der Arbeiten des Sicherheits Lomitees grundsätzlich verneint, denn die Notwendigkeit dieser Arbeiten sei in der Septemberresolution der Völkerbundsper. fammlung festgelegt werden, der auch Deutschland   zugestimmt habe. Da Bernstorff einen eigenen Zufazantrag in Aussicht stellte, wurde die Sigung auf turze Zeit unterbrochen. Nach der Wieter­aufnahme erklärte fich Bernstorff für den nächstmöglichen Termin, ohne allerdings felbst ein Datum zu nennen.

Es folgte damn ftellenweise eine recht scharfe Distuffton, an der, zunächst v. Benesch, Cushendun und ber schwedische Ber treter Hennings teilnahmen, um für den 20. Februar, als Einbe rufungstermin für das Sicherheitskomitee einzutreten, mährend Bernstorff die Möglichkeit einer früheren Tagung der Ab rüftungsfommission nochmals betonte,

Sozialistische Einheitsfront. Gemeinsamer Kongreß in der Tschechoslowakei  .

Prag  , 3. Dezember.  ( Eigenbericht.) Die Parteivorstände der Tschechoslowakischen Ur­beiterpartei und der Deutschen Sozialdemokratischen Urbeller­partei der Tschechoslowakischen Republik haben in gemeinsamer Sigung die Vorbereitungen für die Einberufung eines gemein. famen kongreffes der fozialistischen Parteien begonnen. An dem Kongreß werden sich die hecho flowakischen, deuf­schen, ungarischen, polnischen und farpathoruffi­schen Genoffen beteiligen. Der Kongres foll im Januar 1928 in Brag flattfinden. Auf seiner Tagesordnung wird sich befinden die Frage des gemeinsamen Kampfes gegen die bürgerliche Reaktion in der Tschechoslowakei   und insbesondere gegen die geplante Ber. fchlechterung der Sozialversicherung.

Wahltaftif in Frankreich  .

Paris  , 3. Dezember.  ( Eigenbericht.) Im Populaire" veröffentlicht Leon Blum   einen Artikel über die Im Populaire" veröffentlicht Leon Blum   einen Artikel über die Haltung ber fozialistischen Partei bei den nächsten Wohlen  . In der Hauptwahl werde die sozialistische Partei mit eigenen Kundi­Daten für ihre eigene Partei werben. Was hingegen die Stichwahl betrifft, so werde der Parteitag sich wohl nicht für ein Bündnis mit den Radikalen auf der einen Seite, noch mit den Stommunison auf der anderen Seite entscheiden können. Ein Grundfaz, nach tem sich die Parteiorganisationen bei der zweiten Wahl verhalten sollte, fönne darin gefunden werden, daß die sozialistische Partei die günstige ften Bedingungen für die Arbeiterschaft zu erlangen fuche. Dieser Grundsaß werde sich am besten durchführen lassen, wenn die Bartei ihre Kräfte bei der zweiten Wahl darauf konzentrieren werde, ben reaftionären Kandidaten auszuschalten.

Der neue Fall Kendell.

Heute Antwort Marg' an Braun.

Im Laufe des heutigen Tages wird dem preußischen Minister. präsidenten die Antwort des Reichskanzleis auf den be­Pannten Brief zugestellt werden, worin Breußen mit Abbruch der Beziehungen zum Reidsinnenminister v. Keudell gedroht hat, wenn er noch weiter öffentlich- ftatt auf bem ressortmäßigen Bege die preußische Regierungspolitik in scharfer Form angreife. Das Antwortschreiben des Reichskanzlers wird erft veröffentlicht werden, wenn das preußische Staatsministerium ausreichend Zeit gehabt hat, sich mit dieser Antwort zu beschäftigen.

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Reichstanzler Marg wird heute nachmittag, 3 Uhr, fm Reichs jag eine Interpellation der Deutschnationalen über die 3ustande im bejegien Gebiet bantworten.

Keine Maßregelungen.- Wiederaufnahme der Arbeit.

Dresden  , 3. Dezember.  ( Eigenbericht.) Die Verhandlungen zur Beilegung des Eisenbahner. ftreits begannen gestern abend 9 Uhr. Die Grundlage der Verhandlungen bildeten die drei Forderungen des Einheitsverbandes der Eisenbahner:

1. Keine Maßregelungen, 2. kein Lohnabzug,

3. Wiedereinstellung sämtlicher Arbeiter. Zunächst wurde der große Komplex des Streits auf gerollt. Der Vertreter der Reichsbahndirektion ent gegnete, daß diese es nicht dulden könne, wenn sie auf ihrem eigenen Grund und Boden in Betriebsversamm. Lungen angegriffen würde. Die Gewerkschaftsvertreter wiesen dagegen auf die berechtigte Erregung des Ver­fonals hin. In solchen Augenblicken könne nicht jedes Wort auf die Goldwage gelegt werden. Von den Ver­tretern der Reichsbahndirektion wurde dann geltend gemacht, daß das Ausbesserungswerk unwirtschaftlich arbeite, deshalb Entlassungen vorgenommen wer ben müßten.

Entlassungen dürfen nicht vorgenommen werden. Soweit teine Beschäftigung vorhanden sei, würden die Arbeiter anderwärts untergebracht werden. Durch diese Erklärung trat eine wesentliche Entspannung ein. Die Verhandlungen wurden um zwei Uhr morgens unter­brochen und auf heute vormittag 10 Uhr vertagt.

einer

Jn

Diese Verhandlungen führten heute zu Einigung. Unter Voranstellung der Interessen der deutschen   Wirtschaft ist die Wiederaufnahme des Betriebes vereinbart worden. Da entgegen falschen Presseberichten Sabotageakte nicht vorgekommen sind, entfallen auch alle Maßregelungen. weiteren Verhandlungen werden die noch offenen Fragen der Rationalisierung, der ordnungsmäßigen Durchführung der Gebingearbeit u. a. m. geregelt werden. Auf Grund dieses Ergebnisses ist ein Ein­greifen des Landesschlichters nicht mehr erforderlich. die Solidarität der Eisenbahner hat über die engstirnige und tarifwidrige Aktion der Reichsbahndirektion einen

Die Vertreter der Hauptverwaltung griffen hier ein. vollen Erfolg errungen.

KPD  . Abgeordnete als Polizeifpikel?

Eine geheimnisvolle Angelegenheit: Ein holländischer Paß und eine vereitelte

Rußlandreise.

3m Geschäftsordnungsausfchuß. des Reichs. tags wurde heute vormittag folgende überaus geheimnisvolle An­gelegenheit, die auf den inneren Kampf im Kommunismus fcharfe Schlaglichter wirft, zur Sprache gebracht:

Urbahns an Thälmann  .

In der Fahne des Kommunismus" veröffentlicht der Reichs tagsabgeordnete Urbahns folgende Erklärung:

KPD  . Thälmann   wider besseres Wissen die Behauptung aufgestellt, Auf dem Berliner   Bezirksparteitag hat der Borsigende der ich hätte während des Hamburger   Aufstandes 1923 in den Betten" gelegen. Das hat wohl heißen sollen, ich hätte mich während des Kampfes feige gedrückt. Ich würde diese Berleum­

Im Februar des Jahres 1926 wollte der Reichstagsabgeordnete Urbahns, der damals noch nicht aus, der kommunistischen  Partei ausgefchloffen war, fich nach Moskau   zu dem dort tagenden Kongreß der 3. Jnternationale begeben. Da Urbahns noch eine fechsjährige Feftungshaft zu verbüßen hatte, konnte er einen ord- dungen unbeachtet laffen, weil sie von Thälmann   kommen, wenn nun gsmäßigen Paß nicht erhalten. Er wandte fich in­folgedeffen an dle Berliner   Kommunistische   Parteizentrale, von der er einen holländischen Daß auf den Namen Peter Kuiper er­hielt. Mit diesem Paß wollte er über Eydikuhnen nach Moskau  

reijen.

Bon der ganzen Angelegenheit wußten nach der im Ausschuß gegebenen Darstellung, die sich auf Angaben des Abg. Utbahns ftüßt, nur drei Personen, davon eine, für die er sich unbe­dingt verbürgen will, und außerdem zwel kommunistische Abge­ordnete, die heute noch in der Kommunistischen Bartel an führender Stelle stehen.

Ganz turze Zett, nachdem Urbahns den holländischen Paß et­halten hatte, noch am selben Iage, wurde in der Ab­leilang I A des Berliner   Polizeipräsidiums angeflingelt, und ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte, teille dem dienſt tuenden Beamten mit, daß der kommunistische Reichstagsabgeordnete Urbahns in Begriffe fel, mit einem holländischen Baß, der auf den Namen Deler Kuiper laule, über Erdfkuhnen nach Moskau   zu relfen. Infolge diefer anonymen Angabe wurde fofort an die Grenz­polizei nach Endfluhnen telegraphiert, daß der Inhaber des auf den Namen Peter Kuiper lautenden Passes festzustellen und nicht durchzulaffen fci.

Urbahus wurde auch richtig aus dem Zuge herausgeholt und nach Deutschland   zurüdgefchidt, Später wurde er wegen Paßvergehen zu 500 m. Geldstrafe verurteilt, die er nun, da die Geldstrafe nicht ein. ziehbar ist, absitzen soll.

Der Geschäftsordnungsausschuß des Reichstages hat jedoch den Antrag auf Strafverbüßung heute abgelehnt. Er hat ebenso nach einem Bericht des Abg. Landsberg( S03.) die Verhaftung jener sechs fommunistischen Reisetagsabgeordneten abgelehnt, die vor einigen Wochen zum großen Bentralprosch vor das Reichsnerist geladen, aber nicht erschienen waren.

noch der näheren Aufklärung. Benn man Urbahns Glauben Die Baßangelegenheit des Abgeordneten Urbahns bedarf schenfen wollte, so müßte man annehmen, daß eine maß gebende Person der PD 3entrale die Reise des damals fchon oppositionellen Urbahns nach Mostou ver­hindern wollte und darum freiwillige uneroctene Spigel. dienste für die Polizei geliefert hat.

nicht solche persönliche Berunglimpfungen seitens der Zentrale völlig an Stelle der politischen Auseinandersetzungen mit der Opposition treten würden. Nur um diese Kampfweise zu tennzeichnen, bemerke ich folgendes:

Ich frage: Wie war es möglich, baß troß meiner Felgheit" in Deutschland   und Rußland   mich, den Drückeberger" von 1923, Duzende von Organisationen des RFB., der Roten Hilfe( Mope) zum Ehrenmitglied, Ehrenvorfihenden und was weiß ich sonst

noch, ernannten?

zulassen? Warum hat er mich nicht auch, wie seinen jeg igen Wie konnte Thälman, seit 1924 Borfizender der KPD.  , so etwas Kollegen aus Jem Politbureau, vor ein Arbeiter­Kriegsgericht" gestellt? Mich hätte er nicht wie jenen Helden

wegen schwacher Nerven" freisprechen brauchen. War Thälmann   etwa mal wieder irgendwole Dergewal

tigt? Oder wie kam es sonst, daß er die Felgheit" an mir erſt entdeckte, als ich seinen Berrat an der Linken nicht mitmachte, son­

dern zur Opposition ging? Run, Thälmann   weiß nur zu gut, daß er auf dem Berliner   Bezirksparteitag gelogen hat. Er weiß auch sehr gut, daß es ein Leichtes wäre, seine Lügen dadurch zu entfräftigen, daß ich unter Zeit- und Namenangabe der Deffent­lichkeit bekannt gebe, wie, mo, wann und mit wem zusammen ich mich während der Hamburger Aufstandstage betätigt habe. Er weiß aber auch, daß die Namennennung dem Staatsanwalt Me terial liefern würde, und er magt seine Berleumdungen nur des halb auszufprechen, meil er genau weiß, daß ich dem Staatsanwalt felbft

nicht nennen werde. Er verleumbet also unter dem Schuße des

Cumpen, die es nicht beffer verdient hätten,

Staatsanwalts. Oder will er mich etwa nur provozieren, um mich päter einen Denunzianten nennen zu können? Thälmann und weitere Mitglieder der KPD. brauchen nur die Verantwortung für die Folgen zu übernehmen. öffentlich in der Roten Fahne", ich bin gern bereit, mich mit ihnen über den Oftober 1923 ausein dafür aber unter dem Schuße des Staatsanwalts weiter verleum anderzusetzen. Sollten sie diese Verantwortung nicht übernehmen, den, dann überlasse ich das Urteil über dieses lumpenhafte Berhalten gern der Arbeiterschaft"

In demselben Blatt erfaßt die Reichsleitung der linten Rom  munisten einen offenen Brief an die KBD.  , in bem diese aufge